Ob in der Bahn, im Büro oder zu Hause nach der Tagesschau: Die Digitalisierung entkoppelt Arbeit von Zeit und Raum. Im jetzt erschienenen Bericht „Orts- und zeitflexibles Arbeiten: Gesundheitliche Chancen und Risiken“ fasst die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) den wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu diesen Arbeitsformen zusammen. Dabei zeigt sich einerseits, dass sich flexibles Arbeiten als Belastungsfaktor auswirken und die Gesundheit der Beschäftigten schädigen kann. Andererseits bieten diese Arbeitsformen mehr Möglichkeiten, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren. Eigene Gestaltungsspielräume und Vorhersehbarkeit können sich dabei positiv auf die gesundheitliche Situation der Beschäftigten auswirken.
In vielen Bereichen werden Arbeitsgegenstand, Arbeitsmittel und Arbeitsprozess zunehmend digitalisiert. Mit dieser Entwicklung geht eine Flexibilisierung von Arbeitszeit und Arbeitsort einher. Der BAuA-Bericht gibt einen dichten und zugleich fundierten Überblick über die aktuelle Forschungslage zu den verschiedenen Formen des orts- und zeitflexiblen Arbeitens. Dazu geht er beispielsweise auf berufsassoziierte und bedingte Mobilität, Telearbeit bzw. Homeoffice sowie auf arbeitsbezogene erweiterte Erreichbarkeit, lange Arbeitszeiten sowie Nacht- und Schichtarbeit ein. Zudem fasst der Bericht zusammen, wie sich diese Arbeitsformen auf die Gesundheit der Beschäftigten auswirken können. Er schließt mit einigen Gestaltungsansätzen für die Praxis ab.
Bei der ortsflexiblen Arbeit gibt es zwei Formen – die berufsbedingte und die berufsassoziierte Mobilität. Im ersten Fall findet die Arbeit selbst an wechselnden Orten statt, wohingegen berufsassoziierte Mobilität der eigentlichen Arbeitszeit vor- beziehungsweise nachgelagert ist. Etwa jeder zweite Erwerbstätige in Deutschland gehört zu den Pendlern. Dabei wirkt sich besonders die Pendeldauer auf die Gesundheit der Beschäftigten aus. Im Vergleich zu Nichtmobilen verdoppelt sich für Pendler, die mindestens eine Stunde pro Strecke unterwegs sind, das Risiko für einen schlechteren allgemeinen Gesundheitszustand, generelle Stressbelastungen sowie für depressive Verstimmungen. Gesundheitliche Risiken ergeben sich sowohl für jüngere als auch für ältere Beschäftigte sowie insbesondere für Frauen und für Beschäftigte mit Kindern. Ein großer Handlungsspielraum und ein hohes Maß an Selbstbestimmtheit können jedoch diese Belastungen verringern.
Zeitflexible Arbeit wirkt sich sowohl auf die Dauer als auch auf die Lage und Verteilung der Arbeit aus. Damit beeinflusst sie direkt das familiäre und gesellschaftliche Leben sowie die Gesundheit der Beschäftigten. Fallen Ruhezeiten regelmäßig aus oder müssen sich Beschäftigte auch außerhalb ihrer Arbeitszeit häufig um berufliche Belange kümmern, kann es zu negativen Beanspruchungsfolgen kommen. Dazu gehören neben mangelnder Erholung geringe Schlafqualität sowie verstärkte körperliche und psychische Beschwerden. Auch mit zunehmender Dauer der Arbeitszeit steigen die gesundheitlichen Beschwerden an. Unter anderem treten vermehrt körperliche Beschwerden wie Schmerzen in Nacken, Kreuz und Rücken, aber auch psychische Beschwerden wie Nervosität und Niedergeschlagenheit auf. Daher sollte die Praxis auf ausreichende Ruhezeiten achten, in denen die Beschäftigten von der Arbeit abschalten können.
Die Ergebnisse zeigen, dass orts- und zeitflexible Arbeit als Belastungsfaktor wirken kann. Gleichzeitig stellt der Bericht Ressourcen heraus, die diesen Belastungen positiv entgegenwirken können. Dazu gehören beispielsweise Einflussmöglichkeiten auf die Arbeit und soziale Unterstützung. Um Mobilität gesundheitsförderlich zu gestalten, sind zeitliche Puffer ein wichtiges Element. Variable Arbeitszeiten wie Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst sollten gut planbar und vorhersehbar sein und den Beschäftigten den größtmöglichen Einfluss auf die Gestaltung erlauben.
„Orts- und zeitflexibles Arbeiten: Gesundheitliche Chancen und Risiken“ von Dr. Beate Beermann, Dr. Monischa Amlinger-Chatterjee, Frank Brenscheidt, Dr. Susanne Gerstenberg, Michael Niehaus, Dr. Anne M. Wöhrmann; 1. Auflage; Dortmund/Berlin/Dresden; Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2017; doi: 10.21934/baua:bericht20170905; 46 Seiten.
Den Bericht im PDF-Format gibt es im Internetangebot der BAuA (s. Link).
Quelle: BAuA