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Qualitätssicherung in der Arbeitsmedizin

Das PDF dient ausschließlich dem persönlichen Gebrauch! - Weitergehende Rechte bitte anfragen unter: nutzungsrechte@asu-arbeitsmedizin.com.

Quality assurance in occupational medicine – a new model for self-evaluation up to the acquisition of an ­occupational health seal of approval in Austria

Based on the mandatory quality check for registered doctors in Austria, a questionnaire was developed in the “Quality assurance in occupational medicine” project, which is intended to serve as an instrument for a voluntary quality check for occupational medical care. The questionnaire defines the necessary structural and process requirements as well as standardized procedures for occupational health activities. In this way, occupational physicians and occupational health centers are provided with instructions for action, and the occupational health service becomes transparent for the “customers”. The tool is to be applied in a three-stage approach. The questionnaire will be available for download to all interested persons and is intended to contribute to a low-threshold improvement in quality by raising awareness. The second stage of the proof of quality is a self-evaluation officially confirmed by a certification authority. Finally, an audit can be used to obtain a seal of quality as the third level.

doi:10.17147/asu-1-399184

Qualitätssicherung in der Arbeitsmedizin – ein neues Modell zur Selbstevaluierung bis zum Erwerb eines ­arbeitsmedizinischen Gütesiegels in Österreich

Ausgehend von der in Österreich verpflichtenden Qualitätsüberprüfung für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte wurde im Projekt „Qualitätssicherung in der Arbeitsmedizin“ ein Fragebogen entwickelt, der als Instrument für eine freiwillige Qualitätsüberprüfung für die arbeitsmedizinische Betreuung dienen soll. Der Fragebogen definiert notwendige Struktur- und Prozess­voraussetzungen sowie standardisierte Vorgehensweisen für arbeitsmedizinische Handlungen. Auf diese Weise steht Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmedizinern sowie Arbeitsmedizinischen Zentren eine Handlungsanleitung zur Verfügung, und für die „Kundinnen und Kunden“ wird die arbeitsmedizinische Leistung transparent. Das Instrument soll in einem dreistufigen Ansatz zur Anwendung kommen. Der Fragebogen wird allen Interessierten zum Download zur Verfügung stehen und soll damit bereits niederschwellig durch Bewusstseinsbildung zu einer Qualitätsverbesserung beitragen. Die zweite Stufe des Qualitätsnachweises ist eine durch eine Zertifizierungsstelle offiziell bestätigte Selbstevaluation. Durch ein Audit kann schließlich ein Gütesiegel als dritte Stufe erworben werden.

Kernaussagen

  • Ziel des Projekts „Qualitätssicherung in der Arbeitsmedizin“ ist die Schaffung eines ver­stärkten Bewusstseins für die notwendige Qualität in der arbeitsmedizinischen Betreuung.
  • Projekt-Output ist eine allgemeingültige Leitlinie zur Darstellung von arbeitsmedizinischen Handlungen bzw. Prozessen und der erforderlichen Strukturqualität.
  • Das Instrument soll in einem dreistufigen Ansatz (Download – Selbstevaluierung – Audit) auf freiwilliger Basis zur Anwendung kommen.
  • Ausgangslage

    Die Österreichische Gesellschaft für Qualitätssicherung & Qualitätsmanagement in der Medizin GmbH (ÖQMED) wurde im Jahr 2004 aufgrund des gesetzlichen Auftrags zur Evaluierung der Arztpraxen gegründet. Ihre Aufgabe besteht darin, im Auftrag der Österreichischen Ärztekammer (ÖAK) die Qualitätsüberprüfung im Rahmen des Evaluationsprozesses von ärztlichen Praxen und Gruppenpraxen durchzuführen.

