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Messung gesundheitsförderlicher Führung in Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege

Messung gesundheitsförderlicher Führung in Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege

Zielstellung: Welche entscheidende Rolle das Verhalten von Führungskräften für die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden spielt, gerät in den letzten Jahren sowohl in der betrieblichen Praxis als auch in der universitären Forschung zunehmend in den Fokus. Die Zahl der Studien zu diesem Thema ist in den letzten Jahren enorm angestiegen. Das Führungskonzept, das bislang am häufigsten zur Vorhersage der Gesundheit der Beschäftigten eingesetzt wurde, ist das der Transformationalen Führung. Da dieses Konzept ursprünglich nicht im Hinblick auf die Gesundheit von Beschäftigten entwickelt wurde, ist der Erkenntnisgewinn in puncto Gesundheitsförderung begrenzt und eine Ableitung von konkreten Maßnahmen für gesundheitsförderliche Führungsverhaltensweisen schwierig.

Ziel dieser Studie ist es deshalb zu untersuchen, welche Führungskonzepte besonders relevant für die Gesundheit der Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen sind und die psychische Gesundheit der Beschäftigten besser vorhersagen können als die Transformationale Führung.

Methode: Zu diesem Zweck wurden 412 Mitarbeitende im Gesundheits- und Sozialwesen zum Verhalten ihrer direkten Führungskraft und zu ihrer psychischen Gesundheit befragt. Das Führungsverhalten wurde anhand acht einschlägiger Führungskonzepte erfasst. Mittels hierarchischer Regressionsanalysen wurde untersucht, welche Führungskonzepte zusätzliche Varianz in den Gesundheitsindikatoren der Beschäftigten aufklären im Vergleich zu Transformationaler Führung.

Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass das Führungskonzept Leader-Member-Exchange (LMX) und die speziell im Hinblick auf die Gesundheit entwickelte Gesundheits- und Entwicklungsförderliche FührungsverhaltensAnalyse (GEFA) die psychische Gesundheit der Beschäftigten bis zu 30 % besser vorhersagen als die Transformationale Führung.

Schlussfolgerung: Aus den Ergebnissen lassen sich gezielt Anhaltspunkte ableiten, wie Führungskräfte die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden fördern können.

Schlüsselwörter: Führung – Gesundheit – Messung

Measurement of health-promoting leadership in health and welfare services

Objective: The role of leaders’ behaviour in maintaining employees’ health has become a topic of growing interest in business practice and university research for some time. In recent years, the number of studies on this subject has increased significantly. Transformational leadership is the leadership concept that has been most frequently linked to employee well-being. However, this leadership concept was not specifically developed to predict employee well-being. Thus, there is a limit to how much knowledge can be gained on the promotion of good health among employees and it is difficult to develop interventions which are conductive to employee well-being.

Therefore, this study aims to investigate which leadership concepts are of particular relevance to the health of employees in the healthcare and social service sector and are better able to predict employees’ mental health than transformational leadership.

Method: To this end, 412 employees working in the healthcare and social service sector were surveyed about the behaviour of their line manager and their own mental health. Eight established leadership concepts were used to measure leadership behaviour. Hierarchical regression analyses were carried out in order to investigate which of the leadership concepts explain additional variance in the health indicators of employees in comparison with transformational leadership.

Results: The findings reveal that the Leader-Member Exchange (LMX) leadership concept and the Health- and Development-promoting Leadership Behaviour Analysis (GEFA), which was specifically developed with regard to health, are up to 30 % better at predicting employees’ mental health than transformational leadership.

Conclusion: The findings provide indications as to how managers may promote good health among their employees.

Keywords: leadership, well-being, measurement

S. Vincent-Höper1

M. Stein1

S. Gregersen2

A. Nienhaus2

(eingegangen am 04.10.2017, angenommen am 13.12.2017)

ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2018; 53: 46–53

doi: 10.17147/ASU.2018-01-04-04

Einleitung

Psychische Erkrankungen spielen als Ursache für Arbeitsunfähigkeit in Deutschland von Jahr zu Jahr eine immer gravierendere Rolle. Die Zahl der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen hat sich in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdreifacht (DAK 2016). Das Gesundheitswesen weist einen besonders hohen Krankenstand auf (ebd.). Eine differenzierte Betrachtung dieses Phänomens zeigt, dass Beschäftigte in der Care-Arbeit überdurchschnittlich stark von Krankheiten und Gesundheitsstörungen betroffen sind, was im Zusammenhang mit den stark belastenden Arbeitsbedingungen in dieser Branche steht (DAK-BGW 2005; DAK-BGW 2006).

Die Zunahme der Arbeitsunfähigkeit im Gesundheitswesen aufgrund psychischer Erkrankungen ist seit Jahren die auffälligste Entwicklung im Arbeitsunfähigkeitsgeschehen. Die Bedeutung der Prävention psychischer Erkrankungen in diesen Bereichen erhält vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und dem damit einhergehenden Fach- und Führungskräftemangel besondere Brisanz. Einrichtungen in diesen Bereichen sehen sich verstärkt mit der Herausforderung konfrontiert, gut ausgebildete, effizient arbeitende und gesunde Mitarbeitende langfristig zu (er)halten. Psychische Erkrankungen stehen häufig im Zusammenhang mit Belastungen aus der Arbeitswelt, die sich durch geeignete betriebliche Präventionsmaßnahmen reduzieren lassen. Die direkte Führungskraft spielt hierbei eine zentrale Rolle. Wissenschaftliche Untersuchungen konnten zeigen, dass das Führungsverhalten als (gesundheitsförderliche) Ressource sowie als (gesundheitsschädigender) Belastungsfaktor einen Einfluss auf die Gesundheit der Beschäftigten hat (Gregersen et al. in Druck).

