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Abstract / Zusammenfassung
The detection of occupational allergies is a complex undertaking: A case study
According to the recommendations for the diagnosis of occupational asthma, suspected cases require a confirmed asthma diagnosis, work-associated symptoms, evidence of sensitization to an occupational allergen and a close relationship between the occupation and the symptoms. In addition to a detailed medical history, several examinations and tests and a differentiated consideration of them are required in order to arrive at a final expert assessment.
We report the case of a 58-year-old butcher who had been complaining of shortness of breath and coughing at his workplace in a slaughterhouse for 5 years. It was only after extensive investigations and a detailed medical history that a powdered kebab spice used in an adjacent room was suspected as the potential allergen. Diagnostic tests showed that the patient was sensitized to the spice. While the specific inhalation challenge (SIC) with kebab spice did not elicit an asthmatic reaction, a non-specific bronchial hyperreactivity in the insured person was observed. On the day after the SIC, the bronchial hyperreactivity was increased by a factor of three and there were further indications of eosinophilic or allergic reaction. In summary, the individual diagnostic components led to the assessment of this case as allergic occupational asthma.
This case illustrates that an assessment of the individual diagnostic components in the diagnosis of occupational asthma is quite complex and not without pitfalls.
Keywords: occupational asthma – diagnosis – sensitization – bronchial
hyperreactivity
doi:10.17147/asu-1-384621
ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2024; 59: 580–583
Der Nachweis beruflich verursachter Allergien ist ein komplexes Unterfangen: Ein Fallbeispiel
Nach den Empfehlungen zur Diagnose von Berufsasthma sind bei entsprechenden Verdachtsfällen eine gesicherte Asthmadiagnose, arbeitsbezogene Beschwerden, der Nachweis einer Sensibilisierung gegen ein Berufsallergen und der Arbeitsbezug der Krankheitszeichen zu dokumentieren. Dies erfordert neben einer detaillierten Anamnese verschiedene Untersuchungen und Tests sowie deren differenzierte Betrachtung, um zu einer abschließenden gutachterlichen Bewertung zu kommen.
Es wird der Fall eines 58-jährigen Ausbeiners dargestellt, der seit fünf Jahren an seinem Arbeitsplatz im Schlachthof über Luftnot und Husten klagte. Erst durch erweiterte Ermittlungen am Arbeitsplatz und eine detaillierte Anamnese konnte als potenzieller Auslöser ein im Nebenraum unter Staubbildung verwendetes Dönergewürzpulver vermutet werden. Durch verschiedene Diagnostika wurde die Sensibilisierung des Versicherten dagegen nachgewiesen. Während der spezifische Provokationstest mit dem Dönergewürz zu keiner asthmatischen Reaktion führte, war eine bronchiale Hyperreagibilität des Versicherten nachweisbar. Am Folgetag des Provokationstests kam es zu einer um den Faktor 3 gesteigerten Methacholin-Empfindlichkeit sowie zu weiteren Hinweisen auf eine eosinophile beziehungsweise allergische Reaktion. Zusammenfassend wurden die einzelnen diagnostischen Bausteine dahingehend bewertet, dass ein allergisches Berufsasthma vorliegt.
Dieser Fall verdeutlicht, dass die Bewertung der einzelnen diagnostischen Bausteine im Rahmen der Diagnose von Berufsasthma durchaus komplex und nicht ohne Fallstricke ist.
Schlüsselwörter: Berufsasthma – Diagnose – Sensibilisierung – bronchiale Hyperreagibilität
Einleitung
Als Kriterien für die Diagnose von Berufsasthma gelten eine gesicherte Asthmadiagnose, arbeitsbezogene Beschwerden, der Nachweis einer Sensibilisierung gegen ein Berufsallergen und die Dokumentation des Arbeitsbezugs der Krankheitszeichen (Reichenhaller Empfehlung 2012). Um den Arbeitsbezug klar darzulegen, wird oft ein inhalativer Provokationstest mit der allergen wirkenden Substanz durchgeführt. Dieser wird häufig als der Goldstandard bei der Begutachtung von Berufsasthma angesehen und neben Beschwerden gilt eine asthmatische Reaktion in der Lungenfunktion als primäres Positivkriterium. Dabei können jedoch auch sowohl falsch-negative als auch falsch-positive Tests auftreten (Vandenplas et al. 2014). Deshalb werden inzwischen nicht-invasive Methoden als zusätzliche Bausteine in der Diagnose von Berufsasthma vermehrt eingesetzt (Quirce et al. 2010). Konkret ist bekannt, dass neben der Verschlechterung der Lungenfunktion auch ein Anstieg des fraktionierten exhalierten Stickstoffmonoxids (FeNO) um ca. 12 ppb (Engel et al. 2018) beziehungsweise eine Zunahme des prozentualen Anteils der Eosinophilen im induzierten Sputum (um ca. 3 %) beziehungsweise der bronchialen Hyperreagibilität (Abnahme der kumulierten Methacholindosis um den Faktor 2 bis 3) (Vandenplas et al. 2014; Engel et al. 2019), jeweils 24 Stunden nach dem Provokationstest einen deutlichen Hinweis auf eine eosinophile Entzündung und somit auf einen immunologischen Mechanismus geben. Die besondere Komplexität mit potenziellen Fallstricken bei der Aufklärung beruflich verursachter Allergien und der differenzierten gutachterlichen Bewertung der verschiedenen diagnostischen Bausteine zeigt der folgende Fall.
