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Bestandsaufnahme und Perspektive der arbeitsmedizinischen Betreuung in Deutschland

Empfehlungen von DGAUM und VDBW zur Weiterentwicklung der betriebsärztlichen Betreuung in Deutschland

  • Eine deutliche Erhöhung der Zahl qualifizierter Betriebsärzte in Deutschland kann bei weiterhin günstigen Rahmenbedingungen, einem gesellschaftlichen Konsens darüber und gemeinsamem Engagement aller Partner der betriebli-chen Prävention realisiert werden. Ermutigend sind in diesem Zusammenhang die in den letzten Jahren stetig steigenden Teilnehmerzahlen an den Grundlagenkursen der arbeitsmedizinischen Akademien. Zur Ausschöpfung der Potenziale betrieblicher Prävention sind jedoch darüber hinaus zusätzliche Maßnahmen erforderlich.
  • Optimierungsmöglichkeiten und Verbes-serungen der Effizienz der arbeitsmedizi-nischen Betreuung können insbesondere durch verbessertes Informationsmanage-ment erreicht und aus begleitender Versorgungsforschung abgeleitet werden. Insbesondere telemedizinische Ansätze sind in diesem Zusammenhang erfolgversprechend.
  • Zugleich ist die erweiterte Qualifizierung und Aufwertung der Rolle des arbeitsmedizinischen Assistenzpersonals zur Übernahme von Teilaufgaben, die bisher Ärzten vorbehalten sind, notwendig. Vor dem Hintergrund zahlreicher positiver Praxisbeispiele ist dieses in den kommenden Jahren realisierbar.
  • Rechtsnormen, die einer erweiterten De-legierbarkeit ärztlicher Leistungen bisher entgegenstehen, sind zu überprüfen und ggf. weiter zu entwickeln.
  • Eine Substitution der Arbeitsmedizin mit ihrem unmittelbaren Zugang sowohl zur Gesundheit der Beschäftigten als auch zu ihren Arbeitsbedingungen ist nicht möglich. Im Rahmen einer verbesserten Arbeitsteilung und Zusammenarbeit können arbeitsmedizinische Teams aber von der Mitarbeit nichtmedizinischer Präventionsexperten sehr profitieren; neben einem wertvollen qualitativen Beitrag kann so auch eine Entlastung der Betriebsärzte erreicht werden. Vor-aussetzung ihrer präventiven Wirksamkeit ist ihre Einbindung in ein Team für Gesundheitsschutz und ihre Einbezie-hung in die für die Arbeitsmedizin gel-tenden Rahmenbedingungen (rein fach-liche Expertise, fachliche Weisungsfreiheit, Schweigepflicht, Ethikkodex der Arbeitsmedizin). Die Konzeption völlig neuer Berufsbilder würde jedoch keinen zeitnahen Beitrag zur Bewältigung der beschriebenen Aufgaben leisten.
  • Pilotprojekte zur Weiterentwicklung der betrieblichen Prävention sollten unter Berücksichtigung möglicher Interessen-konflikte stets durch unabhängige wissen-schaftliche Institute mit Kompetenz auf dem Gebiet der Versorgungsforschung evaluiert werden.
  • Eine Stärkung der arbeitsmedizinischen Forschung und Lehre, besonders auch eine Präsenz arbeitsmedizinischer Institute an allen medizinischen Fakultäten, kann zur hohen Attraktivität des Fachgebiets für junge Mediziner sowie zur Effektivität und Effizienz betriebsärztlicher Tätigkeit beitragen.
  • Die gemeinsame deutsche Arbeitsschutz-strategie (GDA) kann die betriebliche Prävention nachhaltig stärken. Die Arbeitsmedizin ist bereit, die Arbeitspro-gramme der GDA mit wissenschaftlicher Kompetenz, betrieblicher Praxiserfahrung sowie empirischen Daten zu unterstützen.

Entwicklung der Schwerpunkte betriebsärztlicher Betreuung vor dem Hintergrund des demo-grafischen Wandels

Das Thema des o. g. Workshops war die „Rolle der Betriebsärzte im demografischen Wandel“. Inhaltliche Antworten dazu gab bereits die arbeitsmedizinische Empfehlung „Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit“ (BMAS 2013), die im Konsens von Bundesregierung, Arbeitsmedizinern, Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften erarbeitet wurde und die vorrangigen Ansätze zur Bewältigung der demografischen Herausforderung in den Betrieben und zur Erreichung der GDA-Ziele beschreibt. Diese Ansätze umfassen sowohl unmittelbar betriebsärztliches Handeln (z. B. arbeitsmedizinische Vorsorge oder Beratung zur Wiedereingliederung) als auch Aspekte einer alternsgerechten betrieblichen Gestaltung und Organisation, die nur in Zusammenarbeit von Betriebsärzten mit ver-schiedenen betrieblichen Partnern realisierbar sind. Damit wurde in gesellschaftlichem Konsens bereits wesentliche Vorarbeit zur Beantwortung der Fragen geleistet: Was ist in den Betrieben angesichts des demografischen Wandels vorrangig zu tun – und: welche Beratungsthemen und Handlungsfelder werden besonders wichtig?

Fazit und Ausblick

Einen Arbeitsmedizinermangel gibt es – in den westlichen Bundesländern – in unter-schiedlicher Ausprägung seit Inkrafttreten des Arbeitssicherheitsgesetzes. Die arbeits-medizinischen Betreuungsdefizite von Klein-betrieben sind weder ein neu aufgetretenes, noch ein isoliert zu lösendes quantitatives Problem – vielmehr ist auch die Betreuung von Kleinbetrieben durch Sicherheitsfachkräfte unbefriedigend (s. auch Abschlussbericht zur Dachevaluation der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie, BAuA 2014).

Tragfähige Konzepte müssen daher aus unserer Sicht – neben den hier zusammenfassend skizzierten Ansätzen zur Weiterent-wicklung der betriebsärztlichen Betreuung – den strategischen Zielsetzungen der GDA gerecht werden, mittel- bis langfristig orien-tiert sein, betriebliche Erfahrungen berücksichtigen und die optimierte Zusammenarbeit aller Partner der betrieblichen Präven-tion anstreben – besonders in den Betrieben, aber auch in der gesetzlichen Unfallversiche-rung und in den staatlichen Arbeitsschutzinstitutionen. Die GDA kann den geeigneten Rahmen zur Entwicklung solcher Konzepte bieten.

Literatur

Barth C, Hamacher W, Eickholt C: Arbeitsmedizi-nischer Betreuungsbedarf in Deutschland. BAuA (Hrsg.), 2014.

Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit. Arbeitsmedizi-nische Empfehlung, Bonn, 2013.

Lißner L, Brück C, Stautz A, Riedmann A, Strauß A: Abschlussbericht zur Dachevaluation der Gemein-samen Deutschen Arbeitsschutzstrategie. Berlin: Ge-schäftsstelle der Nationalen Arbeitsschutzkonferenz c/o Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeits-medizin (Hrsg.), 2014.

    Für die Autoren

    Dr. med. Joachim Stork

    Leiter Gesundheitswesen

    AUDI AG

    I/SW – 85045 Ingolstadt

    joachim.stork@audi.de

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