Mit der Neufassung des § 9 Abs. 4 Sozialgesetzbuch (SGB) VII werden die Unfallversicherungsträger unter anderem ausdrücklich zu einer umfassenden Aufklärung und Beratung zu den mit der weiteren Ausübung der bisherigen Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen verpflichtet. Dem steht die Pflicht der versicherten Person nach Anerkennung einer Berufskrankheit gegenüber, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken.
Betriebsärztinnen und -ärzte können hierbei insbesondere durch die Kenntnisse der betrieblichen Situation eine wichtige Hilfe sein. Sie wirken darauf hin, dass alle erforderlichen arbeitsplatz- oder personenbezogenen Maßnahmen getroffen werden.
Bereits 2012 wurde im Zuge der Überarbeitung der „Empfehlung der Spitzenverbände der Unfallversicherungsträger, des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW) und der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) über die Zusammenarbeit mit den Betriebsärztinnen und -ärzten in Verfahren zur Feststellung einer Berufskrankheit einschließlich von Maßnahmen nach § 3 Berufskrankheiten-Verordnung (BKV)“ eine stärkere Einbindung der Betriebsärztinnen und -ärzte in individualpräventive Maßnahmen der Verhältnisprävention vorbereitet.
Aus Anlass der oben genannten Rechtsänderungen haben die DGAUM, der Verband für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit (VDSI), der VDBW und der Berufsverband selbstständiger Arbeitsmediziner und freiberuflicher Betriebsärzte (BsAfB) im Jahr 2020 vorgeschlagen, die Zusammenarbeit zwischen den Unfallversicherungsträgern und den Betriebsärztinnen und -ärzten bei allen individualpräventiven Maßnahmen weiter zu intensivieren.
Ziel muss es sein, die Unternehmen optimal zu unterstützen, betroffene Personen bestmöglich zu begleiten und so auch Prävention und Gesundheitsschutz im Betrieb weiterzuentwickeln. Dazu ist es erforderlich, Betriebsärztinnen und-ärzte verstärkt in den Prozess einzubinden.
Zu arbeitsbedingten Hautkrankheiten der BK-Nr. 5101 gibt es zwischenzeitlich erste Lösungsansätze, die nunmehr erprobt werden sollen. Gemeinsam mit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) wurde der „Betriebsärztliche Gefährdungsbericht Haut“ (F6060-5101) aktualisiert und darüber hinaus um eine weitere Nutzungsmöglichkeit ergänzt:
Empfehlungen für die betriebsmedizinische Praxis zum Einsatz
des betriebsärztlichen Gefährdungsberichts Haut – F6060
1. Meldung einer arbeitsbedingten Hautkrankheit an die UV-Träger
Eine betriebsärztliche Meldung mit dem F6060 sollte immer dann erfolgen, wenn aufgrund behandlungsbedürftiger Hauterscheinungen die Vorstellung in der Dermatologie empfohlen wird beziehungsweise eine entsprechende Überweisung erfolgt. UV-Träger können dann die Steuerung des weiteren Heilverfahrens übernehmen und die erforderliche hautärztliche Untersuchung gegebenenfalls selbst veranlassen.
Darüber hinaus kann eine Meldung erfolgen, wenn die eingeleiteten betrieblichen Präventionsmaßnahmen nach betriebsmedizinischer Erfahrung nicht zur Abheilung führen und weitere Maßnahmen der UV-Träger hilfreich sein könnten. Hierzu zählen zum Beispiel branchenspezifische Hautschutzsprechstunden oder Hautschutzseminare.
2. Dokumentation der Aufklärung und Beratung am Arbeitsplatz im Auftrag eines UV-Trägers
Bei arbeitsbedingten Hauterscheinungen kann eine frühe Intervention das Entstehen einer schweren Hautkrankheit verhindern. Eine entsprechende Aufklärung und Beratung sollte aus Sicht der UV-Träger bereits bei ersten Symptomen erfolgen und wäre spätestens nach Anerkennung einer BK-Nr. 5101 durch die neue Regelung des § 9 Abs. 4 SGB VII für die UV-Träger gesetzlich verpflichtend.
Bei der Umsetzung des gesetzlichen Auftrags können Betriebsärztinnen und -ärzte als „Experten vor Ort“ in vielen Fällen eine große Hilfe sein, sowohl vor als auch nach Anerkennung einer Berufskrankheit. Erfolgt eine Beauftragung durch den UV-Träger, kann die Dokumentation der betriebsärztlichen Aufklärung und Beratung zukünftig ebenfalls mit dem betriebsärztlichen Gefährdungsbericht Haut durchgeführt werden und wird mit einer Gebühr von 30,– EUR zuzüglich Porto vergütet.
Interessenkonflikt: Die Autoren geben an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
doi:10.17147/asu-1-204763
Weitere Infos
Download betriebsärztlicher Gefährdungsbericht Haut F6060
https://www.dguv.de/medien/formtexte/aerzte/f_6060-5101/f6060-5101.pdf
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