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Prämierte Kongress-Poster

doi:10.17147/asu-1-411960

Die Posterreihe startet mit der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin (ÖGA), die auf ihrem diesjährigen Kongress in Salzburg das Egmont-Baumgartner-Institut Arbeitsmedizinisches Zentrum (AMZ) Hall in Tirol für das Thema „Diversity managen – Unterschiede als Chance“ mit dem 3. Preis auszeichnete. Die Expertinnen des Arbeitsmedizinischen Zentrums Hall in Tirol, Bernadette Trenkwalder, Ärztliche Leiterin, und Veronika Haslwanter, Leiterin Arbeitspsychologie, werden interviewt von Imma Baumgartner.

Part 1: Managing diversity – difference as an opportunity. Considering needs ensures health and competence

Diversity means variety and awareness of individual characteristics and needs. The dynamic nature of the world of work is bringing more and more different people together, which places demands on individuals and the entire workforce. “Age diversity” is particularly important in the workplace, with four generations usually working in companies at the same time. The Hall in Tirol Occupational Health Centre addresses the potential for conflict between the generations and other differences – and identifies measures to improve cooperation. Practical experience has now been confirmed by a study.

Folge 1: Diversity managen – Unterschiede als Chance. Bedürfnisse beachten sichert Gesundheit und Kompetenz

Diversity bedeutet Vielfalt und Bewusstsein für individuelle Eigenheiten und Bedürfnisse. Die Dynamik in der Arbeitswelt bringt immer mehr unterschiedliche Menschen zusammen, was die Einzelnen sowie die gesamte Belegschaft fordert. „Age Diversity“ ist am Arbeitsplatz besonders bedeutsam, denn meist arbeiten in Betrieben vier Generationen gleichzeitig. Das Arbeitsmedizinische Zentrum Hall in Tirol befasst sich mit dem Konflikt­potenzial im Umgang der Generationen miteinander sowie bei weiteren Verschiedenheiten – und mit Maßnahmen für eine bessere Zusammenarbeit. Die Erfahrungen aus der Praxis wurden nunmehr durch eine Studie belegt.

Kernaussagen

  • Um Diversity im Betrieb erfolgreich zu managen, sind drei Bereiche essenziell:
  • Kommunikation gestalten: offen, respektvoll, wertschätzend.
  • Treffpunkte schaffen: Austausch von Erfahrung, Wissen, Feedback.
  • Zusammenarbeit begleiten: Workshops, Mentoring-Programme.
  • Baumgartner: Diversity und das Bewusstsein für individuelle Bedürfnisse prägen die gesamte Gesellschaft und damit auch die Arbeitswelt. Zugleich wird es immer wichtiger, Fachkräfte zu bekommen und zu halten. Gibt es hier einen Zusammenhang?

    Trenkwalder: Als Arbeitsmedizinerin beschäftige ich mich täglich mit der Wechselbeziehung zwischen Arbeit und Gesundheit. Im Mittelpunkt stehen immer das Individuum sowie die einzelnen Zielgruppen im Betrieb und deren spezielle Bedürfnisse. Darum geht es auch bei Diversity in all ihren Ausprägungen – um unterschiedliche Bedürfnisse, die es zu beachten gilt, um gesundheitliche Belastungen zu vermeiden. Hier liegt auch der Zusammenhang mit der Kompetenz. Die Pflege des Betriebsklimas trägt wesentlich dazu bei, über alle Verschiedenheiten hinweg, Synergien in der Belegschaft zu aktivieren.

    Baumgartner: Diversity ist vielfältig. Welche Bedeutung hat unterschiedliches Alter am Arbeitsplatz?

    Haslwanter: Die Arbeitswelt ist ein ständiges Treffen von Generationen. „Age Diversity“ ist im beruflichen Kontext besonders relevant, wie eine aktuelle Studie1 unseres Instituts zeigt. Gemeinsam mit IMAD Markforschung Innsbruck schauten wir uns alle Generationen an, die derzeit am Arbeitsmarkt in Erscheinung treten – von den Babyboomern, die allmählich ausscheiden, bis zur Generation Z. Dies sind insgesamt vier definierte Generationen der Jahrgänge 1946 bis 2007 (➥ Tabelle 1). Dabei gaben 95 % der Befragten an, dass in ihrem Betrieb Jüngere und Ältere arbeiten. In keinem Bereich sehen sich die Generationen so verschieden wie im Arbeitsleben, egal ob bei Klimaschutz, Gesundheit oder Geld. Dies birgt auch Konfliktpotenzial.

