A psychosomatic consultation for regional health care in the workplace – evaluation and recommendations
Goal: The study’s goal was the qualitative evaluation of a new variant of the mental health intervention “psychosomatic consultation in the workplace” from the perspective of participating firms and individuals.
Methods: The study data encompassed group discussions with workplace actors based on open-ended interview questions about their experiences with the intervention and narrative interviews with individual participants. This material was augmented by problem-oriented expert interviews with psychotherapists and company medical officers and by descriptive statistics of the individuals participating in the consultation.
Results: All the firms implemented the consultation in response to perceived high rates of sick leave caused by mental health problems and due to a lack of confidence in how to deal with the employees concerned. The advantages of the consultation are seen to lie in its easily accessible and timely provision of professional assistance (psychoeducation, short interventions, coaching in difficult life situations and referral to other parts of the medical system) and in its flexibility in implementation. The consultation is adaptable to firms’ varying expectations and needs and increases the confidence of workplace actors (especially top management, personnel management, company medical officers and employee representatives) in dealing with mental health problems.
Conclusions: The consultation proved to be a flexible, practicable and beneficial part of primary, secondary and tertiary prevention measures in the workplace. It can have positive effects on the preventive behaviour of individual participants. It is recommended that such programmes should be coupled with additional health-promotion services inside and outside the company in the future. Employees should be able to choose between using the consultation either anonymously or non-anonymously in consultation with a trusted colleague or company medical officer. Some form of (anonymous) feedback to company management on the findings of the consultation in relation to systemic sources of psychological distress is also recommended for the purpose of introducing suitable preventive measures.
Keywords: psychosomatic consultation in the workplace (PSIB) – mental health – intervention – occupational medicine
ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2019; 55: 43-49
Eine psychosomatische Sprechstunde für die regionale betriebsnahe Versorgung – Evaluation und Empfehlungen
Zielstellung: Ziel der Studie war die qualitative Evaluation einer neuen Variante des Versorgungsmodells für psychisch beeinträchtige Beschäftigte, „Psychosomatische Sprechstunde im Betrieb“ (PSIB), auf der Basis der Erfahrungen der Betriebe sowie der teilnehmenden Einzelpersonen.
Methoden: Die Datenerhebung umfasste leitfadengestützte Gruppendiskussionen mit betrieblichen Akteuren zu ihren Erfahrungen mit der PSIB sowie narrative Interviews mit Teilnehmenden der Sprechstunde. Ergänzend wurden problemzentrierte Experteninterviews mit Psychotherapeutinnen und -therapeuten sowie Betriebsärztinnen und -ärzten geführt und deskriptive Statistik über Sprechstunden-Teilnehmende erhoben.
Ergebnisse: In allen untersuchten Betrieben wurde die PSIB als Reaktion auf wahrgenommene hohe AU-Zeiten von psychisch erkrankten Beschäftigten sowie aus einer Unsicherheit im Umgang mit den Betroffenen eingeführt. Der Vorteil des PSIB-Angebots ist neben dem niedrigschwelligen, zeitnahen und professionellen Hilfsangebot für die Betroffenen (Psychoedukation, Kurzintervention, Lebenslagen-Coaching und Weitervermittlung in das medizinisch-psychotherapeutische Regelsystem) dessen Flexibilität in der praktischen Umsetzung. Die PSIB lässt sich an die unterschiedlichen Vorstellungen und Bedarfe der jeweiligen Betriebe anpassen und bietet den betrieblichen Akteuren (insbesondere Führungskräften, Personalleitung, Betriebsärztinnen und -ärzten sowie Mitarbeitendenvertretung) mehr Handlungssicherheit.
Schlussfolgerungen: Die PSIB erweist sich als praktikabler und nützlicher Bestandteil betrieblicher Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention und kann für die Teilnehmenden verhaltenspräventiv wirken. Für zukünftige Implementierungen wird empfohlen, die PSIB an weitere gesundheitsfördernde Maßnahmen innerhalb und außerhalb des Betriebs anzukoppeln. Der Zugang für die Betroffenen sollte optional wählbar sein – entweder anonym und selbstinitiiert oder durch betriebliche Vertrauenspersonen angeregt. Ferner ist eine Rückmeldung von (anonymisierten) Erkenntnissen aus der Sprechstunde über betriebliche Ursachen psychischer Überbelastung zu empfehlen, um geeignete Maßnahmen der Verhältnisprävention einleiten zu können.
Schlüsselwörter: psychosomatische Sprechstunde im Betrieb (PSIB) – psychische Gesundheit – Intervention – Arbeitsmedizin
Einleitung
In den letzten Jahren ist ein stetiger Anstieg der Arbeitsunfähigkeit von Erwerbstätigen aufgrund psychischer Erkrankungen zu verzeichnen. Inzwischen geht fast jede sechste Krankschreibung auf entsprechende Diagnosen zurück (Knieps et al. 2016). Die durchschnittliche Arbeitsunfähigkeit von psychisch erkrankten Erwerbstätigen lag 2017 bei 28,4 Tagen pro Diagnose (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2018, S. 207). Die Erkrankungsdauer und andere negative Folgen können durch zeitnahe psychotherapeutische Behandlung vermindert werden, aber Betroffene müssen mit einer durchschnittlichen Wartezeit von knapp sechs Wochen für ein Erstgespräch rechnen – in ländlichen Regionen deutlich länger (Bundespsychotherapeutenkammer 2018).