Kasuistik
Arbeitsanamnese und Auftreten von Beschwerden
Der 58-jährige Versicherte war seit über 20 Jahren als Ausbeiner in einem geflügelverarbeitenden Betrieb tätig. Das Rauchen hatte er mit Tätigkeitsbeginn aufgegeben; zuvor hatte er 18 Jahre lang geraucht. Zum Zeitpunkt der Begutachtung in unserem Institut litt er seit fünf Jahren unter Luftnot und Husten am Arbeitsplatz; an arbeitsfreien Tagen sowie im Urlaub war er beschwerdefrei. Der niedergelassene Pneumologe hatte etwa ein Jahr nach Symptombeginn eine Verdachtsanzeige auf eine Berufskrankheit (BK) im Sinne einer „durch allergisierende Stoffe verursachten obstruktiven Atemwegserkrankung (einschließlich Rhinopathie)“ (BK 4301) erstattet. Erste präventionsdienstliche Ermittlungen ergaben, dass keine atemwegsgefährdenden Einwirkungen bestanden. Ein weiterer Präventionsbericht zeigte jedoch, dass es im Nebenraum der Schlachthalle durch die Verwendung einer pulverförmigen Dönergewürzmischung, die durch Mischen mit Wasser ca. 6- bis 8-mal täglich frisch als Marinade angesetzt wurde, zur Staubbildung kam. Da die Tür zum Nebenraum mehrfach am Tag geöffnet wurde, war der Versicherte der Gewürzmischung inhalativ ausgesetzt. Diese bestand aus Sojaeiweiß, Zwiebel, Paprika, Oregano, Knoblauch, Speisesalz, Natriumdiphosphat, Kaliumdi- und triphosphat sowie Mononatriumglutamat, Dextrose und Pflanzenfett (Sonnenblume, Raps). Tatsächlich hatte der Versicherte im Rahmen der Anamnese angegeben, dass seine Beschwerden etwa 30 Minuten nach dem Betreten seines Arbeitsplatzes auftraten, aber nur an Tagen, an denen Dönerfleisch mariniert wurde.
Begutachtung des Versicherten (IPA Bochum)
Der 58-jährige Versicherte war zum Zeitpunkt der Begutachtung seit 10 Monaten aufgrund zunehmender arbeitsplatzbezogener Beschwerden arbeitsunfähig und aktuell beschwerdefrei. Die Bedarfsmedikation (Salbutamol) hatte er seit etwa einem Monat nicht benutzt.
Die Lungenfunktion wurde mittels Spirometrie und Bodyplethysmografie mit Power Cube Body® (Ganshorn Schiller Group, Niederlauer, Deutschland) nach Standardverfahren (Graham et al. 2019) unter Verwendung von Referenzwerten der Global Lung Function Initiative (GLI) (Quanjer et al. 2012) durchgeführt. Während der spezifische Atemwiderstand (sRt) normwertig war, zeigte sich bereits in der Basislungenfunktion eine leicht verminderte forcierte Einsekundenkapazität (FEV1) bei grenzwertigem Verhältnis von FEV1 zur forcierten Vitalkapazität im Sinne einer beginnenden obstruktiven Ventilationsstörung (➥ Tabelle 1).
Um zu klären, ob ubiquitäre beziehungsweise berufliche Sensibilisierungen vorlagen, wurden Haut-Prickteste sowie die Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper (sIgE) mittels ImmunoCAP System (ThermoFisher Scientific, Phadia AB, Uppsala, Schweden) durchgeführt. Entsprechend der Herstellerangaben galten sIgE-Werte ≥ 0,35 kU/L als positiv.
