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Bericht zur Zwischenbilanz in der Ultrafeinstaubforschung

Bergfest im Projektverbund BayUFP

Feinstaub ist ein natürlicher Bestandteil der Luft. Anhand der Größe der enthaltenen Partikel kann er in unterschiedliche Fraktionen unterteilt werden (PM „particulate matter“, englisch „Feinstaub“; s. auch ➥ Tabelle 1):

  • PM10: Partikel mit einem aerodynamischen Durchmesser von < 10 µm
  • PM2,5: Partikel mit einem aerodynamischen Durchmesser von < 2,5 µm
  • Ultrafeine Partikel (UFP): Partikel mit einem Durchmesser von < 0,1 µm bzw. 100 nm
  • Ultrafeine Partikel stellen demnach die kleinste Fraktion des Feinstaubs dar. Für die größeren Fraktionen, PM10 und PM2,5, sind die gesundheitlichen Risiken bereits wissenschaftlich gesichert. Sowohl akute Effekte wie Sterblichkeit nach Tagen mit hoher Feinstaubbelastung oder Krankenhauseinweisungen wegen Atemwegs­erkrankungen als auch chronische Effekte wie Herzkreislauferkrankungen, Diabetes mellitus oder Frühgeburten werden mit einer erhöhten Feinstaubbelastung in Verbindung gebracht. Aus diesem Grund wurden bereits Grenzwerte zur Regulierung dieser Partikel gesetzlich vorgeschrieben. Die Frage, ob UFP einen eigenständigen Risikofaktor darstellen, konnte dabei noch nicht abschließend geklärt werden (Leopoldina 2019; DeFranco et al. 2016; Umweltbundesamt 2021, s. „Weitere Infos“).

    Diese Fragestellung steht derzeit im Fokus des Bayerischen Projektverbunds BayUFP „Messung, Charakterisierung und Bewertung ultrafeiner Partikel“. In fünf Fachprojekten sowie einem Koordinations- und Kommunikationsprojekt wird erforscht, ob sich die pathogene Wirkung feiner Partikel grundsätzlich (qualitativ) von der der ultra­feinen Partikel unterscheidet und ob es im Verhältnis feiner Partikel zu ultrafeinen Partikeln große, standortspezifische Unterschiede gibt (quantitative Zusammensetzung des Feinstaubs).

    Nachdem der Projektverbund BayUFP im November 2020 offiziell startete, fand nun die Zwischenbilanz statt. Am 25. März 2022 stellten die Forschenden ihre ersten Zwischenergebnisse vor. Pandemiebedingt wurde die Veranstaltung online abgehalten. Im Rahmen eines Symposiums der 62. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin e. V. wurde eine kostenfreie Teilnahme für die Öffentlichkeit ermöglicht.

    Grußworte von Verbundleiter und Staatsminister

    Eröffnet wurde die Zwischenbilanz mit der Begrüßung durch den Verbundleiter Herrn Prof. Hans Drexler, Leiter des Instituts und der Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin (IPASUM) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), der auch durch das Programm führte. Auch der Bayerische Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz Thorsten Glauber richtete ein Grußwort an alle Teilnehmenden. Er betonte, dass saubere Luft lebens- und überlebenswichtig ist und Bayern sich für eine hohe Luftqualität zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger einsetzt. Die neuen Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation für ultrafeine Partikel (UFP) erfülle Bayern bereits jetzt. „Wir wollen noch besser werden und wir wollen bei der Luftreinhaltung weiter vorankommen.“, so Glauber.

    Die wissenschaftliche Basis dafür liefern die Teilprojekte des Verbunds, die in den Schwerpunkten Messtechnik, chemische Charakterisierung, molekulare Wirkweise, Toxikologie und Epidemiologie forschen. Begleitet wird dieser Verbund von einem Projekt zur Koordination und Kommunikation.

    Koordination und Kommunikation

    Mit der Vorstellung des Teilprojekts „Koordination und Kommunikation im UFP-Projektverbund“ wurde die Vortragsrunde von Frau Elisabeth Pfleger vom IPASUM der FAU eröffnet. Unter der Leitung von Herrn Prof. Hans Drexler werden in diesem Vorhaben die Teilprojekte des Verbunds eng miteinander vernetzt und die Forschung zur Wissenschaftskommunikation zu UFP ausgebaut. In Kooperation mit dem Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft, der ebenfalls der FAU angehört, wurde zunächst die vorhandene wissenschaftliche Literatur zur Risiko- und Wissenschaftskommunikation von Luftschadstoffen untersucht und mittels eines Themenmodells abgebildet. Um die Ergebnisse des Verbunds entsprechend darstellen und kommunizieren zu können, sollen auf Basis dieser Daten weitere Forschungsarbeiten zur Generierung einer adäquaten Wissenschaftskommunikation für UFP erstellt werden.

