Maintaining the employability of employees: gradual reintegration in a large German chemical company
Objectives: Gradual reintegration is a measure in the return-to-work process and is part of the occupational health management at BASF SE, which is the responsibility of Corporate Health Management. This article aims to describe the gradual reintegration of employees of BASF SE in Ludwigshafen in the years 2016 to 2021.
Methods: Data on the start and end of the gradual reintegration, the results of reintegration and the duration of previous incapacity for work, including relevant diagnoses, was entered into the electronic patient file (AMEDIS) by the responsible occupational physicians and supplemented by information on age, gender, working time system and occupational group as well as occupational health screening data on smoking status, weight and height.
Results: From 2016 to 2021, 3260 gradual reintegrations were carried out on 2826 people at BASF SE’s main site in Ludwigshafen. The participants were on average 49 years old and 18 % were female. More than 90 % of the reintegrations were successfully completed (with or without health restrictions). Ill-health retirement was required for less than 1 % (n = 11). Participants were unable to work for 137 days (median; IQR: 92–218) prior to the start of reintegration. The most common diagnosis groups were mental and behavioural disorders and diseases of the musculoskeletal system, followed by cardiovascular diseases, injuries and cases of poisoning. A successful gradual reintegration took a median of 27 days (IQR: 23–40) to complete.
Conclusions: Gradual reintegration is well established as a successful tool for maintaining employability after prolonged incapacity for work. Occupational physicians bring their knowledge of the jobs and the organisational structure within the company and are thus able to shape the gradual reintegration individually and according to requirements.
Keywords: gradual reintegration – corporate integration management – incapacity for work – preservation of employability
doi:10.17147/asu-1-245713
ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2022; 58: 36–42
Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – die stufenweise Wiedereingliederung in einem Großunternehmen der chemischen Industrie
Zielstellung: Im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements bei der BASF SE wird die stufenweise Wiedereingliederung als Maßnahme des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) durchgeführt. Die arbeitsmedizinische Betreuung der Mitarbeitenden wird dabei durch das Corporate Health Management verantwortet. Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, die stufenweisen Wiedereingliederungen von Beschäftigten der BASF SE am Hauptstandort Ludwigshafen in den Jahren 2016 bis 2021 zu beschreiben.
Methode: Daten zu Beginn und Ende der Wiedereingliederung, Ergebnis der Wiedereingliederung, Dauer vorangegangener Arbeitsunfähigkeit inklusive relevanter Diagnosen wurden von den betreuenden Betriebsärztinnen und Betriebsärzten in der elektronischen Patientenakte (AMEDIS) erfasst und durch Stammdaten zu Alter, Geschlecht, Arbeitszeitsystem, beruflicher Position sowie Daten aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge zu Raucherstatus, Gewicht und Körpergröße, ergänzt.
Ergebnisse: Insgesamt wurden in den Jahren 2016 bis 2021 3260 Wiedereingliederungen bei 2826 Personen durchgeführt. Die Teilnehmenden waren durchschnittlich 49 Jahre alt, der Frauenanteil lag bei 18 %. In mehr als 90 % der Fälle konnten die Wiedereingliederungen erfolgreich (mit oder ohne gesundheitliche Einschränkungen) abgeschlossen werden. Bei weniger als 1 % (n = 11) war eine Krankheitspensionierung erforderlich. Im Median waren die Teilnehmenden vor Beginn der stufenweise Wiedereingliederung 137 Tage arbeitsunfähig (IQR: 92–218), dabei waren die häufigsten Diagnosegruppen psychische und Verhaltensstörungen sowie Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems, gefolgt von Krankheiten des Kreislaufsystems sowie Verletzungen und Vergiftungen. Eine erfolgreich abgeschlossene stufenweise Wiedereingliederung dauerte im Median 27 Tage (IQR: 23–40).
Schlussfolgerungen: Die stufenweise Wiedereingliederung ist als erfolgreiches Instrument zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit nach längerer Arbeitsunfähigkeit etabliert. Dabei bringen Betriebsärztinnen und Betriebsärzte ihr Wissen um die Arbeitsplätze und die Organisationsstruktur im Unternehmen ein und können somit die stufenweise Wiedereingliederung individuell und bedarfsgerecht gestalten.