Das Dönergewürz vom Arbeitsplatz wurde im allergologischen Labor des IPA zunächst dialysiert und anschließend steril filtriert. Die resultierende Pricktestlösung enthielt 130 µg Protein/ml 0,9 % NaCl. Zusätzlich wurde mit dem Dönergewürz als angerührte Paste (1 Spatelspitze Dönergewürz in 1 ml 0,9 % NaCl) ein Prick-to-Prick-Test durchgeführt. Während es bei drei freiwilligen Kontrollpersonen weder mit der Pricktestlösung noch im Prick-to-Prick-Test zu einer Reaktion auf das Dönergewürz kam, reagierte der Versicherte in beiden Tests positiv (➥ Tabelle 2). Auf die meisten kommerziellen Allergene aus dem Prick-Standard reagierte er nicht, einen leicht positiven Befund ergab allerdings die Testung mit Aspergillus fumigatus. Der im Labor hergestellte Dönergewürzextrakt wurde zudem an Immuno-CAPs gekoppelt, so dass auch eine Quantifizierung von sIgE gegen das Dönergewürz erfolgen konnte. Serologisch war jedoch weder eine erhöhte sIgE-Konzentration gegen das Dönergewürz noch gegen Paprika und Koriander nachweisbar (s. Tabelle 2). Generell war nur eine schwache Sensibilisierung gegen Umweltallergene (sx1, 0,44 kU/L) messbar. Allerdings zeigte sich auch in vitro eine Sensibilisierung gegen Aspergillus fumigatus. Um auszuschließen, dass das Dönergewürz möglicherweise mit Aspergillus fumigatus kontaminiert war, wurde es in einem Test eingesetzt, über den Aspergillus-
fumigatus-Antigene quantifiziert werden können (Sander et al. 2012). Eine Kontamination des Dönergewürzes lag jedoch nicht vor.
Da der Versicherte berichtete, dass seine Beschwerden am Arbeitsplatz ausschließlich an den Tagen auftraten, an denen das Dönergewürz verwendet wurde und es hiermit auch zu positiven Reaktionen im Pricktest kam, wurde dieses Allergen für die Durchführung des spezifischen inhalativen Provokationstests verwendet. Dieser erfolgte unter Verwendung der selbst hergestellten Dönergewürzlösung mittels Provo.X (Ganshorn) beginnend mit 0,285 µg in vierfachen Dosissteigerungen bis zu einer kumulativen Gesamtdosis von 24 µg.
Bodyplethysmografisch kam es zu keiner Erhöhung von sRt und auch spirometrisch war kein Abfall von FEV1 nachweisbar. Dies war auch bei weiteren Lungenfunktionstests 1, 2 und 24 Stunden nach dem Ende des Provokationstests der Fall, so dass eine asthmatische Spätreaktion weitgehend ausgeschlossen werden konnte. Der Versicherte gab ab der ersten Dosisstufe Schmerzen auf der linken Brustseite und in der 4. Dosisstufe ein trockenes Gefühl im Hals an. Das FeNO stieg von 23 auf 27 ppb am Folgetag leicht an und der Eosinophilenanteil im Sputum stieg diskret von 1 % auf 3 %.
Um eine asthmatypische bronchiale Hyperreagibilität zu diagnostizieren, wurde am Tag vor dem spezifischen Provokationstest sowie am Folgetag der Einkonzentrations-Vierstufen-Methacholintest mit dem Provo.X (Ganshorn) gemäß den Empfehlungen der American Thoracic Society (ATS) in adaptierter Form (Crapo et al. 2000) durchgeführt. Dabei betrugen die in vier Stufen zu inhalierenden kumulativen Dosen 15 µg, 60 µg, 240 µg und 960 µg Methacholin. Positivkriterien sind, jeweils ausgehend vom Basiswert, ein FEV1-Abfall ≥ 20 % oder eine Verdopplung von sRt auf mindestens 2,0 kPa · s (Criée et al. 2024). Sowohl vor als auch nach dem spezifischen Provokationstest war eine bronchiale Hyperreagibilität bodyplethysmografisch (Verdopplung von sRt auf mindestens 2,0 kPa · s) nachweisbar (s. Tabelle 1) und es kam zu einer signifikanten Zunahme der bronchialen Empfindlichkeit am Folgetag. Die Methacholin-Dosis, die eine Verdoppelung von sRt hervorgerufen hatte (PD100), betrug am Tag vor dem spezifischen Provokationstest 236 µg und am Folgetag 81 µg.
Bewertung und Diskussion der diagnostischen Bausteine
Anhand des vorliegenden Fallberichts wird die Komplexität der Aufklärung beruflich verursachter Allergien deutlich. So konnte erst durch die exakten Ermittlungen zu Belastungen am Arbeitsplatz beziehungsweise in der Arbeitsplatzumgebung (Nebenraum) und die umfassende (Arbeits-)Anamnese die mögliche Ursache der Beschwerden des Versicherten überhaupt identifiziert werden.