    Der Nachweis der Umsetzung der gesetzlich geforderten qualitätssichernden Maßnahmen für die Erbringung von Gesundheitsleistungen obliegt in Österreich den Einrichtungen, die diese Leistungen erbringen, wie Krankenanstalten, Arztpraxen oder Gruppenpraxen, aber auch anderen Einrichtungen wie Betrieben im Rahmen der arbeitsmedizinischen Versorgung, Rettungsorganisationen oder Schulen in deren jeweiligem Aufgabenbereich. Die Bestimmungen des Gesundheitsqualitätsgesetzes sehen vor, dass die Qualitätssicherung und Qualitätsüberprüfung der Gesundheitsdiensteanbieter im intra- und extramuralen Bereich systematisch zu erfolgen zu erfolgen hat.

    In den Arzt- und Gruppenpraxen trifft die Aufgabe Ärztinnen und Ärzte, die zur persönlichen Berufsausübung verpflichtet sind und in das Berufsregister, die Ärzteliste, eingetragen sein müssen und damit den Bestimmungen des Ärztegesetzes unterliegen. Dieses verlangt von allen Ärztinnen und Ärzten die Einhaltung von Qualitätsvorgaben und Qualitätsstandards. Unabhängig davon, in welchen Einrichtungen ärztliche Leistungen erbracht werden, und unabhängig davon, ob freiberuflich oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses, geben die Bestimmungen des § 49 Ärztegesetz grundlegende Qualitätsnormen vor. Diese bestehen in der Pflicht, jeden zur Beratung oder Behandlung übernommenen Gesunden wie Kranken gewissenhaft zu betreuen, am Stand der Wissenschaft und der Erfahrung tätig zu werden, der Fortbildungspflicht nachzukommen sowie unter Einhaltung der bestehenden Vorschriften und fachspezifischen Qualitätsstandards – insbesondere aufgrund des Gesundheitsqualitätsgesetzes – das Wohl der Kranken und den Schutz der Gesunden zu wahren. Berufsgesetzliche Pflichten wie Dokumentations-, Auskunftserteilung-, Verschwiegenheits- oder Anzeige- und Meldepflicht gelten ebenso für alle Ärztinnen und Ärzte.

    Die Ordinationsinhaberinnen und -inhaber müssen ihre Ordination (Praxis) nach fachspezifischen Qualitätsstandards betreiben, die Ordinationsstätten den hygienischen Anforderungen anpassen und sie richtig kennzeichnen. Sie sind verpflichtet, die Einhaltung der Qualitätsvorgaben durch regelmäßige Selbstevaluierung zu überprüfen und nachzuweisen. Zur Qualitätssicherung im Rahmen des Evaluierungsprozesses bedient sich die ÖAK der ÖQMED. Diese führt die Evaluierung jeder Arzt- oder Gruppenpraxis alle fünf Jahre durch. Die Kriterien der Evaluierung, das Evaluierungsverfahren, der Umgang mit erhobenen Mängeln bis zum Abschluss des Qualitätssicherungsverfahrens sind in einer Qualitätssicherungsverordnung (QS-VO 2024), die vom für das Gesundheitswesen zuständigen Minister erlassen wurde, geregelt.

    Die Grundlage zur Selbstevaluierung bildet ein Fragebogen, den die Praxisinhaberinnen und -inhaber von der ÖQMED in der Regel in elektronischer Form – unter Vorgabe einer Rücklauffrist – erhalten. Mit Beantwortung des ersten Fragenteils passt sich der Fragebogen automatisch der Struktur und dem Leistungsspektrum der jeweiligen Praxis an. Nach der Rücksendung des Frage­bogens an die ÖQMED erfolgt eine Plausibilitätsprüfung sowie die Aufforderung zur beziehungsweise die Unterstützung bei einer eventuell notwendigen Mängelbehebung. Nach Abschluss des Evaluierungsverfahrens setzt sich die Qualitätsüberprüfung mit einer zehnprozentigen Stichprobe aus den selbstevaluierten Praxen fort. Die Praxen aus den Stichproben werden sodann von Auditorinnen und Auditoren, sogenannten Peers, im Auftrag des Bundesinstituts für Qualität im Gesundheitswesen vor Ort überprüft.

