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Kooperation DGAUM und BARMER GEK zur Verbesserung der betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention

Das neue Präventionsgesetz aktiv gestalten

In den letzten Jahren stand im Mittelpunkt der Lobby- und Kommunikationsarbeit der DGAUM vor allem das Engagement um das neue „Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention“, kurz: das Präventionsgesetz, das im Juli 2015 schließlich alle parlamentarischen Hürden genommen hatte und zu Beginn dieses Jahres nach drei vergeblichen Anläufen innerhalb der letzten zirka zehn Jahre in Kraft treten konnte. Zusammen mit den zahlreichen Arbeitsmedizinern und Betriebsärzten kann die DGAUM dies als einen außergewöhnlichen Erfolg begreifen. Denn keine andere Ärztegruppe ist im Gesetzestext derart hervorgehoben und wird in ihrer Bedeutung für die Arbeitswelt, und damit für die betriebliche Gesundheitsförderung, so entschieden gestärkt. Mit diesem neuen Gesetz sind eindeutige Chancen verbunden, die es nunmehr zu gestalten gilt. Deshalb hatte die DGAUM bereits im Oktober eine Stellungnahme der Fachgesellschaft zu „Arbeitsmedizin 4.0 – 14 Thesen zum Stand und zum Entwicklungsbedarf der betrieblichen Prävention und Gesundheitsförderung“ (Drexler et. al. 2016) publiziert, um so frühzeitig für die Arbeitsmedizin hinsichtlich der Umsetzung dieses Gesetzes Einfluss zu nehmen. Zentral sind in dieser Stellungnahme die Forderungen, dass die Prävention zu einer tragenden Säule im Gesundheitssystem werden muss und es einer Präventionsstrategie und Präventionskultur in Deutschland bedarf, die auch Kleinst- und Kleinbetriebe beziehungsweise mittlere Unternehmen (KMU) erreicht.

Wie wichtig diese Stellungnahme der DGAUM war, zeigten schon bald die aus dieser Stellungnahme resultierenden weiteren Gespräche mit Vertretern des Bundesministeriums für Gesundheit, den Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie den Kostenträgern im System der gesetzlichen Krankenversicherung. Von entscheidender Bedeutung waren in diesem Kontext die Kontakte und Gespräche mit der BARMER GEK: Im Rahmen einer intensiven Workshop-Atmosphäre wurden Vorstellungen zu unterschiedlichen Präventionsansätzen und -leistungen sowie zur Frage einer nachhaltigen Gestaltung der Betrieblichen Gesundheitsförderung bis hin zu Perspektiven und der Umsetzung eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements in einem Unternehmen oder einer Organisation diskutiert. Ergebnis dieses intensiven Austausches war die Verabredung eines Kooperationsvertrags, um entsprechend den Möglichkeiten des neuen Präventionsgesetzes, unter anderem Modellvorhaben zur Entwicklung von neuen Präventionsleistungen und qualitätsgesicherten Präventionspfaden in der Arbeitswelt zu entwickeln.

Die BARMER GEK gehört nach ihrem Selbstverständnis zu den führenden gesetzlichen Krankenversicherungen in Deutschland. Die Versicherten der BARMER GEK profitieren von hervorragenden Leistungen, einer erstklassigen medizinischen Versorgung und einem breit aufgestellten Gesundheitsnetzwerk. Als Gesundheitspartner für Unternehmen setzt die BARMER GEK ebenfalls wichtige Impulse für Prävention und Gesundheitsvorsorge. Im Rahmen ihres Firmenangebots Gesundheit fördert die BARMER GEK Maßnahmen zur Gesundheitsförderung in Betrieben und Unternehmen, insbesondere zum Aufbau und der Stärkung gesundheitsförderlicher Strukturen. Im Mittelpunkt steht dabei sowohl die kontinuierliche Weiterentwicklung der Qualität und Effizienz von Leistungen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung als auch die Stärkung der persönlichen Gesundheitskompetenz von Beschäftigten.

