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Stufenweise Wiedereingliederung am Beispiel eines großen Chemiekonzerns

Betriebliches Eingliederungsmanagement

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)

In der BASF SE gibt es schon seit vielen Jahren einen Rehabilitationsprozess für Mitarbeiter nach längeren Arbeitsausfallzeiten. Dieser wurde über die Personaleinheiten, den werksärztlichen Dienst oder die Sozial- und Lebensberatung der BASF-Stiftung gesteuert. Ab 2017 wurde ein standardisierter BEM-Prozess auf der Grundlage einer verbindlichen Betriebsvereinbarung eingeführt. Mitarbeiter erhalten nach Überschreiten von 42 Krankheitstagen eine Einladung zum BEM und können entscheiden, ob sie den Prozess nutzen. Bei den so genannten BEM-Gesprächen können auch Vertreter des Betriebsrats oder der Schwerbehindertenbeauftragte anwesend sein. Es wird immer die individuelle Situation des Mitarbeiters berücksichtigt und geprüft, ob innerbetriebliche Maßnahmen, wie z.B. der Umbau des Arbeitsplatzes oder die Anschaffung betrieblicher Hilfsmittel, notwendig sind. Zusätzlich werden auch die betrieblichen Belange und Machbarkeiten mit einbezogen. Ziel ist es, eine längerfristige Lösung für Mitarbeiter und Unternehmen zu finden und Ausfallzeiten nachhaltig zu vermeiden.

Bei der BASF SE in Ludwigshafen gab es im Jahr 2017 insgesamt 4070 BEM-berechtigte Mitarbeiter, dies entspricht 12 % der Gesamtbelegschaft der BASF SE. Mehr als die Hälfte dieser Mitarbeiter sind zwischen 50 und 65 Jahre alt (56,1 %,  Abb. 1). Nach Aussage des Dachverbandes der Betriebskrankenkassen 2018 fallen ältere Mitarbeiter nicht unbedingt häufiger, jedoch über längere Zeiträume aus und benötigen auch mehr Zeit für Rehabilitation und Genesung.

Häufige Erkrankungen in diesem Alter liegen im physischen Bereich mit Muskel-Skelett-Erkrankungen und Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems.

Hier unterstützt das BEM bei der Anschaffung betrieblicher Hilfsmittel, wie z.B. Hebe- oder Abfüllhilfen, höhenverstellbarer Schreibtische oder ergonomisch angepasster Arbeitsplätze. Ergänzend werden bei im Unternehmen eigene Gesundheits- und Fitnesskurse für Mitarbeiter über 50 Jahren angeboten.

Ein weiterer Schwerpunkt der BEM-Fälle bei älteren Mitarbeitern waren die psychischen Erkrankungen, die im Jahr 2017 über denen mit rein physischen Beschwerden lagen. In den BEM-Gesprächen wurden Stress, gestiegener Arbeitsdruck, aber auch Konflikte im Team und mit Vorgesetzten genannt.

Hier setzt das BEM-Team vor allem darauf, im Vier-Augen-Gespräch zunächst Vertrauen zwischen Mitarbeiter und BEM-Koordinator herzustellen. Oft spielen fehlende Wertschätzung und Anerkennung im Laufe des Berufslebens eine große Rolle in der Entwicklung lang andauernder Erkrankungen.

Verschiedene Angebote zum Thema Resilienz, Trainings zur Stressreduktion und Selbstorganisation können den BEM-Prozess unterstützen. Das BEM-Team arbeitet eng mit dem werksärztlichen Dienst, der Sozial- und Lebensberatung der BASF-Stiftung und den Betrieben zusammen, um die Beschäftigungsfähigkeit der Betroffenen zu erhalten.

Die stufenweise Wiedereingliederung (SWE)

Die stufenweise Wiedereingliederung (SWE) – früher auch unter dem Namen Hamburger Modell bekannt – kann eine Maßnahme im Rahmen des BEM sein und wird bei der BASF SE vom werksärztlichen Dienst gesteuert. Bei den ca. 4000 BEM-Berechtigten in dem Unternehmen (mindestens 42 Ausfalltagen innerhalb von 12 Monaten) nehmen um die 15 % eine stufenweise Wiedereingliederung in Anspruch.

Diese Zahl nimmt in der BASF SE bei derzeit ca. 35.000 Mitarbeitern Gesamtbelegschaft am Standort Ludwigshafen (Stand 31.12.2017) seit Jahren zu (200 Fälle im Jahr 1995 bis zuletzt 624 Fälle im Jahr 2017). Erfreulicherweise liegt die Zahl der erfolgreichen Wiedereingliederungen über die Jahre hinweg bei ca. 90 % ( Abb. 2).

