Hautschutz – Möglichkeiten und Grenzen
Die irritative Kontaktdermatitis ist die häufigste beruflich bedingte Hauterkrankung. Die wichtigsten Irritanzien sind mehrstündige Wasserexposition (Feuchtarbeit), Detergenzien und Lösemittel. Hautschutzmaßnahmen müssen an den jeweiligen Arbeitsplatz unter Berücksichtigung aller schädigenden Noxen und Kofaktoren (mechanisch, thermisch) angepasst werden. Die höchste Schutzwirkung wird durch Handschuhe erreicht, die heute in großer Vielfalt bei weitgehender Reduktion des Okklusionseffektes angeboten werden. Ist wegen erhöhter Unfallgefahr das Tragen von Handschuhen nicht möglich, kommt der Anwendung von Hautschutzcremes große Bedeutung zu. Die Wirkung dieser Produkte, deren Auswahl am jeweiligen Irritanzienspektrum orientiert werden muss, darf allerdings nicht überschätzt werden. Von größter Bedeutung sind schonende Hautreinigung und regelmäßige Hautpflege nach der Arbeit zur Regeneration der Hornschichtbarriere. Gesundheitspädagogische Schulungsseminare für Erkrankte haben eine hohe Akzeptanz und Effektivität bei verschiedenen Risikoberufen ergeben. Die Gestaltung von Hautschutzprogrammen ist eine interdisziplinäre Herausforderung für betreuende Mediziner, Präventionsdienst der Berufsgenossenschaften und Sicherheitsfachkräfte. Erhaltung der Arbeitsfähigkeit und Zunahme der Lebensqualität der Betroffenen sind die vorrangigen Ziele.
Schlüsselwörter: Hautschutz – Handschuhe – Hautschutzcremes – Hautreinigung – Hautpflege – gesundheitspädagogische Hautseminare
Skin protection – Possibilities and limits
Irritant contact dermatitis is the most common occupational skin disease. Major irritants include long-term water exposure (wet work), detergents and solvents. Skin protective measures must be adapted to the individual work place taking into account all harmful agents and cofactors (mechanical, thermal). Gloves provide the highest protective effect, which nowadays are available in a wide variety and are less occlusive than in the past. Skin protective creams (“barrier creams“) are indicated, if gloves may not be worn because of increased risk of injury. However, their efficacy is limited, even when adapted to the spectrum of irritants at the workplace. Gentle skin cleansing and regular skin care after work with emollients is of utmost importance to restore the damaged stratum corneum barrier. Workers’ educational programmes have a high acceptance and have been shown to be efficacious for various high-risk professions. The organization of these programmes is a multi-disciplinary challenge for the physicians involved, representatives of the Employers´ Liability Insurance Institution and safety engineers of the company. Preservation of work ability and increased quality of life are the primary goals.
Keywords: skin protection – gloves – protective creams – skin cleansing – skin care – workers’ educational programmes
ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2013; 48: 754–759
Einleitung
Beruflich bedingte Hauterkrankungen gehören in Deutschland zu den häufigsten Berufskrankheiten. In 2011 sind für die BK Nr. 5101 erstmals 25 056 Fälle angezeigt worden (35,2 % aller Verdachtsanzeigen). Die berufliche Verursachung wird in etwa ¾ der Fälle bestätigt. Klinisch handelt es sich in der überwiegenden Mehrzahl um Handekzeme. In den meisten Berufen ist die irritative Kontaktdermatitis (IKD) häufiger als die allergische Kontaktdermatitis (AKD). Ein differenziertes Hautschutzprogramm, das interdisziplinär entwickelt und umgesetzt wird, ist effektiv und kann in den meisten Fällen die Arbeitsfähigkeit erhalten.
Berufliche Einwirkungen
Ein wesentlicher exogener Risikofaktor für die Entwicklung eines Handekzems ist die Feuchtarbeit. In der dafür eingerichteten TRGS 401 wird Feuchtarbeit definiert als regelmäßige Tätigkeit im feuchten Milieu von mehr als 2 h oder das Tragen von flüssigkeitsdichten Handschuhen über den gleichen Zeitraum. Durch die Quellung der Hornschicht wird die Barrierewirkung beeinträchtigt, berufliche Noxen können verstärkt penetrieren und zur Hautirritation führen. Sekundär können sich dann auch leichter Kontakt-sensibilisierungen entwickeln.
