Gutes Sehen ist für gute Arbeit notwendig. Etwa 30–40 % der Beschäftigten verfügen über ein nicht ausreichendes oder nicht ausreichend korrigiertes Sehvermögen (BAuA-Quartbroschüre „Gutes Sehen im Büro“, s. „Weitere Infos“). Bildschirmarbeitsplätze befinden sich überwiegend im Bürobereich, inzwischen oft auch im Homeoffice. Jedoch ist gutes Sehen auch an Produktionsarbeitsplätzen, zum Beispiel in der Feinmechanik und in der Qualitätskontrolle, notwendig. Inzwischen ist fast jede Maschine mit einem Bildschirm zur Informationsein- und -ausgabe ausgestattet. Selbst im Heim- und Privatbereich gibt es kaum noch neue Maschinen, ob Stereoanlage, Kaffeevollautomat, Waschmaschine oder Backofen, die ohne Menüsteuerung mittels eines Displays auskommen. Gutes Sehen ist also wichtig und mit der arbeitsmedizinischen Vorsorge nach dem DGUV-Grundsatz G 37 (s. „Weitere Infos“) können viele Probleme frühzeitig erkannt und beseitigt werden.
Neben der Kurz- und Weitsichtigkeit muss zukünftig auch verstärkt die Alterssichtigkeit in den Blick genommen werden. Die Akkommodationsfähigkeit des Auges nimmt im Laufe des Lebens kontinuierlich ab. Die Linse ist dann nicht mehr elastisch und folglich können Objekte nur noch in einem größeren Abstand scharf gesehen werden. Dieser Abstand liegt jedoch oft über dem Betrachtungsabstand von Displays und Bildschirmen, weshalb ein sicheres Ablesen und eine qualitativ hochwertige Arbeit nicht mehr gegeben sind. Damit an vielen Arbeitsplätzen Arbeit erst möglich wird, muss eine geeignete Beleuchtung installiert sein, die gutes Sehen ermöglicht.
Beleuchtung
Die Beleuchtung von Arbeitsplätzen und Arbeitsstätten hat sicherheitstechnische und ergonomische Aspekte. Neben der notwendigen Beleuchtung für qualitativ hochwertiges Arbeiten, der Orientierung in dunklen Gängen usw. spielen zunehmend die Aspekte zur Schaffung einer Lichtatmosphäre für Wohlbefinden und Leistungsförderung eine Rolle.
Zur Gestaltung von Licht und Beleuchtung werden in der Arbeitsumwelt lichttechnische Grundgrößen herangezogen (➥ Abb. 1).
Die Mindestbeleuchtungsstärke (Mindestwert der Beleuchtungsstärke) ist nach der Technischen Regel für Arbeitsstätten (ASR) A3.4 „Beleuchtung“ (s. „Weitere Infos“) der Wert, unter den die mittlere Beleuchtungsstärke auf einer bestimmten Fläche nicht sinken darf. Der Rückgang der Beleuchtungsstärke durch Alterung und Verschmutzung von Lampen, Leuchten sowie der Wände und Decken im Raum wird mit dem Wartungsfaktor berücksichtigt. Die in DIN-EN-Normen angegebenen Werte der Beleuchtungsstärke sind Wartungswerte (alt: Neuwert = Nennbeleuchtungsstärke x 1,25), was mit dem in der ASR A3.4 eingeführten Mindestwert der Beleuchtungsstärke identisch ist. Mit dem Mindestwert der Beleuchtungsstärke werden grundsätzliche Anforderungen an Arbeitsstätten festgelegt.
Die Leuchtdichteverteilung beschreibt das Verhältnis unterschiedlicher Helligkeiten in verschiedenen Bereichen am Arbeitsplatz. Hierbei gilt es, zu hohe Leuchtdichte-Unterschiede zu vermeiden, da sonst Adaptationsprozesse zur Ermüdung der Augen führen können. Zu geringe Unterschiede hingegen erzeugen Langeweile, da zu wenige Anregungen die menschliche Wahrnehmung „unterfordern“.