    Chemische Charakterisierung

    Das Projekt „Methodenoptimierung zur chemischen Analyse von UFP“ präsentierte Frau Prof. Anke Nölscher von der Universität Bayreuth. Ziel dieses Vorhabens ist es, neue sowie bereits etablierte Methoden für die Trennung, Sammlung und chemische Analyse von atmosphärischen UFP optimal zu kombinieren und an unterschiedlichen Standorten zu erproben. Hierfür wurden zunächst mögliche geeignete Impaktoren ausgewählt, ein Testaufbau mit kontrollierten Mengen an Test-UFP und Referenzsensorik realisiert sowie eine Teststrategie entwickelt. In ersten vorläufigen Analysen der Tests konnten bereits Geräte und Methoden identifiziert werden, die sich für den vorgesehenen Einsatz eignen könnten. Parallel dazu wurde mit der Anpassung bestehender Messinstrumente für die Analyse der UFP mit der Untersuchung von Impaktor-Proben begonnen.

    Toxikologie

    Die „Toxikologische und funktionelle Bewertung von UFP“ wird am Universitätsklinikum Würzburg beforscht. Vorgestellt wurden die Zwischenergebnisse von Herrn Prof. Stephan Hackenberg, der seit 2021 am Universitätsklinikum Aachen tätig ist. Das Projekt befasst sich mit der Frage, wie UFP mit den Epithelien der oberen Atemwege (Nase) interagieren. Hierfür wird eine detaillierte Risikobewertung für das respiratorische Epithel nach Einwirkung von UFP mit Untersuchungen zur Toxizität, Funk­tionsbeeinträchtigung und Barriereschädigung erarbeitet. Voruntersuchungen deuten darauf hin, dass die verwendeten Partikel eine Störung der Barriere des respiratorischen Epithels bewirken können. Weitere Analysen mit klar definierten UFP werden folgen.

    Molekulare Wirkweise

    Die Zusammensetzung der UFP, deren Konzentration und die Einwirkdauer beeinflussen die gesundheitlichen Auswirkungen. Darum müssen alle drei Parameter untersucht werden, um eine mögliche schädigende Wirkung bewerten zu können. Frau Prof. Schmitz-Spanke vom IPASUM der FAU Erlangen-Nürnberg präsentierte die Zwischenergebnisse im Projekt „Biologische Antwort auf Partikel in einem Lungenmodel“. Dieses Projekt untersucht die biologische Antwort auf umweltrelevante UFP aus einem Verbrennungsmotor mit klar definierten physikochemischen Eigenschaften in künstlichen Lungenmodellen. Hierfür wurde die Antwort auf eine Konzentration von UFP mit einem hohen und einem niedrigen organischen Gehalt untersucht. Untersucht werden unter anderem Parameter der Entzündung, der DNA-Schädigung und des Metabolismus. Zusätzlich werden metabolomische Untersuchungen durchgeführt. Es zeigte sich, dass UFP mit einem höheren organischen Gehalt zur veränderten Freisetzung einer größeren Anzahl an Metaboliten führen als UFP mit einem niedrigen organischen Gehalt. Erste Analysen weisen auf eine Veränderung der Katecholamin-Biosynthese hin. Diese Stoffe können bei Stressreaktionen freigesetzt werden. Eine tiefergehende Analyse dieser ersten Daten wird im Projekt derzeit vorgenommen.

    Epidemiologie

    Herr Priv.-Doz. Dr. Stefan Karrasch vom Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) präsentierte die Zwischenergebnisse des Projekts „Akute gesundheitliche Effekte ultrafeiner Partikel“. Um diese Effekte in einer Exposition gegenüber ultrafeinen Umweltpartikeln beim Menschen unter realistischen Alltagsbedingungen zu untersuchen, werden Expositionen an vier ausgewählten Orten durchgeführt, an denen sich die Höhe und Zusammensetzung der einzelnen Luftschadstoff-Fraktionen unterscheiden. Dafür wurde ein mobiles Messsystem zur umfassenden Charakterisierung der Luftschadstoffmuster an möglichen Expositionsorten etabliert und mittels mehrfacher Luftschadstoffmessungen wurden vier Szenarien ausgewählt. Parallel dazu wurden standardisierte medizinische Untersuchungen festgelegt, die die Teilnehmenden vor und nach jeder Exposition erhalten, um mögliche Wirkungen auf Atemwege und Lunge, Herz-Kreislauf-System und Symptome zu eruieren.