Das Spektrum von Irritanzien ist unterschiedlich und hängt von der Tätigkeit ab. Die nachfolgende Aufzählung listet Berufe mit einer hohen Inzidenz von irritativer Kontaktdermatitit (IKD) auf. Die wichtigsten Irritanzien sind Detergenzien, Lösemittel, schwache Säuren und Laugen und mechanische sowie thermische Ko-faktoren. Kontaktsensibilisierungen sind im Vergleich dazu in den meisten Berufen seltener. Eine große Rolle spielen sie aber immer noch bei Friseuren (Haarfarben), in Bauberufen (Dichromat und Epoxidharze im Zement), bei Zahntechnikern (Methacrylate) und bei Metallbearbeitern (Konservierungsmittel). Vor der Entwick-lung eines Hautschutzplans muss daher der Arbeitsmediziner/Betriebsmediziner in Kooperation mit der Sicherheitsfachkraft die am Arbeitsplatz einwirkenden Stoffe sichten und auf deren toxische Wirkungen nach den Sicherheitsdatenblättern prüfen (in diesem Zusammenhang besonders wichtig TRGS 07 und TRGS 401 sowie R 42 und R 43 für Gefahrstoffe).
Berufe mit hoher Inzidenz von irritativer Kontakt-dermatitis (IKD) der Hände
- Friseur
- Bäcker, Konditor
- Bauberufe (Maurer, Fliesenleger)
- Kranken- und Altenpflege
- Floristen
- Metallverarbeitung
- Koch, Nahrungsmittelverarbeitung
- Zahntechniker
Das aktuelle Hautschutzkonzept – 5 Säulen
Früher wurde das 3-Säulen-Modell für den Hautschutz propagiert: Hautschutzmittel – schonende Hautreinigung – Hautpflege. Nach den Erkenntnissen der letzten Jahre müssen wichtige Ergänzungen hinzugefügt werden: Handschuhe und gesundheitspädagogische Seminare (GPS).
Handschuhe
Handschuhe sind die wichtigste Säule in der Prävention des beruflich bedingten Handekzems. Hautschutzcremes („barrier creams“) können die physikalische Barriere eines Handschuhs bei weitem nicht ersetzten. Voraussetzungen für einen erfolgreichen Einsatz sind:
- Der Handschuh muss nach der Unfallverhütungsvorschrift erlaubt und für die spezielle Tätigkeit geeignet sein (keine Unfallgefahr durch rotierende Teile, die feinmanuelle Tätigkeit muss möglichst erhalten bleiben).
- Bei Chemikalien muss ein ausreichender Permeationsschutz vorhanden sein (Messdaten über die Penetration müssen vorliegen, die Schichtdicke des Handschuhs muss spezifiziert werden).
- Die Okklusivität von Handschuhen führt zu vermehrtem Schwit-zen und Mazeration der Haut. Sie ist auf das notwendige Maß zu reduzieren. Produkte mit durchlässigem Textilmaterial für den Handrücken sind zu bevorzugen, wenn vom Arbeitsumfeld her möglich.
- Handschuhe enthalten verschiedene Inhaltsstoffe, die zu Kontaktsensibilisierungen und/oder Kontakturtikaria (Latex) führen können.
- Bei undichten oder innen kontaminierten Handschuhen kann die irritierende und/oder sensibilisierende Wirkung von Arbeitsstoffen zunehmen.
- Vor dem Überziehen der Handschuhe aufgetragene Schutzcremes können zu Irritationen führen.
Die Auswahl der Handschuhe für einen speziellen Arbeitsplatz ist nicht einfach angesichts der Fülle von Produkten auf dem Markt. Eine sehr umfassende Informationsquelle bietet der Bundesverband Handschutz e. V. (Oberhausen). Auf der Homepage unter http://www.bvh.de finden sich in 12 Info-Reihen gesetzliche Vorschriften, europäische Standards für Chemikalienschutzhandschuhe und mechanische Festigkeit, Produktbeschreibungen und DIN-Normen verschiedener Handschuhmaterialien, Hinweise zur schonenden Hautreinigung, Hautschutz und Hautpflege sowie Händedesinfektion und UV-Schutz.
Die Passform ist sehr wichtig für die Akzeptanz: Handschuhe werden häufig zu groß getragen, wodurch das Feingefühl leidet. Handschuhe werden oft beim Ausziehen beschädigt und mit Chemikalien oder Partikeln verunreinigt.