Vor diesem Hintergrund gibt es in den letzten Jahren verstärkt Bemühungen, niederschwellige und zeitnahe psychotherapeutische Hilfeleistungen bereitzustellen, die im betrieblichen Kontext der betroffenen Beschäftigten angesiedelt sind. Hierzu zählt die so genannte „Psychosomatische Sprechstunde im Betrieb“ (PSIB), eine psychologische Beratung und Kurzintervention, die die betriebsärztliche Betreuung ergänzen soll (Mayer et al. 2010; Rothermund et al. 2014, 2018).
Im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wurde 2016 bis 2018 die Evaluation eines an die PSIB angelehnten Sprechstunden-Angebots der Burghof-Klinik in Rinteln durchgeführt. Die Besonderheit des Angebots besteht darin, dass es als externe Leistung für alle ansässigen Unternehmen in einer ländlich geprägten Region unabhängig vom Vorhandensein eines betriebseigenen arbeitsmedizinischen oder psychosozialen Dienstes konzipiert wurde. Beschäftigte der kooperierenden Betriebe können bei Bedarf und unter Wahrung ihrer Anonymität gegenüber dem Betrieb kurzfristig bis zu fünf Gespräche mit psychotherapeutischem Fachpersonal in den Räumen der Klinik in Anspruch nehmen. Zum Studienbeginn im Herbst 2016 waren sechs Betriebe eine PSIB-Kooperation mit der Klinik eingegangen.
Die PSIB-Gespräche erlauben lediglich eine Kurzintervention, keine richtliniengeleitete psychotherapeutische Behandlung (vgl. Hölzer 2012; Bundespsychotherapeutenkammer 2018). Der Fokus der Sprechstunde liegt auf dem Erörtern von unmittelbaren Problemen und der Erarbeitung von kurzfristigen Lösungsstrategien. Bei weitergehendem Bedarf an Diagnostik, Behandlung oder Beratung werden externe Angebote der Regelversorgung oder der psychosozialen Beratung aufgezeigt. Über den adäquaten Weg der Unterstützung entscheiden die Beratenden selbst, unabhängig vom Betrieb und vom betriebsärztlichen Dienst. Die anbietende Klink verfügt auch über eigene Ressourcen zur Vermittlung einer stationären oder teilstationären Behandlung. Nicht möglich ist allerdings die direkte Vermittlung in eine ambulante Psychotherapie.
Die Evaluation hatte zum Ziel,
Die Burghof-Klinik war für die Entwicklung und Umsetzung der Sprechstunde verantwortlich. Sie hat die Evaluation darüber hinaus unter anderem durch Akquise und die Zusammenstellung von quantitativen Daten über Nutzerinnen und Nutzer der Sprechstunde unterstützt.
Methode
Die 2016 bis 2018 vom IEGUS-Institut durchgeführte qualitative Evaluation der PSIB basiert auf dem Verfahren der explorativ und gegenstandsangemessen ausgerichteten qualitativen Forschung sowie dem Prinzip der Daten- und Methodentriangulation (Denzin 1970). Die Datenerhebung umfasste zum einen leitfadengestützte Gruppendiskussionen (Bohnsack 2008) mit (jeweils vier bis sieben) verantwortlichen Schlüsselpersonen aus vier partizipierenden Betrieben zu ihren Erwartungen an die PSIB und ihren Erfahrungen nach der Einführung. Die Gruppendiskussionen in den Betrieben fanden in zwei Erhebungswellen statt – zum einen zeitnah zur Einführung der PSIB und zum anderen etwa zwölf Monate danach. Insgesamt nahmen 23 Schlüsselakteure an den Gruppendiskussionen teil. Auswahl und Entscheidung über den genauen Teilnehmerkreis wurden den Betrieben selbst überlassen mit der Instruktion, diejenigen Personen einzuladen, die für die Einführung und Umsetzung der PSIB in ihren Betrieben verantwortlich waren. An allen Gesprächen nahmen insbesondere Vertreter der Geschäftsführung, des Personalwesens und des Betriebsrats sowie mittlere Führungskräfte und Betriebsärztinnen und -ärzte teil. Das Erhebungsverfahren der Gruppendiskussion (Bohnsack 2008; Kleemann et al. 2013) ermöglicht es, dass aufgrund der Selbstläufigkeit und Dynamik der Kommunikation (ohne aktives Eingreifen der anwesenden Forschenden) die Sichtweisen und Relevanzsetzungen der an der PSIB-Implementierung Beteiligten (Stakeholder) relativ unverstellt zur Sprache kommen, das heißt durch Vermeidung von Suggestiv- und geschlossenen Fragen kann die Gruppe die Themen auf ihre Weise behandeln und thematisiert unwillkürlich ganz konkrete Aktivitäten, Prozesse und Situationen. Erkennbar werden kollektiv geteilte Erfahrungsräume und Wissensbestände der Befragten (Bohnsack 2008; Kleemann et al. 2013).