Schlüsselwörter: stufenweise Wiedereingliederung – betriebliches Eingliederungsmanagement – Arbeitsunfähigkeit – Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit
Einleitung
Einem aktuellen Bericht der Berufskrankenkassen (BKK) zufolge konnten im Jahr 2020 fast die Hälfte aller Arbeitsunfähigkeitstage auf Langzeitfälle von mehr als sechs Wochen zurückgeführt werden. Der Anteil an Langzeitfällen (Arbeitsunfähigkeit länger als 6 Wochen) an allen Arbeitsunfähigkeitsfällen lag dabei im Jahr 2020 bei etwa 5 %. Die meisten Arbeitsunfähigkeitstage sind durch Muskel-Skelett-Erkrankungen (25 %) und psychische Störungen (18 %) entstanden (Knieps u. Pfaff 2021).
Ist eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer innerhalb von zwölf Monaten mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig, so ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten. Dabei ist es unerheblich, ob sich die Arbeitsunfähigkeit von mehr als sechs Wochen über einen oder mehrere Zeiträume erstreckt. Die Teilnahme am BEM ist für die oder den Beschäftigten freiwillig. Erfolgt eine Teilnahme, wird evaluiert, ob die betroffene Person ihren ursprünglichen Beruf nach längerer Krankheit problemlos wieder aufnehmen kann beziehungsweise in welchem Umfang Anpassungen des Arbeitsumfangs und/oder der Arbeitsaufgaben vorgenommen werden müssen (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2021). Eine mögliche Maßnahme des BEM ist die stufenweise Wiedereingliederung, auch Hamburger Modell genannt, die 1988 als BEM-Maßnahme eingeführt wurde und im Sozialgesetzbuch festgehalten ist (Schneider et al. 2016; § 74 Artikel 1 SGB V). Entsprechend eines Stufenplans, den die behandelnde Ärztin/der behandelnde Arzt erstellt, werden in Abhängigkeit des Anforderungsprofils am Arbeitsplatz die Arbeitsstunden zu Beginn der Maßnahme reduziert und über einen bestimmten Zeitraum erhöht, so dass eine langsame Rückkehr in den Arbeitsalltag möglich ist. Durch die schrittweise Erhöhung der Arbeitsbelastung soll die Arbeitsfähigkeit der Teilnehmenden wieder hergestellt und einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt werden. Ebenso soll dadurch das frühzeitige Ausscheiden aus der Erwerbstätigkeit verhindert werden. Die stufenweise Wiedereingliederung gilt als erfolgreich beendet, wenn die teilnehmende Person wieder dieselbe Arbeitsbelastung auf sich nehmen kann wie vor der Arbeitsunfähigkeit. Entsprechend kann eine stufenweise Wiedereingliederung nur angeboten werden, sofern die oder der Betroffene Aussicht auf eine erfolgreiche Wiedereingliederung hat (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2021; Schneider et al. 2016). In der Regel sollte die stufenweise Wiedereingliederung nicht länger als sechs Monate dauern (Deutsche Rentenversicherung Bund 2021; Gemeinsamer Bundesausschuss 2022). Im Gegensatz zum BEM ist der Arbeitgeber gesetzlich nicht verpflichtet, eine stufenweise Wiedereingliederung anzubieten und die Maßnahme kann nur im Einverständnis mit dem Arbeitgeber stattfinden. Eine Ausnahme davon stellt zum Beispiel eine stufenweise Wiedereingliederung bei Personen mit Schwerbehinderung dar, in diesem Fall ist das Unternehmen verpflichtet, der Maßnahme zuzustimmen. Ebenso können Beschäftigte nicht zur Teilnahme an einer stufenweisen Wiedereingliederung verpflichtet werden, die Teilnahme ist freiwillig.