    Auch die Langzeiteffekte von UFP werden im Rahmen des Verbunds beforscht. Frau Prof. Annette Peters der LMU München
    präsentierte den derzeitigen Forschungsstand im Teilprojekt „Langzeitkonzentrationen und gesundheitliche Auswirkungen in bayerischen Zentren der NAKO Gesundheitsstudie“. Dabei soll die Beurteilung der gesundheitlichen Langzeiteffekte von UFP an zwei bayerischen Zentren der NAKO-Gesundheitsstudie (Augsburg und Regensburg) erfolgen. Es wird eine Modellierung der räumlichen UFP-Langzeitkonzentrationen durchgeführt und der Zusammenhang zwischen einer Langzeitbelastung durch UFP und kardiometabolischen Risikomarkern (z. B. C-reaktives Protein, ein klassischer Entzündungsmarker) oder den Häufigkeiten von Bluthochdruck, Diabetes, Herzinfarkt und Schlaganfall untersucht. Basierend auf den Messungen von Vorläuferprojekten und weiteren Prädiktoren wurde die Schätzung der räumlichen UFP-Verteilung im Raum Augsburg aktualisiert und optimiert. Dazu wurden auch Daten des Bayerischen Landesamts für Umwelt herangezogen. An ausgewählten Standorten in Regensburg wurden Messkampagnen im Sommer und Herbst 2021 durchgeführt, die auch 2022 fortgeführt werden.

    Gemeinsamer Austausch

    Den Fachvorträgen schloss sich eine offene Diskussion an, die Fragen und Anmerkungen beinhaltete. Für einen Blick über den Tellerrand des Projektverbunds hinaus sorgte anschließend noch einmal Frau Prof. Anke Nölscher von der Universität Bayreuth mit einem zusätzlichen, vom Verbund unabhängigen Gastvortrag zur Messung ultrafeiner Partikel im Umfeld des Flughafen Münchens, der die Veranstaltung wissenschaftlich abrundete. Insgesamt 175 Teilnehmerinnen und Teilnehmer verfolgten die Veranstaltung im virtuellen Raum und trugen durch Anmerkungen und interessiertem Nachfragen zur offenen Diskussion bei.

    Finanziert wird der Verbund vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz. Diesem ließ Frau Prof. Schmitz-Spanke stellvertretend für die Verbundmitglieder noch einmal ihren Dank für die Unterstützung zukommen. Sie betonte, dass durch die Ermöglichung dieses Projektverbunds hervorragende neue Kooperationen zustande kommen konnten, die den Austausch befördern und die wissenschaftliche Arbeit über verschiedene Disziplinen hinweg durch wertvolle Synergieeffekte bereichern.

    Interessenskonflikt: Das Autorenteam gibt an, dass kein Interessenskonflikt vorliegt.

    Literatur

    DeFranco E, Moravec W, Xu F et al. (2019): Exposure to airborne particulate matter during pregnancy is associated with preterm birth: a population-based cohort study. Environmental Health 2019; 15: 6.

    Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina: Saubere Luft. Stickstoffoxide und Feinstaub in der Atemluft: Grundlagen und Empfehlungen. Halle ­(Saale), 2019.

    doi:10.17147/asu-1-198096

    Weitere Infos

    Informationen zu BayUFP und seinen Projekten
    www.ultrafeinepartikel.de

    Umweltbundesamt (2021): ­Warum ist Feinstaub schädlich für den Menschen?
    https://www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/warum-ist-feinstaub-s…

    Kernaussagen

  • Potenziell geeignete Geräte und Methoden zur Sammlung und Trennung ultrafeiner Partikel wurden identifiziert.
  • Die Wirkung von UFP in einem künstlichen Lungenmodell weist auf eine Veränderung der Katecholamin-Biosynthese hin.
  • Für ein humanes Expositionsexperiment konnten geeignete Expositionsorte gefunden werden, an denen sich die Höhe und Zusammensetzung der einzelnen Luftschadstoff- Fraktionen unterscheiden.
  • Zur Analyse der Langzeitwirkung von UFP wurden an ausgewählten Standorten in Regensburg erste Messkampagnen durchgeführt und auf Basis von Messungen von Vorläufer­projekten die Schätzung der räumlichen UFP-Verteilung im Raum Augsburg aktualisiert und optimiert.
  • Koautor

    Prof. Dr. med. Hans Drexler
    Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
    hans.drexler@fau.de

    Kontakt

    Elisabeth Pfleger, M.Sc.
    Institut und Poliklinik für Ar­beits-, Sozial- und Umweltmedizin; Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstraße 29; 91054 Erlangen

    Foto: privat

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