Im nächsten Schritt konnte eine Sensibilisierung gegen das Dönergewürz vom Arbeitsplatz unter Verwendung verschiedener Diagnostika nachgewiesen werden. Da es sich um eine komplexe Mischung handelte, war das verantwortliche Allergen jedoch nicht exakt identifizierbar. Die Tatsache, dass mit der wässrigen Pricktestlösung kleinere Quaddeln als unter Verwendung der konzentrierteren Dönergewürz-Paste im Prick-to-Prick-Test erzielt wurden, lässt vermuten, dass das verursachende Allergen in der Gewürzmischung nur in geringer Menge vorlag oder das Allergen eher schlecht wasserlöslich ist. Vermutlich ist darauf auch die fehlende sIgE-Bindung an die Gewürzmischung im ImmunoCAP zurückzuführen. Insofern sollten im Rahmen der Diagnostik insbesondere bei negativen Ergebnissen möglichst verschiedene Extrakte oder Testmethoden eingesetzt werden. Typ-I-Sensibilisierungen
und damit verbundene allergische Symptome beim beruflichen Umgang mit Gewürzen wurden bereits beschrieben (van der Walt et al. 2013; Upadhyay et al. 2019). Dabei wurde auch auf die irritative Wirkung insbesondere von Capsaicin aus zum Beispiel Paprika hingewiesen. Daher ist bei Hauttests mit Gewürzen, prinzipiell aber mit allen nicht-standardisierten Extrakten, die Testung von Kontrollpersonen unerlässlich ist. Darüber hinaus sollten mikrobielle Kontaminationen überprüft und ausgeschlossen werden.
Während bei dem Versicherten eine symptomatische bronchiale Hyperreagibilität vorlag, die das Kriterium einer obstruktiven Atemwegserkrankung erfüllt (Reichenhaller Empfehlung 2012), führte der spezifische Provokationstest mit Dönergewürz zu keiner asthmatischen Reaktion in der Lungenfunktion. Hinsichtlich möglicher falsch-negativer Provokationstestergebnisse wird im Konsensuspapier zur Begutachtung von Berufsasthma (Vandenplas et al. 2014) vermutet, dass für einige Patientinnen und Patienten die inhalierte Allergendosis zu gering ist. Dies wäre vor dem Hintergrund der geringen Konzentration des verursachenden Allergens in der Dönergewürzmischung naheliegend, insbesondere da die Empfindlichkeit des Versicherten gegen das Allergen durch die fast einjährige Karenz (Krankschreibung) vermutlich reduziert war. Das oben genannte Konsenspapier weist zudem darauf hin, dass ein Anstieg der bronchialen Empfindlichkeit im Methacholintest nach dem Provokationstest ein Hinweis auf eine positive Reaktion sei. Eine europäische Studie zum Berufsasthma klassifiziert deshalb Personen als Provokationstest-positiv, die entweder einen signifikanten FEV1-Abfall oder eine um den Faktor 2 gesteigerte Methacholinempfindlichkeit zeigen (Vandenplas et al. 2018). Auch in der nationalen Empfehlung wird auf die Durchführung serieller Methacholintests vor und nach dem spezifischen Provokationstest als weiteren Effektparameter hingewiesen (Reichenhaller Empfehlung). Da es bei unserem Patienten zu einer um den Faktor 3 gesteigerten Methacholinempfindlichkeit am Folgetag kam, kann dies als Zeichen eines positiven Provokationstests gewertet werden. Obwohl nicht signifikant, kann der leichte Anstieg des Eosinophilenanteils im induzierten Sputum (∆ 2 %) ebenfalls als Hinweis auf eine eosinophil-entzündliche beziehungsweise allergische Reaktion interpretiert werden.
Zusammenfassend sahen wir die nachgewiesene obstruktive Atemwegserkrankung und die Sensibilisierung gegen das verwendete Dönergewürz als berufsbedingt im Sinne der BK 4301 an. Aufgrund der gesteigerten bronchialen Hyperreagibilität und der beginnenden obstruktiven Ventilationsstörung wurde eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 % empfohlen.
Interessenkonflikt: Das Autorenteam gibt an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
Literatur
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Kontakt
Dr. rer. nat. Vera van Kampen
Institut für Prävention und Arbeitsmedizin
der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung
Institut der Ruhr-Universität-Bochum (IPA)
Bürkle-de-la-Camp-Platz 1
44789 Bochum
Vera.vankampen@dguv.de