Während der stufenweisen Wiedereingliederung gilt die oder der Teilnehmende weiterhin als arbeitsunfähig und erhält bis zum erfolgreichen Abschluss Kranken- oder Übergangsgeld von der zuständigen Krankenkasse oder Rentenversicherung (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2021).
Fragstellung/Zielstellung
Im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements der BASF SE wird die stufenweise Wiedereingliederung als Maßnahme des BEM vom Corporate Health Management verantwortet und koordiniert. Der vorliegende Beitrag beschreibt die Ergebnisse der stufenweisen Wiedereingliederungen der BASF SE in Ludwigshafen in den Jahren 2016 bis 2021. Ziel ist es, Veränderungen in den Wiedereingliederungen über die Zeit hinsichtlich verschiedener Kriterien zu beschreiben. Von Interesse sind insbesondere Anzahl, Dauer und Ergebnis der Wiedereingliederungen, die Zusammensetzung der Teilnehmenden sowie zugehörige Diagnosen. Dabei handelt es sich um eine Aktualisierung einer vorangegangenen Publikation für den Zeitraum 2013 bis 2015 von Webendörfer und Frey (2017).
Methoden
Setting
Grundlage des vorliegenden Beitrags sind Daten zu stufenweisen Wiedereingliederungen bei Mitarbeitenden der BASF SE am Hauptstandort in Ludwigshafen. Hier werden ca. 35.000 Beschäftigte durch das Corporate Health Management arbeitsmedizinisch betreut. Der Prozess der stufenweisen Wiedereingliederung wird in der Regel von den behandelnden niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten nach längerer Arbeitsunfähigkeit angestoßen und von den Betriebsärztinnen und Betriebsärzten in Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen des BEM (Human Resources) im Unternehmen umgesetzt. Für die Teilnehmenden werden individuelle Stufenpläne erstellt, die an der medizinischen Diagnose sowie an den Anforderungen und den Arbeitsplätzen der Teilnehmenden orientiert sind. Die vorliegende Analyse basiert dabei auf allen stufenweisen Wiedereingliederungen (inkl. Belastungserprobungen nach Arbeitsunfällen), die im Zeitraum 2016 bis 2021 begonnen haben.
Datenerhebung
Daten zu den durchgeführten Wiedereingliederungen umfassen das Datum von Beginn und Abschluss der Wiedereingliederung, die für die Wiedereingliederung relevante(n) Diagnose(n), das Ergebnis der Wiedereingliederung (erfolgreich abgeschlossen [mit und ohne gesundheitliche Einschränkungen], Wiedereingliederung abgebrochen/unterbrochen, Krankheitspensionierung empfohlen), das Datum des Beginns der für die Wiedereingliederung relevanten Arbeitsunfähigkeit sowie Informationen zur Notwendigkeit eines Arbeitsplatzwechsels. BASF-intern wird zwischen zwei Formen
einer erfolgreich abgeschlossenen Wiedereingliederung unterschieden: Ist eine Person nach der Wiedereingliederungsmaßnahme in gleichem Umfang arbeitsfähig wie vor der Arbeitsunfähigkeit, so gilt die Maßnahme als erfolgreich abgeschlossen. Hat eine Person nach Abschluss der Wiedereingliederung noch Einschränkungen wie beispielsweise eine reduzierte Beweglichkeit von Extremitäten nach einer Fraktur oder Operation, so ist die Wiedereingliederung erfolgreich abgeschlossen inklusive gesundheitlicher Einschränkung. Die Daten werden von den betreuenden Betriebsärztinnen und Betriebsärzten mittels Fragebogen in der elektronischen Patientenaktie (AMEDIS) erfasst. Daneben werden soziodemografische Daten zu Alter, Geschlecht, Arbeitszeitsystem (Tag-/Schichtarbeit) sowie beruflicher Position (gewerbliche, tarifliche oder außertarifliche Mitarbeitende) herangezogen, die von der Abteilung Human Resources zur Verfügung gestellt werden und ebenfalls in AMEDIS hinterlegt sind. Gewerbliche Mitarbeitende üben in der Regel Tätigkeiten in der Produktion aus, tariflich angestellte Beschäftigte verfügen üblicherweise über Weisungsfunktionen (z. B. Vorarbeiter, Meister etc.), während außertariflich Angestellte in der Regel Mitarbeitende in Führungspositionen sind. Ergänzend werden Angaben zu Raucherstatus (Raucher, Exraucher, Nichtraucher) sowie Gewicht und Größe (zur Berechnung des Body-Mass-Indexes [BMI]) aus den regulären arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen verwendet.
Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit bis zum Beginn der Wiedereingliederung berechnet sich aus der Differenz von Wiedereingliederungsbeginn und Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Anders als beim BEM kann die stufenweise Wiedereingliederung bereits angestoßen werden, bevor sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit vollendet sind. Daher kann die Dauer der Arbeitsunfähigkeit vor einer Wiedereingliederung weniger als sechs Wochen, aber mindestens vier Wochen betragen. Die maximale Dauer einer Arbeitsunfähigkeit, die in den folgenden Analysen berücksichtigt wird, orientiert sich an der maximalen Dauer, die arbeitsunfähige Personen Krankengeld von den gesetzlichen Krankenversicherungen beziehen können (78 Wochen). Die für die Wiedereingliederung relevanten Diagnosen werden gemäß der ICD-10-Klassifikation in übergeordnete Diagnosegruppen eingeteilt (z. B. F00-F99 Psychische und Verhaltensstörungen). Dabei wird Z73.0 (Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung inkl. Burnout) zu der Diagnosegruppe F00–F99 (Psychische und Verhaltensstörungen) gezählt. Sind bei einer Wiedereingliederung mehrere Diagnosen aus derselben Diagnosegruppe hinterlegt, so wird diese Diagnosegruppe lediglich einfach gezählt. Hat eine Person mehrere Diagnosen aus unterschiedlichen Kategorien, so werden die unterschiedlichen Diagnosegruppen pro Wiedereingliederung gezählt.
Statistische Analyse
Es werden absolute und relative Häufigkeiten zur Beschreibung der Daten verwendet. Eine Veranschaulichung der Daten erfolgt mittels gestapelten Balken- und Liniendiagrammen sowie Boxplots. Alle statistischen Analysen wurden mit Stata/SE 17.0 (StataCorp LLC, College Station, TX, USA) durchgeführt.
Ergebnisse
In den Jahren 2016 bis 2021 wurden bei 2826 Personen insgesamt 3260 stufenweise Wiedereingliederungen durchgeführt, wobei 2458 Personen an einer, 311 Personen an zwei, 50 Personen an drei, fünf Personen an vier und zwei Personen an fünf Wiedereingliederungen teilgenommen haben. Im Durchschnitt haben pro Jahr 528 Personen an insgesamt 543 Wiedereingliederungen teilgenommen.
➥ Tabelle 1 zeigt eine deskriptive Übersicht der Teilnehmenden an den durchgeführten Wiedereingliederungen in den Jahren 2016 bis 2021. Die Daten beziehen sich dabei auf die Anzahl an Personen, die in den jeweiligen Jahren an mindestens einer Wiedereingliederung teilgenommen haben. Über den gesamten Zeitraum waren 18 % der Personen mit einer stufenweisen Wiedereingliederung weiblich, das Durchschnittsalter der Teilnehmenden lag bei 49 Jahren (Range: 17–64 Jahre/Median: 52 Jahre). Damit lag der Frauenanteil bei Personen mit Wiedereingliederung etwas unterhalb des Frauenanteils in der Grundgesamtheit aller Mitarbeitenden der BASF SE am Standort Ludwigshafen im Jahr 2022 (21 %) und das Durchschnittsalter mit 49 Jahren etwas darüber (44 Jahre). Etwa die Hälfte aller Wiedereingliederungen wurden von gewerblich Angestellten (GA) in Anspruch genommen, die im Vergleich zur Grundgesamtheit deutlich überrepräsentiert sind (29 % GA im Jahr 2022). Etwa ein Drittel aller Wiedereingliederungen wurde bei Schichtmitarbeitenden durchgeführt (vs. 25 % in der Grundgesamtheit). Im Hinblick auf lebensstilbezogene Faktoren waren etwa ein Drittel der Teilnehmenden Rauchende (29 %) oder adipös (32 %).
➥ Abb. 1 zeigt eine deskriptive Übersicht der Ergebnisse der durchgeführten stufenweisen Wiedereingliederungen in den Jahren 2016 bis 2021. Die Daten beziehen sich dabei auf die Anzahl an Wiedereingliederungen pro Jahr. Insgesamt wurden von 2016 bis 2021 93 % aller Wiedereingliederungen erfolgreich (mit oder ohne gesundheitliche Einschränkungen) abgeschlossen. Etwa 7 % haben die Maßnahme abgebrochen und bei weniger als 1 % der Teilnehmenden (insgesamt 11 von 2016–2021) war die Empfehlung einer Krankheitspensionierung erforderlich.
Darüber hinaus wechselten von den wiedereingegliederten Personen 14 % nach der Wiedereingliederung auf eine neue Stelle (z. B. durch einen Wechsel in einen anderen Betrieb) und bei 16 % war eine Anpassung der Tätigkeiten auf der bisherigen Stelle notwendig, allerdings ohne die Notwendigkeit eines Wechsels.
Im Median dauerte die Arbeitsunfähigkeit, die der Wiedereingliederung vorausging, 137 Tage (IQR: 92–218 Tage/Range: 28–543 Tage). Erfolgreich (mit oder ohne gesundheitliche Einschränkungen) abgeschlossene Wiedereingliederungen dauerten im Median 27 Tage (IQR: 23–40 Tage/Range: 4–518 Tage), wobei in 44 Fällen die Wiedereingliederung länger als 182 Tage (6 Monate) dauerte. In ➥ Abb. 2 ist die Verteilung der Dauer der erfolgreichen Wiedereingliederungen sowie der vorangegangenen Arbeitsunfähigkeit in den Jahren 2016 bis 2021 dargestellt.
Die Dauer der stufenweisen Wiedereingliederung je nach Ergebnis der Maßnahme zusammengefasst über den gesamten Beobachtungszeitraum zeigt ➥ Abb. 3. Erfolgreich abgeschlossene Wiedereingliederungen dauerten im Median 27 Tage (IQR: 23–40 Tage/Range: 4–518 Tage), abgebrochene stufenweise Wiedereingliederungen 22 Tage (IQR: 9–36 Tage/Range: 0–511 Tage) und Wiedereingliederungsversuche mit einer Krankheitspensionierung 53 Tage (IQR: 42–64 Tage/Range: 8–383 Tage).
Die Anzahl der fünf häufigsten Diagnosegruppen der Jahre 2016 bis 2021 pro 100 Teilnehmenden ist in ➥ Abb. 4 dargestellt. Die häufigsten einer Wiedereingliederung zugrunde liegenden Diagnosegruppen waren psychische und Verhaltensstörungen (F00–F99, Z73), Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems (M00-M99), Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen (S00–T98), Krankheiten des Kreislaufsystems (I00–I99) sowie Neubildungen
(C00–D48).
Diskussion
Der vorliegende Beitrag beschreibt die Maßnahme der stufenweisen Wiedereingliederung im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements in einem Großunternehmen der chemischen Industrie in Ludwigshafen für die Jahre 2016 bis 2021. Als Maßnahme der Tertiärprävention werden stufenweise Wiedereingliederungen nach längerer Arbeitsunfähigkeit vom Unternehmen angeboten und vom Corporate Health Management verantwortlich gesteuert. Abhängig von der Diagnose wird ein individueller Stufenplan erstellt, auf dessen Grundlage die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer in reduzierter Arbeitszeit langsam wieder an die bisherige Arbeitsbelastung herangeführt werden soll. Die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt kennt die Anforderungen an den Arbeitsplätzen der Teilnehmenden und berücksichtigt dieses Wissen bei der Erstellung des Stufenplans und der Definition möglicher Tätigkeitseinschränkungen. Dieses Vorgehen erhöht die Erfolgsaussichten einer stufenweisen Wiedereingliederung.
Im Durchschnitt wurden in den Jahren 2016 bis 2021 jährlich jeweils 543 Wiedereingliederungen durchgeführt. Fast alle Wiedereingliederungen (93 %) wurden erfolgreich (mit oder ohne noch fortbestehende gesundheitliche Einschränkungen) abgeschlossen. Damit sind die stufenweisen Wiedereingliederungen eine sehr erfolgreiche Maßnahme des BEM mit einer konstant niedrigen Abbruchquote. Hierbei ist allerdings unklar, welche Umstände zu einem Abbruch der Wiedereingliederungsmaßnahme führten. In einzelnen Fällen (elf Wiedereingliederungen in einem Zeitraum von fünf Jahren) wurde eine Wiedereingliederung begonnen, konnte aber nicht erfolgreich beendet werden und endete mit einer Krankheitspensionierung. In 16 % der Fälle konnten Teilnehmende nach abgeschlossener Wiedereingliederung ihre bisherige Stelle nur mit Tätigkeitseinschränkungen ausführen. Diese Personen verblieben weiterhin auf ihrer bisherigen Stelle, allerdings mit angepasstem Tätigkeitsprofil. In 14 % kam es zu einer Umsetzung, das heißt, die Betroffenen wechselten den Arbeitsplatz innerhalb der BASF, da sie zum Beispiel das Anforderungsprofil auch mit gewissen Tätigkeitseinschränkungen nicht mehr erfüllen konnten.
Im Vergleich mit der Grundgesamtheit waren vor allem ältere Beschäftigte und gewerbliche Angestellte in der Produktion sowie Schichtmitarbeitende überrepräsentiert. Im Hinblick auf das Alter lässt sich argumentieren, dass das Erkrankungsrisiko mit höherem Alter zunimmt, wodurch es vermehrt zur Notwendigkeit einer Inanspruchnahme von Wiedereingliederungsmaßnahmen kommen kann. Gewerbliche Angestellte verrichten im Vergleich zu tariflichen oder außertariflichen Beschäftigten überwiegend körperlich anstrengende Tätigkeiten, die sich möglicherweise negativ auf die individuelle Gesundheit auswirken und ebenfalls zu vermehrten krankheitsbedingten Ausfällen führen könnten.
Im Vergleich mit einer früheren Publikation von Webendörfer und Frey (2017) zu den stufenweisen Wiedereingliederungen der BASF SE im Zeitraum 2013 bis 2015 zeigt die Zusammensetzung des Kollektivs, abgesehen von dem Anstieg des Durchschnittsalters (45 Jahre 2013–2015 vs. 49 Jahre 2016–2021), keine größere Veränderung. Bei relativ gleichbleibender Beschäftigtenzahl sowie gleichbleibendem Geschlechterverhältnis liegt die durchschnittliche Zahl an durchgeführten Wiedereingliederungen pro Jahr ebenfalls auf einem ähnlichen Niveau (543 Wiedereingliederungen pro Jahr im Zeitraum 2016 bis 2021, 523 Wiedereingliederungen pro Jahr im Zeitraum 2013 bis 2015). Im Median lag sowohl die Dauer der Arbeitsunfähigkeit (95–100 Tage) als auch die Dauer der Wiedereingliederungsmaßnahmen (20–21 Tage) im Zeitraum von 2013 und 2015 unter der entsprechenden Dauer im Zeitraum 2016 bis 2021 (insgesamt jeweils 138 und 27 Tage). Dies stimmt mit Daten des BKK-Gesundheitsreports überein, die zeigen, dass in den Jahren 2016 bis 2020 die Arbeitsunfähigkeitstage pro Mitglied höher waren als in den Jahren zuvor (Knieps u. Pfaff 2021). Dies könnte beispielsweise mit einer alternden Gesellschaft beziehungsweise einer Verschiebung der auftretenden Diagnosen zusammenhängen.
Sowohl in der aktuellen Analyse als auch in der Auswertung von Webendörfer und Frey (2017) waren die fünf häufigsten Diagnosegruppen Muskel-Skelett-Erkrankungen, psychische und Verhaltensstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Verletzungen und Neubildungen. Die fünf häufigsten Diagnosegruppen unterscheiden sich allerdings hinsichtlich ihrer Häufigkeit zwischen den beiden Zeiträumen: Waren im Zeitraum von 2013 bis 2015 überwiegend Muskel-Skelett-Erkrankungen die häufigste sowie psychische und Verhaltensstörungen die zweithäufigste Diagnosegruppe, verhält es sich im Zeitraum von 2016 bis 2021 überwiegend andersherum. Inwieweit hier eine Beeinflussung des Krankheitsgeschehens durch die Corona-Pandemie eine Rolle spielt, kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht beantwortet werden. Entgegen der Erwartung zeigte sich in den beiden Pandemiejahren 2020 und 2021 jedoch keine erkennbare Zunahme der Diagnosegruppe „Psychische und Verhaltensstörungen”.
Abgesehen von der erwähnten Studie von Webendörfer und Frey (2017) existieren vergleichsweise wenig Studien aus Deutschland, die explizit auf stufenweise Wiedereingliederungen fokussieren. Streibelt et al. (2018) untersuchten Wiedereingliederungen nach psychischen Erkrankungen und zeigten, dass im Vergleich zu kombinierten Wiedereingliederungsmaßnahmen (wie z. B. Bewegungstherapie, Sozialberatung) die zusätzliche Teilnahme an einer stufenweisen Wiedereingliederung die Wahrscheinlichkeit einer vollständigen beruflichen Wiedereingliederung erhöht. Im Rahmen einer weiteren Untersuchung an Mitgliedern der Techniker Krankenkasse mit mehr 42 Arbeitsunfähigkeitstagen von Schneider et al.
(2016) wurde gezeigt, dass die Zeit bis zur Wiederaufnahme der Arbeit durch die Teilnahme an einer stufenweisen Wiedereingliederung, insbesondere bei Arbeitsunfähigkeiten, die länger als 120 Tage andauern, verkürzt werden kann. In derselben Studie waren sozioökonomischer Status und Krankengeld mit einer erhöhten Teilnahmebereitschaft an der stufenweisen Wiedereingliederung assoziiert, wohingegen eine längere Krankheitsepisode im Vorjahr mit einer niedrigeren Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang stand. Als weiteres Ergebnis wurde gezeigt, dass Beschäftigte in Großunternehmen weniger Krankheitstage aufweisen als solche in kleineren Unternehmen, was den Autoren zufolge mit einem positiven Einfluss eines betrieblichen Gesundheitsmanagements erklärt werden kann (Schneider et al. 2016). Neben Studien, die explizit auf die stufenweise Wiedereingliederung fokussierten, existieren einige Studien aus Deutschland, die generell auf die Wiederaufnahme der Arbeit nach längerer Arbeitsunfähigkeit fokussieren, beispielsweise nach einer Krebserkrankung (siehe z. B. Arndt et al. 2019; Rashid et al. 2021; Ullrich et al. 2018).
Abschließend ist es wichtig, neben den Maßnahmen des BEM ebenso die Gesundheitsprävention von Beschäftigten weiter zu stärken, um das Risiko von Langzeiterkrankungen nachhaltig zu senken. Dies gelingt aus arbeitsmedizinischer Sicht beispielsweise durch fachliche Aufklärung, das frühzeitige Erkennen von Krankheitssymptomen sowie ein insgesamt gesundes Arbeitsumfeld. Dazu zählt unter anderem ein Angebot an Gesundheitschecks, Gesundheitsförderungsseminaren sowie Gesundheitsaktionen, aber auch zum Beispiel die ergonomische Anpassung von Arbeitsplätzen, um arbeitsplatzbedingten Beschwerden vorzubeugen. Eine effektive Gesundheitsprävention sowie ein erfolgreiches BEM können Arbeitsunfähigkeitszeiten verkürzen. Dadurch können betriebswirtschaftliche Vorteile entstehen, wenn das Unternehmen weniger Arbeitsausfälle der Beschäftigten aufgrund von Arbeitsunfähigkeit ausgleichen muss.