Neben den Gruppendiskussionen wurden narrative Interviews (Schütze 1983) mit Teilnehmenden der PSIB geführt. Alle 63 Teilnehmenden wurden zu einem Interview eingeladen, vier Interviews konnten realisiert werden. Mit dieser geringen Fallzahl war die Erstellung einer Typologie, wie sie unter der ursprünglichen Annahme von 20 Interviews bei 200 Beratungsfällen geplant war, nicht möglich. Die erfassten vier Fälle liefern dennoch wertvolle Kontrast- und Vergleichspunkte zur Einschätzung des Nutzens der PSIB für die Teilnehmenden und die betrieblichen Zugangsvoraussetzungen. Die Interviews dauerten ein- bis anderthalb Stunden. Die Interviewpartner schilderten ihre Wahrnehmung der Intervention und berichteten über den Auslöser ihrer Inanspruchnahme der PSIB und die resultierenden Veränderungen.
Problemzentrierte Experteninterviews (Witzel 2012) wurden mit drei Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten der Burghof-Klinik und mit vier Betriebsärzten, die an der Entwicklung des Angebots mitgewirkt haben, durchgeführt. Von diesen Betriebsärzten waren zwei ebenfalls als betriebliche Akteure der eingeschlossenen Betriebe an Gruppendiskussionen beteiligt. Die Erfahrungen der Expertengruppen wurden bei der Entwicklung der aus dem anderen Datenmaterial abgeleiteten Thesen berücksichtigt. Für alle Diskussionen und Interviews wurde das Datenmaterial transkribiert, mit MAXQDA kodiert und mittels dokumentarischer Methode, Narrationsanalyse (Kleemann et al. 2013) sowie qualitativer Inhaltsanalyse (Mayring 2003) ausgewertet.
Angesichts des begrenzten Zeithorizonts der Studie sowie der kleinen Zahl der eingeschlossenen Betriebe und teilnehmenden Personen kann zur allgemeinen Wirkung des untersuchten PSIB-Angebots in anderen Kontexten keine Aussage getroffen werden. Jedoch konnten mit der qualitativen Evaluation spezifische förderliche Wirkmechanismen und Strukturen für die Prävention psychischer Erkrankungen im betrieblichen Kontext identifiziert werden, die mit dem Angebot in Zusammenhang stehen.
Als Ergänzung der qualitativen Perspektive wurden im Rahmen der Sprechstunde quantitative Daten über die Teilnehmenden erhoben und zum Abschluss des Evaluationszeitraums aggregiert an das Evaluationsteam übergeben (➥ Tabelle 1). Die Daten wurden überwiegend nachträglich durch die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten auf Basis ihrer Aufzeichnungen gesammelt. Sie unterliegen daher der Unsicherheit der Retrospektive und dienen hier vor allem für einen groben Überblick über die Teilnehmenden.
Die Perspektive der betrieblichen Schlüsselpersonen
Vier Betriebe wurden in die Studie mittels Gruppendiskussionen eingeschlossen: zwei Dienstleistungsunternehmen und zwei Industrieunternehmen. Sie beschäftigen jeweils zwischen 250 und 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Standorten, für die eine Kooperation mit der Burghof-Klinik abgeschlossen wurde. In einem der Dienstleistungsunternehmen arbeiten überwiegend Frauen und ca. 40 Prozent der Belegschaft sind in Teilzeit angestellt. Die anderen Betriebe beschäftigen überwiegend Männer in Vollzeit.
Interne Organisation des Angebots
Die betriebsärztliche Versorgung wird in den vier Betrieben durch externe Betriebsärztinnen und -ärzte abgedeckt. Zwei davon sind aktiv in das betriebliche Gesundheitsmanagement und bei der Einführung und Umsetzung der PSIB eingebunden. In einem dieser Unternehmen ist der Betriebsarzt sogar der zentrale Ansprechpartner und Schlüsselakteur.
Abhängig von den Schwerpunkten des Gesundheitsmanagements in den befragten Unternehmen wird die PSIB unterschiedlich in die betriebliche Ablauforganisation eingebettet. In einem Unternehmen ist sie Teil der Notfallversorgung und in die Prozesse und Erfordernisse der gesetzlichen Unfallversicherung integriert. So erklärt sich der ursprüngliche Fokus auf Trauma-Betroffene in diesem Unternehmen. Bei einem weiteren Unternehmen liegt der Schwerpunkt auf der Vernetzung mit der Wiedereingliederung. Dort wird die PSIB im Rahmen der betriebsärztlichen Betreuung vor allem im BEM-Prozess genutzt. In den beiden anderen Betrieben läuft die PSIB im Kontext des allgemeinen betrieblichen Gesundheitsmanagements. Es ist ein Angebot, worauf die Beschäftigten eigeninitiativ zurückgreifen sollen.