Fragestellung/Zielstellung

Im Zentrum der Führungsforschung stand über einen langen Zeitraum die Frage im Vordergrund, wie Führungskräfte einen positiven Effekt auf die Produktivität ausüben und die Leistung sowie die Motivation ihrer Mitarbeitenden steigern können. In den letzten Jahren zeichnet sich jedoch sowohl in der Praxis als auch in der Forschung ein zunehmendes Interesse daran ab, auch den Einfluss des Führungsverhaltens auf die Gesundheit der Mitarbeitenden zu untersuchen.  Abbildung 1 illustriert die Anzahl der Publikationen zum Zusammenhang zwischen Führung und Gesundheit und zeigt einen deutlichen Anstieg der Studien zu diesem Thema in den letzten zehn Jahren.

Inzwischen existieren zahlreiche Übersichtsarbeiten (Reviews und Metaanalysen) zum Zusammenhang zwischen Führung und Gesundheit (Arnold 2017; Gregersen et al. in Vorbereitung; Montano et al. 2017; Skakon et al. 2010; Teetzen et al. in Rev.; Vincent-Höper et al. 2017). Sie alle kommen zu dem Ergebnis, dass das Führungsverhalten einen signifikanten Zusammenhang mit der Gesundheit der Beschäftigten aufweist.

In über 50 % der Studien wurde das Konzept der Transformationalen Führung (Bass 1998) verwendet (Vincent-Höper et al. 2017). Es ist damit das mit Abstand am häufigsten untersuchte Führungskonzept im Zusammenhang mit Gesundheitsindikatoren der Beschäftigten. Die Transformationale Führung ist gekennzeichnet durch eine hohe Glaubwürdigkeit und Vorbildlichkeit der Führungskraft. Transformationale Führungskräfte motivieren durch attraktive Visionen, regen ihre Mitarbeitenden zu kreativem und unabhängigem Denken an und nehmen sich Zeit für eine individuelle Förderung ihrer Mitarbeitenden. In zahlreichen Studien wurde nachgewiesen, dass sich die Transformationale Führung positiv auf die Motivation und die Leistung der Beschäftigten auswirkt (Judge et al. 2008). Insgesamt zeigen sich auch positive Zusammenhänge mit dem Wohlbefinden der Beschäftigten, und negative mit Burnout und Stressempfinden, allerdings sind diese Zusammenhänge geringer (Gregersen et al. in Druck). Dies ist nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass dieses Führungskonzept ursprünglich nicht im Hinblick auf die Gesundheit der Beschäftigten, sondern vielmehr hinsichtlich deren Leistung und Motivation entwickelt wurde. Grundsätzlich wird von Experten kritisiert, dass sich aus den Ergebnissen nur schwer ableiten lässt, welche Führungsaspekte besonders relevant für die Gesundheit der Mitarbeitenden sind, da dieses Konzept nicht gesundheitsspezifisch ist und die Items keine Rückschlüsse auf konkrete gesundheitsförderliche Führungsverhaltensweisen zulassen. Unklar bleibt zudem, welche konkreten Maßnahmen zur Gesundheitsförderung abgeleitet, also empfohlen werden können (Franke et al. 2011).

Die aktuelle Herausforderung an die Wissenschaft besteht nun darin, speziell gesundheitsförderliches Führungsverhalten zu identifizieren, um wissenschaftlich fundierte Ansatzpunkte für eine Gesundheitsförderung durch die Führungskraft zu liefern. Die zentrale Forschungsfrage lautet: Wie sollte sich eine Führungskraft verhalten, um die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden positiv zu beeinflussen?

Das Ziel dieser Studie ist folglich, Erkenntnisse darüber zu generieren, welche Führungskonzepte einen besonders hohen Zusammenhang mit der psychischen Gesundheit von Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen aufweisen. Dabei wird die Relevanz der Transformationalen Führung kritisch überprüft und analysiert, inwiefern andere Führungskonzepte die psychische Gesundheit der Beschäftigten besser vorhersagen können und damit zu einem zusätzlichen Erkenntnisgewinn in der gesundheitsbezogenen Führungsforschung und -praxis führen.

Methoden

Vorgehen und Stichprobe

Um eine möglichst umfassende und heterogene Stichprobe zu erhalten, die verschiedene Bereiche des Gesundheits- und Sozialwesens abdeckt, wurde ein Panelinstitut im November 2016 mit einer speziell für diesen Bereich ausgelegten Online-Befragung beauftragt. Vorab wurden sechs Panelinstitute kontaktiert, um in Erfahrung zu bringen, ob sie eine ausreichend große Stichprobe im Gesundheits- und Sozialwesen anschreiben können. Das ausgewählte Institut verfügt über eine ausreichend große und spezialisierte Grundgesamtheit in diesem Bereich.

Der Fragebogen beinhaltete 141 Fragen, die die Teilnehmenden über die Auswahl einer Antwortmöglichkeit beantworteten. Im Mittel benötigten die Teilnehmenden etwa 17 Minuten für die Beantwortung des Fragebogens.

