Im letzten Jahrzehnt hat das Thema psychische Gesundheit in der Arbeitswelt zunehmend an Bedeutung gewonnen. Analog dazu starteten im Jahr 2020 drei Bundesministerien die „Offensive Psychische Gesundheit“. Beteiligt waren das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) mit der Unterstützung eines starken Netzwerks an Einrichtungen, die im Bereich Prävention aktiv sind. Dabei war es Ziel der Offensive, eine Offenheit für das Thema zu schaffen sowie vorhandene Präventionsangebote stärker miteinander zu vernetzen und an die Öffentlichkeit zu bringen (Offensive Psychische Gesundheit – INQA.de – Initiative Neue Qualität der Arbeit).
Die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V. (DGAUM) hat sich dieser nationalen Offensive für die Lebenswelt Arbeitsplatz angeschlossen und das Thema unter anderem auf ihrer 61. Jahrestagung im März 2021 mit einem öffentlichen Symposium mit Beteiligung des BMAS aufgenommen. Das vorliegende Themenheft präsentiert Ihnen unter anderem die Beiträge in Anlehnung an das Symposium in einer detaillierten Ausführung in einem wissenschaftlichen und mehreren Praxisbeiträgen.
Die psychische Gesundheit von Beschäftigten ist ein wertvolles Gut, das zu erhalten, fördern oder auch in manchen Fällen wiederherzustellen gilt. Berücksichtigt man die Definition psychischer Gesundheit der Weltgesundheitsorganisation (WHO 2019) wird deutlich, wie insbesondere der Arbeitsplatz für Prävention prädestiniert ist. Die WHO bezeichnet mentale Gesundheit als einen Zustand des Wohlbefindens, in dem eine Person ihre Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv arbeiten und einen Beitrag zu ihrer Gemeinschaft leisten kann (siehe MNH_FactSheet_DE.pdf unter who.int). Psychische Gesundheit zeigt sich also mehrheitlich über eine aktive Teilnahme des Menschen am Arbeitsleben.
Welche Faktoren für die aktive Teilnahme am Arbeitsleben eine Rolle spielen, zeigt der wissenschaftliche Beitrag von Joachim E. Fischer et al. In dem Beitrag werden sowohl die Herausforderungen präventiver Ansätze als auch Lösungsvorschläge betrachtet, wobei über eine differenzielle Betrachtungsweise auch die Persönlichkeit der Beschäftigten mit einbezogen wird.
Weitere Lösungsansätze für verschiedene Präventionsmöglichkeiten bieten drei Praxisbeiträge zu diesem Thema. Anna Borg und Kollegen stellen in ihrem Beitrag die praktische Umsetzung eines Arbeitsschutz- und Gesundheitsmanagements vor, in dem die Förderung der psychischen Gesundheit integrativer und strategischer Bestandteil ist. Die vorgestellten organisationalen Strukturen beinhalten auch eine vorgeschaltete Kampagne, in der für eine offene Kommunikation und damit Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen geworben wird als Grundpfeiler für unternehmensweite Präventionsmaßnahmen.
Im zweiten Praxisbeitrag wird von Jörg Seigies aus primärpräventiver Sicht dargestellt, wie die Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung für psychische Belastungen gelingen kann, unter anderem unter Berücksichtigung der Beteiligung von interdisziplinär handelnden Personen aus den unterschiedlichsten Professionen im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Auch die Partizipation der Beschäftigten in dem Prozess, insbesondere bei der Gestaltung von Maßnahmen, wird angesprochen.
Schließlich beleuchtet der Journalist Armin Rösl in seinem Praxisbeitrag die Tertiärprävention nach psychischer Erkrankung am Beispiel Depression. Der Beitrag zeigt eindrücklich die Notwendigkeit des präventiven Handels aus der Betroffenenperspektive und sensibilisiert umso stärker für die Ernsthaftigkeit der Thematik.
Somit wünsche ich für Betroffene und für die Zusammenarbeit in den Betrieben, dass das vorliegende Themenheft uns allen weiter auf unserem Weg hilft, psychische Gesundheit offensiv, strategisch und effektiv in der Arbeitswelt voranzubringen.
Ihre Jessica Lang
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, RWTH Aachen
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