Während in zwei Unternehmen die Inanspruchnahme durch Vorgesetzte und/oder zuständige Betriebsärztinnen und Betriebsärzte zur PSIB gelenkt wird und so als eher „fremdgesteuert“ bezeichnet werden kann, wird in den beiden anderen Unternehmen darauf gesetzt, dass die Beschäftigten ihre Inanspruchnahme selbst steuern, das heißt selbst die Initiative ergreifen, den eigenen Bedarf frühzeitig erkennen und die Hürden der PSIB-Inanspruchnahme überwinden. In diesen Fällen agiert der Betriebsarzt im Hintergrund.
Ursprüngliche Erwartungen an die PSIB und Zielgruppen
Als sie vom Angebot der Burghof-Klinik erfuhren, wurden in allen vier untersuchten Betrieben die langen Arbeitsunfähigkeitszeiten aufgrund psychischer Erkrankung schon längst als Problem wahrgenommen. Aus der Erkenntnis, dass psychisch beeinträchtigte Beschäftigte lange Wartezeiten für ein Erstgespräch mit niedergelassenen psychotherapeutischen Fachpersonen hinnehmen müssen, resultierte dann die Entscheidung, die PSIB anzubieten. Für alle untersuchten Betriebe stand daher an erster Stelle die Erwartung, dass ihre Beschäftigten zeitnah durch qualifizierte externe Beraterinnen und Berater professionell aufgefangen werden und sich diese Beratungen langfristig positiv auf die Verringerung der Arbeitsausfallzeiten auswirken.
Aus der Analyse der Gespräche ließ sich eine weitere, unterschwellige Nutzenerwartung in den Betrieben erkennen: mehr Handlungssicherheit im Umgang mit psychisch beeinträchtigten Beschäftigten. Die befragten Personalverantwortlichen der Betriebe fühlten sich durch die PSIB entlastet, weil sie sich nicht als kompetent erachteten, psychisch beeinträchtigte Beschäftigte zu erkennen und diese zu unterstützen. Die Betriebsärztinnen und -ärzte spürten ebenfalls eine Entlastung, da ihnen oft die Möglichkeit fehlt, für psychisch gefährdete Beschäftigte zeitnah eine professionelle Betreuung zu organisieren.
Diesen positiven Erwartungen standen in einem der vier Betriebe die Bedenken der Geschäftsführung gegenüber, dass allein das Angebot der Sprechstunde einen Anstieg von Krankschreibungen aufgrund von psychischen Erkrankungen verursachen könnte. Diese Befürchtung hat sich aber verflüchtigt und wurde zum Zeitpunkt der zweiten Erhebung nicht mehr erwähnt. Die als Expertengruppe einbezogenen Betriebsärztinnen und -ärzte berichteten jedoch, dass manche Betriebe die potenziellen Kosten der PSIB sehr in den Vordergrund stellen und deshalb das Angebot nicht annahmen.
Hinsichtlich der intendierten Zielgruppe der PSIB machen alle befragten Schlüsselpersonen der unterschiedlichen Unternehmen zwei Differenzierungen. Sie unterscheiden erstens zwischen Beschäftigten, die eine psychotherapeutische Akutversorgung benötigen, und denen, die zunehmend durch längere Phasen der Arbeitsunfähigkeit auffällig geworden sind. Zweitens unterscheiden sie zwischen psychischen Problemen, die ihres Erachtens aus persönlichen Ursachen der Betroffenen selbst resultieren, und Problemen, die vorwiegend arbeitsbezogene Ursachen haben. Bei akut erkrankten Beschäftigten wird von allen Gruppendiskussionsteilnehmenden im Falle eines direkten beruflichen Entstehungszusammenhangs (z.B. traumatisierender Unfall während der Arbeit) die Fürsorgepflicht des Betriebs anerkannt. Bei den nicht akut erkrankten Beschäftigten differenzieren sich die Ansichten: Die einen sehen deren psychische Probleme überwiegend als individuelle Probleme, die mit der Arbeit nichts zu tun haben, die anderen schließen einen Arbeitsbezug der Erkrankung nicht aus. In der ersteren Orientierung ist eine latente Verantwortungsabwehrhaltung erkennbar, die in den betroffenen Betrieben am Anfang einen restriktiven Effekt auf die Umsetzung der PSIB hatte.
Auch die Schwerpunkte des Gesundheitsmanagements der jeweiligen Betriebe sind unterschiedlich ausdifferenziert. Eine Gruppe versucht vor allem verhaltenspräventive Maßnahmen mit Verhältnisprävention zu verknüpfen. Sie sehen die PSIB im Zusammenhang mit dem Arbeits- und Gesundheitsschutz und mit dem Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) als wesentlichen Bestandteil eines umfassenden betrieblichen Gesundheitsmanagements. Eine zweite Gruppe sieht die PSIB eher als ein begrenztes Angebot für eine spezielle Zielgruppe und/oder als individuelle Maßnahme und Unterstützung für die Betroffenen.