    Bisher sind in Österreich rund 20 Fachärztinnen und -ärzte für Arbeitsmedizin der verpflichtenden Evaluierung ihrer Ordination nachgekommen. Arbeitsmedizinerinnen und -mediziner haben in der Regel – mit Ausnahme einiger weniger Fachärztinnen/-ärzte für Arbeitsmedizin mit Niederlassung – jedoch keine Ordinations und fallen daher nicht unter die Evaluierungsverpflichtung durch ÖQMED. Es bestand daher der Wunsch nach einem Instrument, das – auf freiwilliger Basis – zu einer Erhöhung der Qualität der arbeitsmedizinischen Versorgung und damit auch für eine Verbesserung der Akzeptanz der Arbeitsmedizin in Unternehmen beiträgt.

    Überlegungen zur Frage der Qualitätssicherung in der österreichischen Arbeitsmedizin existieren schon seit Jahrzehnten. Mehrere, seitens der Österreichischen Akademie für Arbeitsmedizin und Prävention (AAMP) und der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin (ÖGA) initiierte Qualitätssicherungskonzepte konnten bislang nicht breitenwirksam und nachhaltig in die Praxis übergeführt werden. Bei der Umsetzung des aktuellen Ansatzes schien es daher geboten, insbesondere die Niederschwelligkeit des Angebots und die Freiwilligkeit der Teilnahme als Rahmenbedingungen mitzudenken.

    Zur Diskussion und Ausarbeitung eines solchen Instruments gründete die AAMP im Jahr 2023 eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Fachärztinnen und -ärzten für Arbeitsmedizin, Vertreterinnen und Vertretern der ÖQMED, der Aufsichtsbehörde (Zentral-Arbeitsinspektorat am Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft) und des zuständigen Unfallversicherungsträgers (AUVA) sowie einem Experten für Qualitätssicherungssysteme und Audits.

    Zielsetzung und Strategie

    Ziel des Projekts „Qualitätssicherung in der Arbeitsmedizin“ ist, durch ein freiwilliges Instrument ein verstärktes Bewusstsein für die notwendige Qualität in der arbeitsmedizinischen Betreuung zu schaffen und eine standardisierte Qualitätssicherung auf einen Personenkreis auszudehnen, der bisher nicht erfasst wurde. Das Instrument soll die Rahmenbedingungen für die im arbeitsmedizinischen Bereich erforderlichen Strukturen und Prozesse abstecken, den Arbeitsmedizinerinnen und -medizinern eine Handlungsanleitung an die Hand geben und für die „Kundinnen und Kunden“ der Arbeitsmedizin (Arbeitgeber und Beschäftigte) transparent darstellen, was sie von der arbeitsmedizinischen Betreuung erwarten können.

    Der gesetzliche Auftrag an die arbeitsmedizinische Betreuung besteht darin, das Unternehmen zu beraten. Die allgemeine Aussage „Qualität ist dann gegeben, wenn eine Dienstleistung die für das entsprechende Umfeld spezifizierten Vereinbarungen erfüllt“ führt im arbeitsmedizinischen Zusammenhang zu einer möglichen Beschränkung auf sehr niedrig angesetzte Anforderungen seitens des Unternehmens und ist daher wenig zielführend. Es sollte vielmehr ein Orien­tierungskatalog entstehen, der beschreibt, was unter „guter Qualität“ in der arbeitsmedizinischen Betreuung zu verstehen ist.

    Der Erfolg arbeitsmedizinischer Maßnahmen wird durch zahlreiche externe Faktoren beeinflusst, auf die oft nur begrenzt eingewirkt werden kann. Daher ist eine direkte Verantwortlichkeit für die Ergebnisse häufig eingeschränkt. Darauf muss ein Instrument zur Selbstevaluierung Rücksicht nehmen. In erster Linie muss die Herangehensweise beziehungsweise das Bemühen der Arbeitsmedizinerinnen und -mediziner inklusive ihrer Hinweispflicht und weniger die konkrete Umsetzung, für die gemäß ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) der Arbeitgeber verantwortlich ist, im Fokus der Fragestellungen stehen. Die Expertengruppe verständigte sich daher darauf, arbeitsmedizinische Prozesse unabhängig von deren Ergebnissen, die nicht in der alleinigen Einflusssphäre der Arbeitsmedizinerinnen und -mediziner liegen, zu betrachten. Die Person der Arbeitsmedizinerin oder des Arbeitsmediziners und ihr Handeln, nicht der Betrieb sollen durch die Evaluation hinterfragt werden. Das Gütesiegel nach bestandenem Audit erhält die Arbeitsmedizinerin oder der Arbeitsmediziner, nicht ein betreutes Unternehmen. Zusätzlich sollen auch Arbeitsmedizinische Zentren (AMZ) ein Gütesiegel erhalten können.

