Von der Exposition zur Diagnostik – Was sollte beachtet werden?
Respiratory Symptoms Induced by Mold Exposure: From Exposure to Diagnostics – What Should Be Considered?
Schimmelpilzexposition
Schimmelpilze sind sowohl in der Außenluft als auch in Innenräumen vorhanden und kommen vermehrt an einigen Arbeitsplätzen vor. Schimmelpilzexpositionen können gesundheitliche Auswirkungen auf den Menschen haben: Dazu gehören Infektionen, toxische Reaktionen, Geruchsbeeinträchtigungen, Reizungen, Beeinträchtigungen des Wohlbefindens, aber auch allergische Reaktionen im Sinne einer exogen allergischen Alveolitis oder einer IgE-vermittelten allergischen Reaktion vom Soforttyp. Im Prinzip kann jede Schimmelpilzart eine IgE-vermittelte Sensibilisierung induzieren. Prominente, klinisch gut untersuchte Schimmelpilzspezies sind Alternaria alternata und Cladosporium herbarum, die vorwiegend in der Außenluft vorkommen, während Aspergillus (A.) fumigatus und Penicillium chrysogenum auch im Innenraum wachsen können. Eine klare Abgrenzung einer Schimmelpilzexposition zwischen der Außen- und Innenluft ist nicht möglich, da es durch Wind/Lüften regelmäßig zu einer Luftdurchmischung kommt. Die Konzentration von Sporen (mit einer durchschnittlichen Größe von
2–100 µm) in der Außenluft hängt von der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit ab. Die höchste Konzentration von Schimmelpilzsporen in der Außenluft tritt in Nordeuropa von Juni bis Oktober und in Südeuropa von Mai bis August auf. Klimaveränderungen können jedoch die gesamte atmosphärische Schimmelpilzbelastung durch eine längere Sporensaison mit möglicherweise quantitativ höherer Sporenfreisetzung beeinflussen. Darüber hinaus tragen extreme Wetterbedingungen wie heftige Stürme, extreme Regenfälle und vermehrt Überschwemmungen in vielen Gebieten der Welt zum verstärkten Wachstum und zur Verbreitung von Schimmelpilzen und ihren Sporen bei. Dies gilt sowohl für Schimmelpilze im Freien als auch für anhaltende Feuchtigkeit in Gebäuden aufgrund von Wasserschäden, was zu einem deutlich erhöhten Auftreten von Schimmelpilzen in Innenräumen führt (D‘Amato et al. 2020). Neben Sporen sind auch Fragmente von Myzelfäden luftgetragene Allergenträger und können in noch größeren Mengen als Sporen auftreten. Unter realen Bedingungen sind Personen gegenüber beidem exponiert. Neben den primär in der Umwelt vorkommenden Schimmelpilzen gibt es Schimmelpilzexpositionen, die überwiegend im Innenraum und hier an bestimmten Arbeitsplätzen auftreten. Dazu gehört der berufliche Umgang mit Schimmelpilzmaterial etwa während der Veredelungsprozesse von Milch- und Fleischprodukten, in Kompostieranlagen, bei der Müllsortierung, bei der Gebäudesanierung, in der Land- und Forstwirtschaft, im Garten- und Landschaftsbau und in weiteren Berufsfeldern. Berufliche Schimmelpilzexpositionen sollten immer durch staubreduzierende Maßnahmen und Absaugungen/Abluft am Arbeitsplatz sowie durch das Tragen persönlicher Schutzausrüstung entsprechend der Technischen Regeln für biologische Arbeitsstoffe (TRBA;
www.baua.de) minimiert werden. Schutzmaßnahmen werden entsprechend des Infektionsrisikos der Schimmelpilze (TRBA 460), der spezifischen Bearbeitung (z. B. TRBA 212 oder 214 Abfallbehandlung) oder der sensibilisierenden Wirkung (TRGS 907) festgelegt.