Zufriedenheit mit der PSIB
Alle befragten betrieblichen Verantwortlichen sind mit der Kooperation zufrieden und wollen sie weiterführen. Ihre positive Einstellung gegenüber der PSIB stützt sich allerdings nicht vorrangig auf empirisch validierte Daten, da der Zugang zur Sprechstunde anonymisiert ist. Für ihre positive Beurteilung lassen sich aus den Gruppendiskussionen folgende drei Gründe ableiten: Erstens liegen die jährlichen Gesamtkosten im Schnitt in einem sehr niedrigen vierstelligen Bereich. Zweitens genießen die anbietende Klinik aufgrund ihres guten Rufs und die Beratenden aufgrund ihrer Qualifikationen als psychologische Psychotherapeuten ein hohes Vertrauen bei den betrieblichen Verantwortlichen. Dass eine gute Leistung für die Beschäftigten erbracht wird, gilt als gesichert. Drittens hat die Handlungssicherheit der betrieblichen Schlüsselpersonen im Umgang mit psychisch beeinträchtigten bzw. überlasteten Beschäftigten zugenommen.
Nutzen und Praktikabilität für die Betriebe
Aufgrund ihrer Flexibilität ließ sich die PSIB an die oben erläuterten Erwartungen und Zielgruppen der betrieblichen entscheidungsbefugten Verantwortlichen und an die jeweiligen organisatorischen Kontextbedingungen relativ nahtlos anpassen, woraus sich eine hohe Praktikabilität des Angebots für die Betriebe ergibt. In den untersuchten Fällen zeigt sich auch, wie die PSIB auch andere Aufgabenbereiche des betrieblichen Gesundheitsmanagements berührt und eine Vernetzung mit dem BEM und dem Arbeits- und Gesundheitsschutz stattfindet. Zum Beispiel kann die PSIB als eine erste Maßnahme nach einem traumatisierenden Ereignis oder als niederschwelliges Nachsorgegespräch nach einer psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahme eingesetzt werden, auch wenn die PSIB die Regelversorgung keinesfalls ersetzt. Diese multiplen Möglichkeiten der Vernetzung können nur dann realisiert werden, wenn der Zugang nicht anonym bleibt, sondern betriebsärztlich begleitet wird.
Mit der betriebsinternen Bekanntmachung des PSIB-Angebots wird zugleich ein Signal an die Belegschaft gesendet: Psychische Gesundheit wird als Thema anerkannt, das im Unternehmen Beachtung findet. Anzeichen einer beginnenden beziehungsweise fortschreitenden Entstigmatisierung zwischen der ersten Erhebung und der zweiten Erhebung etwa zwölf Monate später sind in allen Betrieben erkennbar. Gab es beispielsweise in der ersten Gruppendiskussion eines der Unternehmen beiläufige und von allen Diskutierenden bestätigte Äußerungen, die die empfundene psychische Belastung der Beschäftigten als übertrieben darstellten (z.B., dass Burnout „seltenst“ ernst zu nehmen sei), wurden ähnliche Äußerungen in der späteren Erhebung durch andere Mitglieder der Gesprächsrunde angefochten. Ein weiteres Beispiel war bei dem Unternehmen zu sehen, in dem die Geschäftsführung anfänglich die Nutzung des Angebots jenseits einer eng definierten Zielgruppe nicht wünschte: Ein Jahr später war das Angebot für andere Beschäftigtengruppen faktisch offen und wurde von ihnen genutzt.
Die Perspektive der teilnehmenden Personen
Auslöser und Zeitpunkt der Inanspruchnahme der PSIB
Alle vier Interviewten kamen aufgrund einer für sie außergewöhnlichen Belastungskonstellation in die Sprechstunde. Ihre Problemsituationen rührten teils aus arbeitsplatzbedingten, teils aus privaten beziehungsweise persönlichkeitsbedingten Problemen her. Eine teilnehmende Person war über lange Zeit immer wieder krankgeschrieben, weil sie nach einem Trauerfall die Fülle ihrer selbstgestellten Arbeitsaufgaben nicht mehr bewältigen konnte. Während eines BEM-Verfahrens gefährdeten neue Symptome die Genesung und in dieser Situation nahm sie die PSIB in Anspruch. Eine weitere teilnehmende Person identifizierte sich stark mit der Arbeit und wurde bereits wegen Depressionen medikamentös behandelt. Nach einer mehrmonatigen Krankschreibung nahm sie die PSIB ebenfalls während einer BEM-Maßnahme in Anspruch. Bei einer weiteren teilnehmenden Person eskalierten berufliche Konflikte mit den Vorgesetzten. Außerdem lag eine chronische Überforderung im Umgang mit Kindern und Ehepartner vor. Nach in ihrer Häufigkeit zunehmenden Krankschreibungen führte eine familiäre Krise dazu, dass sich die Person über die PSIB Hilfe suchte. Die vierte interviewte Person litt allgemein unter altersbedingtem Verlust der Leistungsfähigkeit und einem für sie einschneidenden statusvermindernden Rollenwandel nach ihrer Berentung. Sie nahm arbeitsfähig im Rahmen einer geringfügen Beschäftigung und ohne psychische Symptome mit klinischer Relevanz an der PSIB teil.