    Die Abstellung auf die Person findet im Fragebogen insofern Niederschlag, als negativen Antworten zu strukturellen Rahmenvoraussetzungen, die durch das Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, jeweils eine Zusatzfrage nachfolgt, die sich nach dem nachweislichen Einsatz der Arbeitsmedizinerin oder des Arbeitsmediziners zu dieser Strukturvorgabe erkundigt.

    Die Abbildung der Qualität des arbeitsmedizinischen Handelns beziehungsweise der arbeitsmedizinischen Versorgung in den Qualitätsmanagementsystemen der Unternehmen besteht derzeit nur in einem höchst eingeschränkten Ausmaß. Nicht zuletzt die Unzufriedenheit mit dieser unzureichenden Berücksichtigung liegt dem konkreten Projekt, eine Evaluierung zu installieren, zugrunde. Es wurde beschlossen, die arbeitsmedizinische Qualitätssicherung nicht in eines der existierenden Sicherheits- und Gesundheitsmanagementsysteme (SGMS) zu integrieren, sondern ein von SGMS unabhängiges, eigenständiges System zur Sicherstellung der Qualität der arbeitsmedizinischen Betreuung zu entwickeln.

    Projekt-Output ist eine allgemeingültige Empfehlung („Standard/Leitlinie“) an Arbeitsmedizinerinnen und -mediziner (nicht an Unternehmen) zur Darstellung von

  • Handlungen beziehungsweise Prozessen und
  • erforderlicher Strukturqualität.
  • Ebenen von „Qualität“

    Die verpflichtende Evaluierung für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte fokussiert auf die für Ordinationen erforderliche Strukturqualität. Der Beratungscharakter der arbeitsmedizinischen Interventionen in Betrieben hat zur Folge, dass sich arbeitsmedizinisches Handeln im Regelfall weniger in Ordinationen oder ordinationsähnlichen Räumlichkeiten, sondern vorrangig im betrieblichen Umfeld abspielt. Strukturelle Rahmenbedingungen sind daher für eine qualitativ hochwertige Arbeitsmedizin nicht allein ausschlaggebend, sondern vielmehr das prozessuale Vorgehen, das Agieren und Interagieren.

    Ein Qualitätssicherungsinstrument in der Arbeitsmedizin muss daher im Wesentlichen auf die Tätigkeit ausgerichtet sein und muss berücksichtigen, ob Arbeitsmedizinerinnen/
    -mediziner für ihr konkretes Tun eine adäquate Vorsorge treffen, unabhängig von den vorherrschenden räumlichen Bedingungen.

    Die Prozessqualität ist daher die im Rahmen des Projekts priorisierte Ebene. Als Grundlage für die Identifikation einzelner Prozesse wurden die im AschG beschriebenen arbeitsmedizinischen Aufgaben herangezogen. Diese Aufgaben gemäß AschG decken zwar die Minimalanforderungen an die Arbeitsmedizin ab, es können jedoch auch weitere arbeitsmedizinische Leistungen außerhalb der gesetzlichen Präventionszeiten erbracht werden. Daher werden neben der taxativen Auflistung der in die Präventionszeit einrechenbaren Tätigkeiten auch weitere, von der Präventionszeit unabhängige Tätigkeiten nachgefragt und der arbeitsmedizinische Handlungsprozess1 als weitere Quelle für die Identifikation und Strukturierung relevanter Prozesse herangezogen.