Schimmelpilzsensibilisierung und Diagnostik
Treten Atemwegsbeschwerden auf, die anamnestisch auf eine Exposition gegenüber Schimmelpilzen basieren könnten, sollten diese objektiviert werden. Der Nachweis erhöhter spezifischer IgE-Antikörper ist ein deutlicher Hinweis auf eine Sensibilisierung, aber nicht gleichzusetzen mit der klinischen Relevanz. Insgesamt ist die Sensibilisierung gegenüber Schimmelpilzen in bevölkerungsbezogenen Untersuchungen mit durchschnittlich ≤ 5 % deutlich geringer im Vergleich zu anderen Allergenquellen wie Pollen oder Milben mit bis zu 20 % Sensibilisierungsprävalenz (Haftenberger et al. 2013). Anders ist es bei Personen, die bereits eine IgE-vermittelte Sensibilisierung mit entsprechenden allergischen Symptomen haben (Wiesmüller et al. 2016). Hier wurden Sensibilisierungsraten von bis zum 29 % im Hautpricktest gegen Allergene aus Penicillium chrysogenum beschrieben (Forkel et al. 2021). Bei Menschen mit Asthma ist die Sensibilisierungsprävalenz noch höher, insbesondere gegen A. fumigatus (O‘Driscoll et al. 2009).
Für die Diagnostik von IgE-vermittelten Allergien ist der Hautpricktest ein wichtiges und unverzichtbares Testsystem. Es ist kostengünstig, minimal-invasiv, wenn standardisiert (Leitlinien-konform) durchgeführt gut reproduzierbar, die Ergebnisse liegen unmittelbar vor und sind auch für die getesteten Patientinnen und Patienten sichtbar. Allerdings wird die Palette der verfügbaren Allergentestextrakte zunehmend geringer, eine dramatische Abnahme ist zu verzeichnen, so dass eine diagnostische Lücke droht (Klimek et al. 2020). Diese gilt insbesondere für „seltene Allergene“, zu denen auch Schimmelpilze gehören. Ein weiteres Phänomen der Schimmelpilz-Hautpricktest-Lösungen, die auf biologischen Gesamtextrakten basieren, ist die Variabilität des Proteinspektrums. Inwieweit diese Varianzen einen Effekt auf die Ergebnisse der Hautprickttestung haben, wurde in einer multizentrischen Studie untersucht (Kespohl et al. 2016). Testlösungen mit hohem Antigengehalt zeigten eine bessere Übereinstimmung der Hautpricktest-Ergebnisse und erzielten eine bessere Konkordanz zwischen Hauttestung und IgE-Serologie. Insgesamt war die Hautpricktestung sensitiver als die serologische IgE-Bestimmung. Als optimales Diagnoseverfahren wurde aufgrund dieser Studie eine Kombination aus spezifischer IgE-Bestimmung gegen einen Schimmelpilzmix plus Hautpricktestung mit Testallergenen für Alternaria alternata, Aspergillus fumigatus und Penicillium chrysogenum empfohlen (Kespohl et al. 2016).
Schimmelpilzexposition und Sensibilisierung
Der Zusammenhang zwischen einer Schimmelpilzexposition und dem Auftreten von klinischen Beschwerden wurde vielfach untersucht, bisher wurde aber kein zwingend kausaler Zusammenhang gefunden. Man kann also nicht aus dem Vorhandensein von Schimmelpilzen allein auf eine bestimmte Erkrankung schließen, aber es kann ein evidenter Zusammenhang zwischen einzelnen Krankheitssymptomen und dem Auftreten eines Schimmelpilzbefalls bestehen (Wiesmüller et al. 2016). Bei einem Schimmelpilzbefall im Innenraum sollte dieser immer aus hygienischen Gründen unverzüglich entfernt werden. In einer kürzlich publizierten Studie (Kespohl et al. 2022) wurde die Assoziation zwischen Schimmelpilzexposition, respiratorischen Beschwerden und serologischen Parametern untersucht. Schimmelpilz-exponierte Personen berichteten häufiger über Atemwegssymptome, waren häufiger gegen einen Schimmelpilzmix sensibilisiert und hatten niedrigere Serumkonzentrationen des lungenspezifischen Entzündungsmarkers Club Cell Protein 16 (CC16). Diese Effekte waren bei asthmatischen Personen besonders ausgeprägt. Mit Ausnahme von wenigen Monosensibilisierungen gegen Alternaria alternata und A. fumigatus waren die meisten Schimmelpilzsensibilisierten gegen mehrere Schimmelpilzspezies sensibilisiert. Im Gegensatz zu einer ubiquitären Schimmelpilzexposition gilt eine berufliche Schimmelpilzexposition als umfangreich und langanhaltend, weshalb ein erhöhtes Gesundheitsrisiko bei exponierten Beschäftigten postuliert wird. In der oben beschriebenen Studie wurde die besondere Bedeutung von A. fumigatus bei beruflicher Exposition gezeigt. So wurden bei diesen Personen höhere Sensibilisierungsraten sowie eine höhere serologische IgE-Konzentration gegen A. fumigatus im Vergleich zu Personen gemessen, die in der häuslichen Umgebung eine Schimmelpilzexposition hatten. Bei diesen traten hingegen häufiger Sensibilisierungen gegen Alternaria alternata auf (Kespohl et al. 2022). Für beruflich Schimmelpilzexponierte wurde weiterhin ein proportionaler Anstieg von spezifischen IgE-Antikörpern gegen A. fumigatus und das Auftreten von asthmatischen Beschwerden nachgewiesen (Jaakkola et al. 2006). Dieser Zusammenhang von Sensibilisierung gegen A. fumigatus und Asthma sollte insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit Atemwegssymptomen und beruflicher Schimmelpilzexposition in Betracht gezogen werden.