Jeder Handschuh muss eine Zeit lang unter realen Anwendungsbedingungen erprobt werden. Häufig sind Kombinationen von verschiedenen Produkten notwendig, da die Tätigkeit mannigfaltig ist. Die nicht unerheblichen Kosten bei hohem Verschleiß sind zu berücksichtigen.
Die Produktion von Handschuhen ist einem ständigen Wandel unterworfen. Daher sind beim Hersteller aktuelle Informationen über Eigenschaften und Verwendungszweck einzuholen. Insbesondere muss durch Einschaltung der Sicherheitskraft des jeweiligen Betriebs überprüft werden, ob der Einsatz des empfohlenen Handschuhs nicht auf Sicherheitsbedenken stößt.
Bei hochgradiger Sensibilisierung auf Kaliumdichromat kann eine Lederunverträglichkeit auf Lederhandschuhe auftreten; wesentlich seltener relevant ist dies bei Sicherheitsschuhen, da durch die Socken kein direkter Hautkontakt mehr besteht. Bezugsquellen für chromatfreie Produkte sind über das Internet erhältlich. Die vegetabilisch gegerbten Leder sind allerdings nicht so haltbar wie die mit Chromsäure gegerbten.
Bei Sicherheitsschuhen kann als Alternative auf GORE-TEX-Produkte ausgewichen werden. Diese haben auch den Vorteil des geringeren Schwitzens.
Informationen zu chromatfreien Produkten (Handschuhe, Sicherheitsschuhe) sind zu finden unter:
- http://www.schutzkleidung-shop.de
- https://handschuhwelt.de/
- https://www.asx.eu/ (ESD-Handschuh aus Nylon und Kohlefasern)
Berufliche Hautmittel (Produkte für Hautschutz, Hautpflege, und Hautreinigung)
Der Begriff Berufliche Hautmittel umfasst die o. g. Produktgruppen:
- Hautschutzmittel als Creme oder Salbe, die eine gewisse Schutzwirkung gegenüber Irritanzien aufweisen;
- Hautpflegeprodukte, die zur Regeneration der Haut und Hornschichtbarriere beitragen und
- Reinigungsprodukte, die ohne abrasive Partikel die verschmutzte Haut ausreichend reinigen.
Die Arbeitsgemeinschaft für Berufsdermatologie (ABD) hat zu diesem Thema eine S1-Leitlinie verfasst ( http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF Nr. 013/056).
In dieser sehr umfangreichen Dokumentation wird mit zahlreichen Literaturverweisen der heutige Wissensstand auf diesem Gebiet dargestellt. Berufliche Hautmittel sind keine Medikamente, sondern gelten als Kosmetika und unterliegen demnach der Kosmetik-Richtlinie der EU. Außerdem kommt die EU-Richtlinie für die persönliche Schutzausrüstung (PSA) zur Anwendung.
Hautschutzmittel
Die Forderung des Wirkungsnachweises ist nicht einfach zu erfüllen angesichts der Fülle von beruflichen Irritanzien. Die schon in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts praktizierten In-vitro-Tests (z. B. Objektträger-Test nach Suskind) haben nur eine sehr begrenzte Aussagekraft. Die danach entwickelten In-vitro- und Ex-vivo-Verfahren lieferten genaue Daten über die Penetration verschiedener Stoffe an exzidierter Tier- oder Humanhaut. Weitere Techniken verwenden Keratinozytenkulturen oder perfundierte Kuheuter (Bovine Udder Skin [BUS]-Modell). Die Ergebnisse zeigen jedoch nur einen Teilaspekt in der möglichen Schutzwirkung von dafür entwickelten Produkten auf. Physiologische Effekte in vivo sind wesentlich komplexer und hängen von zahlreichen Faktoren ab. Daher ist die Bestätigung einer Schutzwirkung durch ein Humanmodell unerlässlich.
Durch die Arbeitsgruppe des Autors wurde der Anstoß zu realitätsnahen Irritationstesten am Menschen gegeben (Frosch et al. 1994). Im Repetitiven Irritationstest (RIT) werden 4 verschiedene Irritanzien über mehrere Tage okklusiv für 4 Stunden nach Vorbehandlung mit dem Hautschutzprodukt appliziert. Die resultierende Hautreizung wird klinisch bewertet und mit biophysikalischen Parametern objektiviert. Es konnten mit einer Reihe von Produkten Schutzwirkungen nachgewiesen werden, insbesondere gegen das Detergens Natriumlaurylsulfat und gegen Natronlauge in niedriger Konzentration. Gegen organische Lösemittel wie Toluol war meistens kein Effekt nachweisbar. Das alte Dogma, wonach eine hydrophile Creme (O/W-Emulsion) gegen lipophile Irritanzien gut wirken solle und eine lipophile Zubereitung (W/O-Emulsion) gegen wässrige Irritanzien, wurde mehrfach nicht bestätigt. In der Folgezeit wurden verschiedene Modifikationen des RIT entwickelt (andere Irritanzien in niedrigerer Konzentration, offene statt okklusive Anwendung, Unterarmwaschungen u. a.). In mehreren Untersuchungen, einschließlich multizentrischer Studien, konnten Wirksamkeitsnachweise erbracht und die Reproduzierbarkeit der Methoden belegt werden (Fartasch et al. 2009).
