Alle Menschen dieser Erde sollen unabhängig von ihrer sozialen Schicht, nationaler Zugehörigkeit oder Religion in ihrem Alltag mit all seinen Lebensbereichen ihr Leben gesund und konstruktiv gestalten können sowie in Frieden, Gerechtigkeit und gegenseitiger Achtung zusammenleben. Dabei sollen sie durch entsprechende Lebensbedingungen unterstützt werden. Gesundheit ist das höchste Gut jedes Menschen. Sie zu schützen ist nicht nur eine persönliche, sondern ebenso eine gesellschaftliche Aufgabe. Die Versorgung der Menschen mit allen medizinischen notwendigen Leistungen ist daher zentrales Ziel unseres Gesundheitswesens.
Unter dem Motto „universal health coverage“ machte die WHO am Weltgesundheitstag 2018 auf die Notwendigkeit einer für alle Menschen zugänglichen Gesundheitsversorgung aufmerksam. Denn wie aus einem gemeinsamen Bericht der Weltgesundheitsorganisation und der Weltbank hervorgeht, hat über die Hälfte der Weltbevölkerung keinen umfassenden Zugang zu essentiellen Gesundheitsdienstleistungen. Zudem werden jedes Jahr zahlreiche Haushalte durch notwendige gesundheitsbezogene Ausgaben in Armut gedrängt. Das ist unnötig, so der Generaldirektor der WHO. Eine flächendeckende Gesundheitsversorgung könne dafür sorgen, dass jeder Mensch Gesundheitsdienstleistungen in Anspruch nehmen kann – unabhängig von Ort und Zeit und ohne dabei in eine existentielle Notlage zu geraten. Dies bedeute jedoch nicht, alle erdenklichen gesundheitsbezogenen Interventionen kostenfrei zur Verfügung zu stellen, sondern vielmehr Maßnahmen gegen wichtige Erkrankungen vorzuhalten und dabei eine ausreichende Qualität sicherzustellen. In den Blick genommen werden sollte neben der individuellen vor allem die bevölkerungsbezogene Gesundheit, beispielsweise im Rahmen umfassender Public-Health-Maßnahmen.
Die Studie einer schwedischen Organisation zu Fehleinschätzungen über grundlegendes Wissen über die Welt und die Verteilung von Gesundheit und Krankheit, die Maike Voss in ihrem Artikel zu globaler Gesundheit aufgreift, zeigt, dass die Annahmen über Entwicklungen hinsichtlich globaler Gesundheit von den meisten Befragten falsch eingeschätzt werden. Nur etwa 10% der Befragten wählten bei der Frage zurm Impfstatus von Einjährigen weltweit die richtige Antwort (80% aller Kinder weltweit sind gegen mindestens eine Krankheit geimpft)“. Daraus entwickelt die Autorin ein Plädoyer für eine überfällige Neuausrichtung der globalen Gesundheitspolitik und fordert, Global Health und Public Health zusammenzubringen.
Globale Gesundheit geht uns alle an und auch in der Politik ist dieses Thema mittlerweile angekommen. Jens Holst widmet sich diesem Thema und führt aus, dass Global Health die folgerichtige Weiterentwicklung von Public Health in der globalisierten Welt ist. Zunehmende soziale und gesundheitliche Ungleichheiten nehmen aber auch in Deutschland zu. Er weist darauf hin, dass in unserem Land mit hohem Lebensstandard und umfassender sozialer Sicherung Menschen mit niedrigerem sozialem Status häufiger und in jüngeren Jahren von Krankheiten und gesundheitsbedingten Einschränkungen betroffen sind.
Im Jahr 2017 haben sich auch erstmalig die Gesundheitsminister der G20-Länder mit dem Thema „Globales Gesundheitsmanagement“ beschäftigt. Die Politik ist darauf aufmerksam geworden, als die Ebola-Epidemie, die 2014 in Afrika begann, sehr drastisch die Notwendigkeit für Strategien globaler Gesundheit aufzeigte. Bis dahin konnte sich Europa der Illusion hingeben, Afrika sei weit weg. Nun kam der Erreger in Zeiten der Globalisierung auch nach Deutschland und damit waren sehr viele Fragen und Herausforderungen verbunden. Ebola ist tatsächlich nur ein Beispiel für einen Erreger, der sich auf globalen Wegen überall in der Welt verbreiten kann. Bedingt durch erhöhte Mobilität der Menschen und vermehrte Reisefähigkeit sowie den Klimawandel beobachten wir heute häufig, dass sich Infektionen sehr schnell innerhalb weniger Stunden über Ländergrenzen und Kontinente hinweg verbreiten können.