Bei der SWE sind Mitarbeiter nach einer langen oder schweren Erkrankung (Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebsleiden, aber auch Verletzungen oder Depressionen) zu Beginn nicht voll arbeitsfähig. Sie steigen mit Einschränkungen in den Arbeitsprozess ein und arbeiten zeitlich begrenzt, z.B. beginnend mit vier Stunden täglich über sechs Stunden bis zur vollen Arbeitszeit. Zusätzlich können vom Betriebsarzt Einschränkungen, die Arbeitsschwere betreffend, z.B. kein schweres Heben und Tragen oder Arbeiten in Zwangshaltungen nach Bandscheibenvorfällen, definiert werden. In Einzelfällen kann die SWE auch im Schichtdienst erfolgen.

Die SWE wird möglichst am bisherigen Arbeitsplatz durchgeführt. Dies ist sinnvoll, wenn abzusehen ist, dass langfristig 70–80 % der erforderlichen Arbeitsleistung erbracht werden können. Erscheint dies dauerhaft nicht möglich, muss schon vor Beginn der Maßnahme beim BEM-Team nach anderen Lösungen gesucht werden.

Die vielfältigen Tätigkeiten und Arbeitszeitmodelle bei der BASF bieten auch individuelle Lösungen im Rahmen der SWE. So kann z.B. auch ein reduziertes Stundenkontingent partiell oder ausschließlich über mobiles Arbeiten von zu Hause aus erbracht werden.

Die Diagnoseverteilung bei den SWE zeigt insbesondere bei den über 50-Jährigen Handlungsansätze für Prävention ( Abb. 3).

Prävention vor Wiedereingliederung

Im Jahr 2020 werden 60 % der BASF-Belegschaft über 50 Jahre alt sein. Daher sind eine frühzeitig beginnende Prävention und der Erhalt der Arbeitsfähigkeit sehr wichtig.

Im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements wurde bei der BASF ein Gesundheitsförderungsprogramm entwickelt: Jeder Mitarbeiter kann alle drei Jahre freiwillig an einem standardisierten Gesundheitscheck teilnehmen, um Risikofaktoren für chronische Erkrankungen möglichst frühzeitig zu erkennen. Abhängig von den Befunden werden gesundheitsfördernde Maßnahmen in fünf verschiedenen Modulen angeboten: „Ernährung und Bewegung“, „Prä-Diabetes“, „Stressbewältigung und Regeneration“, „Rückengesundheit“ und „Raucherentwöhnung“.

Bei den BASF-Mitarbeitern über 50 Jahre sind Muskel-Skelett-Erkrankungen nach den psychischen Erkrankungen die zweitgrößte Ursache für Ausfallzeiten. Es nehmen degenerative Veränderungen der Hüft- und Kniegelenke zu. Daher ist es präventiv, Arbeitsplätze ergonomisch zu optimieren. Büroarbeitsplätze können mit elektrisch höhenverstellbaren Schreibtischen und Arbeitsplätze in der Produktion mit Hebehilfen ausgestattet werden.

Der bereits oben erwähnte Ergonomieberater kann vom Betrieb angefordert werden, um die ergonomische Situation vor Ort zu prüfen und das Personal an den vorhandenen Arbeitsmitteln ergonomisch zu schulen. Bei bereits bestehenden Muskel-Skelett-Problemen nehmen die Mitarbeiter Sprechstunden beim Werksarzt in Anspruch und erhalten bei entsprechender Indikation eine physiotherapeutische Behandlung.

Zusätzlich hat die BASF seit 2017 eine Vereinbarung „Stärke durch Vernetzung“ mit der Deutschen Rentenversicherung (DRV) in Speyer und der Betriebskrankenkasse pronova abgeschlossen, um Betriebsärzten die Möglichkeit zu eröffnen, Reha-Anträge für Mitarbeiter zu stellen, die innerhalb von vierzehn Tagen seitens der DRV entschieden werden. Auch so sollen in Zukunft lange Arbeitsunfähigkeitszeiten vermieden werden.

Interessenkonflikt: Die Autoren sind bei der BASF SE beschäftigt und halten Belegschaftsaktien.

    Koautoren

    Mitautoren des Beitrags sind Frau Shantala Bauer und Dr. med. Stefan Webendörfer, beide beschäftigt bei der BASF SE am Standort Ludwigshafen.

    Für die Autoren

    Dr. med. Gunild Frey

    Corporate Health Management

    BASF SE

    67056 Ludwigshafen

    gunild.frey@basf.com

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