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75 Jahre VDBW

Erfolgsgeschichte mit Zukunftsperspektive

Kontinuität in der Leitung

Zum 1. Vorsitzenden wurde Dr. med. Peter Wolff gewählt, der bis 1960 amtierte. In diese Zeit fallen viele wegweisende Vereinbarungen, die bis heute wirken, wie die erstmaligen Arbeitsmedizinischen Tagungen sowie Fort- und Weiterbildungstage für das Assistenzpersonal.

Von 1960 bis 1975 war Dr. med. Paul Rosenberger 1. Vorsitzender. 1962 weitete die Werksärztliche Arbeitsgemeinschaft auch äußerlich sichtbar den Blick nach Europa: Sie war nun erstmals in einem Gremium der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, dem „Comité Permanent“, vertreten. 1964 beschloss die Mitgliederversammlung den bis heute bestehenden Namen „Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte – Berufsverband Deutscher Arbeitsmediziner“. 1974 trat die wesentliche gesetzliche Grundlage betriebsärztlicher Tätigkeit in Deutschland, das „Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit“, in Kraft – eine Frucht der frühen Gründung des Verbands zu einem Zeitpunkt, zu dem sich auch die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen gerade bildeten, die somit gleich eine Institution vorfanden, mit der sie Vereinbarungen abschließen konnten.

Rosenberger wurde abgelöst von Dr. med. R. Sohnius, der von 1975 bis zu seinem Tode 1985 amtierte. In seine Amtszeit fiel die Verlegung der Geschäftsstelle nach Karlsruhe.

Sein Nachfolger war Dr.med. Friedrich Helbing. Er leitete den VDBW bis 1992. 1990 wurden durch die Wiedervereinigung Betriebsärztinnen und -ärzte der ehemaligen DDR in den Verband aufgenommen und neue Landesverbände gegründet.

Auf Helbing folgte Dr. med. Ralf Eike Tiller. Die Arbeitsmedizinischen Kongresse hießen nun zunächst Herbsttagungen. 1995 wurde die Gesellschaft zur Qualitätssicherung in der betriebsärztlichen
Betreuung mbH gegründet und eine Gebührenordnung für arbeitsmedizinische Leistungen erarbeitet.

Von 1999 bis zum letzten Jahr leitete Dr. med. Wolfgang Panter 24 Jahre lang den VDBW, zunächst als 1. Vorsitzender, später als Präsident. 2004 führte der VDBW die große Imagekampagne „Gesunde Mitarbeiter – Gesunde Unternehmen. Betriebsärzte helfen“ durch. 2008 trat die Arbeitsmedizinische Vorsorgeverordnung in Kraft, die Herbsttagungen heißen seit 2010 Betriebsärztekongresse. Bereits im Jahre 2009 schrieb der VDBW erstmals den Nachwuchswettbewerb „docs@work“ aus und war 2014 gemeinsam mit vielen Institutionen Gründungsmitglied des „Aktionsbündnisses Arbeitsmedizin“ zur Förderung des arbeitsmedizinischen Nachwuchses in Deutschland. Nicht zuletzt wurde im Dezember 2022 die Arbeitsmedizinische Regel 3.3 „Ganzheitliche arbeitsmedizinische Vorsorge“ veröffentlicht.

Seit dem vergangenen Jahr amtiert erstmals eine Kollegin: Susanne Liebe ist Präsidentin im Jubiläumsjahr des VDBW.

Immer mehr Mitglieder und Kongress mit Glanz

In den 75 Jahren seit seiner Gründung hat der VDBW einen guten, ja, auch einen glücklichen, vor allem erfolgreichen und zugleich zukunftsweisenden Weg genommen.

Mit über 4000 Mitgliedern – Tendenz weiter steigend! – ist der Verband stark wie nie: Er ist der größte und älteste arbeitsmedizinische Fachverband Europas und in den Bundesländern mit insgesamt zwanzig Landesverbänden vertreten.

Die Mitglieder engagieren sich in Foren und Arbeitsgruppen. Fortbildungen finden präsent, digital und hybrid statt; mit Mitgliedern und in der Öffentlichkeit wird zunehmend nicht nur über das Magazin für Arbeitsmedizin in Deutschland „VDBW aktuell“, sondern über soziale Medien kommuniziert. Und: Die zentrale Veranstaltung, der Deutsche Betriebsärztekongress, ist der Begegnungsort für die Betriebsärztinnen und Betriebsärzte in Deutschland, renommierter Platz für die Präsentation wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse und von Erfahrungen aus dem betrieblichen Alltag sowie den Austausch mit Arbeitsschutzinstitutionen und Fachgesellschaften. In vielerlei Hinsicht hat der Kongress in den letzten zwanzig Jahren ganz besonderen Glanz entwickelt.

