Die DGAUM hat am 12. Februar zum o.g. Referentenentwurf gegenüber dem Bundesministerium für Gesindheit wie folgt Stellung genommen:
1. Wie bereits in der Stellungnahme der DGAUM vom 03.12.2020 zu dem Entwurf eines Gesetzes zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (DVPMG) dargelegt (s. Anlage), benötigen auch Betriebsärzte – unabhängig davon, ob sie auch als Vertragsärzte niedergelassen sind oder nicht – dieselbe Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) wie Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Krankenhäuser.
2. Betriebsärzte sind ebenso auf einen Zugang zur elektronischen Patientenakte angewiesen wie andere Leistungserbringer. Insbesondere ist auch für Betriebsärzte in derselben Weise wie für den in § 382 SGB V berücksichtigten Öffentlichen Gesundheitsdienst eine entsprechend organisierte und finanzierte Anbindung an die TI unabdingbar. Bereits seit dem Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz – PrävG) vom 17.07.2015 ist es erklärtes Ziel des Gesetzgebers, das mit fast 45 Millionen Beschäftigten größte Präventionssetting in unserer Gesellschaft, die Arbeitswelt, zu nutzen und dabei insbesondere die Betriebsärzte über die Wahrnehmung von Aufgaben des Arbeitsschutzes hinaus nach den §§ 20b, 20c, 132e, 132 f SGB V auch in die Erbringungen von Präventionsleistungen nach dem SGB V einzubinden.
3. Die vielfältigen Aufgaben von Betriebsärzten in diesen genannten Bereichen (unter anderem: Steuerung von BGF-Maßnahmen, Prävention arbeitsbedingter Gefahren, Durchführung von Begutachtungen, Steuerung von Rehabilitationsverfahren, Abgabe von Präventionsempfehlungen, erforderlichenfalls akute Ambulanzbehandlungen durch Betriebsärzte in betriebseigenen Einrichtungen, Durchführung von Gesundheitsuntersuchungen, Durchführung von Impfungen, Empfehlung medizinischer Vorsorge-leistungen) lassen sich in einem mehr und mehr digitalisierten Gesundheitswesen nicht sinnvoll wahrnehmen, wenn keine Möglichkeit zur Einsicht in die elektronische Patientenakte besteht. Dem kommt es gleich, wenn es an den notwendigen technischen, organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen dafür fehlt.
4. Mit der elektronischen Patientenakte besteht erstmals die Möglichkeit, medizinische Prävention fächer- und sektorenübergreifend zu denken und zu organisieren, um so die Schnittstelle zwischen kurativer Medizin und Arbeitsmedizin besser zu gestalten. Dies hat der Gesetzgeber erfreulicherweise mit der Berücksichtigung der Betriebsärzte in § 352 Nr. 1 und Nr. 18 SGB V bereits erkannt und berücksichtigt. Als Folge davon muss zwangsläufig dann jedoch ebenfalls eine Regelung zur Schaffung der technischen, organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen des Anschlusses der Betriebsärzte an die TI erfolgen.
Vor diesem Hintergrund schlägt die DGAUM vor, § 1 (Anwendungsbereich) des Entwurfs der GIV (GIV-E) wie folgt zu ändern:
1. Anstelle des ursprünglichen Textes: „Diese Verordnung regelt
1. die verpflichtende Integration der im Rahmen dieser Verordnung festgelegten Schnittstellen in informationstechnische Systeme, die in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung sowie in Krankenhäusern zur Verarbeitung von personenbezogenen Patientendaten eingesetzt werden, und
2. die Leitfäden, die bei der Integration der Schnittstellen nach Nummer 1 zu berücksichtigen sind“ sollte es heißen: „Diese Verordnung regelt
1. die verpflichtende Integration der im Rahmen dieser Verordnung festgelegten Schnittstellen in informationstechnische Systeme, die in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung, bei der Tätigkeit von Betriebsärzten im Rahmen von Präventionsleistungen nach dem SGB V und im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge sowie in Krankenhäusern zur Verarbeitung von personenbezogenen Patientendaten eingesetzt werden, und
2. die Leitfäden, die bei der Integration der Schnittstellen nach Nummer 1 zu berücksichtigen sind.“
2. Außerdem empfehlen wir, in § 2 des GIV-E die Überschrift zu ändern: Anstelle der ursprünglichen Überschrift
„Schnittstellen in informationstechnischen Systemen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung sowie in Krankenhäusern“
sollte formuliert werden:
„Schnittstellen in informationstechnischen Systemen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung, bei der Tätigkeit von Betriebsärzten im Rahmen von Präventionsleistungen nach dem SGB V und im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge sowie in Krankenhäusern“
3. Zudem schlagen wir vor, den Text des § 2 des GIV-E zu ändern. Anstelle der ursprünglichen Formulierung
„In informationstechnische Systeme, die in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung sowie in Krankenhäusern eingesetzt werden, müssen bis zum 1. Oktober 2021 die in dem
1. „Implementierungsleitfaden Primärsysteme – Elektronische Patientenakte (ePA)“ sowie dem
2. „Implementierungsleitfaden Primärsysteme – E-Rezept“
der Gesellschaft für Telematik festgelegten Schnittstellen integriert und dabei die in den Leitfäden enthaltenen Vorgaben erfüllt werden. …
sollte es heißen:
In informationstechnische Systeme, die in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung, bei der Tätigkeit von Betriebsärzten im Rahmen von Präventionsleistungen nach dem SGB V und im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge sowie in Krankenhäusern eingesetzt werden, müssen bis zum 1. Oktober 2021 die in dem
1. „Implementierungsleitfaden Primärsysteme – Elektronische Patientenakte (ePA)“ sowie dem
2. „Implementierungsleitfaden Primärsysteme – E-Rezept“
der Gesellschaft für Telematik festgelegten Schnittstellen integriert und dabei die in den Leitfäden enthaltenen Vorgaben erfüllt werden. …“
Zu den weiteren erforderlichen gesetzlichen Änderungen, um die notwendigen technischen, organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen für den dringend erforderlichen uneingeschränkten Zugang der Betriebsärzte zur TI zu schaffen, verweisen wir nochmals auf unsere Stellungnahme vom 03.12.2020.
Prof. Dr. Hans Drexler, Präsident
Dr. Thomas Nesseler, Hauptgeschäftsführer
Das Anschreiben können Sie im Original auf unserer Website einsehen unter
https://www.dgaum.de/kommunikation/stellungnahmen/