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Safe at Every Turn
Sturzunfälle machen etwa 20 % aller Unfälle aus, was nur zu einem geringen Teil auf eis- und schneebedeckte Böden zurückzuführen ist (➥ Abb. 1). Vielmehr ereignen sich 70 % aller Arbeitsunfälle durch Stürzen, Rutschen oder Stolpern (kurz SRS-Unfälle genannt auf trockenem Boden und davon 30% bei Feuchtigkeit beziehungsweise öligem Boden. Einerseits können hier durch eine Verbesserung der Bedingungen wie der Vermeidung von unebenen Stellen (vgl. Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A1.5, s. „Weitere Infos“), der umgehenden Beseitigung von feuchten oder öligen Stellen sowie der richtigen Auswahl des Bodenbelags die Unfallzahlen reduziert werden. Andererseits kommt dem umsichtigen Verhalten der Beschäftigten und dem geeigneten Schuhwerk, das Halt und Bodenhaftung gibt, eine hohe Bedeutung zu.
Der menschliche Gang
Der menschliche Gang entsteht durch eine koordinierte Bewegung der einzelnen Teile des Bewegungsapparats. Sprunggelenk, Kniegelenk und Hüftgelenk bilden Drehpunkte, die durch Muskeln stabilisiert werden. Der Rumpf und der Oberkörper sind auch beteiligt, insbesondere durch eine Ausgleichsbewegung der Arme. Während der Bewegungen ändert sich laufend der Körperschwerpunkt und der Erhalt des Gleichgewichts ist eine anspruchsvolle Steuerungsaufgabe. Die Fortbewegung gelingt nur, wenn über den Boden Beschleunigungs- und Bremskräfte aufgebracht werden können. Kommen von außen, zum Beispiel durch das Hängenbleiben an Erhöhungen oder an Vertiefungen, plötzliche starke Beschleunigungen auf oder können durch mangelnde Reibung zwischen Schuhsole und Bodenbelag keine Beschleunigungs- oder Bremskräfte erzeugt werden, wird das Gleichgewicht gestört – die Schwerkraft wird wirksam und bringt den Menschen zu Fall.
Folglich ist es erforderlich, dass Schuhe Halt geben und genügend Reibkraft übertragen werden kann. Dies wird einerseits durch das Sohlenmaterial und andererseits durch das Profil der Sohle beeinflusst. In den Verdrängungsraum des Sohlenprofils muss das gegebenenfalls vorhandene gleitfördernde Medium (z. B. Flüssigkeit, Schmutz) aufgenommen werden (➥ Abb. 2).
Auch der Bodenbelag spielt hierbei natürlich eine Rolle. Bodenbelag und Schuhsole müssen zusammenpassen. In der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A 1.5 „Fußböden“ werden Anforderungen an den Bodenbelag je nach der zu erledigenden Arbeitsaufgabe genannt. Besonderes Augenmerk ist auf den Übergang von einem Bodenbelag zum anderen zu legen. Ein zu hoher Reibungsunterschied kann beispielsweise bei aufgeklebten Haftstreifen auf glatten Böden auch zu Stürzen führen.
Treppenstufen
Besonderes Augenmerk erfordern Treppen. Treppenaufgang und Treppenende, also die erste und die letzte Stufe, sind besonders gefährlich. Hier ereignen sich die meisten Unfälle. Günstig ist es deshalb, wenn diese gekennzeichnet sind und sich somit von der Umgebung abheben. Im Treppenbau hat sich über lange Jahre ein Erfahrungsschatz über das Schrittmaß, das heißt das günstige Verhältnis von Auftritt und Steigung herausgebildet (vgl. Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A1.8, s. „Weitere Infos“). Auch hier kann durch geeignetes Schuhwerk die Unfallwahrscheinlichkeit reduziert werden.
Zehen- und Fußschutz
Neben dem Stolpern und Ausrutschen müssen die Gefährdungen für Zehen und Fuß von oben und unten betrachtet werden. Getroffen werden, anstoßen, einklemmen, schneiden, überfahren werden usw. sind Gefährdungen, denen man immer dann ausgesetzt ist, wenn höhere Energien im Spiel sind.
Neben dem Schutz von mechanischen Gefährdungen muss auch der Schutz vor chemischen Stoffen, elektrischem Strom sowie Wärme, Kälte und Nässe bedacht werden.
Normen und Richtlinien
Sicherheitsschuhe sind persönliche Schutzausrüstungen (PSA), die der PSA-Richtlinie genügen müssen. Für PSA muss der Hersteller eine Konformitätserklärung erstellen, nachdem eine gemeldete Stelle für ein PSA-Modell eine EG-Baumusterprüfung durchgeführt hat. In Normen enthaltene Anforderungen müssen erfüllt werden. Praxisgerechte Hinweise zu Schutz- und Sicherheitsschuhe sind in der DGUV Regel 112-191 „Benutzung von Fuß- und Knieschutz“ (s. „Weitere Infos“) enthalten.
Schuharten
Nicht jeder Arbeitsschuh ist ein Sicherheitsschuh. Es wird nach Berufs-, Schutz- und Sicherheitsschuhen, an die steigende Anforderungen gestellt werden, differenziert.
Neben der Zehenkappe aus Stahl, Kunststoff oder Aluminium gibt es weitere Merkmale wie:
Je nach Anforderungen werden die Schuhe unterschiedlich klassifiziert. So steigen beispielsweise bei Sicherheitsschuhen die Anforderungen beziehungsweise Eigenschaften mit zunehmender Klasse:
Wenn also, wie zum Beispiel auf Baustellen auch die Durchtrittsicherheit wichtig ist, dann müssen Schuhe der Klasse S 3 gewählt werden. Die Auswahl der Klasse ist das Ergebnis einer Gefährdungsbeurteilung. Es können auch Auswahlhilfen verwendet werden, in denen für typische Tätigkeiten die zu verwendenden Klassen zugeordnet werden.
Trageeigenschaften
Im Hinblick auf Trageeigenschaften müssen bei der Auswahl und Beschaffung von Schuhen ergonomische Anforderungen berücksichtigt werden (vgl. DGUV Regel 112-191):
Es gilt auch bei Schutz- und Sicherheitsschuhen, dass es günstig ist, wenn die späteren Benutzerinnen und Benutzer an der Auswahl beteiligt sind. In vielen Betrieben kann zwischen unterschiedlichen Herstellern und unterschiedlichen Modellen ausgewählt werden. Damit ist die Aussage „Ich trage keine Sicherheitsschuhe, weil sie mich drücken“ nicht mehr akzeptabel. Wenn es dann noch gelingt, dass auch bei Arbeiten im privaten Umfeld, sei es bei Bauarbeiten, beim Umzug oder beim Rasenmähen, Sicherheits- oder Schutzschuhe getragen werden, wird es zukünftig weniger Fußverletzungen geben.
Interessenkonflikt: Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.
doi:10.17147/asu-1-309295
Weitere Infos
Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A 1.5: Fußböden
https://www.baua.de/DE/Angebote/Regelwerk/ASR/ASR-A1-5.html
Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A1.8: Verkehrswege
https://www.baua.de/DE/Angebote/Regelwerk/ASR/ASR-A1-8.html
DGUV Regel 112-191: Benutzung von Fuß- und Knieschutz
https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/961
Kernaussagen
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Erratum
In der Ausgabe 9/2023 hat sich beim Beitrag „Fahrerlaubnis-Verordnung (FEV)“ von Manuela Huetten, Kurt Rinnert und Thomas Taplik leider ein Fehler eingeschlichen. Auf Seite 583 unter der Überschrift „Erweiterte Befunddokumentation“ muss der dritte Absatz lauten:
Kern der Aussage ist, dass wir als untersuchende Ärztinnen und Ärzte Befunde erheben und uns von Kolleginnen und Kollegen zukommen lassen können, diese bewerten und – in enger Anlehnung an die Anlage 4 FeV - auf der „Ärztlichen Bescheinigung“ nach Anlage 5 FeV dokumentieren.
Die Redaktion bittet den Fehler zu entschuldigen.