Neben W/O- und O/W-Emulsionen sind weitere Grundlagen entwickelt worden, die hydratisierende Eigenschaften haben und durch das gute Einziehen auf der Haut keinen unangenehmen Fettfilm auf der Haut belassen (amphiphile Emulsionen, Suspensionssalben, Hydro- und Oleogele). Zusatzstoffe wie Perfluorpolyether, Aluminiumchlorohydrat und synthetische Gerbstoffe können die Hautmazeration reduzieren, die v. a. bei Hyperhidrosis unter Handschuhen ein großes Problem darstellt. Der Zusatz von Harnstoff führt dagegen zu vermehrter Hydratation und Penetrationsförderung von Arbeitsstoffen. Daher sollte die Anwendung von harnstoffhaltigen Produkten der Hautpflege nach der Arbeit vorbehalten bleiben.
Klinische Studien mit Hautschutzmitteln
Es gibt nur wenige kontrollierte Studien, die die Wirksamkeit unter realen Arbeitsbedingungen belegen. Bei Krankenschwestern mit leichtem irritativen Handekzem wurde eine Hautschutzcreme mit Aluminiumchlorohydrat 5 % und Glyzerin EP 5 % mit der Grundlage ohne Aluminiumchlorohydrat verglichen. Nach 4 Wochen zeigte die klinische Bewertung eine signifikante Besserung für beide Therapieformen und die Hornschichthydratation nahm zu, allerdings ohne signifikante Unterschiede zwischen Verum und Vehikel (Bock et al. 2001).
An Friseurlehrlingen mit irritativem Handekzem wurde die gleiche Hautschutzcreme mit Aluminiumchlorohydrat über 4 Wochen mit einem bienenwachshaltigen Produkt verglichen. Auch hier zeigte sich klinisch eine deutliche Abnahme der Hauterscheinungen, objektiviert durch verschiedene hautphysiologische Parameter. Ein deutlicher Unterschied zwischen beiden Produkten war nicht vorhanden. In mehreren älteren Studien wurden durch verschiedene Zubereitungen positive Effekte bei subklinisch geschädigter Haut nachgewiesen (Übersicht bei Kütting u. Drexler 2003). Signifikante Unterschiede zu den Vergleichsgruppen wurden wegen relativ kleiner Fallzahlen (25–50) oft nicht erreicht. In einigen Studien wurden auch negative Effekte durch Hautschutz- oder Hautpflegeprodukte beobachtet, d. h. Entwicklung von Hautirritationen, gesteigerte Penetration von Irritanzien und Allergenen (Zachariae et al. 2003).
In einer randomisierten Studie an 192 Zahntechnikern mit leichter irritativer Handdermatitis wurden 2 Hautschutzcremes und 2 Pflegeprodukte mit Harnstoff bzw. Bienenwachs evaluiert (Frosch et al. 2003). Jeder Zahntechniker verwendete jeweils eine Hautschutzcreme mehrfach während der Arbeit und – in einer weiteren Phase der Studie – ein Pflegeprodukt mindestens 1-mal nach der Arbeit über insgesamt 4 Wochen; zwischen den beiden Anwendungsphasen lag eine „Wash-out-Periode“ von 2 Wochen. Die Sequenz Hautschutzprodukt – Pflegeprodukt und vice versa wurde randomisiert und für den evaluierenden Arzt verblindet. Neben klinischer Bewertung wurde der transepidermale Wasserverlust (TEWL) gemessen und eine Befragung über die Einschätzung der Wirksamkeit durch den Zahntechniker durchgeführt. Beide Pflege-produkte wurden von den Zahntechnikern als „gut“ oder „sehr gut“ in 77 % bzw. 98 % bewertet, deutlich höher als die Hautschutzprodukte (58 % bzw. 67 %). Hinsichtlich des TEWL waren beide Pflegeprodukte signifikant besser als die Hautschutzprodukte.
