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Chapeau für die Niederländer!

Verschiedene Strategien zum Umgang mit MRSA

Ä hnlich strikt, wie in den Niederlanden manuelle Transfers von Patienten vermieden und stattdessen mit Liftern durchgeführt werden, haben die Niederlande in Bezug auf MRSA eine konsequente Search-and-Destroy-Strategie entwickelt und wenden diese konsequent an. Die niedrigen MRSA-Raten bei ihren Patienten geben ihnen recht und sprechen für den Erfolg ihres Vorgehens.

Der Schutz der Beschäftigten im Ge-sundheitswesen vor Besiedlungen mit MRSA oder damit verbundenen MRSA-assoziier-ten Infektionen ergibt sich so zwangsläufig. Die Gefährdung wird sozusagen an der Quelle bekämpft und die Exposition der Beschäftigten dadurch vermieden, wie von A. Rijkenberg in vorangegangenen Beitrag beschrieben.

In Deutschland hat man sich für einen anderen Weg entschieden, den man wahrscheinlich am besten als „halbherziges Containment“ beschreibt. Statt einer einheitlichen offensiven Vorgehensweise wie in den Niederlanden wird in Deutschland die Auslöseschwelle für MRSA-Screenings bei Patienten relativ hoch angesetzt. Ein generelles Aufnahmescreening von Patienten gibt es nicht, obwohl längst klar ist, dass zwei Drittel der MRSA-Fälle ins Krankenhaus reimportiert werden und nicht etwa dort erworben werden.

Patienten werden bisher nur gescreent, wenn sie mindestens zwei Risikofaktoren für MRSA haben. Beschäftigte sollen nur im Rahmen eines Ausbruchs mit MRSA gescreent werden. Das hat immerhin dazu geführt, dass die MRSA-Raten bei Patienten in den letzten Jahren nicht weiter gestiegen sind. Zu einem Rückgang der hohen MRSA-Raten hat es aber nicht geführt.

Beschäftigte im deutschen Gesundheitswesen werden daher weiterhin gegenüber MRSA exponiert, wie die etwa 400 Berufskrankheiten-Verdachtsanzeigen wegen einer MRSA-Besiedlung oder Infektion zeigen, die jährlich bei der BGW eingehen.

Beschäftigte im Gesundheitswesen sind aber noch in anderer Form gefährdet. Wenn sie besiedelt sind, besteht Unsicherheit, wie mit ihnen verfahren werden soll. Dürfen sie überhaupt weiter arbeiten, müssen sie Mund-Nasen-Schutz tragen und sich so stigmatisieren, dürfen sie in bestimmten Bereichen nicht mehr arbeiten? Alles Fragen, auf die die Praxis offensichtlich keine klaren Antworten hat. Dies zeigt die Befragung von Betriebsärzten zum Umgang mit MRSA-besiedelten Mitarbeitern, über die bereits in ASU 4/2013 berichtet wurde. Von allgemeinen Aufklärungen zu Hygiene über Einschränkungen der Tätigkeiten in bestimmten gefährdeten Bereichen bis hin zur Kündigung aus gesundheitlichen Gründen reichten die Maßnahmen, von denen die Betriebsärzte berichteten.

Aber nicht nur bezüglich des Patientenschutzes bei MRSA-besiedelten Mitarbeitern werden die Akteure des betrieblichen Gesundheitsschutzes, die Hygieniker und die Betroffenen allein gelassen. Beschäftigte mit einer beruflich bedingten MRSA-Besiedlung haben begründete Angst, dass sie MRSA mit nach Hause nehmen und ihre Kinder, Partner und Freunde gegenüber MRSA exponieren. Auch hinsichtlich dieser Sorge wird Beschäftigten im Gesundheitswesen meist wenig geholfen. Eindrücklich zeigt dies der Fall einer jungen Mutter, die während der Schwangerschaft eine beruflich bedingte MRSA-Besiedlung erwarb und den Keim mittlerweile an ihr Neugeborenes weitergegeben hat. Versicherungsschutz wegen dieser beruflich erworbenen Besiedlung mit MRSA besteht weder für den Säugling noch für die Mutter. Das momentane Berufskrankheitenrecht scheint auf diese Situation nicht vorbereitet zu sein.

Es gibt aber nicht nur schlechte Meldungen in Bezug auf MRSA in Deutschland. Das MRSA-Screening nach einem Kranken-hausaufenthalt, das Niedergelassene mittlerweile abrechnen können, ist noch ein halbherziger und inkonsequenter Schritt zur Eindämmung der Verbreitung von MRSA. Hoffnungsvoller stimmt die erwartete Aktualisierung der KRINKO (Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention) – Empfehlung zum MRSA-Screening bei Patienten. Danach wird es zwar kein generelles Patientenscreening geben, die Indikatoren für ein risikoadaptiertes Scree-ning werden aber wohl ausgedehnt.

Richtig Hoffnung machen aber lokale Beispiele guter Praxis. Bei den Hygienikern scheint sich zunehmend die Praxis durchzusetzen, dass eine gute Handhygiene eine Übertragung von MRSA vom Beschäftigten auf Patienten verhindert. Die Gefahr für Be-schäftigte, mit einer MRSA-Besiedlung ihre Tätigkeit zu verlieren, scheint so gebannt.

Über ein Beispiel guter Praxis berichtet das Universitätsklinikum Greifswald. Durch die Entwicklung einer Search-and-Destroy-Strategie, in deren Zentrum die Isolierung von Patienten mit einem Risikofaktor für MRSA steht, bis in einer Real-time PCR eine MRSA-Besiedlung ausgeschlossen wurde, konnte die MRSA-Rate bei Patienten geviertelt werden. Im Laufe der Umsetzung dieser Strategie reduzierte sich auch die Anzahl der Beschäftigten mit einer MRSA-Besiedlung. Die Besiedlungsrate bei Beschäftigten ist nun quasi bei Null angekommen, so dass auf ein Screening von Beschäftigten seit einiger Zeit ganz verzichtet wird. Im Moment wird versucht, in dem Verbundprojekt HICARE die positiven Erfahrungen der Universität Greifswald auch auf die Region zu übertragen.

Vielleicht müssen wir ja schon bald nicht mehr neidisch zu unseren Nachbarn in den Niederlanden blicken, sondern können mit Stolz nach Mecklenburg-Vorpommern schauen und von den Akteuren dort lernen, wie wir die Beschäftigten am effektivsten vor einer MRSA-Besiedlung oder Infektion schützen. 

    Autor

    Prof. Dr. med. A. Nienhaus

    Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen

    Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

    Martinistr. 52– 20246 Hamburg

    a.nienhaus@uke.de

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