Präventionssetting Arbeitswelt

Zwischen den Kooperationspartnern DGAUM sowie BARMER GEK besteht Konsens, dass die Lebens- und Arbeitswelt in den Betrieben und den Unternehmen sowie bei den öffentlichen Arbeitgebern in unserer Gesellschaft das größte Präventionssetting sowohl für Maßnahmen im Rahmen der Verhaltens- als auch der Verhältnisprävention darstellt. „Die rund 12 000 Arbeitsmediziner und Betriebsärzte sind in der Lage, fast 43 Millionen arbeitende Menschen anzusprechen und für präventiv-medizinische Maßnahmen zu sensibilisieren. Sie sind deshalb Lotse und neutraler Berater in Sachen präventiver Gesundheitsförderung, ambulanter Versorgung, arbeitsmedizinischer Vorsorge und berufsfördernder Rehabilitation“, so Professor Hans Drexler, Präsident der DGAUM, anlässlich der Unterzeichnung des Kooperationsvertrags Anfang März, unmittelbar vor der 56. Wissenschaftlichen Jahrestagung der DGAUM in München.

Zwischen den Vertragspartnern besteht weiterhin Einigkeit, dass das Betriebliche Gesundheitsmanagement einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Gesundheit der Mitarbeiterschaft sowie zur Verhütung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren leistet. Angestrebt wird daher, die Gesundheit der Beschäftigten in den durch Arbeitsmediziner und Betriebsärzte betreuten Unternehmen und Betrieben am Arbeitsplatz zu verbessern, indem, soweit möglich, gesundheitliche Belastungen unter Einbindung von Beschäftigten und ggf. ihrer Vertretungen (z. B. Betriebsrat) in geeigneter Weise gemeinsam identifiziert, abgebaut und gesundheitsförderlich Ressourcen gestärkt werden. Im Interesse der Nachhaltigkeit gemeinsamer Anstrengungen und zur Vermeidung unwirtschaftlicher Aufwände wird ferner in Aussicht genommen, dass DGAUM und BARMER GEK Leistungsangebote und Leistungsspektren im Bereich des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM), der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF), der Gesundheitsförderung und der Prävention gemeinsam und nachhaltig weiter entwickeln und wissenschaftlich evaluieren. „Mit Unterstützung der Arbeitsmediziner und Betriebsärzte können wir unsere speziell auf Betriebe zugeschnittenen Präventionsangebote nahezu allen Firmen in Deutschland anbieten, vom kleinen mittelständischen Betrieb bis zum Großunternehmen“, sagte Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER GEK anlässlich der Vertragsunterzeichnung. Straub kündigte damals zugleich an, die Anzahl der von der BARMER GEK in den Betrieben durchgeführten Maßnahmen deutlich zu erhöhen. Im Jahr 2015 hatte die BARMER GEK Beschäftigte in 5200 Betrieben erreicht.

Neben der gemeinsamen Entwicklung neuer Leistungsangebote für gesundheitsbewusste Betriebe kommt den Arbeitsmedizinern und Betriebsärzten eine zentrale Rolle bei der Vermeidung von Gesundheitsgefahren am Arbeitsplatz, der Früherkennung möglicher Krankheiten und deren kurativer Behandlung zu. Bestimmte Impfungen im Betrieb können die Betriebsärzte künftig direkt mit der BARMER GEK abrechnen. Wie dies konkret aussehen soll, darüber will man sich im Rahmen der Kooperation ebenfalls Gedanken machen und praxistaugliche Abrechnungsmodi erarbeiten.

KMU im Fokus

Darüber hinaus haben die Kooperationspartner im Rahmen ihrer strategischen Kooperation, die insgesamt auf fünf Jahre angelegt ist, die Identifizierung, die Realisierung und die Evaluierung von Modellvorhaben vereinbart, wie diese im Präventionsgesetz, konkret im § 20g des SGB V, vorgesehen sind. Gemeinsames Ziel ist daher die modellhafte Entwicklung von Präventionspfaden, die zum einen neue, auch technische Kommunikationswege der Zusammenarbeit zwischen den über- und innerbetrieblichen Akteuren im Betrieblichen Gesundheitsmanagement erforschen und zum anderen die Entwicklung und Evaluation von zielgruppen- und themenspezifischer Maßnahmen für Beschäftigte in Unternehmen beinhalten. Es besteht Einigkeit darüber, dass bei der Planung und Umsetzung dieser Modellvorhaben vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im Mittelpunkt des Interesses und der gemeinsamen Aktionen stehen. Dabei sollen alle für BGM, BGF, Gesundheitsförderung und Prävention relevanten Akteure mit einbezogen werden.