Die Schlussfolgerung aus allen bisher verfügbaren Daten ist, dass insgesamt in bestimmten Arbeitsbereichen eine gewisse Wirkung von Hautschutzprodukten vorhanden ist. Voraussetzung ist, dass das Produkt über Eigenschaften verfügt, die in dem speziellen Arbeitsfeld nach Erkenntnissen und Erfahrungen des Herstellers keine Probleme für die Fertigungsabläufe darstellen (z. B. keine schädliche Wirkung für den Produktionsablauf durch Hinterlassen von Abdrücken). Die häufige Anwendung von Hautschutzprodukten während der Tätigkeit ist meistens wenig praktikabel. Gegenüber stärkeren Irritanzien oder Allergenen sind Hautschutzprodukte ohnehin in der Praxis wirkungslos. Der eine Zeit lang von einem Hersteller eines Hautschutzschaums verwendete Werbeslogan „Der flüssige Handschuh“ ist irreführend und gefährlich. In Belgien kam es zu schweren Verätzungen bei Arbeitern, die diese Behauptung wörtlich nahmen.
Die Verwendung von geeigneten Handschuhen ist beim Umgang mit Irritanzien und Allergenen auf jeden Fall vorzuziehen. Dazu gehört auch ausdrücklich die Feuchtarbeit. Bei der Neigung zur Hyperhidrosis können Hautschutzprodukte mit dem Zusatz von Aluminiumchlorohydrat die Hautmazeration reduzieren. Handschuhe mit Teilbeschichtung reduzieren ebenfalls den Okklusionseffekt.
Hautreinigung
Die immer noch häufig anzutreffende aggressive Hautreinigung ist ein wesentlicher Faktor für die Chronizität von Handekzemen: Hautreiniger mit Reibsand oder anderen Partikeln, scharfen Bürsten, Lösemitteln, Terpentin, Druckluft und verschmutzten Lappen. Die Flüssig-Syndets sind im Allgemeinen gut hautverträglich und auch von ausreichender Reinigungskraft. Bei stark verschmutzender Tätigkeit kann durch die vorherige Auftragung eines Schutzfilms die anschließende Reinigung erleichtert werden. Effektiver und sicherer ist aber die Verwendung eines geeigneten Handschuhs.
Hautpflege
Der Hautpflege nach der Arbeit kommt allergrößte Bedeutung zu. Nicht selten hört man von Patienten mit schweren Handekzemen, dass sie bisher die Hautpflege zu Hause nicht praktiziert hätten. Erst durch die Teilnahme an Schulungsmaßnahmen sei bei ihnen das Verständnis hierfür gewachsen. Das intensive und „richtige“ Eincremen der Hände wird gerade von männlichen Patienten oft erst durch die Kontrolle mit einem Fluoreszenzindikator nach eindrucksvoller Demonstration von unbedeckten Partien erlernt (Dermalux-Gerät). Empfindliche Regionen wie Handrücken und Interdigitalräume werden meist ausgespart, sind aber die primären Manifestationen der irritativen Kontaktdermatitis.
Tabelle 1 (s. S. 758) führt einige Produkte für Hautschutz, Hautreinigung und Pflege auf. Dabei wurden besonders Produkte berücksichtigt, die frei von Duftstoffen und Konservierungsmitteln sind, die relativ häufig Kontaktsensibilisierungen auslösen (z. B. frei von Isothiazolinonen). In einer Untersuchung von 2005 waren 71 % der Produkte parfumiert (Lange u. Geier 2005). Bei chronisch entzündeter Haut kann so leicht eine Pfropfsensibilisierung auf Duftstoffe entstehen. Hier sollten v. a. das Lyral® und ätherische Öle gemieden werden. Duftstofffreie Produkte sind hier vorzuziehen. Das früher häufig gehörte Argument, unparfümierte Produkte würden unangenehm riechen und daher von Patienten abgelehnt, gilt nicht mehr für heute mögliche Formulierungen.
Einige Hersteller von Hautschutzprodukten werben immer noch mit dem irreführenden Wort „Universalschutz“ gegen wassermischbare und nichtwassermischbare Irritanzien. Dafür gibt es keine ausreichende wissenschaftliche Basis, wie oben ausgeführt und in den Leitlinien näher dargestellt. Behauptungen für eine Schutzwirkung gegen organische Lösemittel, Epoxidharze, „Kunstharze“, Glas-fasern u. a. sind ebenfalls sehr kritisch einzustufen. Ein wirksamer Schutz wird hierbei durch geeignete Handschuhe erreicht, deren Hersteller auch Penetrationsdaten nach den geltenden Normen vorlegen können.