Insgesamt 614 Personen begannen die Teilnahme an der Befragung. 32 Personen brachen die Befragung gleich zu Beginn ab. 150 Personen wurden zu Beginn der Befragung herausgefiltert, weil sie die Angabe machten, keiner Führungskraft unterstellt zu sein oder nicht im Gesundheits- und Sozialwesen tätig zu sein. 16 Personen wurden ausgeschlossen, weil sie für die Beantwortung der ersten Hälfte der Befragung weniger als drei Minuten benötigten. Bei diesen Personen wurde aufgrund der extrem geringen Bearbeitungsdauer davon ausgegangen, dass sie vor der Auswahl ihrer Antwort die Fragen nicht gelesen hatten. Vier Personen wurden aufgrund eines auffälligen Antwortmusters ausgeschlossen. Diese Personen wählten auf einer Seite jeweils immer dieselbe Antwortoption aus, so dass davon ausgegangen wurde, dass sie die Fragen nicht ernsthaft beantworteten. Die Studienstichprobe setzt sich somit aus n = 412 Personen aus verschiedenen Organisationen aus dem Gesundheits- und Sozialwesen zusammen. 26,5 % der Teilnehmenden arbeiteten in der Krankenpflege, 14,3 % in der Altenpflege, 9,2 % in der Kinderbetreuung, 8,5 % in Arztpraxen und 7,3 % in der Sozialarbeit. Der verbleibende Anteil in der Stichprobe arbeitete in weiteren Branchen des Gesundheits- und Sozialwesens (z. B. Physiotherapie, Reha). Der Frauenanteil in der Stichprobe lag bei 78,4 %. Die Befragten waren zwischen 21 und 64 Jahren alt (M = 43,65, SD = 10,77). 60,6 % arbeiten in Vollzeit, 39,3 % in Teilzeit. Die Berufserfahrung lag im Durchschnitt bei 14,6 Jahren (SD = 10,9). 45,3 % der Befragten gaben an, selbst Führungsverantwortung zu haben.

Führungskonzepte

Um die Gesundheitsrelevanz der Führungstheorien zu überprüfen, wurden acht validierte Führungskonzepte erhoben, die im Folgenden kurz erläutert und anhand eines Beispielitems veranschaulicht werden.

Das Ziel der Transformationalen Führung ist es, Beschäftigte zu Leistung zu motivieren, indem die Führungskraft attraktive Visionen vermittelt, als Vorbild fungiert und die individuelle Entwicklung der Beschäftigten fördert (Bass 1998). Transformationale Führung wurde mit insgesamt fünf Items der Global Transformational Leadership Scale (GTL; Carless et al. 2000) in der deutschen Übersetzung von Rigotti et al. (2014) gemessen. Ein Beispiel-Item ist: „Meine Führungskraft kommuniziert eine klare und positive Sicht auf die Zukunft.“

Im Fokus von Leader-Member Exchange (LMX; Graen u. Uhl-Bien 1995) stehen nicht bestimmte Führungsstile oder -verhaltensweisen, sondern die Qualität der dyadischen Beziehung zwischen der Führungskraft und den Beschäftigten. Die Beziehungsqualität entwickelt sich über den wechselseitigen Austausch von Ressourcen. Eine hohe Beziehungsqualität ist durch gegenseitiges Vertrauen, Respekt und Loyalität gekennzeichnet. Zur Messung von LMX wurde die sieben Items umfassende deutschsprachige Version der LMX-7 Skala verwendet (Graen u. Uhl-Bien 1995; Schyns 2002). Die Befragten antworten auf einer Skala von 1 (geringe Qualität) bis 5 (hohe Qualität) mit jeweils unterschiedlichen Bezeichnungen der Antwortmöglichkeiten. Ein Beispiel-Item ist: „Wissen Sie im Allgemeinen, wie Ihre Führungskraft Sie einschätzt?“ (1 = „nie“ bis 5 = „immer“).

Aufgabenorientierung ist gekennzeichnet durch Führungsverhaltensweisen wie dem Strukturieren der Arbeitsaufgaben, der Klärung und Definition von Zielen, der Aktivierung und Motivation zu Leistung sowie der Kontrolle der Arbeitsergebnisse (Fleishman 1953). Aufgabenorientierte Führung wurde mit fünf invers kodierten Items aus dem Fragebogen zur Vorgesetzten-Verhaltens-Beschreibung (FVVB; Fittkau-Garthe u. Fittkau 1971) erfasst, die für die Skalenbildung umkodiert wurden. Ein Beispiel-Item ist: „Meine Führungskraft überlässt die Mitarbeitenden sich selbst, ohne sich nach dem Stand ihrer Arbeit zu erkundigen.“

Als Konsequenz aus der Finanzkrise im Jahr 2008 haben sich in der Führungsforschung zunehmend Konzepte etabliert, die insbesondere ethisch-moralische Aspekte von Führung berücksichtigen.

Authentische Führung beschreibt, dass Führungskräfte ihre Handlungen an persönlichen Werten, Überzeugungen und Glaubensvorstellungen orientieren und aufgrund innerer, wertebasierter Überzeugungen führen (Walumbwa et al. 2008). Authentische Führung wurde mit der deutschen Übersetzung des Authentic Leadership Survey (ALS; Peus et al. 2011; Walumbwa et al. 2008) erfasst. Die neun verwendeten Items gehören zu den Subskalen Relational Transparency (Beziehungstransparenz, z. B. „Meine Führungskraft ermutigt jeden, offen seine Meinung zu sagen”) und Internalized Moral Perspective (internalisierte moralische Perspektive, z. B. „Meine Führungskraft trifft Entscheidungen auf Basis ihrer zentralen Überzeugungen“).

Ziel ethischer Führung („ethical leadership“) ist es, die Beschäftigten zu ethischem Verhalten anzuleiten (Brown et al. 2005). Ethische Führungskräfte zeichnen sich dadurch aus, dass sie vertrauenswürdig, ehrlich und fair sind. Außerdem kommunizieren sie ethische Werte und Ziele, dienen als Rollenmodell für ethisches Verhalten und belohnen oder bestrafen (un)ethisches Verhalten. Ethische Führung wurde mit zehn Items aus der deutschen Übersetzung der Ethical Leadership Scale (ELS-D; Brown et al. 2005; Rowold et al. 2009) gemessen. Ein Beispiel-Item ist: „Meine Führungskraft gibt Beispiele, wie Dinge aus ethischer Sicht richtig gemacht werden sollten.“

Dienende Führung ist dadurch gekennzeichnet, dass Führungskräfte ihr Handeln primär auf die Bedürfnisse der Beschäftigten ausrichten und deren Interessen über die eigenen stellen (Greenleaf 1991). Zentrale Aspekte dienender Führung sind Altruismus, Bescheidenheit und die Entglorifizierung der Führungskraft. Zur Erfassung dienender Führung wurden sechs Items aus der deutschen Version des Servant Leadership Surveys (SLS; Pircher Verdorfer u. Peus 2014; van Dierendonck u. Nuijten 2010) eingesetzt. Die verwendeten Items gehören zu den Subskalen Standing back (Bescheidenheit, z. B. „Meine Führungskraft hält sich lieber im Hintergrund und überlässt es anderen, für die Arbeit gelobt zu werden“) und Stewardship (Verantwortung, z. B. „Meine Führungskraft hebt immer wieder die Wichtigkeit hervor, das Wohl der Allgemeinheit im Blick zu haben“).

Die bisher vorgestellten Konzepte sind sehr allgemein formuliert und nicht primär auf die Gesundheit der Beschäftigten ausgerichtet. Die Items liefern daher wenig Ansatzpunkte für konkretes gesundheitsförderliches Führungsverhalten. Die beiden nachfolgenden Führungskonzepte stellen hingegen die Gesundheit der Beschäftigten in den Fokus und erfassen differenziert verschiedene Aspekte gesundheitsförderlichen Führungsverhaltens.

Health-oriented Leadership (HoL; Franke et al. 2014) beinhaltet sowohl die Berücksichtigung der Gesundheit der Beschäftigten (StaffCare) als auch die Vorbildwirkung der Führungskraft durch Umgang mit der eigenen Gesundheit (SelfCare). Erfasst wurde Health-oriented Leadership mit jeweils 4 Items aus den Subskalen Achtsamkeit StaffCare (z. B. „Meine Führungskraft merkt sofort, wenn mit mir gesundheitlich etwas nicht stimmt“) und Gesundheitsverhalten StaffCare (z. B. „Meine Führungskraft sorgt durch die Förderung eines positiven Umgangs untereinander dafür, dass meine Belastungen reduziert werden“). Achtsamkeit beschreibt, dass Führungskräfte Beanspruchung, Stresssignale und Stressfolgen bei ihren Beschäftigten wahrnehmen und dafür sensibilisiert sind. Gesundheitsförderliches Verhalten bedeutet, dass die Führungskraft die Gesundheit der Beschäftigten durch die Stärkung von Ressourcen und die Reduzierung von Stressoren positiv beeinflusst.

Die Gesundheits- und Entwicklungsförderliche FührungsverhaltensAnalyse (GEFA) stellt die Führungskraft als (Mit-)Gestalterin der Arbeitsaufgaben und Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeitenden in den Fokus (Vincent 2011, 2012). Dieses Führungskonzept beschreibt, dass Führungskräfte einen direkten Einfluss auf Anforderungen, Stressoren und Ressourcen ihrer Mitarbeitenden haben und somit vermittelt über die Arbeitsbedingungen auf die Gesundheit der Beschäftigten einwirken. Führung wird in drei Ausprägungen beschrieben: Überfordernde, entwicklungsorientierte und unterstützungsorientierte Führung. Die überfordernde Führung (3 Items) beinhaltet das Übertragen von zu vielen Aufgaben (quantitative Überforderung) oder von zu schwierigen Aufgaben bzw. zu viel Verantwortung (qualitative Überforderung, z. B. „Meine Führungskraft verlangt von mir ein zu hohes Arbeitstempo“). Bei der entwicklungsorientierten Führung (4 Items) geht es darum, den Beschäftigten zu ermöglichen, die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten einzubringen und zu entfalten (z. B. durch die Ermöglichung von Handlungsspielraum und Partizipation, z. B. „Meine Führungskraft ermöglicht mir Einfluss darauf, welche Aufgaben ich bearbeite“). Die unterstützungsorientierte Führung (10 Items) bietet den Beschäftigten Unterstützung bei der Bewältigung von Aufgaben (z. B. durch Klarheit und Transparenz) und für das soziale Miteinander (z. B. durch Konfliktmanagement und die Förderung gegenseitiger Kooperation) an. Ein Beispiel-Item lautet hier: „Meine Führungskraft sorgt für eindeutige Aufgabenzuständigkeiten und Verantwortlichkeiten.“

Die Befragten beantworteten die Items jeweils auf einer Likert-Skala von 1 („(fast) nie“) bis 5 („(fast) immer“) mit Ausnahme der Items zu Leader-Member Exchange (siehe Beschreibung).

