Die Liste wurde an den Bundesminister für Arbeit und Soziales übergeben und dient als wesentliche Grundlage für Änderungen und Anpassungen gesetzlicher Regelungen im Arbeitsschutz. Sie ist damit ein relevanter Teil der wissenschaftlichen Politikberatung, die sich die DFG in ihrer Satzung zur Aufgabe gemacht hat. Die Liste enthält in diesem Jahr 68 Änderungen und Neuaufnahmen. Die digitale Fassung der MAK- und BAT-Werte-Liste steht in deutscher, englischer und spanischer Sprache im Open Access zur Verfügung. Damit trägt die Kommission auch auf internationaler Ebene zur Weiterentwicklung und zum aktiven Arbeitsschutz bei.
Ausweis für das internationale Engagement der MAK-Kommission ist auch die Mitarbeit der Kommissionsvorsitzenden Professorin Dr. Andrea Hartwig vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) im High Level Roundtable on the Chemicals Strategy for Sustainability der Europäischen Union. Dieser wurde im Rahmen des Europäischen Green Deals eingerichtet, der Europa bis 2050 zu einem klimaneutralen Kontinent machen soll. Mit weiteren Vertreterinnen und Vertretern aus der Wissenschaft wird Hartwig die EU in ihrer Strategie für die Chemikalienpolitik der kommenden Jahre beraten, um die Herstellung und Anwendung sicherer und nachhaltiger Chemikalien zu fördern. „Im Namen der Kommission setze ich mich dafür ein, dass wissenschaftlich unabhängig gewonnene Daten und Erkenntnisse auch bei den in der Politik aktuell diskutierten Fragen die zentrale Grundlage für die Risikobewertung von Chemikalien und für regulatorische Maßnahmen im Arbeitsschutz bleiben“, sagte Hartwig.
In der aktuellen Liste legte die Kommission einen neuen MAK-Wert für Vanadium und dessen anorganische Verbindungen fest. Vanadium wird überwiegend in der Stahlindustrie verwendet. Um das Ausmaß einer beruflichen Exposition gegenüber Vanadium erfassen zu können, wurde zudem ein Biologischer Arbeitsstoff-Referenzwert (BAR) abgeleitet. Darüber hinaus wurde der MAK-Wert für synthetische amorphe Kieselsäure geändert, die unter anderem in Lacken, Farben und Klebstoffen und als Füllstoff in der Gummiindustrie zur Anwendung kommt. Bislang war man davon ausgegangen, dass von amorphen Substanzen – also Feststoffen, deren molekulare Bestandteile nicht in Kristallgittern angeordnet sind – nur ein vergleichsweise geringes Gefährdungspotenzial ausgeht. Neue Studien haben nun aber bereits bei niedrigeren Konzentrationen nachteilige Wirkungen gezeigt.
Um eine hohe wissenschaftliche Qualität der Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe zu gewährleisten, befasst sich die Kommission regelmäßig auch mit neuen methodischen Ansätzen. So widmete sich die Kommission deutlich stärker als bisher sogenannten new approach methods. Mit diesen Ansätzen werden unter anderem datenbasierte beziehungsweise Simulationsansätze verfolgt, aber auch zellbasierte Hochdurchsatztestsysteme entwickelt, um dort, wo es machbar ist, tierexperimentelle Ansätze zu ersetzen. Wegen der sehr dynamischen Entwicklung und Komplexität der methodischen Ansätze ist eine systematische Befassung mit qualitätssichernden Prozessen und Grenzen der Anwendbarkeit unverzichtbar. Die zu diesem Themenfeld von der MAK-Kommission gewonnenen Ergebnisse liefern daher auch einen wichtigen wissenschaftsbasierten Beitrag zu den oben genannten europäischen Diskursen zur Risikobewertung, in deren Kontext methodische Ansätze eine zentrale Rolle spielen.
Die MAK- und BAT-Werte-Liste enthält neben den namensgebenden MAK-Werten (Maximale Arbeitsplatz-Konzentrationen) – den Stoffmengen, die als Gas, Dampf oder Aerosol in der Luft am Arbeitsplatz langfristig keinen Schaden verursachen – Angaben darüber, ob Arbeitsstoffe Krebs erzeugen, Keimzellen oder in der Schwangerschaft das werdende Kind schädigen, Haut oder Atemwege sensibilisieren oder in toxischen Mengen über die Haut aufgenommen werden können. Sie weist außerdem die Konzentrationen von Arbeitsstoffen im Körper aus, der ein Mensch sein Arbeitsleben lang ausgesetzt sein kann, ohne gesundheitlichen Schaden zu nehmen (Biologische Arbeitsstoff-Toleranz-Werte, BAT-Werte). In der Liste finden sich weiterhin Biologische Leit-Werte (BLW) sowie Arbeitsstoff-Referenzwerte (BAR). Aus den sogenannten Expositionsäquivalenten für krebserzeugende Arbeitsstoffe (EKA) kann entnommen werden, welche innere Belastung sich bei ausschließlicher Stoffaufnahme über die Atmung ergeben würde.
Zu allen überprüften Stoffen liegen jeweils ausführliche wissenschaftliche Begründungen vor. Die Vorschläge für Änderungen und Neuaufnahmen stehen bis zum 31. Dezember 2022 zur Diskussion. Bis dahin können dem Kommissionssekretariat neue Daten oder wissenschaftliche Kommentare vorgelegt werden.
Alle von der Kommission erarbeiteten Stoffbegründungen und Methodenbeschreibungen sowie die jährlich erscheinende MAK- und BAT-Werte-Liste sind in der MAK-Collection for Occupational Health and Safety auffindbar. Die Internetplattform wird von ZB MED, der zentralen Fachbibliothek für Medizin, Gesundheitswesen, Ernährungs-, Umwelt- und Agrarwissenschaften in Deutschland, betreut. Ziel ist es, neben den aktuellen Ergebnissen der wissenschaftlichen Arbeit der Kommission alle Veröffentlichungen im Open Access zugänglich zu machen und die Erkenntnisse für eine umfassendere Nachnutzung aufzubereiten.
Zur Liste mit allen Neuaufnahmen und Änderungen der MAK- und BAT-Werte-Liste 2022, zu den Open-Access-Publikationen der MAK Collection sowie zu weiteren Informationen über die Arbeit der Senatskommission unter: