Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Die DGAUM informiert

“Gesund arbeiten in Thüringen“

Erste Ergebnisse der Befragung von Arbeitgebern in Thüringen im Rahmen des Modellprojektes nach § 20g SGB V

Das Modellprojekt „Gesund arbeiten in Thüringen“ steht im Kontext von § 20 g SGB V (Präventionsgesetz) und wird im Rahmen einer Kooperation der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) e.V. mit der BARMER umgesetzt (vgl. ASU 3/2017 und ASU 6/2016). Ziel ist die Verbesserung der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) und des betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) in kleinen und mittelständischen Betrieben in ländlichen und strukturschwächeren Regionen. Die Schirmherrschaft über das Projekt hat Frau Heike Werner, Thüringer Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie übernommen. Das Projekt läuft seit April 2017 und ist auf 5 Jahre angelegt.

Inzwischen wurde die erste Phase des Modellprojektes mit der Erhebung des Status Quo der arbeitsmedizinischen Versorgung in Thüringen abgeschlossen. Hierauf aufbauend werden in den folgenden Jahren neuartige arbeitsmedizinische Präventionspfade und Versorgungskonzepte konzipiert, in Modellbetrieben implementiert und entsprechend evaluiert. Am Ende der Projektlaufzeit wird überprüft, inwiefern die Erkenntnisse aus dem Projekt auf andere Regionen in Deutschland übertragen werden können.

Die Erhebung des Status Quo setzt sich aus drei Teilen zusammen: Arbeitgeber-, Ärzte- und Sicherheitsfachkräfte-Befragung. Die Ergebnisse der Befragungen werden jeweils auf den DGAUM Verbandsseiten vorgestellt; den Start macht die Arbeitgeberbefragung.

Ziel der Befragung war die Ermittlung des aktuellen Stands des betrieblichen Gesundheitsmanagements in den Thüringer Betrieben.

Der Schwerpunkt der Befragung lag auf der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Daneben wurde u.a. der Kenntnisstand der Unternehmensleitungen sowie der Unterstützungsbedarf abgefragt. Der Fragebogen bestand überwiegend aus quantitativen Fragen sowie vereinzelt qualitativen Items. Die Befragung selbst war als Querschnittsstudie angelegt und wurde überwiegend online durchgeführt. Ergänzend wurden standardisierte Telefoninterviews geführt, um die Zielgruppe der Kleinst- und Kleinunternehmen besser zu erreichen.

Insgesamt haben sich 761 Thüringer Betriebe, darunter 622 Betriebe mit weniger als 50 Beschäftigten, an der Umfrage beteiligt. Damit ist es gelungen auch die Zielgruppe der Kleinst- sowie kleinen Betriebe gut zu erreichen ( Abb. 1).

Betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung

Rund 60% der Betriebe gaben an betriebsärztlich betreut zu sein. Der Betreuungsgrad steigt dabei mit der Unternehmensgröße. Waren es bei den Kleinstbetrieben mit weniger als 10 Beschäftigten nur rund 25%, die angaben betriebsärztlich betreut zu sein, waren es bei den Betrieben mit 10-49 Beschäftigten knapp 75% und bei den Betrieben mit 50-249 Beschäftigten 88%. Bei den Großbetrieben gab lediglich ein Betrieb an, aktuell nicht betriebsärztlich betreut zu sein ( Abb. 2).

Die überwiegende Mehrheit der Betriebe arbeitet dabei mit einem externen Betriebsarzt bzw. einem betriebsärztlichen Dienst zusammen. Auf die Frage, warum diese aktuell betriebsärztlich nicht betreut sind, gab die Mehrheit an, dass der Betrieb zu klein sei, dass es sich um einen Familienbetrieb handle oder dass lediglich geringfügig Beschäftigte angestellt seien. Viele Betriebe halten eine betriebsärztliche Betreuung für nicht notwendig bzw. sehen hierfür keinen Bedarf. Einige Betriebe gaben an, dass ihre Beschäftigten sehr gut über den jeweiligen Hausarzt versorgt seien. Andere wiederum gaben an, dass ihr Betriebsarzt in Ruhestand gegangen sei und es seitdem schwierig wäre, einen neuen Betriebsarzt zu finden bzw. dass die Betriebsärzte in der Region keine freien Ressourcen hätten.

Mit 517 Betrieben sind knapp 70% der Betriebe durch eine Fachkraft für Arbeitssicherheit betreut. Ähnlich wie bei den Betriebsärzten arbeitet die Mehrheit der Betriebe mit einer externen Fachkraft für Arbeitssicherheit bzw. einem überbetrieblichen Dienst zusammen. 16% der Betriebe gaben an, über die Berufsgenossenschaft sicherheitstechnisch versorgt zu sein. Nur knapp 15 % beschäftigen eine eigene Fachkraft für Arbeitssicherheit.

Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen

Insgesamt gaben 498 Unternehmen und damit 65% der befragten Betriebe an, Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen ( Abb. 3). Bei den Kleinstbetrieben waren es immerhin 44%. Beteiligt sind dabei üblicherweise die Geschäftsleitung, der für den jeweiligen Arbeitsbereich verantwortliche Mitarbeiter, die Fachkraft für Arbeitssicherheit und der Sicherheitsbeauftragte. Der Betriebsarzt hingegen ist nur bei wenigen Betrieben an der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung beteiligt.

Betriebliches Eingliederungsmanagement und betriebliche Gesundheitsförderung

Nur knapp 40% der befragten Betriebe gaben an, Ihren Beschäftigten ein betriebliches Eingliederungsmanagement anzubieten. 254 Befragte verneinten die Frage. 88 bzw. 116 Befragte konnten bzw. wollten dazu keine Angabe machen.

Angebote zur betrieblichen Gesundheitsförderung gibt es in 22% der befragten Unternehmen. In 540 Betrieben gibt es keine solchen Angebote. 16 bzw. 41 Befragte wussten dies nicht bzw. wollten hierzu keine Angabe machen.

Einem Großteil der befragten Unternehmen (ca. 70%) sind die Unterstützungsangebote seitens der Sozialversicherungsträger im Hinblick auf die Implementierung und Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements bzw. die verschiedenen Fördermöglichkeiten im Kontext der betrieblichen Gesundheitsförderung (z.B. steuerliche Förderung, Zuschüsse der Krankenkassen) nicht oder nur teilweise bekannt.

Kenntnisstand und Unterstützungsbedarf

Knapp 50% der Befragten gaben an, sich mittelmäßig oder schlechter über Themen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes informiert zu fühlen ( Abb. 4).

Unterstützungsbedarf sehen die befragten Unternehmen insbesondere bei den Themen arbeitsmedizinische Vorsorge, psychische Gesundheit und der Gefährdungsbeurteilung ( Abb. 5).

Schlussfolgerungen und Fazit

Die Ergebnisse der Arbeitgeberbefragung zeigen, dass die überwiegende Mehrheit der Thüringer Betriebe betriebsärztlich betreut ist. Die Ergebnisse deuten aber auch auf eine unzureichende Umsetzung des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes (Bestellung von Sicherheitsbeauftragten, Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen, Unterweisungen, Betriebsbegehungen, Mutterschutz, usw.) insbesondere in Kleinst-, kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie auf ein bestehendes Informations- bzw. Wissensdefizit seitens der Unternehmensleitungen hin. Lösungen zu finden, wie sich diese Defizite und Lücken schließen lassen, wird eine der wesentlichen Ziele im weiteren Verlauf des Modellvorhabens „Gesund arbeiten in Thüringen“ sein.

    Info

    Gemäß §§2, 5 ASiG bzw. §2 DGUV Vorschrift 2 ist der Arbeitgeber grundsätzlich dazu verpflichtet Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu bestellen. Der Betreuungsumfang richtet sich dabei u.a. nach der Betriebsart und der Zahl der Beschäftigten. Näheres regelt die DGUV Vorschrift 2.

    Bei der Interpretation der Versorgung muss aber auch die alternative bedarfs-orientierte Betreuung (= Unternehmermodell) berücksichtigt werden, die für Betriebe gilt, die die erforderlichen berufsgenossenschaftlichen Voraussetzungen nach DGUV Vorschrift 2, Anlage 3 erfüllen. Die Vorgaben sind je nach Berufsgenossenschaft im Regelfall von der Zahl der Beschäftigten und von der Branche abhängig (bis zu 30 Beschäftige oder bis zu 50 Beschäftigte).

    Info

    Gemäß §5 ArbSchG bzw. DGUV Vorschrift 2 sind Unternehmen, unabhängig von deren Größe, zur Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen verpflichtet. Die Beurteilung der Arbeitsbedingungen ist u.a. Grundlage für die Ableitung geeigneter Schutzmaßnahmen und damit von zentraler Bedeutung für ein systematisches und erfolgreiches Sicherheits- und Gesundheitsmanagement im Unternehmen.

    Info

    Seit 2004 sind Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet (§ 167 Abs. 2 SGB IX, ehemals §84 Abs. 2 SGB IX), Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres 6 Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten. Ziel des BEM ist, die Ursachen von längeren bzw. gehäuften Arbeitsunfähigkeitszeiten des Beschäftigten zu erkennen, durch gezielte Maßnahmen die Arbeitsunfähigkeit zu überwinden bzw. weiterer Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und das Arbeitsverhältnis dadurch zu erhalten.

    Info

    DGAUM Jahrestagung 2019 in Erfurt

    Die DGAUM wird in der Zeitschrift ASU kontinuierlich über den Fortgang dieses Projekts berichten. Auch bei den DGAUM Jahrestagungen wird das Modellvorhaben immer wieder vorgestellt werden. Die Themenschwerpunkte der Jahrestagung 2019 in Erfurt sind dabei besonders stark mit dem Projekt „Gesund arbeiten in Thüringen“ verbunden und schließen an die Ergebnisse des Projektes an:

    • Aus der Wissenschaft für die Praxis: Gesund arbeiten in Thüringen und Deutschland
    • Prävention und Gesundheitsförderung
    • Digitalisierung und Arbeitsmedizin

    Weitere Informationen zur DGAUM Jahrestagung 2019 finden Sie unter: www.dgaum.de/dgaum-jahrestagung/

    Jetzt weiterlesen und profitieren.

    + ASU E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
    + Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
    + Exklusive Webinare zum Vorzugspreis

    Premium Mitgliedschaft

    2 Monate kostenlos testen