Definition Schonarbeitsplatz („restricted work place“)
Gesetzlich ist Schonarbeit ein nicht definierter Begriff für einen vom Arbeitgeber umgestalteten Arbeitsplatz für Beschäftigte mit gesundheitlichen Problemen, die temporär oder auf Dauer nicht oder nicht mehr in der Lage sind, am ursprünglichen Arbeitsplatz zu arbeiten (Meinel 2018).
Vorteile von Schonarbeit
Schonarbeit bietet Vorteile für beide Seiten – Arbeitnehmer wie Arbeitgeber: Der Betrieb profitiert vom Verbleib der Arbeitskraft im Unternehmen und dem finanziellen Gewinn. Der betroffene Mitarbeiter erhält die Möglichkeit, andere Arbeiten kennenzulernen (z.B. Postverteilung, Prüfung technischer Geräte u.Ä.) und seine Qualifikationen zu erweitern. Er bleibt in seinem gewohnten Lebensrhythmus, was sich oft positiv auf den Heilungsprozess auswirkt (salutogenetischer Ansatz). In Betrieben, die Arbeitssicherheitsprämien zahlen, stellt er sich unter Umständen auch finanziell besser.
Was ist dabei zu beachten?
Schonarbeit ist – mit Ausnahme der stufenweisen Wiedereingliederung – weder gesetzlich noch tarifvertraglich geregelt. Es gilt der Grundsatz: Alles ist erlaubt, was nicht verboten ist oder gegen höherrangiges Recht verstößt. Somit können Arbeitgeber und Mitarbeiter auf freiwilliger Basis Schonarbeit vereinbaren. Dazu ist der Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung (§88 BetrVG) empfehlenswert.
Voraussetzungen und Regeln
Ein praxistaugliches betriebliches Schonarbeitskonzept entspricht den arbeits- und sozialrechtlichen Erfordernissen und sollte durch den Betriebsrat, die Abteilung für Arbeitssicherheit und ggf. den Betriebsarzt unterstützt und gefördert werden. Ein grundsätzliches Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates besteht im Falle von Schonarbeit nicht. Er hat jedoch ein Mitbestimmungsrecht bei betrieblichen Anwesenheitsprämien (§87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG) oder einer geplanten Versetzung des Arbeitnehmers (§§99 Abs. 1, 95 Abs. 3 BetrVG). Wesentliche Voraussetzungen für die Umsetzung sind Motivation und Leistungsbereitschaft des Mitarbeiters sowie ein gutes betriebliches Sozialklima.
Für die Vereinbarung gilt das Prinzip der beiderseitigen Freiwilligkeit. Der Mitarbeiter ist nicht verpflichtet, sich auf eine teilweise Arbeitsleistung einzulassen. Der Arbeitgeber kann von einem teilarbeitsfähigen Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung verlangen, wenn dieser nicht dazu bereit ist (z.B. weil die Schonarbeit im Vergleich zu seiner regulären Tätigkeit nicht gleichwertig ist). Ein teilarbeitsfähiger und -williger Arbeitnehmer kann seinem Arbeitgeber eine teilweise Arbeitsleistung aber auch nicht gegen dessen Willen aufdrängen. Der Arbeitgeber braucht daher eine vom Mitarbeiter angebotene Teilarbeitsleistung nicht anzunehmen, wenn er nicht will. Arbeitsrechtlich bedarf die Maßnahme wegen der vom Arbeitsvertrag abweichenden Beschäftigung ohnehin grundsätzlich der Zustimmung des Arbeitgebers. Schonarbeit sollte in der Regel auf wenige Wochen begrenzt sein. Längere Zeitverläufe lassen eine deutliche Leistungseinschränkung und damit das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit vermuten.
Eine klassische „Win-Win-Situation“?
Der Arbeitgeber ist im Falle von Schonarbeit zur Entgeltfortzahlung verpflichtet (nach §§3 ff. des Gesetzes über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall, EntgFG). Dass der Mitarbeiter nur eine Teilleistung erbringt oder eine Tätigkeit, die einer niedrigeren Entgelt-/Tarifgruppe entspricht, wirkt sich dabei nicht negativ aus, denn der Arbeitgeber erhält durch die Schonarbeit ja eine betrieblich verwertbare Arbeitsleistung.
Der Arbeitnehmer hat keine wirtschaftlichen Nachteile. Dafür demonstriert er seine Leistungsbereitschaft, entlastet seine Kollegen und trägt nachhaltig zur Minderung der mit einer Arbeitsunfähigkeit verbundenen Belastungen bei. Sozialrechtlich besteht während der Schonarbeit weiter voller Versicherungsschutz, insbesondere in der Kranken- und Unfallversicherung.
Betriebsarzt und Schonarbeit
Ein mögliches zeitgemäßes Konzept zu Rahmenbedingungen für Schonarbeit beinhaltet, dass Schonarbeit als ein ärztlicher Antrag an den Arbeitgeber für eine temporäre Anpassung der Arbeitsaufgabe gestellt wird (Sladeczek 2017). Anhand von Gefährdungsbeurteilungen sowie Leistungs- und Anforderungsprofilen werden dann in gegenseitigem Einvernehmen die Bedingungen des Arbeitseinsatzes soweit wie möglich und konkret definiert.
Krankheit und Arbeitsunfähigkeit sind grundsätzlich zu unterscheiden
Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn ein Mitarbeiter infolge einer (physischen oder psychischen) Krankheit nicht oder nur mit der Gefahr, seinen gesundheitlichen Zustand in absehbarer Zeit zu verschlimmern, in der Lage ist, seiner bisher ausgeübten bzw. arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit im geschuldeten Umfang nachzugehen (BAG v. 09.01.1985 – 5 AZR 415/82, BB 1985, S. 930). Krankheitsbefunde, durch die der Mitarbeiter nicht gehindert ist, seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis zu erfüllen, sind ohne Belang. Im Bereich der Arbeitsunfähigkeit gilt das „Alles-oder-nichts“-Prinzip. Eine bedingte oder teilweise Arbeitsunfähigkeit ist im geltenden Arbeits- und Sozialrecht unbekannt. Die Anerkennung einer Arbeitsfähigkeit „zum Teil“ hat die Rechtsprechung bislang abgelehnt.
Schonarbeit in der DDR
Im Arbeitsgesetzbuch der ehemaligen DDR wurde Schonarbeit als eine vorübergehende und ärztliche festgestellte Minderung der Arbeitsfähigkeit definiert, wonach der Betrieb eine Weiterbeschäftigung unter modifizierten Arbeitsbedingungen zu gewährleisten oder eine andere zumutbare Arbeit (Schonarbeit) zu übertragen hatte (AGB §216; Lohmann 2015).
Schonarbeit und Übergangsarbeit
Anders als Schonarbeit ist die Übergangsarbeit eine permanente Einrichtung am Arbeitsplatz. Die Stelle wird ausgehandelt, definiert und bleibt permanent bestehen. Die Zuweisung der betroffen Person geschieht in Rücksprache mit den relevanten betrieblichen Akteuren und auf Empfehlung des Betriebsarztes anhand von Fähigkeits- und Anforderungsprofilen. Zwischenzeitlich können diese Stellen z.B. von Gelegenheitsarbeitern ausgefüllt werden.
Behinderung und Schonarbeit
Derer Gesetzgeber unterscheidet zwischen Schonarbeitsplätzen und der behindertengerechten Gestaltung von (regulären) Arbeitsplätzen. Schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte behinderte Beschäftigte haben einen gesetzlichen Anspruch auf eine Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können. Es geht also in erster Linie gerade nicht um die Schaffung und Besetzung so genannter „Schonarbeitsplätze“ (s. „Weitere Infos“: Kohte 2011). Vielmehr sollen die schwerbehinderten Beschäftigten durch den behinderungsgerechten Arbeitseinsatz in die Lage versetzt werden, eine im Verhältnis zu Nichtbehinderten mit vergleichbarer Qualifikation gleichwertige Leistung zu erbringen. So wird eine möglichst dauerhafte Eingliederung ins Arbeitsleben angestrebt (§81 Abs. 4 SGB IX).
Mutterschutz und Schonarbeit
Der Arbeitgeber muss eine Frau während der Schwangerschaft und nach der Entbindung so beschäftigen, dass sie und ihr Kind vor Gefahren für Leben und Gesundheit ausreichend geschützt sind. Dazu ist eine Gefährdungsbeurteilung nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchArbV) erforderlich. Auf dieser Grundlage entscheidet der Arbeitgeber, ob er die (werdende) Mutter unverändert weiter beschäftigen kann, ob besondere Schutzmaßnahmen getroffen werden müssen oder ob die Frau vorübergehend in eine andere Tätigkeit wechseln sollte. Am Arbeitsplatz sind Ruhemöglichkeit und Stillpausen zu gewähren. In diesem Zusammenhang taucht häufig der Begriff „Schonarbeit“ auf, obwohl er im Gesetz nicht explizit genannt wird (Schleußner 2013).