    Baumgartner: Welche Konflikte bedeutet dies konkret? Anders gefragt: Wo liegt der größte Reibungspunkt?

    Trenkwalder: Oft sind es die vermeintlich banalen Unterschiede, die zu Differenzen führen können. Vor allem bringen die verschiedenen Generationen unterschiedliche Einstellungen zur Arbeit mit. Als größter Reibungspunkt hat sich die Work-Life-Balance erwiesen. Das geben in unserer repräsentativen Studie zwei Drittel der Befragten an, vorwiegend die Generation X und die Mil­lennials, außerdem 60 % der Führungskräfte, die überdies die unterschiedliche Einstellung zur Arbeit als Herausforderung sehen. Auch in der Praxis sehe ich bei Älteren immer wieder Unverständnis gegenüber einer jüngeren Generation mit speziellen Wünschen zur Arbeitszeit. Dahinter liegen unterschiedliche Werte, Erfahrungen und Ziele. Das kann die Zusammenarbeit und das Betriebsklima belasten.

    Tabelle 1:  Generationen die derzeit am ­Arbeitsmarkt in Erscheinung treten

    Tabelle 1: Generationen die derzeit am ­Arbeitsmarkt in Erscheinung treten

    Baumgartner: Gibt es noch mehr Konfliktpotenzial zwischen den Generationen im beruflichen Alltag?

    Haslwanter: Führungsstil, die Bereitschaft zu Veränderung, der Umgang mit neuen Technologien und die Kommunikation sind in den Generationen sehr unterschiedlich. Auch hier bestätigt die Studie die Erfahrung aus der Praxis. Vermeintliche Konfliktthemen wie Kultur und Gender scheinen weniger wichtig als Bildung und berufliche Erfahrung. Jedoch stellen „New Work“ und die fortschreitende Digitalisierung traditio­nelle Hierarchien infrage (s. Infokasten). Immer öfter lernen die Älteren von den Jüngeren. Es ist wichtig, das Verständnis für diese Zusammenhänge zu schärfen, um ein gesundes Betriebsklima sicherzustellen. Als Institution der betrieblichen Gesundheitsvorsorge haben wir bereits alle Anknüpfungspunkte, um uns der Thematik anzunehmen.

    Baumgartner: In der Arbeitswelt von heute treffen immer öfter unterschiedliche Menschen aufeinander. Wie soll mit dieser Herausforderung umgegangen werden? Wie kann die Arbeitsmedizin beitragen, möglichen Belastungen vorzubeugen?

    Trenkwalder: Veränderungen erfordern Begleitung, kontrollierte Prozesse helfen, das Neue zu ordnen und zu bewältigen. Das ist essenziell auch im Sinne der Arbeitsmedizin. Solche Umstellungen können Unbehagen bei den Beschäftigten auslösen, das ist normal – doch ohne begleitende Maßnahmen kann es zu anhaltenden Spannungen in der Zusammenarbeit kommen, die sich oft in psychosomatischen Symptomen äußern. Typisch sind etwa Kopfschmerzen, Schlafstörungen oder Bluthochdruck, doch so weit muss es erst gar nicht kommen. Das betriebliche Gesundheitsmanagement hilft, Belastungen früh zu erkennen und gesundheitsschädlichen Entwicklungen vorzubeugen.

    Baumgartner: Wird Diversity in den Betrieben bereits angenommen und gelebt? Was ist Ihre Beobachtung?

    Haslwanter: Oftmals ist das Bewusstsein für Diversität bereits fixer Bestandteil der Firmenkultur. Persönliche Unterschiede sollten nicht für Irritationen sorgen, dafür gibt es oft eigene Schulungen. Allerdings heißt das nicht, dass individuelle Bedürfnisse igno­riert werden dürfen. Vielmehr sollten sie im allgemeinen Umgang ihren Platz haben. Es gibt viele Möglichkeiten, eine Kultur der Diversität zu etablieren. Insgesamt geht es um Austausch und Respekt.