Gesundheitsindikatoren

Als abhängige Variablen wurden sowohl positive als auch negative Gesundheitsindikatoren erfasst.

Psychologisches Wohlbefinden wurde mit dem weit verbreiteten WHO-5-Wohlbefindens-Index gemessen, der aus fünf Items besteht (Topp et al. 2015). Für jede Aussage müssen die Befragten angeben, wie oft sie sich in den letzten zwei Wochen wie beschrieben gefühlt haben. Ein Beispiel-Item ist: „In den letzten 2 Wochen habe ich mich ruhig und entspannt gefühlt.“ Die Items wurden auf einer Likert-Skala von 1 („zu keinem Zeitpunkt”) bis 6 („die ganze Zeit”) beantwortet.

Emotionale Erschöpfung ist eine der Kerndimensionen von Burnout und beschreibt das Gefühl, dass die eigenen emotionalen und physischen Ressourcen verbraucht sind (Maslach et al. 2001). Um emotionale Erschöpfung zu erfassen, wurde die neun Items umfassende Subskala des Maslach Burnout Inventory (MBI; Maslach u. Jackson 1981) in der deutschen Übersetzung von Enzmann und Kleiber (1989) eingesetzt. Ein Beispiel-Item ist: „Ich fühle mich von meiner Arbeit ausgelaugt.“ Beantwortet wurden die Items auf einer sechsstufigen Likert-Skala von „einige Male im Jahr und seltener“ bis „täglich“.

Irritation beschreibt psychische Befindensbeeinträchtigungen, die zwischen psychischer Ermüdung und psychischer Erkrankung eingeordnet werden können. Emotionale Irritation ist durch Gereiztheit gekennzeichnet, während kognitive Irritation das Nicht-Abschalten-Können von der Arbeit bezeichnet (Mohr et al. 2005). Zur Messung von Irritation wurden acht Items verwendet (Mohr u. Rigotti 2014). Ein Beispiel-Item ist: „Ich reagiere gereizt, obwohl ich es gar nicht will.“ Die Items wurden auf einer Antwortskala von 1 („trifft überhaupt nicht zu“) bis 7 („trifft fast völlig zu“) beantwortet.

Psychosomatische Beschwerden umfassen eine Vielzahl subjektiver körperlicher Befindensbeeinträchtigungen, die sich als Folge von andauernden Stressoren ergeben und nicht zwangsläufig eine physiologische Ursache haben. Beispiele für psychosomatische Beschwerden sind Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen sowie Kopf- und Rückenschmerzen. Erfasst wurden psychosomatische Beschwerden mit insgesamt zehn Items, die von Mohr und Müller (2014) entwickelt wurden. Ein Beispiel-Item ist: „Haben Sie Kopfschmerzen?“ Die fünfstufige Antwortskala reicht von „nie“ bis „fast täglich“.

Statistische Auswertung

Zur Abschätzung der Höhe der Zusammenhänge zwischen den soziodemografischen Variablen, den Führungskonzepten sowie den Gesundheitsindikatoren haben wir Pearson-Korrelationskoeffizienten berechnet. Die Pearson-Korrelation gibt an, wie hoch der lineare Zusammenhang zwischen zwei Variablen ist. Als Maß für die Messgenauigkeit (Reliabilität) der Skalen haben wir die interne Konsistenz über Cronbachs Alpha berechnet. Cronbachs Alpha gibt an, wie gut die Items einer Skala miteinander zusammenhängen (Everitt u. Skrondal 2010).

Um zu überprüfen, welches Führungskonzept besonders relevant in Bezug auf die Gesundheit der Beschäftigten ist, wurde deren zusätzlicher Anteil an Varianzaufklärung mittels einer hierarchischen Regressionsanalyse überprüft. In einem ersten Schritt wurde für Alter und Geschlecht kontrolliert. Anschließend wurde die Transformationale Führung in die Analyse mit aufgenommen. In einem dritten Schritt wurde je ein weiteres Führungskonzept aufgenommen, um zu überprüfen, ob ein anderes Führungskonzept die Gesundheit der Beschäftigten besser vorhersagen kann als die Transformationale Führung bzw. eine inkrementelle Varianzaufklärung zeigt. Die Varianzaufklärung wird über das korrigierte R2 angegeben. Der Determinationskoeffizient R2 ist der Anteil der Varianz in der abhängigen Variablen, der durch die Prädiktoren aufgeklärt wird. Die zusätzliche Varianzerklärung, d. h. der zusätzliche Anteil an Varianz, der durch die Hinzunahme eines Prädiktors in die Regressionsanalyse aufgeklärt wird, wird über R2 angezeigt.

Ergebnisse

In  Tabelle 1 sind die Skalenkennwerte der Führungsskalen sowie die Korrelationen mit den Gesundheitsindikatoren dargestellt. Die internen Konsistenzen (Cronbachs Alpha) der Führungsskalen befinden sich alle im guten bis zufriedenstellenden Bereich (Everitt u. Skrondal 2010). Die Zusammenhangsanalysen zeigen, dass sämtliche Führungskonzepte signifikante und substanzielle Zusammenhänge mit den Gesundheitsindikatoren aufweisen.

Die Ergebnisse der hierarchischen Regressionsanalysen sind in  Tabelle 2 dargestellt. Die Darstellung umfasst die korrigierte Varianzaufklärung in Prozent für die Gesamtvarianzaufklärung der einzelnen Führungskonzepte (R2) und die zusätzliche bzw. inkrementelle Varianzaufklärung im Verhältnis zu Transformationaler Führung ( R2).