Die Blendung beschreibt störende Effekte durch direktes oder reflektiertes Licht. Direktblendung entsteht durch nicht abgeschirmte Lampen, was zu Adaptationsstörungen führen kann. Reflexblendung entsteht durch Reflexion von Lichtquellen mit hoher Leuchtdichte auf Oberflächen, die das Licht gerichtet oder gestreut reflektieren.
Lichtrichtung und Schattigkeit bezeichnen die Ausgewogenheit zwischen diffuser und gerichteter Beleuchtung. Hierbei muss ein Kompromiss zwischen diffuser Beleuchtung, bei der Objekte schwerer erkennbar sind, und direkter Beleuchtung, bei der starke Schlagschatten entstehen, gefunden werden. In ➥ Tabelle 1 werden unterschiedliche Beleuchtungskonzepte miteinander verglichen.
Lichtfarbe und Farbwiedergabe sind weitere Gütemerkmale der Beleuchtung. Die Lichtfarbe ist der Eindruck des von einer Lichtquelle ausgesendeten Lichts. Diese wird durch den Farbwiedergabeindex RA erfasst. Anforderungen an den Mindestwert des Farbwiedergabeindexes in Arbeitsstätten sind ebenfalls in der ASR A3.4 „Beleuchtung“ enthalten.
Eine weitere Größe, die als Gütemerkmal der Beleuchtung herangezogen werden kann, ist der Tageslichtquotient D, der das Verhältnis der Beleuchtungsstärke am Messort zur Beleuchtungsstärke im Freien wiedergibt. Über diesen kann eine Aussage zum Tageslichtanteil getroffen werden. Für Arbeitsstätten wird ausreichendes Tageslicht durch einen Tageslichtquotienten D > 2 % gefordert (vgl. ASR A3.4).
Um die Beleuchtung in reale, technische Lösungen zu übersetzen, müssen Leuchten und Leuchtmittel (Lampen) ausgewählt werden. Als Leuchte wird dabei der gesamte Beleuchtungskörper inklusive aller für Befestigung, Betrieb und Schutz der Lampe notwendigen Komponenten verstanden. Die Leuchte schützt die Lampe, verteilt und lenkt deren Licht und verhindert, dass es blendet. Beispiele für Leuchten sind Schreibtischleuchten für Arbeitsplätze, Wannen-, Pendel- und Reflektorleuchten für Räume oder Industrieleuchten für Fabrikhallen.
Sichtbedingungen
Ausschlaggebende Größen für die Sichtbedingungen sind:
Sehachse
Die Sehachse ist die Verbindungslinie zwischen einem fixierten Objekt und dem Mittelpunkt der Netzhautgrube; sie verläuft näherungsweise mit der Blicklinie (Verbindung fixiertes Objekt – mechanischer Augendrehpunkt). Sie ist körperhaltungsabhängig und ergibt sich aus der Auslenkung des Kopfes und der Augen gegenüber der Waagerechten.
Die in ➥ Abb. 2 angegebenen Werte für die Normallage der Sehachse im Stehen und im Sitzen sind durch die entspannte Kopf- und Augenhaltung festgelegt:
Die Blicklinie soll nach Möglichkeit senkrecht auf die Betrachtungsebene treffen, um unbequeme Ausgleichhaltungen des Nutzers zu unterbinden.