    Für die Berücksichtigung der strukturellen Gegebenheiten wurde der für arbeitsmedizinische Ordinationen vorgegebene, vorrangig auf Strukturen ausgerichtete Fragenkatalog der ÖQMED an die Bedürfnisse einer arbeitsmedizinischen Betreuung angepasst und mittels eines an unterschiedliche Leistungsumfänge adaptierten Entscheidungsbaums spezifiziert. Diesem liegen als strukturgebende Basis unterschiedliche Tätigkeiten zugrunde.

    Im Unterschied zum ÖQMED-Ordinations-Fragebogen werden die zu beratenden Personen als „Klienten“ (nicht: „Patienten“) bezeichnet. Statt des Begriffs „Ordination“ werden „räumliches Umfeld“, „räumliche Umgebungsbedingungen“ u. Ä. verwendet.

    In der Expertengruppe wurde unter anderem auch darüber diskutiert, inwieweit Persönlichkeitsfaktoren, wie die Art der Kommunikation oder das Auftreten, mitberücksichtigt werden sollen. Auch wenn solche den Erfolg arbeitsmedizinischen Handelns mitverantworten und eine darauf Bezug nehmende Selbstreflexion wünschenswert wäre, wurde davon Abstand genommen, da dies eine zwar wichtige, jedoch sehr sensible, schwer abbildbare Thematik ist. Vielmehr wurden einige Fragen zur Ergebnisqualität aufgenommen. Da die Ergebnisse der arbeitsmedizinischen Tätigkeit, wie erwähnt, nicht in der alleinigen Verantwortung liegen, konzentriert sich der entsprechende Teil des Fragebogens auf das Abfragen von Feedbackschleifen.

    Der Fragebogen – Struktur und Inhalte

    Der Fragebogen zur Selbstevaluierung ist in folgende Bereiche untergliedert:

  • A) Strukturqualität
  • B) Prozessqualität
  • C) Ergebnisqualität
  • Der Fragebogen wurde so gestaltet, dass neben Arbeitsmedizinerinnen und -medizinern in ihren vielfältig differenzierten Arbeitsumfeldern auch AMZ abgebildet werden können. Eine Unterscheidung zwischen Fach- und Diplomärztinnen und -ärzten wird nicht vorgenommen, da dies für die arbeitsmedizinische Betreuung, auf die dieses Projekt fokussiert, in Österreich nicht von Relevanz ist.

    Für die Abstimmung der Selbstevaluation auf die konkrete Arbeitssituation wurde ein Entscheidungsbaum definiert, der zwischen drei Kategorien differenziert:

  • Arbeitsmedizinerin/-mediziner oder AMZ mit vorwiegend gesprächsbasierten Tätigkeiten ohne körperliche Diagnostik,
  • Arbeitsmedizinerin/-mediziner oder AMZ mit diagnostischen Tätigkeiten ohne invasive Tätigkeiten,
  • Arbeitsmedizinerin/-mediziner oder AMZ mit invasiven Tätigkeiten (z. B. Blutabnahme, Impfungen etc.).
  • Abhängig von der Auswahl wird eine an die Fragen zur Strukturqualität des ÖQMED-Fragebogens für Ordinationsinhaberinnen und -inhaber angelehnte und auf das jeweilige arbeitsmedizinische Leistungsspektrum abgestimmte Fragenauswahl zu den strukturellen Rahmenbedingungen generiert. Hinsichtlich der instrumentellen Ausstattung wurde die im Fragebogen der ÖQMED enthaltene Auswahlliste (bzw. die in der AMZ-Verordnung genannte Ausstattung) um weitere fachspezifische Instrumente erweitert.

    Die arbeitsmedizinische Tätigkeit ist im Wesentlichen vom arbeitsmedizinischen Handlungsprozess geprägt, der gemeinsam mit dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG, §§ 81 und 82) als Basis für die Formulierung von Fragen zur Prozessqualität herangezogen wurde. Der Evaluierungsbogen wurde schließlich noch um wenige Fragen zur Ergebnisqualität erweitert.

    Insgesamt besteht der Fragebogen aus ca. 200 Fragenitems. Für eine Übersicht über die Struktur siehe Kasten rechts.