Die Ergebnisse zeigen, dass die Skala Transformationale Führung in dieser Stichprobe zwischen 6,5 % und 18 % Varianz in den psychischen Befindensvariablen aufklärt. Der LMX-Ansatz klärt zwischen 8 % und 19,5 % auf und Aufgabenorientierung zwischen 14,4 % und 29,1 %. Authentische und ethische Führung klären lediglich zwischen 5,3 % und 14,3 % auf und die dienende Führung nur zwischen 1,9 % und 11,6 %. Der HoL-Ansatz klärt zwischen 3,1 % und 15,8 % auf und die Varianzaufklärung der GEFA-Skalen beträgt zwischen 4,9 % und 30,2 %.

Betrachtet man die zusätzliche Varianzaufklärung der anderen sieben Führungskonzepte im Vergleich zur Transformationalen Führung, so zeigt sich, dass authentische Führung, ethische Führung und dienende Führung nicht in der Lage sind, zusätzliche Varianz – über die Transformationale Führung hinaus – aufzuklären. Die Items aus dem HoL klären lediglich zwischen 0 % und 1,5 % zusätzliche Varianz auf. Die Führungskonzepte, die die Gesundheit der Beschäftigten signifikant besser vorhersagen können als die Transformationale Führung, sind der LMX-Ansatz mit 1,4 % bis 2,7 % zusätzlicher Varianzaufklärung, die Aufgabenorientierung mit 3 % bis 15,4 % zusätzlicher Varianzaufklärung und die drei GEFA-Skalen: überfordernde Führung mit 4,4 % bis 21,9 %, entwicklungsorientierte Führung mit 0,7 % bis 4 % und unterstützungsorientierte Führung mit 1,6 % bis 5,2 % zusätzlicher Varianzaufklärung.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Konzepte LMX, Aufgabenorientierung und die GEFA die Gesundheit der Beschäftigten signifikant besser vorhersagen können als die Transformationale Führung, die bislang in der gesundheitsbezogenen Führungsforschung dominiert hat.

Diese Führungskonzepte sind mit den in der Studie eingesetzten Items im Anhang abgebildet.

Diskussion

Das Ziel dieser Studie war, die einschlägigen Führungstheorien auf ihre Gesundheitsrelevanz hin zu untersuchen, um Erkenntnisse darüber zu erhalten, welche Aspekte des Führungsverhaltens eine besonders hohe Beziehung mit der Gesundheit der Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen aufweisen und somit für die Messung gesundheitsförderlicher Führung besonders geeignet sind. Dabei wurde das im Kontext von gesundheitsförderlicher Führung am meisten beforschte Führungskonzept, die Transformationale Führung, als Ausgangspunkt genommen, um kritisch zu prüfen, ob andere Führungskonzepte die Gesundheit der Beschäftigten besser vorhersagen können.

Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl das LMX-Konzept als auch die Aufgabenorientierung und die GEFA die Gesundheit der Beschäftigten am besten vorhersagen und somit einen Mehrwert für die Gesundheit der Beschäftigten besitzen. Die Besonderheit des LMX-Ansatzes liegt in der Bildung qualitativ hochwertiger individueller Beziehungen zwischen Führungskraft und Beschäftigtem. Nach diesem Ansatz spielt die Bereitstellung von arbeitsbezogenen Ressourcen, wie z. B. Informationen, Einflussmöglichkeiten, Aufgaben, Handlungsspielraum, Unterstützung, durch die Führungskraft eine zentrale Rolle bei der Entwicklung einer stabilen hohen wechselseitigen Beziehungsqualität (Graen u. Scandura 1987). Die Gesundheitsrelevanz des LMX-Ansatzes hat sich auch bereits in einer anderen Studie im Gesundheits- und Sozialwesen bestätigt (Gregersen et al. 2014). Die eingesetzten invers kodierten Items der Aufgabenorientierung beschreiben eine Führungskraft, die ihre Mitarbeitenden sich selbst überlässt und sie bei Entscheidungen nicht einbezieht. Die GEFA wurde speziell im Hinblick auf die Gesundheitsförderung der Beschäftigten durch die Führungskraft entwickelt und stellt die Führungskraft als (Mit)Gestalterin der Arbeitsaufgabe und Arbeitsbedingungen in den Fokus. Die überfordernde Führung umfasst sowohl die Delegation von zu vielen Aufgaben als auch von Aufgaben mit zu viel Verantwortung. Die entwicklungsorientierte Führung beinhaltet das Einräumen von Einflussmöglichkeiten, die es den Mitarbeitenden erlauben, das eigene Wissen und Können einzubringen und zu entfalten. Die unterstützungsorientierte Führung bezieht sich zum einen auf die Bereitstellung aufgabenbezogener Ressourcen, wie z. B. die Klarheit von Aufgabenanforderungen und Verantwortlichkeiten, angemessene Information sowie die Transparenz von Zielen, und zum anderen auf soziale Ressourcen, wie z. B. Anerkennung und Fürsorge durch die Führungskraft.

Anhand der Ergebnisse dieser Studie ist es möglich, fundierte Empfehlungen für das Verhalten von Führungskräften, das insbesondere die psychische Gesundheit der Beschäftigten zum Ziel hat, abzuleiten. Diese Empfehlungen können als Grundlage für die Entwicklung von gesundheitsbezogenen Führungskräftetrainings genutzt werden.