Gesundheitspädagogische Seminare (GPS)
Zahlreiche Berufsgenossenschaften bieten jetzt ein GPS als § 3-Maßnahme im Rahmen der sekundären Individualprävention an. Es hat sich in zahlreichen Studien gezeigt, dass durch Wissensvermehrung der Betroffenen auf dem Gebiet der Entstehung von Berufsdermatosen und insbesondere des Hautschutzes eine nachhaltige Verhaltensänderung eintritt. Die tägliche Anwendung präventiver Maßnahmen, die meist vorher als „nicht notwendig“ oder als „zu umständlich“ abgetan wurde, wird mit Überzeugung realisiert, wenn Erfolge in Bezug auf den Hautzustand eintreten. Ein positiver Aspekt dieser Seminare ist auch der „Ketteneffekt“ auf die Arbeitskollegen des Erkrankten. Die Ablehnung von Handschuhen und anderer Maßnahmen schwindet, wenn der Erkrankte diese mit Erfolg verwendet.
GPS sind besonders wirksam bei Patienten mit irritativer Kontaktdermatitis in folgenden Berufen: Friseur, Kranken- und Altenpflege, Reinigungsdienste, Nahrungsmittelverarbeitung und Metallverarbeitung. Neben einem Rückgang der Hauterscheinungen wird von den Studienteilnehmern besonders die Zunahme der Lebensqualität hervorgehoben.
Organisatorisch werden GPS meist von Mitarbeitern der Berufsgenossenschaften (Präventionsdienst), Hautärzten und Gesundheitspädagogen getragen. Es ist wünschenswert, dass in Zukunft auch Arbeits- und Betriebsmediziner verstärkt eingebunden werden. Deren Kenntnisse über die Schadstoffe am Arbeitsplatz sollten vermehrt genutzt werden. Lehrinhalte der Seminare könnten auf diese Weise noch effektiver in die Betriebe transportiert werden.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten zum aktuellen Wissensstand auf dem Gebiet Hautschutz und Prävention wird auf die Übersichtsarbeit von Wulfhorst et al. (2011) verwiesen.
Literatur
Bock M, Wulfhorst B, Gabard B et al.: Effektivität von Hautschutzcremes zur Behandlung irritativer Kontaktekzeme bei Friseurauszubildenden. Dermatol Beruf Umwelt 2001; 49: 73–76.
Fartasch M, Diepgen TL, Drexler H et al.: Berufliche Hautmittel (ICD-10: L23, L24). AWMF–Leitlinien-Register Nr. 013/056. Arbeitsmed Sozialmed Umwelt-med 2009; 44: 53–67.
Frosch PJ, Kurte A: Efficacy of skin barrier creams (IV). The repetitive irritation test (RIT) with a set of 4 standard irritants. Contact Dermatitis 1994; 31: 161–168.
Frosch PJ, Peiler D, Grunert V et al.: Wirksamkeit von Hautschutzprodukten im Vergleich zu Hautpflegeprodukten bei Zahntechnikern – eine kontrollierte Feldstudie. J Dtsch Dermatol Ges 2003; 1: 547–557.
Kütting B, Drexler H: Effectiveness of skin protection creams as a preventive measure in occupational dermatitis: a critical update according to criteria of evidence-based medicine. Arch Occup Environ Health 2003; 76: 253–259.
Lange M, Geier J: Inhaltsstoffe von Hautschutz-, Hautreinigungs- und Haut-pflegepräparaten. Dermatol Beruf Umwelt 2005; 53: 167–171.
Wulfhorst B, Bock M, Skudlik C et al.: Prevention of hand eczema: gloves, brarrier creams and worker’s education. In: Johansen JD, Frosch PJ, Lepoittevin JP (Eds.): Contact Dermatitis. 5. Aufl. Berlin: Springer, 2011, S. 985–1016.
Zachariae C, Held E, Johansen JD et al.: Effect of a moisturizer on skin sus-ceptibility to NiCl2. Acta Derm Venereol 2003; 83: 93–97.
Verfasser
Prof. Dr. med. Peter Frosch
ehem. Direktor der Hautklinik Dortmund
Kronprinzenstraße 47 – 44135 Dortmund