    Da die für die Ausführung der Handlung erforderlichen Kenntnisse im Bereich der Strukturqualität angesiedelt sind, werden auch arbeitsmedizinische Fortbildungen im Rahmen der Strukturfragen erfasst. Für das Fortbildungsdiplom der ÖAK ist der Nachweis von mindestens 250 Diplom-Fortbildungspunkten im Durchrechnungszeitraum von fünf Jahren erforderlich. Es wird dabei jedoch keine Differenzierung nach ausgeübten Tätigkeiten gefordert. Das bedeutet, dass z. B. ein Facharzt für Innere Medizin oder eine Allgemeinmedizinerin, die auch eine arbeitsmedizinische Tätigkeit ausübt, 250 Punkte im Fach Innere Medizin/Allgemeinmedizin erbringen kann, aber keine Punkte aus dem Fach Arbeitsmedizin nachweisen muss. Die Absolvierung arbeitsmedizinischer Fortbildung in dem prozentuellen Ausmaß, das dem Verhältnis von arbeitsmedizinischer zu gesamter medizinischer Tätigkeit entspricht, wurde als qualitätssichernde Maßnahme in das Projektdesign integriert.

    Umsetzung

    Das Qualitätssicherungsinstrument soll als dreistufiges Verfahren ausgerollt werden:

  • kostenloser Download des Fragebogens: soll zur Bewusstseinsbildung führen und damit niederschwellig zur Qualitätsverbesserung beitragen.
  • Selbstevaluation auf Basis des Fragebogens mit anschließender Bestätigung durch eine Zertifizierungsstelle.
  • Audit als kollegiales Fachgespräch – bei erfolgreicher Absolvierung des Audits wird ein Gütesiegel verliehen.
  • Falls ein AMZ einen Qualitätsnachweis erbringen möchte, soll die Evaluierung sinnvollerweise auf die Überprüfung der ärztlichen Leitung und einer Stichprobe der angestellten Ärztinnen und Ärzte eingeschränkt werden (z. B. im Umfang von √x, x = Anzahl der beschäftigten Arbeitsmedizinerinnen und -mediziner).

    Der kritischen Frage, was Arbeitsmedizinerinnen und -mediziner bewegen sollte, sich freiwillig der Selbstevaluierung zu unterziehen, kann entgegengehalten werden, dass aufgrund des Ärztegesetzes prinzipiell für jede Ärztin und jeden Arzt, nicht nur für Ordinationsinhaber, die Verpflichtung zu einer Evaluierung gegeben ist.

    Für die Durchführung wird eine Organisationsstruktur benötigt, die in der Lage ist, die Verwaltung langfristig und nachhaltig zu gewährleisten. Der ursprüngliche Gedanke, dass die AAMP als Initiatorin des Qualitätssicherungstools oder die ÖGA als Fachgesellschaft die Verleihung des Gütesiegels übernimmt, wurde fallengelassen. Die ÖGA verfügt nicht über die notwendigen personellen Ressourcen und beiden fehlt es an Erfahrung in der Abwicklung solcher Evaluierungen. Außerdem wäre die AAMP, die nicht als einzige Akademie in Österreich Arbeitsmedizinerinnen und -mediziner ausbildet, möglicherweise dem Vorwurf der Parteilichkeit bei der Überprüfung der Ergebnisse der Selbstevaluierung ausgesetzt. Auf der anderen Seite existiert mit ÖQMED eine neutrale, kompetente Stelle mit langjähriger Erfahrung. Der Fragebogen zur Selbstevaluierung wird daher auf einem Server der ÖQMED gehostet.

    Als Kontrollmechanismus für die Selbstevaluierungen könnten jährliche Stichproben durchgeführt werden, die für die Teilnehmende ein kostenfreies Audit zur Folge haben. Eine alternative Kon­trollmöglichkeit besteht in der Einbindung einer EDV-gestützten Plausibilitätsüberprüfung.

    Die für die Ausstellung des Gütesiegels benötigten Auditorinnen und Auditoren müssen über ausreichend Praxiserfahrung verfügen und hinsichtlich einer einheitlichen Vorgehensweise geschult und auf die Audits vorbereitet werden.