Einen hervorragenden Ruf haben auch die Fortbildungsveranstaltungen des VDBW für arbeitsmedizinisches Assistenzpersonal im Schloss Ettlingen.

Mit der wissenschaftlichen Fachgesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM), besteht auf der Grundlage großer Übereinstimmung in allen für das Fach bedeutsamen Aspekten eine enge, vertrauensvolle Kooperation.

Besonders hervorzuheben ist die seit Jahrzehnten vorzügliche Zusammenarbeit mit den Unfallversicherungsträgern, die stets vehement für einen wirksamen Gesundheitsschutz und die Stärkung der Rolle von Betriebsärztinnen und Betriebsärzten eingetreten
sind.

Beharrlich, entschieden und konsequent hat der VDBW Kontakte in die Parlamente und Ministerien, zu Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften entwickelt und vertieft. Am VDBW kommt bei den für die Arbeitsmedizin relevanten Themen heute niemand mehr vorbei.

Auch wirtschaftlich steht der VDBW stabil da.

Und schließlich: Im VDBW sind Ärztinnen und Ärzte aus allen Bereichen arbeitsmedizinischen Handelns – internationalen Großunternehmen und Verwaltungen, Hochschulen und arbeitsmedizinischen Instituten, Betriebsarztzentren, überbetrieblichen Diensten und der freiberuflichen Praxis, der Unfallversicherungsträger sowie Arbeitsschutzbehörden – kollegial und solidarisch verbunden.

Erwähnt sei aber auch, was nicht gelungen ist. Hier ist die Aufarbeitung der Geschichte der Betriebsärzte im Dritten Reich zu nennen. Im Gegensatz zu anderen ärztlichen Berufsgruppen gibt es in dieser Hinsicht Nachholbedarf. Bisher bemüht sich überwiegend der „Förderverein zur Erforschung des betriebsärztlichen Handelns in der NS-Zeit e. V.“ (FBHNS), dessen wenige Mitglieder auch dem VDBW angehören, sowie die „Arbeitsgruppe Geschichte der Arbeitsmedizin“ darum, Licht in das Dunkel des Treibens unserer Vorgänger in dieser Zeit zu bringen.

Spätestens in den Oktobertagen des Jahres 2024 aber muss der Verband fragen, bevor ihn andere fragen: Warum wissen wir eigentlich so wenig über das Tun und Lassen von Betriebsärzten im Dritten Reich?

Deshalb bleibt die systematische Aufarbeitung der Rolle und des konkreten Verhaltens von Betriebs- und Werksärzten zwischen 1933 und 1945 eine bedeutsame Aufgabe des VDBW, spätestens in diesen Tagen.

Mit Zuversicht in die Zukunft

75 Jahre nach der Gründung des VDBW dürfen seine Mitglieder dankbar zurück- und zugleich zuversichtlich vorausschauen.

Betriebsärztinnen und Betriebsärzte werden gebraucht wie nie zuvor. Gesellschaft und Politik, Unternehmen und Gewerkschaften, vor allem aber die Menschen in großen, mittleren und kleinen Betrieben erwarten zu Recht gut ausgebildete und fachlich kompetente, empathische und vertrauenswürdige Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmediziner in ausreichender Zahl. Und diese brauchen einen Verband, der für eine starke Rolle der Betriebsmedizin eintritt und zur guten Qualifizierung und Fortbildung von Ärztinnen und Ärzten, Assistentinnen und Assistenten beiträgt.

In einer Zeit gravierender Veränderungen sind auch in der Arbeitsmedizin der präsente Kontakt und die persönliche Verbindung unverzichtbar für einen Austausch auf der Grundlage von Fakten und eine differenzierte Weltsicht, für gegenseitiges Verständnis und gute Konfliktlösungen, für die Aufrechterhaltung einer humanen, rechtebasierten Gesellschaftsordnung und die Bewahrung der Würde aller Menschen.

In diesem Sinne möge der VDBW auch in Zukunft wirken.

Dr. med. Michael Vollmer

Arbeits- und verkehrsmedizinische Praxis, Seeheim-Jugenheim

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