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Mentale Gesundheit im Fokus

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doi:10.17147/asu-1-391893

A focus on mental health – What is Sven Hannawald doing at a health and safety trade fair?

The proportion of sick days due to mental illness continues to rise. This is why the mental health of employees must remain the focus of occupational health and safety and occupational medicine, as an important factor in holistic occupational health management (OHM). Former ski jumper Sven Hannawald also advocated this at the “Arbeitsschutz Aktuell” trade fair in Stuttgart.

Kernaussagen

  • Die mentale Gesundheit der Beschäftigten sollte im Zentrum des betrieblichen Gesundheitsmanagements stehen.
  • Sven Hannawald nutzt seine persönliche Geschichte, um die Bedeutung der Prävention psychischer Erkrankungen hervorzuheben.
  • Psychische Belastungen am Arbeitsplatz erfordern eine integrative Herangehensweise durch organisatorische Maßnahmen und ein ganzheitliches betriebliches Gesundheitsmanagement.
  • Mentale Gesundheit im Fokus – Was macht Sven Hannawald auf einer Arbeitsschutzmesse?

    Der Anteil psychischer Erkrankungsursachen an den krankheitsbedingten Fehltagen steigt weiter an. Deshalb muss die mentale Gesundheit der Beschäftigten im Fokus des Arbeits- und Gesundheitsschutzes und der Arbeitsmedizin bleiben, als wichtiger Faktor in einem ganzheitlichen Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM). Dafür tritt auch der ehemalige Skispringer Sven Hannawald auf der Messe „Arbeitsschutz Aktuell“ in Stuttgart ein.

    Einleitung

    Am 6. Januar 2002 stellte Sven Hannawald bei der Vierschanzentournee in Bischofshofen einen historischen Rekord auf. Mit Siegen in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen gewann er als erster Skispringer alle vier Springen der Tournee. Dieser Triumph katapultierte ihn an die Spitze des internationalen Skispringens und krönte sein Jahr mit einer olympischen Goldmedaille und der Auszeichnung als Sportler des Jahres in Deutschland. Zwei Jahre später, im Frühling 2004, erfährt die Öffentlichkeit, dass Sven Hannawald unter dem Burnout-Syndrom leidet. Im Sommer 2005 gibt er bekannt, dass seine Behandlung erfolgreich war, er sich jedoch vom Profisport zurückziehen wird. Acht Jahre später erscheint seine Biografie, die den Titel „Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben“ trägt. Um Menschen vor ähnlichen Abstürzen zu bewahren, gründet er 2016 eine Unternehmensberatung, die sich unter anderem der betrieblichen Gesundheit widmet

    DAK-Studie zeigt Anstieg ­psychischer Erkrankungen

    Die Zahl der psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz steigt seit Jahren kontinuierlich an. Laut dem aktuellen Psychreport der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) hat sich die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Erkrankungen seit 2013 um über 50 % erhöht. Im letzten Jahr des Erhebungszeitraums ist die Anzahl der Fälle um 21 % gestiegen. Gemäß der DAK-Auswertung war dieser Zuwachs in den jüngeren Altersgruppen am höchsten, vor allem aufgrund vieler kurzer Krankschreibungen. 2023 lagen die psychischen Erkrankungen auf Platz 3 der Erkrankungsgruppen, die die meisten Ausfalltage auf der Arbeit verursachten.

    Laut DAK gab es allerdings deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Branchen und Berufsgruppen. Pädagogische und sozialpädagogische Fachkräfte, Theologinnen und Theologen sowie Beschäftigte in der Altenpflege hatten 2023 die meisten AU-Tage aufgrund psychischer Erkrankungen, andere Gruppen lagen deutlich unter dem Durchschnitt. Depressionen waren dabei immer noch der häufigste Krankschreibungsgrund, Belastungsreaktionen und Anpassungsstörungen hatten mit einem Plus von 29 % den stärksten Anstieg bei den AU-Fällen.

    Betriebliches Gesundheitsmanagement als Schlüssel zur Reduzierung psychischer Fehlbeanspruchungen

    Expertinnen und Experten aus Theorie und Praxis des Arbeits- und Gesundheitsschutzes sind sich einig, dass ein gutes betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) dazu beitragen kann, die psychischen Belastungen im Arbeitsumfeld zu reduzieren. Psychische Belastungen müssen sich jedoch nicht immer negativ auswirken. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) definiert wie folgt: „Psychische Belastung führt zu Beanspruchung, die sich positiv (zum Beispiel in Form von Abwechslung, Lernfortschritt), neutral oder negativ (zum Beispiel in Form von Stresserleben, gesundheitlichen Beeinträchtigungen etc.) auf Personen auswirken kann. Im Falle negativer Auswirkungen sprechen wir von Fehlbeanspruchungen.“ Um diese Fehlbeanspruchungen zu vermeiden oder zu verringern, empfiehlt sich ein Blick auf die Ursachen. Hier erläutert die DGUV: „Die Ursachen für die Zunahme von negativ wirkender psychischer Belastung sind unter anderem zu suchen in steigenden Anforderungen an Quantität und Qualität der Arbeit. Allerdings sind auch weitere Rahmenbedingungen wie zum Beispiel wachsende Arbeitsplatzunsicherheit sowie fehlende oder unzulängliche Leistungsvoraussetzungen seitens der Beschäftigten zu nennen. Letzteres zielt beispielsweise auf fehlende Qualifikation oder fehlende persönliche Kompetenzen. Belastenden Faktoren stehen dabei jedoch entlastende Faktoren (sogenannte Ressourcen) gegenüber. Ressourcen sind individuelle, organisatorische und weitere Faktoren, die geeignet sind, Fehlbeanspruchungen entgegenzuwirken oder sie zu verhindern. Die Zunahme negativ wirkender psychischer Belastungsfaktoren ist oft die Folge gleichzeitig sinkender Ressourcen.“

    Die DGUV nennt zahlreiche Beispiele für das positive Zusammenspiel von Ressourcen und Belastungsfaktoren, etwa Entlastung und Unterstützung durch Kolleginnen/Kollegen und Vorgesetzte sowie eine klare Prioritätensetzung, um den negativen Beanspruchungsfolgen der Arbeitsverdichtung entgegenzuwirken, oder die Unterstützung durch den Kollegenkreis Ausbildung und zeitliche Begrenzung des Kontakts beim Umgang mit schwierigen Kundinnen oder Kunden. Ebenso wichtig sind klare Zuständigkeitsregelungen sowie kontinuierliche und gezielte Informationen in unklaren oder schnell wechselnden Organisationsstrukturen und viele Beispiele mehr.

    Organisatorische Maßnahmen sind entscheidend

    Aus den Beispielen der DGUV geht hervor, dass negativen psychischen Belastungsfaktoren durch organisationale Maßnahmen begegnet werden kann und sollte. Das folgt dem allgemeinen TOP-Prinzip im Arbeitsschutz, bei dem vor den persönlichen Maßnahmen technische oder organisatorische Maßnahmen zu prüfen und umzusetzen sind. Deshalb sind bei potenziellen psychischen Belastungsfaktoren stets insbesondere Führungskräfte und Arbeitgeber gefragt. Oft wird die Stärkung der persönlichen Resilienz in den Fokus gestellt. Bei genauerer Betrachtung widerspricht dies jedoch dem TOP-Prinzip. Außerdem gilt es zu bedenken, dass Resilienz grundsätzlich „ein negatives Bild unserer Zukunft offenbart“, wie es Dr. Marco Krüger vom Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW) der Universität Tübingen formuliert. Sie ist stets mit einer gewissen Unvermeidbarkeit konnotiert – und der Fokus liege oft stärker darauf, mit diesen unvermeidbaren Vorfällen umzugehen zu lernen (das heißt, die Resilienz zu stärken) als sie zu vermeiden (Prävention zu betreiben).

    Psychische Gefährdungsbeurteilung: Mehr als nur eine gesetzliche Pflicht

    Die Prävention psychischer Fehlbeanspruchungen ist eine zentrale Aufgabe des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Sie hat eine rechtliche Grundlage, denn seit 2013 ist die psychische Gefährdungsbeurteilung in § 5 Abs. 3 Nr. 6 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) explizit genannt, also gesetzlich verpflichtend. Gleichwohl wird diese Gefährdungsbeurteilung laut dem Bericht „Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung in der betrieblichen Praxis“ der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) vom Januar 2020 keineswegs in allen Betrieben umgesetzt: „Gefährdungsbeurteilungen psychischer Belastung liegen bislang nur in einer Minderheit der Betriebe vor. In kleinen Betrieben wird mehrheitlich gar keine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt, aber auch in vielen großen Betrieben bleiben psychosoziale Risiken in der Gefährdungsbeurteilung häufig außen vor. Die Wahrscheinlichkeit für die Umsetzung einer Gefährdungsbeurteilung (psychischer Belastung) steigt mit zunehmender Betriebsgröße, wenn eine Fachkraft für Arbeitssicherheit vorhanden ist, wenn ein Betriebsarzt/eine Betriebsärztin bestellt ist und wenn ein Aufsichtsdienst den Betrieb innerhalb der letzten zwei Jahre besucht und die Berücksichtigung psychischer Belastung in der Gefährdungsbeurteilung angesprochen hat.

    Die Gründe für diese Hemmungen sind vielfältig. Sie sind teilweise in der Unternehmenskultur verankert oder das Thema der psychischen Belastungen wird nicht als relevant wahrgenommen. Viele Unternehmen scheuen ebenso die Komplexität der Erhebung und der Ableitung der daraus resultierenden Maßnahmen. Darüber hinaus fehlt es häufig an ausreichend Erfahrung und Expertise, diese Maßnahmen sinnvoll zu evaluieren und die Gefährdungsbeurteilung zielgerichtet fortzuschreiben. Der BGM-Thementag „TOPfit! JOBfit?“ am 7. November 2024 von 10 bis 14 Uhr auf der Messe „Arbeitsschutz Aktuell“ in Stuttgart soll hier neue Impulse und Handlungshilfen vermitteln.

    Keynote von Sven Hannawald

    Die Teilnahme am BGM-Thementag ist kostenlos und kann mit dem normalen Messeticket für die „Arbeitsschutz Aktuell“ besucht werden. Er ist als zweiteilige Veranstaltung konzipiert. Eröffnet wird sie von Fritz Link, dem Präsidenten des Heilbäderverbandes Baden-Württemberg. Nach einer Keynote von Sven Hannawald findet ein sogenanntes World-Café mit insgesamt acht Themeninseln statt.

    Hannawald wird betonen, dass Präventionsmaßnahmen für die psychische Gesundheit stärker in das Bewusstsein von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden gerückt werden müssen. Als Keynote Speaker wird er Einblicke in seine Kindheit und Jugend gewähren und beschreiben, welchen Weg er ging, um Spitzensportler zu werden, und welche Hürden er nehmen musste, um heute als ausgeglichener Familienvater und aktiver Geschäftsmann bestehen zu können. Seine Geschichte zeigt deutlich, wie wichtig es ist, nicht nur die physische, sondern auch die mentale Gesundheit im Blick zu behalten – in allen Bereichen unserer Gesellschaft.

    Dass ein erfolgreiches betriebliches Gesundheitsmanagement keine isolierte Maßnahme ist, sondern eine integrative Unternehmensphilosophie, die auf Prävention setzt und das psychische Wohlbefinden der Belegschaft nachhaltig fördert und schützt, damit beschäftigen sich im Anschluss an die Keynote von Sven Hannawald die Themeninseln des World-Cafés, die jeweils von Kooperationspartnern und ihren BGM-Expertinnen und -Experten begleitet werden. Dabei wird es um unterschiedliche Leistungsspektren für Unternehmen gehen, etwa von der Deutschen Rentenversicherung, aber auch um konkrete Fokusthemen, wie beispielsweise Unternehmenskultur und Führung, Maßnahmen zur Stärkung individueller Stressbewältigungsressourcen oder praktische Tipps zur Implementierung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements. Den Teilnehmenden des BGM-Thementags in Stuttgart werden also viele Mehrwerte geboten – der Besuch wird sich lohnen.

    Interessenkonflikt: Bericht stammt von der Redaktion der ARBEITSSCHUTZ AKTUELL.

    Literatur

    Hannawald S: Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben. München: Zabert Sandmann, 2013.

    Krüger M: Resilienz – Eine Annäherung. In: Matthias M (Hrsg.): Resiliente Infrastrukturen. Berlin: Erich Schmidt Verlag, 2024

    Online-Quellen

    BAuA: Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung in der betrieblichen Praxis. Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus einem Feldforschungsprojekt, 2020
    https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Bericht-kompakt/F2358.html

    Kontakt

    Alena Blagojevic
    HINTE Expo & Conference GmbH; Bannwaldallee 60; 76185 Karlsruhe

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