Grundsätzliche Anmerkung
Es sind stets Personen männlichen und weiblichen Geschlechts gleichermaßen gemeint; aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wird im Folgenden nur die männliche Form verwendet.
Anlass
Die körperliche Untersuchung erfordert ein besonderes Vertrauensverhältnis von den Beschäftigten/Probanden zu dem Arzt. Dies gilt in besonderem Maße sowohl für Eignungsuntersuchungen als auch für Einstellungsuntersuchungen. Zur Forderung dieser Vertrauenssituation haben wir Empfehlungen und Regeln für Untersuchungen erarbeitet.
Anwendungsbereich
Diese Empfehlung gilt für alle medizinischen Mitarbeiter, die arbeitsmedizinische Vorsorge und Untersuchungen wie Einstellungsuntersuchungen, Eignungsuntersuchungen an Beschäftigten/Probanden durchführen.
Begriffsdefinitionen
Arbeitsmedizinische Vorsorge dient der Beurteilung der individuellen Wechselwirkungen von Arbeit und physischer und psychischer Gesundheit und der Früherkennung arbeitsbedingter Gesundheitsstörungen sowie der Feststellung, ob bei Ausübung einer bestimmten Tätigkeit eine erhöhte gesundheitliche Gefährdung besteht. Sie beinhaltet ein ärztliches Beratungsgespräch mit Anamnese einschließlich Arbeitsanamnese sowie körperliche oder klinische Untersuchungen, soweit diese für die individuelle Aufklärung und Beratung erforderlich sind und der oder die Beschäftigte diese Untersuchungen nicht ablehnt.
Eignungsuntersuchungen dienen der Beantwortung der Frage, ob die vorhandenen physischen und psychischen Fähigkeiten und Potenziale der Beschäftigten erwarten lassen, dass die während der Beschäftigung zu erledigenden Tätigkeiten von ihnen ausgeübt werden können. Hier wird in Einstellungsuntersuchungen, routinemäßige und anlassbezogene Eignungsuntersuchungen unterschieden.
Verfahren
Vor Durchführung körperlicher oder klinischer Untersuchungen hat der Arzt deren Erforderlichkeit zu prüfen und den Probanden/Beschäftigten über Inhalt, Zweck und Risiken der anstehenden Untersuchung aufzuklären, die Ergebnisse sind ihnen mitzuteilen. Die in der Arbeitsmedizin Tätigen und ihre Mitarbeiter unterliegen der Schweigepflicht. Sie achten auf die Vertraulichkeit der ihnen anvertrauten Informationen und beachten den Datenschutz insbesondere auch die persönlichen Daten der Beschäftigten/Probanden.
Jede medizinische Untersuchung hat unter Wahrung der Menschenwürde und unter Achtung der Persönlichkeit, des Willens und der Rechte der Probanden, insbesondere des Selbstbestimmungsrechts, zu erfolgen.
Ärzte haben den Probanden gebührende Aufmerksamkeit entgegenzubringen und mit Patientenkritik und Meinungsverschiedenheiten sachlich und korrekt umzugehen.
Eine Untersuchung darf nicht gegen den Willen des Probanden durchgeführt werden. Voraussetzung ist ein achtungsvoller Umgang des Untersuchers mit dem Untersuchten.
Die Untersuchung hat vom Untersucher (Arzt, Assistenz) in angemessener Kleidung (z.B. kein Top, keine kurze Hose) zu erfolgen. Das Tragen eines Berufsmantels (weißer Kittel) kann die Untersuchungssituation verbessern. Namensschild und Funktionsbezeichnung ergänzen dies. Eine Untersuchung der weiblichen Brust gehört weder zu einer arbeitsmedizinischen Vorsorge noch zu einer Eignungsuntersuchung, es sei denn, dass eine spezielle Indikation besteht. In diesem Fall ist die Probandin darüber aufzuklären.
Der Proband entkleidet sich selbst – es sei denn, er bittet um Hilfe aufgrund körperlicher Einschränkungen.
Bei sensiblen Untersuchungen der sekundären Geschlechtsmerkmale sollte eine Assistenz teilnehmen.
Hautinspektion: Ein letztes Kleidungsstück muss der Proband anbehalten. Der Genitalbereich ist auszusparen. Ausnahme im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge mit krebserzeugenden Gefahrstoffen. Das Tasten der Leisten und Achselhöhlen ist dem Probanden zu erklären und vorher anzukündigen.
Auskultation: Ein Kleidungsstück muss noch die weibliche Brust bedecken. Nur unter Ankündigung, mit entsprechender Erklärung des Untersuchungsgrundes, sollte partiell der BH von der Probandin verschoben werden.
Ergometrie: Die Ergometrie bei weiblichen Probanden erfolgt mit angezogenem BH. Sollte das nicht möglich sein, wird eine zweite betriebsinterne möglichst weibliche Person hinzugezogen.
Die arbeitsmedizinische Vorsorge- und Eignungsuntersuchung müssen mit allen Inhalten sorgfältig dokumentiert werden. Dazu gehören u.a. auch Dokumentation im Rahmen der Impfungen, Abzeichnen von sämtlichen Befunden (Röntgen, Labor, Fremdbefunde etc.).
Foto/Video: Fotografische und Videoaufnahmen des Körpers und von Körperregionen bedürfen der vorherigen Genehmigung durch die Probanden. Sie stellen Befunddokumente dar, die für klinische und/oder wissenschaftliche Zwecke nutzbar sind. Ihre Aufbewahrung erfolgt entweder in der Krankenakte oder in einem gesicherten, ausgewählten Personen zugänglichen, Archiv. Ärzte haben Probanden/Beschäftigten auf deren Verlangen in die sie betreffende Dokumentation Einsicht zu gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder erhebliche Rechte der Ärztin, des Arztes oder Dritter entgegenstehen.
Auf Verlangen sind den Probanden Kopien der Unterlagen gegen Erstattung der Kosten herauszugeben.
Untersuchungsregeln
Vertrauen zu den Betriebsärzten/Betriebsärztinnen ist Grundlage erfolgreichen arbeitsmedizinischen Handelns. Eine fundierte Weiterbildung und regelmäßige Fortbildungen sind weitere wichtige Voraussetzungen.
Die Untersuchungssituation in der Arbeitsmedizin ist anders gelagert als in vielen Bereichen der Medizin. Durch eine Pflichtvorsorge- oder Eignungsuntersuchung kommt der Mitarbeiter nicht aus eigenem Antrieb zum Arzt. Daher sind für den Umgang mit den Beschäftigten Grundregeln zu beachten.
Das Präsidium des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte hat sich mit dem Thema Untersuchungssituation und Regeln für die Durchführung beschäftigt. Diese Regeln stellen wir hiermit gerne zur Diskussion und freuen uns auf Anregungen von Ihnen.
Mit freundlichen Grüßen
Präsidium
Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e.V. (VDBW)