Zwei der vier Befragten nutzten die PSIB eigeninitiativ. Einen selbstgesteuerten und damit vollkommen anonymen Zugang konnten die Teilnehmenden wählen, wenn alle Beschäftigten im Betrieb über das Angebot informiert und mit Kontaktdaten ausgestattet wurden. Die beiden anderen Befragten wurden durch betriebsärztlichen Rat zur Teilnahme angespornt. Die PSIB wurde in diesen Fällen als betriebsärztliche Maßnahme eines BEM-Verfahrens eingesetzt.
Wahrgenommene Auswirkung und präventiver Charakter der PSIB
Die individuell wahrgenommenen positiven Auswirkungen der PSIB aus Sicht der vier interviewten Teilnehmenden waren die Weiterleitung in die Diagnostik und Behandlung einer psychischen Erkrankung, positive Erfahrung beim Aufbau einer Beziehung zur beratenden Psychotherapeutin, Psychoedukation und Krankheitsaufklärung sowie Anregungen zur Verhaltensänderung und Lebensführung. Bereits die jeweiligen ersten Sitzungen wurden als angenehm und stabilisierend beschrieben.
Ursprünglich wurde die PSIB sowohl von der anbietenden Klinik als auch von den Betrieben als primärpräventive Maßnahme konzipiert, ähnlich wie schon etablierte PSIB-Modelle (vgl. Unger 2018). In der Erfahrung der vier Teilnehmenden aber wirkte die PSIB je nach Bedarf primär-, sekundär- oder tertiärpräventiv. Eine Person kam ohne klinisch relevante psychische Symptomatik in die Sprechstunde und nutzte das Angebot primärpräventiv. Eine andere Person kam mit einer unbehandelten psychischen Erkrankung in die Sprechstunde und konnte zur Diagnostik und Behandlung in eine teilstationäre Einrichtung vermittelt werden. In diesem Fall entfaltete das Angebot eine sekundärpräventive Wirkung. Die beiden anderen Teilnehmenden nutzten die PSIB während der betrieblichen Wiedereingliederung nach psychischer Erkrankung, also tertiärpräventiv.
Das Muster der variablen Nutzung und des variablen Nutzens der PSIB ist auch in der Gesamtteilnehmerstatistik erkennbar. Etwa 30 Prozent der 63 Personen, die im Studienzeitraum das Sprechstundenangebot nutzte, kam aufgrund einer aktuellen Krisensituation in die Sprechstunde ohne Anzeichen einer psychischen Störung (s. Tabelle 1). „Erste Symptome einer möglichen psychischen Störung“ zeigten nach Einschätzung der Beratenden etwa 16 Prozent, und weitere
50 Prozent hatten nach ihrer Einschätzung womöglich eine diagnostizierbare psychische Störung. Es handelt sich hier lediglich um Einschätzungen des erfahrenen Fachpersonals, da im Rahmen der Sprechstunde keine vollständige Diagnostik durchgeführt wird. Knapp die Hälfte war bislang noch in keiner psychotherapeutischen Behandlung und etwa ein Viertel der Teilnehmenden hatte für ihre aktuellen Beschwerden vorher keinerlei Unterstützung im Versorgungssystem gesucht. Bei etwa einem Drittel der Personen bestanden die Beschwerden weniger als sechs Monate bis zum Aufsuchen der Sprechstunde, aber bei etwa einem Viertel schon länger als zwei Jahre. Bei mehr als 40 Prozent folgten keine weiteren Interventionen auf die Sprechstunde. Bei anderen schloss sich eine weiterführende psychosoziale Beratung, eine ambulante Psychotherapie oder eine längerfristige Behandlung an.
Nutzen und Praktikabilität für die Teilnehmenden
Die Sprechstundenberatung wurde von allen vier Teilnehmenden als ein empathisches und emotional stabilisierendes Coaching, das heißt als professionelle Hilfe in einer schwierigen Lebenslage, erlebt. Sie wurde assoziiert mit
Für die befragten Teilnehmenden wirkte bereits die erste, zeitnah terminierte Sitzung subjektiv stabilisierend. Der Zeitpunkt der Gespräche im Krankheitsverlauf war nicht entscheidend für den wahrgenommenen Nutzen. Drei der vier Teilnehmenden haben Änderungen in ihrem Arbeitsverhalten aufgrund der Beratung umgesetzt. Die PSIB als niederschwelliges Angebot psychotherapeutischer Versorgung konnte für die vier von uns interviewten Teilnehmenden eine Lücke in der medizinisch, psychotherapeutischen Versorgung schließen.