Schlussfolgerungen
Die dauerhaft hohe Inanspruchnahme der stufenweisen Wiedereingliederung als Maßnahme des BEM sowie die in diesem Kollektiv vorliegenden hohen Erfolgsquoten zeigen, dass die stufenweise Wiedereingliederung nach längerer Arbeitsunfähigkeit ein erfolgreiches Instrument zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit in Unternehmen ist. Mit einer immer älter werdenden arbeitenden Bevölkerung und damit einer Zunahme an Arbeitsunfähigkeitszeiten gewinnen das BEM und die stufenweise Wiedereingliederung immer mehr an Bedeutung. Die Verantwortung für diese Maßnahme liegt in der BASF SE bei den Betriebsärztinnen und Betriebsärzten. Diese bringen im Vergleich zu den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten zusätzlich ihr arbeitsplatzspezifisches Wissen ein, um die stufenweise Wiedereingliederung individueller und bedarfsgerechter zu gestalten. Damit kann die Arbeitsmedizin einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten.
Angaben zu den Autorenschaften: Alle aus dem Autorenteam haben wesentliche Beiträge zur Konzeption und Gestaltung der Untersuchung geleistet und sich am Entwurf des Manuskriptes beteiligt. BH und MC waren überwiegend verantwortlich für die statistische Analyse, Interpretation der Daten und den Entwurf der Abschnitte zu Methodik und Ergebnissen. SW war überwiegend verantwortlich für die Abschnitte Einleitung und Diskussion. Alle haben die einzureichende Version kritisch geprüft und der finalen Version zugestimmt.
Interessenkonflikt: Die Erstautorin und beide Koautoren sind bei der BASF SE beschäftigt.
Literatur
Arndt V, Koch-Gallenkamp L, Bertram H, Eberle A, Holleczek B, Pritzkuleit R, Waldeyer-Sauerland M, Waldmann A, Zeissig S R, Doege D et al.: Return to work after cancer. A multi-regional population-based study from Germany. Acta Oncol 2019; 58: 811–818.
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Deutsche Rentenversicherung Bund: Reha-Bericht 2021. Die medizinische und berufliche Rehabilitation der Rentenversicherung im Licht der Statistik. Berlin:
Deutsche Rentenversicherung Bund. Geschäftsbereich Prävention, Rehabilitation und Sozialmedizin. Dezernat Reha-Wissenschaften, 2021.
Gemeinsamer Bundesausschuss: Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung nach §92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 SGB V. BAnz AT 23.08.2022 B3 2022.
Knieps F, Pfaff H: BKK Gesundheitsreport 2021. Berlin: Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2021.
Rashid H, Eichler M, Hechtner M, Gianicolo E, Wehler B, Buhl R, Schmidberger H, Stratmann J A, Gohrbandt B, Kortsik C et al.: Returning to work in lung cancer survivors-a multi-center cross-sectional study in Germany. Support Care Cancer 2021; 29: 3753–3765.
Schneider U, Linder R, Verheyen F: Long-term sick leave and the impact of a graded return-to-work program: evidence from Germany. Eur J Health Econ 2016; 17: 629–643.
Streibelt M, Burger W, Nieuwenhuijsen K, Bethge M: Effectiveness of graded return to work after multimodal rehabilitation in patients with mental disorders: a propensity score analysis. J Occup Rehabil 2018; 28: 180–189.
Ullrich A, Rath H M, Otto U, Kerschgens C, Raida M, Hagen-Aukamp C, Bergelt C: Return to work in prostate cancer survivors – findings from a prospective study on occupational reintegration following a cancer rehabilitation program. BMC Cancer 2018; 18: 751.
Webendörfer S, Frey G: Die stufenweise Wiedereingliederung als wirksames Instrument der Tertiärprävention. ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2017;
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Kontakt
Bärbel Holzwarth, M.A.
BASF SE
ESG/CS
67056 Ludwigshafen am Rhein
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