Zum ersten müssen wir den Verantwortlichen in vielen Bereichen (Politik, Medizin, Gesundheitsämter etc.) aktuelle Unterstützung und Lösungen anbieten, die helfen, Entscheidungen so fundiert wie möglich treffen zu können. Das DNVF verfügt über besonderes methodisches Wissen zur Nutzung versorgungsnaher Daten, um die Auswirkungen von medizinischen Interventionen zu evaluieren und Empfehlungen abzuleiten. Ein Beispiel ist das Projekt „COVID-19 -Frühwarnsystem für die Sicherstellung einer bedarfsgerechten medizinischen Versorgung in Sachsen“ des Zentrums für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) der TU Dresden. Das DNVF weist in diesem Zusammenhang auf Projekte der Versorgungsforscher*innen zu COVID-19 auf seiner Webseite www.dnvf.de hin.
Wenn sich die Lage entspannt, ist die Versorgungsforschung außerdem gefragt, an Konzepten mitzuarbeiten, wie die Gesundheitsversorgung organisiert und strukturiert sein muss, um zukünftig besser auf Krisen vorbereitet zu sein. Eine zentrale Aufgabe ist dabei die prospektive oder retrospektive Analyse der COVID-Versorgung in aller Vielfalt ihrer Fragestellungen. Dies betrifft die direkte Versorgungssituation, die Gesundheitsökonomie, die Patientensicherheit, die Gesundheitskompetenz, die Patientenbeteiligung, Fragen der psychischen und seelischen Gesundheit, den Informationsfluss, die Bedarfsplanung, und natürlich die Versorgungsstrukturen und deren Organisation. Ganz speziell wird man sich mit der Frage beschäftigen, wie in Krisenzeiten, also in Zeiten der Ungewissheit, evidenzbasiertes Handeln gefördert werden kann.
Zentrale Fragen aus der Sicht der Versorgungsforschung, die vereinfacht danach fragt, wer was, wann, wie, warum, mit welchen Effekten macht, sind vor allem:
- Welche Institutionen, welche Ausstattung und welches Personal stehen wo zur Verfügung, um alle Erkrankten mit allen Schutzmaßnahmen angemessen zu behandeln?
- Wie beeinflussen Kontextfaktoren (gesundheitspolitischer und organisationaler Natur sowie auf der Ebene von Patient*innen/Behandler*innen) die Anpassungsfähigkeit an die Versorgungslage sowie die Qualität der Versorgung?
- Welche Folgen hat die Umsteuerung auf die Versorgung von COVID-19-Patient*innen für die Kliniken und für Patient*innen mit anderen Erkrankungen z.B. Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs und vorgesehenen elektiven Eingriffen kurz- und mittelfristig? Kommt es zu „Unter- und Fehlversorgung“ von Patient*innen, die der Versorgung fernbleiben müssen?
- Welche Vorkehrungen müssen getroffen werden, um den Präventions- und Versorgungsbedarf der Nicht-Corona-Patient*innen adäquat zu decken?
- Welche prospektive Vorbereitung müssen Gesundheitsanbieter für Katastrophen (Epidemien, Naturereignisse, Krieg) vorhalten?