Ein weiterer Vorteil für viele Teilnehmende der Sprechstunde war die Vermittlung einer stationären oder teilstationären Behandlung. Das war möglich, weil die Burghof-Klinik einen psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgungsauftrag für die Region hat und entsprechende Ressourcen bereithält. Zudem konnten die Beratenden bei Bedarf auf regionale Angebote der psychosozialen Beratung verweisen.
Zusammenfassende Ergebnisse
Die zentralen Ergebnisse der PSIB-Evaluation aus der Perspektive der jeweiligen Beteiligtengruppen sind in ➥ Tabelle 2 zusammengefasst. In allen Betrieben wurde die PSIB als Reaktion auf wahrgenommene hohe AU-Zeiten eingeführt. Die befragten Stakeholder aller Betriebe sehen in der PSIB eine kostengünstige Entlastung, was den Umgang mit psychisch beeinträchtigten Beschäftigten anbelangt. Sie erhoffen sich in der Folge eine Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten. Neben dieser Übereinstimmung der untersuchten Betriebe gibt es auch Unterschiede in Bezug auf die Frage, ob die Verantwortung für psychische Beeinträchtigung den Beschäftigten zugeschrieben und damit eine Anpassung des Verhaltens angestrebt wird oder auch eine Verantwortung für die Anpassung von betrieblichen Prozessen und Strukturen im Sinne der Verhältnisprävention übernommen wird. Das PSIB-Angebot lässt sich – so eine zentrale Erkenntnis – an die unterschiedlichen Vorstellungen und Bedarfe der jeweiligen Betriebe anpassen und bietet mehr Handlungssicherheit für Führungskräfte, Arbeitnehmervertretung sowie Betriebsärztinnen und -ärzte.
Aus Sicht der Teilnehmenden liegt der Nutzen des PSIB-Angebots erstens darin, dass ein Erstgespräch mit Fachpersonal ohne lange Wartezeiten ermöglicht wird. Die Teilnehmenden erhalten eine professionelle Beratung, Psychoedukation und Coaching sowie im Einzelfall auch einen vermittelten Zugang zur psychotherapeutischen Behandlung in der Burghof-Klinik. Zweitens bestehen weniger Vorbehalte der potenziellen Nutzerinnen und Nutzer im Vergleich zur psychotherapeutischen Behandlung in der Regelversorgung. Die PSIB-Teilnehmenden äußerten ihre Zufriedenheit mit dem Angebot. Dieses Evaluationsergebnis bestätigt die quantitative Evaluation eines ähnlichen Angebots durch Rothermund et al. (2019).
Wichtig für den PSIB-Erfolg aus Sicht der betriebsärztlichen Fachpersonals ist die potenzielle Verknüpfung mit anderen Schwerpunkten des betrieblichen Gesundheitswesens. Für sie liegt der Nutzen vor allem darin, dass sie durch die Weitervermittlung an die professionelle Beratung der Burghof-Klinik ihren Fürsorgeauftrag gegenüber psychisch beeinträchtigten Beschäftigten adäquater und schneller erfüllen können.
In der Gesamtschau bewerten alle Akteursgruppen, die in die Studie einbezogen wurden, das PSIB-Format als nützlich für ihre jeweiligen und durchaus verschiedenen Bedürfnisse. Dem gegenüber stehen die geringen Kosten des Angebots. Die Inanspruchnahme war über alle Betriebe hinweg moderat und lag im Durchschnitt bei unter fünf Fällen pro Betrieb pro Jahr. Knapp die Hälfte der Teilnehmenden benötigt keine weitere Diagnostik oder Behandlung nach der Beratung. Kostengünstig für Betriebe war weiterhin, dass die Kosten der Sprechstunde wegen der personenbezogenen Abrechnung an die tatsächliche Leistung gekoppelt sind – verkürzt sich die Inanspruchnahme der Sprechstunde, reduzieren sich auch die Kosten.
Die Zahl der kooperierenden Unternehmen wurde innerhalb des Untersuchungszeitraums knapp verdreifacht, ohne Verlust eines einzigen Kooperationsunternehmens. Die PSIB hat zu 50 Prozent psychisch belastete Menschen erreicht, die noch nie eine Behandlung im „Psych“-System erfahren haben. Von der Intervention profitierte, wie von anderen PSIB-Angeboten auch (Rothermund et al. 2014), zudem ein hoher Anteil von Männern, obwohl traditionell mehr Frauen die psychotherapeutischen Versorgungsangebote nutzen.