    Baumgartner: Was braucht es für eine gute oder bessere Zusammenarbeit?

    Trenkwalder: Die Studie verdeutlicht den Wunsch aller Generationen nach einer Unternehmenskultur, die eine offene, respektvolle und wertschätzende Kommunikation fördert, über alle Unterschiede hinweg. Altersunabhängig gibt es klar den Wunsch nach Erfahrungsaustausch und Feedback-Kultur.

    Haslwanter: Respekt und Wertschätzung sind die Basis für ein positives Betriebsklima, entsprechende Coachings werden bei uns häufig angefragt. Nur so ist der für die betriebliche Kompetenz essenzielle Austausch von Wissen und Erfahrung zwischen den Mitarbeitenden möglich. Zur Pflege des Betriebsklimas gibt es zahlreiche konkrete Ansatzpunkte, denn Kommunikation findet überall statt, ob in Arbeitsteams, Workshops, Mentoringprogrammen oder in Arbeitspausen – etwa beim Kaffee oder einem gemeinsamen Mittagessen.

    Baumgartner: Zusammengefasst gefragt: Diversity am Arbeitsplatz managen heißt, der Vielfalt eine Chance zu geben?

    Trenkwalder: Genau darum geht es. Unterschiede positiv zu betrachten, sichert die Vielfalt der Kompetenzen in einem Betrieb und damit auch den wirtschaftlichen Erfolg. Und wie unsere Generationenstudie zeigt, geben die Mitarbeitenden selbst der Vielfalt die notwendige Chance – altersunabhängig waren sich mehr als die Hälfte der Befragten darin einig. Auch darin, dass es keinen „Clash of Generations“ gibt – nur 8 % der Befragten sehen eine Kluft im Umgang miteinander –, sondern dass der Wille überwiegt, über alle Unterschiede hinweg konstruktiv zusammenzuarbeiten. Die betriebliche Gesundheitsvorsorge kann die Bedürfnisse der Beschäftigten beobachten und für Orientierung sorgen – ganz im Sinne des Slogans unseres Instituts: Ein gesunder Betrieb läuft besser.

    Baumgartner: Vielen Dank für das Gespräch.

    Interessenkonflikt: Die Autorinnen geben an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

    Weitere Infos

    Homepage des Arbeitsmedizinischen Zentrums Hall in Tirol
    https://arbeitsmedizin-hall.at/

    Homepage des IMAD – Institut für Marktforschung und Datenanalysen, Innsbruck
    https://www.imad.at/

    Info

    Bereiche mit Konfliktpotenzial sowie deren Bedeutung in Prozent gemäß Angaben aller Generationen (n=782)

    Arbeitszeit und Work-Life-Balance 67%

    Veränderungsbereitschaft 59%

    Hierarchie und Führungsstil 57%

    Werte und Einstellungen 52%

    Technologie und Digitalisierung 48%

    Schwierigkeiten beim Teilen von Wissen 45%

    Kommunikation 44%

    Info

    Das Arbeitsmedizinische Zentrum Hall in Tirol (AMZ Hall) betreut seine Kundinnen und Kunden in allen Belangen der Gesundheitsvorsorge am Arbeitsplatz: Medizin, Psychologie und Sicherheitstechnik. Alle im Österreichischen ArbeitnehmerInnenschutzgesetz vorgeschriebenen Felder werden abgedeckt, das Service wird individuell auf die Kundinnen und Kunden abgestimmt. Mit dem AMZ Hall als Partner können große wie kleine Betriebe ihre Vorsorgepflichten wahrnehmen. Die Forschungsprojekte des Egmont Baumgartner Instituts ergänzen dieses Angebot, um bei aktuellen Themen der Arbeitswelt im Kontext der betrieblichen Gesundheitsvorsorge stets am Puls der Zeit zu sein.

    Kontakt

    Mag. iur. Imma Baumgartner
    Präsidentin Arbeitsmedizinisches Zentrum Hall in Tirol,Egmont Baumgartner Institut; 6060 Hall in Tirol, Österreich

    Foto: Albert Handler

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