Krankheitserreger machen eben nicht an Grenzen halt, sondern sind überall verbreitet. An dieser Stelle setzt der Beitrag von René Gottschalk an. Er postuliert, dass durch die weltweite Vernetzung der Handelswege und durch die mannigfaltigen Reisebewegungen die Verteilung von Krankheitserregern und deren Vektoren beständig zunimmt. Dies erfordere auch eine andere Strategie bei der Rückkehr von Fachkräften von Unternehmen, die ihre Mitarbeiter in Länder mit infektiologischen Problemlagen entsenden. In einer kritischen Reflexion weist er auf die zunehmende Ausbreitung von Erregern hin und benennt mannigfaltige Gründe: Armut und schlechte Lebensbedingungen, Fehlen von einwandfreiem Trinkwasser, Überbevölkerung, Ressourcenausbeutung, Bildungsmangel, Klimaveränderungen und vor allem das Fehlen von öffentlichen Gesundheitseinrichtungen.
Elke Jakubowski widmet sich der Rolle des Öffentlichen Gesundheitsdienstes im Zuge der globalen Herausforderungen und deren Auswirkungen auf die Arbeit des ÖGD vor Ort. Sie stellt fest, dass der Öffentliche Gesundheitsdienst dazu beiträgt, einer wachsenden Ungleichheit in der Gesundheitsversorgung Deutschlands entgegenzuwirken. Diesen erweiterten und zusätzlichen Aufgaben müsste durch entsprechende Personal- und Finanzierungsstrategien von Seiten der Politik Rechnung getragen werden.
Angela Fehr und Sandra Beermann berichten über ein neu gegründetes Zentrum für Internationalen Gesundheitsschutz am Robert Koch-Institut zur Stärkung der nationalen und internationalen Zusammenarbeit im internationalen Gesundheitsschutz. Die beiden Autorinnen beschreiben die Aufgaben des neuen Zentrums, berichten aber auch über ein Global Health Protection Programm, das für eine Laufzeit von vier Jahren nach der Ebola-Epidemie 2015 vom Bundesgesundheitsministerium aufgelegt wurde, um Maßnahmen für die Gesundheitssicherung der Bevölkerung in Partnerländern und in Deutschland zu stärken. Dabei werden Projekte zur Bekämpfung und Untersuchung von Krankheitsausbrüchen, zur Ausbildung des wissenschaftlichen Personals sowie zum Methoden- und Wissenstransfer in verschiedenen Ländern und vor allem auch berufsgruppen- und institutionsübergreifend durchgeführt.
Peter Tinnemann appelliert in seinem Beitrag an alle Ärztinnen und Ärzte, insbesondere an diejenigen, die im Öffentlichen Gesundheitsdienst tätig sind, sich des Themas „Globale Gesundheit“ anzunehmen. Das Thema beinhaltet zwei Perspektiven, die weltweit eine hohe Relevanz haben. Es betrifft sowohl individualmedizinische Fragestellungen – wie beispielsweise die Behandlung erkrankter Menschen sichergestellt werden kann –, aber auch bevölkerungsmedizinische Aspekte, wie der Schutz vor Pandemien oder die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit. Der Autor fordert ein umfassendes Gesundheit- und Krankenversorgungssystem mit multidisziplinärer Expertise aus unterschiedlichen Bereichen, insbesondere aus der öffentlichen Gesundheit.
Maria-Luise Holthoff, niedergelassene Ärztin in Unterfranken, berichtet über einen Einsatz als „German Doctor“ in Bangladesch und erzählt sehr konkret und spannend über ihre persönlichen Erfahrungen und die Herausforderungen, in einem der ärmsten Länder der Welt medizinisch tätig zu sein.
Alle in den einzelnen Beiträgen dargestellten Aspekte von Global Health zeigen, dass es bei dem Ziel „Gesundheit und Wohlbefinden fördern“ im Grunde genommen inhaltlich stets um ähnliche Fragestellungen geht. Wichtige Themenfelder, die dabei immer wieder zur Sprache kommen, sind Impfungen, Hygiene, sauberes Trinkwasser Gesundheitsaufklärungen, Medikamentenversorgung und ärztliche Primärversorgung. Das alles sind klassische Bereiche des Öffentlichen Gesundheitsdienstes. Daher ist es wichtig, weltweit die Public-Health-Systeme aufzubauen und zu stärken.
Autorin
Dr. med. Ute Teichert,Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes e.V.
Bundesgeschäftsstelle
Joachimsthaler Straße 10
10719 Berlin