Diskussion und Empfehlungen
Als zentrale, zusammenfassende Erklärung für den wahrgenommenen Erfolg dieses PSIB-Modells scheint aus Sicht der Betriebe die Anpassungsfähigkeit an die vorherrschende Kultur im Umgang mit psychischen Erkrankungen und an die betrieblichen Strukturen des Gesundheitsmanagements. Schon die frühe Praxis der psychosomatischen Sprechstunden in Großbetrieben zeigte verschiedene Ausgestaltungsformen (Preiser et al. 2015). Sie werden an die konkreten Erfordernisse und Organisationsstrukturen des Betriebs angepasst und changieren zwischen restriktiveren und liberaleren Varianten im Hinblick auf die Rolle von Betriebsärztinnen und Betriebsärzten, die innerbetriebliche Information über das Angebot, die Zuweisungswege und die Anzahl der Sprechstunden. Das hier evaluierte PSIB-Modell zeigt noch stärker den Charakter eines „Passepartouts“. Gemeint ist, dass seine praktische Umsetzung von Unternehmen zu Unternehmen verschieden sein kann – je nach konkreten organisationalen Bedürfnissen, Erfahrungen, Erwartungen, Praktiken, Entscheidungsprogrammen sowie der (branchenspezifischen) Betriebskultur.
Gleichwohl gibt es auch potenziell hinderliche Faktoren für die präventive Wirkung der PSIB. So kann eine Verantwortungsabwehrhaltung in Bezug auf betriebliche Ursachen psychischer Gefährdung gestärkt werden, wenn das Angebot durch die Geschäftsführung lediglich als „Versorgungs“-Leistung bereitgestellt, also nicht als Komponente einer umfassenden „Fürsorge“-Strategie implementiert wird. Mit Einführung der PSIB könnte nämlich von den Betroffenen reflexartig erwartet werden, dass diese sich im Sinne der Verhaltensprävention zu ändern haben, während die Geschäftsführung selbst scheinbar über verhältnispräventive Maßnahmen nicht nachdenken müsse.
Ein entscheidender Vorteil des hier untersuchen PSIB-Modells ist die schnelle Gewährung eines Erstgesprächs mit einer psychotherapeutischen Fachperson. Ähnlich gelagerte Unterstützungsangebote sollten ebenfalls die Terminierung eines Erstgesprächs binnen drei Wochen nach Anfrage gewährleisten.
Die Beratenden der Burghof-Klinik übernahmen in vielen Fällen die Funktion einer Schnittstelle im Versorgungssystem durch die Vermittlung von externen Hilfeangeboten. Jedoch sind für diese Aufgabe ihre Ressourcen und Befugnisse begrenzt. Zum Beispiel hatten sie keine Möglichkeit, eine ambulante Psychotherapie zu vermitteln, und für die Zuweisung in eine psychosomatische Rehabilitation fehlt ihnen die ärztliche Befugnis. Da die Vermittlungsfunktion im Versorgungssystem ohnehin keine originäre Aufgabe der Psychotherapie ist, wäre eine Kopplung der PSIB mit Institutionen, die diese Schnittstellenfunktion übernehmen, zu diskutieren.
Das PSIB-Modell zeigte sich flexibel in Bezug auf den Zuweisungsmodus. Sowohl die „Fremdsteuerung“ als auch die „Selbststeuerung“ sind möglich. Fremdsteuerung kann jene Betroffenen zur Teilnahme motivieren, die sich selbst eher nicht melden würden. Ein selbstgesteuerter Zugang ist dagegen für jene Beschäftigte attraktiv, die ihre Anonymität und Autonomie wahren wollen, zum Beispiel, wenn sie keine vertrauensvolle Beziehung zu ihrem Betriebsarzt oder der Betriebsärztin oder zur Führungskraft haben. Beide Formen des Zugangs sollen ermöglicht werden.
Ferner ist eine Rückkopplung an den Betrieb für die Förderung von Maßnahmen der Verhältnisprävention als mögliches Ziel der PSIB zu empfehlen. Da das PSIB-Angebot ausschließlich auf die Bedürfnisse der Hilfesuchenden ausgerichtet ist, ist eine inhaltliche Rückkopplung im Rahmen der betriebsärztlichen Betreuung im Sinne eines Konsiliardienstes oder an die Betriebe für die Erkennung von strukturellen Gefährdungen der psychischen Gesundheit nicht vorgesehen. Diese Form von Rückkopplung könnte über Betriebsärztinnen und Betriebsärzte erzielt werden. Sind diese in das betriebliche Gesundheitsmanagement integriert und genießen sie hohes Vertrauen in der Belegschaft, können die verhaltenspräventiven Maßnahmen der Sprechstunden-Beratung mit verhältnispräventiven Maßnahmen im Betrieb unterstützt werden. Aufgrund seines rechtlich verankerten Status als Vermittlungsinstanz im Betrieb bietet sich der Arbeitsschutzausschuss, der ab einer Größe von 20 Beschäftigten zu bilden ist, als geeigneter Adressat einer solchen Rückkopplung an.
Interessenkonflikt: Die Autorenschaft gibt an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
Literatur
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www.g-ba.de/downloads/62-492-1733/PT-RL_2018-10-18_iK-2018-12-21.pdf (Abruf 08.06.2019).
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Für die Autorenschaft
Wiebke Wrage
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
Nöldnerstraße 40-42
10317 Berlin
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