Schonarbeit und Erwerbsminderungsrente
Der Begriff der Schonarbeit taucht auch bei der Prüfung auf Erwerbsminderungsrente und der Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes, trotz vorhandenem Restleistungsvermögen des Mitarbeiters, auf. So genannte Katalogfälle des Bundessozialgerichtes konkretisieren diese Verschlossenheit. Da heißt es u.a.: „Für den Versicherten kommen nur Tätigkeiten in Betracht, die auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, (…) die als Schonarbeitsplätze (…) vorhanden sind.“
Schonarbeit für ältere Arbeitnehmer?
Spezielle Maßnahmen für ältere Mitarbeiter (Einrichtung von Schonarbeitsplätzen, Weiterbildungsangebote für Ältere) greifen oft zu kurz und sind nicht für alle Mitarbeiter erreichbar. Viele Vorgesetztenarbeitsplätze können zumindest orthopädisch gesehen als relative Schonarbeitsplätze gelten; insofern nicht die gleiche körperliche Leistung wie in jungen Jahren verlangt wird (Frerichs 2016).
Im Hinblick auf die demografische Entwicklung könnten Unternehmen von einer präventiven Personalpolitik profitieren, die alle Altersgruppen einbezieht und die gesamte Erwerbsbiografie in den Blick nimmt (Schmierl u. Weimer 2014). Grundlage dafür ist eine konsequente individuelle Laufbahnplanung und -gestaltung mit horizontaler und vertikaler beruflicher Weiterqualifizierung (Rimser 2014). Dieses Konzept erlaubt eine angemessene Flexibilisierung und individuelle Gestaltung der Erwerbstätigkeit für Arbeitnehmer unterschiedlicher Leistungsniveaus, wobei auch die so genannten nicht wertschöpfenden Tätigkeiten (z.B. Materialbereitstellung, Wartung oder einfache Instandhaltung) berücksichtigt werden können. Weitere Bausteine einer solchen Personalpolitik sind faire Leistungsentgeltformen für altersgemischte Teams und arbeitsorganisatorische Maßnahmen wie Umsetzungen, Weiterbildung oder Schonarbeitsplätze (Brauer u. Korge 2009).
Fazit
Schonarbeitsplätze und innerbetriebliche Umsetzung sind weitgehend durch Rationalisierung und Outsourcing verschwunden (s. „Weitere Infos“: Pöser et al. 2017). Das Thema Schonarbeitsplatz ist historisch tendenziell negativ geprägt. Klassische Schonarbeitsplätze sind eher mit materiellen und sozialen Risiken bzw. Einbußen für die Beschäftigten verbunden („Stigma“). Im Zuge der weiteren Humanisierung der Arbeit mit dem zentralen Element der Förderung und Inklusion wirkt das Konzept der reinen „Schonarbeit“ veraltet. Zukünftig wäre eher das Ziel, tragfähige Alternativen zur Schonarbeit betrieblich zu installieren. Aber: Unter Beachtung der arbeits- und sozialrechtlichen Hintergründe und der beiderseitigen Freiwilligkeit ist Schonarbeit grundsätzlich möglich.
Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.
Literatur
Brauer K, Korge G: Perspektive 50plus? Theorie und Evaluation der Arbeitsmarktintegration Älterer. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, Springer Fachmedien (Alter(n) und Gesellschaft 18), 2009
Frerichs F: Altern in der Erwerbsarbeit. Perspektiven der Laufbahngestaltung. Wiesbaden: Springer Fachmedien (Vechtaer Beiträge zur Gerontologie), 2016.
Lohmann U: Zur Staats- und Rechtsordnung der DDR. Juristische und sozialwissenschaftliche Beiträge 1977–1996. Berlin: Springer, 2015.
Rimser M: Generation Ressource Management. Nachhaltige HR-Konzepte im demografischen Wandel. Wiesbaden: Gabler (Edition Rosenberger), 2014.
Schleußner E: Drohende Frühgeburt. Prävention, Diagnostik und Therapie. Dtsch Arztebl Int 2013; 110: 227–236.
Schmierl K, Weimer S: Demografiesensible Entgeltpolitik. Annäherung an ein Zukunftsthema. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Springer Fachmedien, 2014.
Sladeczek F: Arbeiten bei temporären gesundheitlichen Einschränkungen. Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie 2017; 67: 261–265.
Stolpersteine
Praxistipps
Weitere Infos
Kohte W: Integrative betriebliche Gesundheitspolitik auf der Grundlage des SGB IX. Arbeitspapier, Gesundheit und Qualität der Arbeit. 2011
https://www.boeckler.de/pdf/p_arbp_164.pdf
Pöser S et al.: Psychische Gesundheitsrisiken als Herausforderung für das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM). Problemfelder, Gestaltungsbedarfe und -ansätze für betriebliche Akteure. Reihe Arbeit und Wirtschaft in Bremen. 2017