Seitens DGAUM sowie BARMER GEK werden gemeinsam mit den entsprechenden Kooperationspartnern darüber hinaus regionale Modellvorhaben mit Alleinstellungsmerkmal ebenso angestrebt, wie wissenschaftliche Evaluationsberichte und Qualitätssicherungen durch die DGAUM. Im Mittelpunkt sollen dabei folgende Themenschwerpunkte stehen:

  • Engere Verknüpfung der relevanten inner- und überbetrieblichen Akteure, etwa durch die Nutzung komplementärer Informationsquellen,
  • Entwicklung und Evaluation konkreter, zielgruppenorientierter Leistungsangebote, im Fokus dabei der Erhalt und die Verbesserung der Beschäftigtengesundheit sowie die Prävention arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren mit Stärkung der individuellen, gesundheitlichen Handlungskompetenzen,
  • Betriebsärzte als Lotsen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement sowie Qualitätssicherung arbeitsmedizinischer Leistungen im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements,
  • betriebliche Gesundheitsförderung und Prävention sowie engere Verzahnung kurativer und präventiver Medizin im Rahmen eines ganzheitlichen Betrieblichen Gesundheitsmanagements,
  • psychische Gesundheit und Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM),
  • Telemedizin als eine zukunftsorientierte Methode für die Arbeitsmedizin.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum die DGAUM den Themenschwerpunkt „Betriebliches Gesundheitsmanagement“ in den Mittelpunkt ihrer letzten Jahrestagung Mitte März in München gerückt hatte: Im Fokus stand dabei sowohl der Aspekt „Prävention am Arbeitsplatz gestalten. Perspektiven für das Betriebliche Gesundheitsmanagement“ – hier war u. a. Ingrid Fischbach, MdB, Parlamentarische Staatssekretärin im Berliner Bundesministerium für Gesundheit, zu Gast – als auch die Frage, wie man ein Betriebliches Gesundheitsmanagement für Personalverantwortliche an der Schnittstelle zu Human Ressources gestalten kann. Ziel des BGM ist es ja, durch systematische, nachhaltig wirkende Maßnahmen der Organisations- und Prozessgestaltung die Gesundheit sowie die Leistungs- bzw. Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu fördern, um damit die Produktivität des Unternehmens oder einer Organisation zu sichern bzw. zu verbessern und zu einem gesellschaftlichen Gewinn beizutragen. Als Querschnitts- und Managementaufgabe kommt dem BGM eine wichtige Scharnierfunktion in der Umsetzung von Präventionsmaßnahmen im Unternehmen oder einer Organisation zu. Im neuen Präventionsgesetz ist diese Perspektive im Blick, wenn es gilt, aktiv Maßnahmen der Gesundheitsförderung sowohl im Bereich der objektiven Lebens- und Arbeitsverhältnisse als auch für das subjektiv-individuelle Verhalten des Einzelnen zu entwickeln.

Gemeinsam mit ihrem Partner BARMER GEK will die DGAUM die im neuen Präventionsgesetz innewohnenden Chancen für eine Verbesserung der Präventionsmaßnahmen in der Arbeitswelt nutzen und die Öffentlichkeit an diesem Prozess teilhaben lassen. Deshalb ist bereits heute ausgemacht, dass das Thema „Das neue Präventionsgesetz in der Praxis“ zu den Schwerpunkten der 57. Wissenschaftlichen Jahrestagung gehören muss, die vom 15. bis 17. März 2017 an der Universität Hamburg stattfinden wird. Man darf gespannt sein, welche Fortschritte und Ergebnisse die Kooperation bis dahin zeitigen wird.

Literatur

Drexler H, Letzel S, Nesseler T, Stork J, Tautz A: Arbeitsmedizin 4.0. 14 Thesen zum Stand und zum Entwicklungsbedarf der betrieblichen Prävention und Gesundheitsförderung in Deutschland. In: Rieger M et al. (Hrsg.): Prävention und Gesundheitsförderung an der Schnittstelle zwischen kurativer Medizin und Arbeitsmedizin. Ein Kompendium für das Betriebliche Gesundheitsmanagement. 1. Aufl. Landsberg: Ecomed, 2016, S. 333–343 (Online verfügbar unter: www.dgaum.de/stellungnahmen-und-publikationen/ Stand: 19. 04. 2016).

    Autor

    Dr. phil. Thomas Nesseler

    Hauptgeschäftsführer DGAUM

    Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V.

    Schwanthaler Straße 73 b

    80336 München

    tnesseler@dgaum.de

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