Unter dem Titel dieser Ausgabe könnte verstanden werden, dass Ausführungen folgen, wie Menschen mittels technischer Einrichtungen vor Gefährdungen im beruflichen Alltag geschützt werden könne. Oft wird dann die seit dem Arbeitsschutzgesetz überholte T-O-P-Rangfolge der Schutzmaßnahmen genannt. Das Arbeitsschutzgesetz zeigt eine fünfstufige Maßnahmenhierarchie auf, an deren Spitze die Vermeidung bzw. Reduzierung der Gefährdung steht. Mittels technischer Schutzmaßnahmen erfolgt eine räumliche Trennung zwischen Mensch und Gefährdung und durch organisatorische Maßnahmen eine räumlich/zeitliche Trennung von Mensch und Gefährdungsfaktor. Oft kann jedoch die Trennung zwischen Gefährdung und Mensch nur direkt am Menschen durch die Nutzung von Persönlichen Schutzausrüstungen erfolgen. Auf der untersten Stufe der Maßnahmenhierarchie ist das sichere und gesundheitsgerechte (Arbeits-)Verhalten angesiedelt, bei dem die Gefährdung durch entsprechende Arbeitsweisen und Aufmerksamkeit reduziert werden soll.
Für die Hersteller von PSA ist die seit dem 21. 04. 2018 gültige PSA-Verordnung mit einer Übergangszeit von einem Jahr verbindlich für das Inverkehrbringen von PSA anzuwenden. Karl-Heinz Noetel gibt einen Überblick zu den Auswirkungen der neuen PSA-Verordnung.
Über neue Entwicklungen bei PSA berichtet Markus Bremers. Durch Individualisierung und Funktionsverbesserung wird der Nutzen erhöht und somit auch die Akzeptanz gesteigert.
Marie Pendzich beschreibt in ihrem Beitrag, wie durch in die Kleidung eingearbeitete Sensorik ein hoher Nutzen bei der Brandbekämpfung entsteht. Durch die Weiterentwicklung der Sensorik und Industrie-4.0-Konzepte können auch im industriellen Umfeld neuartige Unterstützungssysteme entstehen.
Wenn der Mensch dann Teil des vernetzten Betriebsgeschehens ist, kann er beanspruchungsoptimiert eingesetzt werden.
Thilo Tiegs erläutert die Möglichkeiten des „Alleinarbeiterschutzes“ durch die Nutzung von WLAN. Zu beachten ist immer auch der Schutz von personenbezogenen Daten.
Dass eine Funktionsintegration bei Persönlicher Schutzausrüstung ihre Grenzen hat, wird von Wolfgang Quednau anhand von Multinormkleidung erläutert.
Große Beachtung hat die inzwischen mögliche kollaborative Arbeit von Mensch und Roboter erfahren. Durch Sensorik und schnelle sowie zuverlässige Steuerungssoftware von Maschinen, kann inzwischen unter gewissen Voraussetzungen auf eine räumliche Trennung (Schutzzaun) von Mensch und Gefahrenquelle verzichtet werden. Es erfolgt ein Schutz des Menschen durch Technik, wobei diese eben über Sensorik und Steuerungssoftware die Schutzfunktion erzeugt und nicht über trennende Elemente. Menschen, die aufgrund von körperlichen oder geistigen Einschränkungen bislang nur bedingt am Arbeitsleben teilhaben konnten, erhalten durch diese neuen Assistenzsysteme Chancen im Arbeitsleben. Technik ergänzt z.B. den Menschen um eine „dritte Hand“.
Welche Möglichkeiten der Erweiterung der menschlichen Handlungsmöglichkeiten durch kollaborative Robotersysteme bestehen, zeigen Henning Petruck et. al. in ihrem Beitrag zu innovativen Konzepten zur Arbeitssicherheit bei Mensch-Roboter-Kooperationen in der Praxis auf. David Kremer und Wolfgang Pomrehn bringen ein Beispiel für sichere Arbeit von Schwerbehinderten.
Im Wissenschaftsteil beschreibt Torsten Merkel, wie durch die arbeitsbegleitende Erhebung und Auswertung von Vitaldaten konkret einen Beitrag zur Gesundheitsförderung geleistet werden kann.
Ein weiteres Feld des Schutzes – und im Bereich der Rehabilitation auch der Förderung – des Menschen durch Technik sind Exoskelette. Noch ist unklar, ob Exoskelette in der Arbeitswelt als PSA oder als Maschinen zu klassifizieren sind. Unterschieden wird zwischen aktiven und passiven Exoskeletten. Aktive Exoskelette benötigen Fremdenergie, die oft in Form von am Körper zusätzlich zu tragenden Akkus bereitgestellt wird. Aktive Exoskelette müssen die Vorgaben der Maschinenrichtlinie erfüllen, damit durch die Verwendung des Exoskeletts keine neuen Gefahren entstehen. Diese Hürde zu nehmen ist nicht einfach, aber im Hinblick auf Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten notwendig. Passive Exoskelette haben eingearbeitete Federspeicher, so dass hier primär Körperhaltungen unterstützt werden und Haltearbeit vermieden wird. Oft ist auch nicht klar, ob durch Exoskelette die Beanspruchung reduziert oder die Arbeitsleistung gesteigert werden soll.
Benjamin Steinhilber und Mitarbeiter dokumentieren eine Literaturstudie zum Einsatz von Exoskeletten im beruflichen Kontext. Durch eine Versachlichung der Diskussion können Einsatzfelder definiert und Forschungsbedarfe aufgezeigt werden.
Ralph Hensel et al. berichten von einer durchgeführten Feldstudie mit einem Exoskelett zur Rückenunterstützung. Aus ihren Erkenntnissen können weitere potenzielle Anwender Chancen und Risiken des Einsatzes von Exoskeletten abschätzen.
Autor
Prof. Dr.-Ing. M. Schmauder
Professur Arbeitswissenschaft
Institut für Technische Logistik
und Arbeitssysteme
Technische Universität Dresden
Dürerstraße 26 – 01062 Dresden