Das diesjährige Heidelberger Gespräch widmete sich aktuellen Problemen, die sich in Folge der Corona-Pandemie stellen. Nach der Eröffnung durch Herrn Dr. E. Losch, Chefredakteur des „Medizinischen Sachverständigen“, wurde der erste Tag von Dr. jur. O. Schur, Richter am LSG Niedersachsen-Bremen in Celle, und Jan Kraus, Richter am Landessozialgericht Darmstadt, moderiert.
Prof. Dr. jur. T. Schaumberg, Hochschule Nordhausen, referierte als ausgewiesener Experte für das Sozial-, Schwerbehinderten- und soziale Entschädigungsrecht über die Änderungen des Infektionsschutzgesetzes in der SARS-CoV-2-Pandemie aus juristischer Sicht. Das bereits seit 2001 in Kraft getretene Verwaltungsgesetz hat die Aufgabe der Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten und dient der Gefahrenabwehr. Grundrechtseinschränkungen waren von Anfang an vorgesehen, wurden aber im Verlauf der SARS-CoV-2-Pandemie verschärft und konkretisiert. Die Vielzahl an ungelösten Rechtsfragen wird deutlich an der erheblich gestiegenen Zahl von Gerichtsentscheidungen seit 2020.
Prof. Dr. jur. St. Brandenburg, Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW), ging in einem zweiten Vortrag den Folgen von Corona-Erkrankungen für die Unfallversicherung nach. Die Erkrankung infolge einer nachweislich beruflich erworbenen Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 wird als Berufskrankheit BK-Nr. 3101 anerkannt. Auch eine Anerkennung als Arbeitsunfall sei bei entsprechenden Voraussetzungen möglich. Immer sei jedoch ein Verursachungszusammenhang zwischen dem erhöhten Infektionsrisiko und dem Eintritt der Erkrankung festzustellen. Die BGW habe sich an der Erstellung der S1-Leitlinie Post-COVID/Long-COVID beteiligt, um Sachverständigen eine Hilfestellung bei Begutachtungsfragen zu geben.
Der zweite Tag wurde von Herrn Jan Krauß, Richter am Landessozialgericht Darmstadt, Dr. Simone Moser, Deutsche Rentenversicherung, Halle, Dr. jur. O. Jan Schur, Richter am Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in Celle, und Prof. Dr. med. K.-D. Thomann, Institut Versicherungsmedizin, Frankfurt, moderiert.
Prof. Dr. med. W. Schütte, Chefarzt der Inneren Abteilung II am Krankenhaus Martha-Maria, Halle-Döhlau, beschäftigte sich in seinem Vortrag mit der Komplexität der zu erwartenden Folgen einer COVID-2-Erkrankung, die für Sachverständige von Relevanz sind. In seiner Ambulanz werden inzwischen etwa 200 Long-COVID-Patientinnen und -Patienten behandelt. Zu Fragen der Erwerbsminderung bei Long COVID könne derzeit noch keine Aussage getroffen werden; die Verläufe seien noch zu kurz. Eine Befristung sollte aber immer vorgenommen werden, da sich nach sechs Monaten die Symptomatik oft gebessert habe.
Dipl.-Medizinerin R. Schönherr, Leitende Ärztin beim Kommunalen Sozialverband Sachsen in Leipzig, gab einen Einblick, wie soziale Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz gewährt werden. In § 5 SGB I ist der Aufopferungsgedanke festgehalten, der auch für Impfungen gelte. Wenn eine Schädigung eingetreten sei und die Gesundheit nicht wiederhergestellt werden könne, werde eine angemessene Versorgungsleistung gewährt. Voraussetzung ist, dass der Impfstoff in Deutschland zugelassen sei. Ein Kausalbeweis müsse erbracht werden.
Live-online-Vorträge sind in der derzeitigen Situation ein effektives Mittel der Wissensvermittlung. Die abschließende Umfrage zeigte, dass sich etliche Teilnehmenden zukünftig weiterhin ein digitales Format wünschen; auch eine hybride Veranstaltung war für viele denkbar. Viele Fragen in diesem hochkarätigen interdisziplinären Setting ergeben sich jedoch erst im persönlichen Gespräch und sind Grundlage für anregende Diskussionen. So ist zu hoffen, dass 2022 die geplante Präsenzveranstaltung stattfinden kann, wünschenswerterweise unterstützt durch Webinare für Teinehmende, die nicht anwesend sein können.
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