    Die Ausstellung von Bestätigungen über eine Selbstevaluierung sowie des Gütesiegels werden für die Antragstellenden mit Kosten verbunden sein. Denn anders als bei der verpflichteten Qualitätsarbeit im niedergelassenen Bereich, die durch die Ärztekammerbeiträge, die alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte speziell dafür entrichten, abgedeckt ist, sind bei der geplanten freiwilligen Qualitätssicherung Aufwendungen für Einrichtung und Verwaltung sowie Beratung direkt von der Arbeitsmedizinerin/dem
    Arbeitsmediziner oder vom Arbeitsmedizinischen Zentrum, eventuell auch von einem Unternehmen, zu tragen.

    Es wird diverser Kommunikationskanäle bedürfen, um innerhalb der arbeitsmedizinischen Community auf die Existenz dieses neuen Qualitätssicherungstools aufmerksam zu machen und seine Sinnhaftigkeit beziehungsweise seinen Wert aufzuzeigen. Dies wird über mehrere Kanäle erfolgen:

  • Vortrag im Rahmen der ÖGA-Jahres­tagung im September 2024,
  • Newsletter der AAMP und der ÖGA,
  • Referentinnen und Referenten der Landes-Ärztekammern als Multiplikatoren,
  • Publikation in ASU.
  • Die Einführung des Qualitätssicherungstools wird für 2025 angestrebt. Die Gültigkeit der Selbstevaluierung wird mit fünf Jahren angesetzt. Die Nachfrage und Akzeptanz des Tools innerhalb der arbeitsmedizinischen Ärzteschaft lässt sich durch das Monitoring der Zugriffe und eine Gegenüberstellung von Zugriffen, ausgestellten Bestätigungen und durchgeführten Audits sowie ausgestellten Gütesiegeln abbilden. Angedacht ist zudem eine mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) konforme, mit Zustimmung der Betroffenen getätigte Veröffentlichung einer Liste der Personen mit einer positiv abgeschlossenen Selbstevaluierung beziehungsweise eines Gütesiegels auf der ÖGA-Website.

    Interessenkonflikt: Die Autoren geben an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

    Übersicht

    Fragebogen zur Selbstevaluierung – Strukturübersicht

    A) Strukturqualität:

  • Grundsätze guter ärztlicher ­Rahmenbedingungen
  • Ausstattung
  • Brandschutz
  • Hygiene
  • Notfallversorgung
  • Klientenhistorie und Dokumentation
  • Befundverwaltung
  • Klientenkommunikation
  • Terminmanagement
  • Datenschutz
  • Fortbildung
  • Personaleinsatz
  • Untersuchungsräume
  • Arzneimittel- und Verbrauchsmaterialmanagement
  • Unerwünschte Ereignisse/Klientensicherheit
  • Medizinproduktemanagement
  • B) Prozessqualität

  • Informationsbeschaffung, Kooperation, Kommunikation, Planung
  • Beratung der Beschäftigten und der ­Arbeitgeber
  • Orientierende Arbeitsplatzbegehung
  • Durchführung von Messungen
  • Mitwirkung bei der Gefährdungsbeurteilung
  • Durchführung von Untersuchungen
  • Mitwirkung bei der Unterweisung
  • Dokumentation
  • C) Ergebnisqualität

    Koautoren

    DDr. med. univ. Karl Hochgatterer, M.Sc.
    Österreichische Akademie für Arbeitsmedizin und Prävention (AAMP), Clemens Holzmeister Straße 6, 1100 Wien

    DDr. med. univ. Artur Wechselberger, MBA, M.Sc.
    Österreichische Gesellschaft für Qualitätssicherung & Qualitätsmanagement in der Medizin GmbH (ÖQMED), Walcherstraße 11/33, 1020 Wien

    Kontakt

    Dr. phil. Stefan Koth
    Österreichische Akademie für Arbeitsmedizin und Prävention (AAMP); Clemens Holzmeister Straße 6; 1100 Wien

    Foto: Georg Wilke

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