Ein zentrales Ergebnis dieser Studie ist, dass die Führungskraft vor allem durch die Gestaltung der Arbeitsaufgabe und der Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeitenden einen Einfluss auf deren Gesundheit hat. Insbesondere die adäquate Delegation von Aufgaben hat einen großen Effekt auf die Gesundheit und auch das Engagement der Mitarbeitenden. Eine angemessene Aufgabendelegation ist kein leichtes Unterfangen. Für den einen Mitarbeitenden kann eine Aufgabe eine interessante Herausforderung darstellen, für den anderen eine Überforderung. Um eine möglichst gute Passung herzustellen, ist es wichtig, mit den Mitarbeitenden darüber zu sprechen, was sie sich zutrauen und welche Aufgaben sie gerne übernehmen möchten. Führungskräfte sollten

  • die Stärken und Entwicklungspotenziale ihrer Mitarbeitenden genau erkennen und berücksichtigen, damit Aufgaben passgenau übertragen werden können,
  • sich mit ihren Mitarbeitenden darüber austauschen und sie fragen, wie es ihnen mit ihren Aufgaben geht, wo sie ggf. Unterstützung benötigen und was sie als ihre nächsten Entwicklungsschritte ansehen,
  • gemeinsam mit den Mitarbeitenden überlegen, wer von welcher Aufgabe profitieren und sich wodurch weiterentwickeln kann.

Dieser wechselseitige Austausch und die Bereitstellung von arbeitsbezogenen Ressourcen (z. B. Entscheidungsspielräume und Partizipation ermöglichen, Informationen bereitstellen, Zuständigkeiten klären) durch die Führungskraft kann als Grundlage für die Entwicklung einer hohen Beziehungsqualität gesehen werden, wie sie im LMX-Ansatz postuliert wird.

Insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der Sicherung einer langfristigen Beschäftigungsfähigkeit kommt der Förderung der Gesundheit und der Entwicklung der Beschäftigten eine immer zentralere Bedeutung zu. Die Führungskräfte spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Aus der Literatur geht jedoch hervor, dass Führungskräfte häufig ihren Einfluss auf die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden unterschätzen, was ihre Möglichkeiten bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen anbelangt (z. B. Stadler u. Strobel 2000). Zudem sehen sie sich nur in geringem Ausmaß dafür verantwortlich, die Arbeitssituation ihrer Mitarbeitenden lern- und gesundheitsförderlicher zu gestalten (Spieß u. Stadler 2007). Durch eine spezifischere Operationalisierung von gesundheitsförderlicher Führung können Führungskräfte stärker für ihre Rolle als (Mit-)Gestalter der Arbeitsaufgabe und der Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeitenden sensibilisiert werden. Dadurch soll ihnen bewusstgemacht werden, welche Einflussmöglichkeiten sich aus dieser Rolle ergeben und welche Mitverantwortung ihnen für das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden zukommt.

Gerade der direkte Vorgesetzte ist aufgrund seines engen Kontakts mit den Mitarbeitenden am besten in der Lage, sie gemäß ihren Leistungsvoraussetzungen und Qualifikationen einzusetzen und dabei speziell jene arbeitsbezogenen Ressourcen zu fördern, die sie bei der Bewältigung von Arbeitsanforderungen am besten unterstützen und die Wirkung potenziell stressauslösender Faktoren am effektivsten reduzieren können.

Eine spezifische Analyse gesundheitsförderlicher Führung, die den Führungskräften konkrete Anhaltspunkte für gesundheitsförderliche Verhaltensweisen gibt, ist besonders wichtig, weil Führungskräften häufig das Wissen über belastungs- und gesundheitsrelevante Prozesse und Umsetzungsstrategien zur (psychischen) Gesundheitsförderung fehlt (Schulte u. Bamberg 2002). Eine zentrale Rolle spielt vor diesem Hintergrund die Vermittlung arbeitspsychologischer Kenntnisse und das Erarbeiten von Mitteln und Wegen, wie man Ressourcen fördert und Stressoren reduziert, um dadurch zur Gesundheitsförderung der Mitarbeitenden beizutragen.

Schlussfolgerung

Anhand dieser Studie ist es möglich, besonders gesundheitsrelevante Führungskonzepte zu identifizieren und Erkenntnisse zur zentralen Frage zu gewinnen, wie Führungskräfte die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden fördern können. Die spezifische Messung gesundheitsförderlicher Führung erlaubt es, Führungskräften möglichst viele konkrete handlungsorientierte Empfehlungen für die Förderung der Gesundheit ihrer Mitarbeitenden an die Hand zu geben, um sie zu befähigen, die Ressourcen ihrer Mitarbeitenden zu stärken und ihre Stressoren zu reduzieren.

Die Erkenntnisse, die im Rahmen dieser Studie gewonnen wurden, können für die Entwicklung von führungsbezogenen Gesundheitsförderungsmaßnahmen genutzt werden. Die Rückmeldung der Ergebnisse zur Analyse gesundheitsförderlicher Führung kann die Führungskräfte dabei unterstützen, ihre gesundheitsbezogenen Führungsfähigkeiten (weiter) zu entwickeln. Durch die Erfassung einer Vielzahl von gesundheitsrelevanten Verhaltensweisen bietet sich die spezifische Messung gesundheitsförderlicher Führung für das Training eines umfassenden gesundheitsförderlichen Führungsverhaltensrepertoires an. Diese Art der Erfassung kann als Grundlage für ein Evaluationsinstrument dienen, anhand dessen die Effekte gesundheitsbezogener Führungskräfteinterventionen gemessen werden. So ein Evaluationsinstrument kommt aktuell in der Evaluationsstudie FÜHR’ GESUND ( www.fuehr-gesund.de ) zum Einsatz.

Durch den demografischen Wandel wird die Gesundheitsförderung im Gesundheits- und Sozialwesen immer wichtiger, damit die Beschäftigten bis zum Rentenalter gesund und leistungsfähig bleiben. Die spezifische Analyse von gesundheitsförderlicher Führung im Gesundheits- und Sozialwesen vereint wissenschaftlichen und praktischen Nutzen und liefert einen vielversprechenden Beitrag zur präventiven und prospektiven Arbeitsgestaltung und Gesundheitsförderung durch die Führungskraft.

Literatur

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DAK-BGW Gesundheitsreport 2005 – Stationäre Krankenpflege. Arbeitsbedingungen und Gesundheit in Einrichtungen der stationären Krankenpflege in Deutschland vor dem Hintergrund eines sich wandelnden Gesundheitssystems. Hamburg: DAK, 2005. epub.sub.uni-hamburg.de/epub/volltexte/2013/24481/pdf/Gesundheitsreport_statioaenre_Krankenpflege_2005.pdf (zuletzt abgerufen am: 01.10.2017).

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Interessenkonflikt: Ein Interessenkonflikt liegt nicht vor.

Ethikkommissionsvotum: Ein Ethikkommissionsvotum wurde aufgrund der vollkommen anonymen und freiwilligen Datenerhebung nicht eingeholt. Die Studie ist konform mit der Helsinki-Deklaration und den darin beschriebenen ethischen Grundsätzen.

Für die Verfasser

Vertr.-Prof. Dr. Sylvie Vincent-Höper

Arbeits- und Organisationspsychologie

Institut für Psychologie

Fakultät Psychologie und Bewegungswissenschaften

Universität Hamburg

Von-Melle-Park 11

20146 Hamburg

sylvie.vincent-hoeper@uni-hamburg.de

Fußnoten

1 Arbeits- und Organisationspsychologie, Institut für Psychologie, Fakultät Psychologie und Bewegungswissenschaften, Universität Hamburg

2 Bereich Gesundheitswissenschaften, Abteilung Arbeitsmedizin, Gefahrstoffe und Gesundheitswissenschaften (AGG), Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), Hamburg

    Anhang

    Leader-Member-Exchange (LMX)

    • Wissen Sie im Allgemeinen, wie Ihre Führungskraft Sie einschätzt?
    • Wie gut versteht Ihre Führungskraft Ihre beruflichen Probleme und Bedürfnisse?
    • Wie gut erkennt Ihre Führungskraft Ihre Entwicklungsmöglichkeiten?
    • Wie hoch ist die Chance, dass Ihre Führungskraft ihren Einfluss nutzt, um Ihnen bei Arbeitsproblemen zu helfen?
    • Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass Ihre Führungskraft Ihnen auf ihre Kosten „aus der Patsche“ hilft?
    • Ich habe genügend Vertrauen in meine Führungskraft, um ihre Entscheidungen zu verteidigen.
    • Wie würden Sie das Arbeitsverhältnis mit Ihrer Führungskraft beschreiben?

    Aufgabenorientierung (invers kodierte Items)

    Meine direkte Führungskraft

    … weist Änderungsvorschläge zurück.

    … ändert Arbeitsgebiete und Aufgaben der Mitarbeiter, ohne es mit ihnen vorher besprochen zu haben.

    … entscheidet und handelt, ohne es vorher mit den Mitarbeitern abzusprechen.

    … überlässt die Mitarbeiter sich selbst, ohne sich nach dem Stand ihrer Arbeit zu erkundigen.

    … gibt den Mitarbeitern Aufgaben, ohne ihnen zu sagen, wie sie sie ausführen sollen.

    Gesundheits- und entwicklungsförderliche FührungsverhaltensAnalyse (GEFA)

    Überfordernde Führung:

    Meine direkte Führungskraft

    … setzt mich häufig unter Zeitdruck.

    … überträgt mir zu viele Aufgaben, die mich vom Zeitumfang her überfordern.

    … überträgt mir zu viel Verantwortung

    Entwicklungsorientierte Führung:

    Meine direkte Führungskraft

    … zeigt Vertrauen in meine Fähigkeiten und Handlungen.

    … lässt mich selbst bestimmen, auf welche Art und Weise ich meine Aufgaben erledige.

    … ermöglicht mir Einfluss darauf, welche Aufgaben ich bearbeite.

    … greift meine Ideen und Vorschläge auf.

    Unterstützungsorientierte Führung

    Meine direkte Führungskraft

    … ist für mich stets ansprechbar, wenn ich Probleme bei der Aufgabenbearbeitung habe.

    … stellt mir alle zur Aufgabenerfüllung relevanten Informationen stets zur Verfügung.

    … erläutert die zu erreichenden Ziele nachvollziehbar.

    … sorgt für eindeutige Aufgabenzuständigkeiten und Verantwortlichkeiten.

    … lässt mich wissen, wie gut ich meine Arbeit mache.

    … zeigt Anerkennung für Eigeninitiative.

    … ermutigt die Mitarbeiter, sich gegenseitig zu unterstützen.

    … geht offen und ehrlich mit mir um.

    … achtet darauf, dass die Arbeit der Mitarbeiter gerecht verteilt ist.

    … zeigt echtes Interesse an meinem Wohlergehen.