Seit März 2020 sind wir in einer sich weltweit erstreckenden Epidemie, deren Ende noch nicht abzusehen ist. Sie stellt unsere gesamte Gesellschaft vor besondere Herausforderungen. Dies gilt aber genauso für die Betriebe und ihre Beschäftigten.
Alle Betriebe brauchen jetzt eine Anpassung der Gefährdungsbeurteilung mit
einem aktuellen, auf die jeweilige betriebliche Situation abgestimmten Hygienekonzept. Branchenkonzepte können an dieser Stelle als Grundlage dienen. Das Konzept muss aber immer auf die jeweilige betriebliche Situation angepasst werden.
Die bisherigen Aufgaben in der betriebsärztlichen Grundbetreuung nach DGUV 2 orientieren sich vorwiegend an branchenspezifischen Gefährdungen, Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Die neuen epidemiebedingten Aufgabenstellungen sind bisher unzureichend berücksichtigt. Betriebsärztinnen und -ärzte sind Experten zum Thema Infektionsschutz und daher wichtige und erste Ansprechpartner.
Der Ausschuss für Arbeitsmedizin (AfAMed) beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat nach Prüfung internationaler Konzepte die Arbeitsmedizinische Empfehlung (AME) zum „Umgang mit aufgrund der SARS-CoV-2-Epidemie besonders schutzbedürftigen Beschäftigten“ veröffentlicht. In dieser AME werden Tätigkeiten in vier Gruppen eingeteilt: Gruppe 1 weist eine geringe Gefährdung und Gruppe 4 eine sehr hohe Gefährdung auf. Weiter wird in der AME folgendes Vorgehen empfohlen:
Für die Umsetzung im Betrieb ist die betriebsärztliche Mitwirkung unerlässlich.
Diese neuen Aspekte sind in den bisherigen Grundlagen der Grundbetreuung unzureichend berücksichtigt. Strategisches Ziel für alle Betriebe muss es sein, möglichst Tätigkeiten mit einer geringen bzw. mittleren Gefährdung zu haben, um die Beschäftigung auch besonders schutzbedürftiger Personen sicherstellen zu können. Auch der Grundsatz „Vorfahrt für die Verhältnisprävention“ wird so gewahrt. Dies erfordert einen hohen Beratungsbedarf für alle Betriebe.
Diese Feststellung trifft für alle Branchen zu. Die Erfahrung der vergangenen Monate hat gezeigt, dass dies ein Schwerpunkt der betriebsärztlichen Beratungstätigkeit geworden ist. Die bisherigen Gefährdungsmomente im Betrieb sind unverändert vorhanden und müssen weiterbearbeitet werden. Damit wird deutlich, dass ein zusätzlicher zeitlicher Aufwand auf die Betriebsärztinnen und -ärzte zugekommen ist. Diesen Aufgabenstellungen in Zeiten der Epidemie muss auch eine Vorschrift 2 gerecht werden.
Als VDBW schlagen wir für die Phase der Epidemie Folgendes vor:
Die betriebliche Einsatzzeit in der Grundbetreuung wird in den jeweiligen Gruppen um 0,1 Stunden erhöht – und zwar unabhängig von der Gruppeneinteilung der Einsatzzeiten in der Grundbetreuung (Gruppe I bis III).
Damit können Betriebsärztinnen und -ärzte Betriebe in dieser besonderen Herausforderung unterstützen und somit mithelfen, das Ziel der ArbMedVV der Beschäftigungssicherung für alle Beschäftigten voranzutreiben.
Neben der Grundbetreuung entsteht auch ein erhöhter Aufwand besonders schutzbedürftiger Personen im betriebsspezifischen Teil der DGUV 2.
Dr. W. Panter, Dr. H. Bicker