Sehentfernung
Akkommodation ist die Fähigkeit des Auges, sich auf unterschiedliche Sehentfernungen einzustellen. Die Akkommodationskraft lässt mit dem Alter nach. Zwanzigjährige verfügen etwa über eine Akkommodationskraft von 10 Dioptrien, was aussagt, dass sie bis auf eine Nähe von 0,1 m scharf sehen können (1/0,1m = 10 Dioptrien). Im Gegensatz dazu beträgt die Akkommodationskraft für Fünfzigjährige lediglich noch etwa 2 Dioptrien. Der Nahpunkt liegt dementsprechend schon bei 0,5 m. Mit dieser zunehmenden Altersweitsichtigkeit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass eine Bildschirmarbeitsbrille notwendig wird. Gegenüber einer Lesebrille wird bei dieser der Sehabstand zur Bildschirmoberfläche herangezogen und der auskorrigierte Bereich ist größer. Hinweise dazu finden sich in der BAuA-Broschüre „Gutes Sehen im Büro: Brille und Bildschirm – perfekt aufeinander abgestimmt“ (s. „Weitere Infos“).
Sehbereiche
Das Gesichtsfeld ist der visuelle Wahrnehmungsbereich bei unbewegtem Kopf und unbewegten Augen.
In Abhängigkeit davon, ob Augen und/oder Kopf bewegt werden, ergeben sich verschiedene Sehbereiche für den Menschen. Es wird zwischen folgenden drei grundsätzlichen Bereichen unterschieden:
Bei allen Bereichen muss zwischen monokularem und binokularem Sehen unterschieden werden. Die im Folgenden angegebenen Werte beziehen sich auf das binokulare Sehen.
Der Raum, in dem scharf gesehen werden kann, ist im Vergleich zu dem gesamten Gesichtsfeld relativ klein und bildet einen Kegel von ca. 1° Sehwinkel (➥ Abb. 3). Bei Bildschirmarbeit und einer Sehentfernung von 60 cm ist dies ein Kreis mit ca. 2,1 cm
Durchmesser. Liegen Sehobjekte außerhalb dieses Bereichs, wird die Sehlinie neu ausgerichtet, weshalb beispielsweise beim Lesen eines Textes das Auge in sogenannten Sakkaden von einem Fixpunkt zum nächsten springt. Ist nun zum Beispiel der Bildschirm ungünstig angeordnet, sind Kopfhaltungen außerhalb der physiologisch günstigen Position erforderlich. Dieses führt oft zu muskulären Beschwerden im Bereich des Nackens.
Außerhalb dieses genannten kleinen Bereichs werden nur noch starke Kontraste und Bewegungen der Sehobjekte wahrgenommen. Es ist zu beachten, dass die maximale Ausdehnung des Gesichtsfelds interindividuell verschieden ist. Im Gesichtsfeld sind Sehobjekte anzuordnen, die gleichzeitig überwacht werden müssen.
Im Gegensatz zum Gesichtsfeld, das über den Wahrnehmungsbereich definiert wird, ist für das Blickfeld der Sehbereich ausschlaggebend, der vom Menschen fixiert werden kann. Im Blickfeld können bei ruhendem Kopf und bewegten Augen die Sehobjekte nacheinander fixiert werden.
Das um Kopfbewegungen erweiterte Blickfeld bezeichnet man als Umblickfeld. Das Umblickfeld ist der bei ruhendem Körperrumpf, bewegtem Kopf und bewegten Augen fixierbare Raumsektor des Sehraums. In diesem Bereich sind Objekte anzuordnen, die in häufigem Wechsel nacheinander anzublicken sind.
Fazit
Auch im Homeoffice muss eine gute ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, eine den Arbeitsaufgaben angepasste Beleuchtung sowie ein gutes beziehungsweise optimal korrigiertes Sehvermögen vorhanden sein.
Interessenkonflikt: Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.
doi:10.17147/asu-1-198099
Weitere Infos
BAuA: Gutes Sehen im Büro: Brille und Bildschirm – perfekt aufeinander abgestimmt
https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Praxis/A93.html
DGUV Grundsatz für arbeitsmedizinische Untersuchungen „Bildschirmarbeitsplätze“ G 37
https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/543
ASR A3.4 Beleuchtung
https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regel…
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