Molekulare Allergiediagnostik
Als Ergänzung zur extraktbasierten Serologie und bei speziellen Fragestellungen kann die molekulare Allergiediagnostik hilfreich sein. Insgesamt sind mehr als 100 einzelne Allergene aus Schimmelpilzen identifiziert worden und in der Allergendatenbank (WHO/IUIS) gespeichert (www.allergen.org). So können beispielsweise potenzielle Kreuzreaktionen zu anderen (Schimmelpilz-) Allergenen abgeleitet oder bei Verdacht auf eine allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA) kann mittels serologischer Bestimmung der Einzelallergene die Diagnostik verifiziert werden. Schimmelpilzallergene gehören in vielen Fällen zu Allergenfamilien, die sich von denen der Pollen-, Milben- oder Tierepithelien-Allergenfamilien unterscheiden. Die prominentesten und als Hauptallergene klassifizierten Schimmelallergene gehören zu den Subtilisin-ähnlichen Serinproteasen. Weitere Schimmelpilzallergene wurden als ribosomale P1/P2-Proteine, Isomerasen, Enolasen, Dehydrogenasen, Redoxine, Thioredoxine, Hitzeschockprotein oder Mangan-Superoxid-Dismutasen identifiziert (Kespohl u. Raulf 2022). Aktuell sind allerdings nur acht Allergene kommerziell für die IgE-Testung erhältlich (➥ Tabelle 1). Dazu gehören aus der Gattung Alternaria alternata das klinisch relevante Hauptallergen Alt a 1, das von mehr als 90% der sensibilisierten Personen erkannt wird. Es ist das einzige typische Hauptallergen der Schimmelpilze und zwischen einer Alt a 1-Sensibilisierung und dem Auftreten von Asthma besteht ein enger Zusammenhang (Sànchez et al. 2022; Kespohl u. Raulf 2022). Aufgrund dieser hohen klinischen Relevanz wurde eine spezifische Immuntherapie gegen Alt a 1 entwickelt und die Wirksamkeit und Sicherheit in klinischen Studien bestätigt (Tabar et al. 2019). Als weiteres potenziell kreuzreaktives Allergen ist Alt a 6 verfügbar, das zu den Enolasen gehört. Für einen weiteren typischen Außenluftschimmelpilz – Cladosporium herbarum – kann Cla h 8, eine kurzkettige Dehydrogenase mit potenzieller Kreuzreaktion zu anderen Schimmelpilzen, getestet werden. Als klinisch relevantester Schimmelpilz sind von A. fumigatus fünf Einzelallergene verfügbar (Asp f 1–4, Asp f 6). Für die Differenzierung von A. fumigatus sensibilisierten Personen mit Asthma oder einer ABPA ist die serologische Einzelallergendiagnostik ein wertvolles Hilfsmittel. Es ist nicht trivial, ein spezifisches Asp f-Einzelallergen oder ein Kombinationsmuster von Asp f-Einzelallergenen als diagnostische Marker für ABPA zu benennen (Joest u. Sennekamp 2020). Es hat sich jedoch fast immer gezeigt, dass spezifisches IgE gegen rekombinante Einzelallergene von A. fumigatus bei Patientinnen und Patienten mit ABPA signifikant häufiger und in höheren Konzentrationen nachgewiesen wurden.
Insgesamt sollten bei einer anamnestisch indizierten Schimmelpilzallergie folgende Aspekte berücksichtigt werden:
Interessenkonflikt: Die Autorinnen geben an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
Literatur
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Joest M, Sennekamp J: Allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA). und andere allergische bronchopulmonale Mykosen (ABPM). München, Deisenhofen: Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle, 2020.
doi:10.17147/asu-1-250943
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