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In der Folge 2 von Thomas Auhuber geht es um die Digitalisierung und Co-Innovationen, die in der Gesundheitsbranche zunehmend eine wichtige Rolle spielen werden.
Part 2: Innovation as a driver for the healthcare industry
It is obvious that the major challenges in the healthcare sector cannot be overcome without digital innovations. What this sector needs are fresh ideas and new approaches. Of course, there must also be continuous progress in the traditional areas. However, digitalization opens up completely new possibilities for developing, testing and rejecting ideas quickly and cost-effectively, or even generating a marketable product from them. What is the current situation in the healthcare sector? What does it need? And how can innovation work?
Folge 2: Innovationen als Motor für die Gesundheitsbranche
Es ist offensichtlich: Ohne digitale Innovationen werden die großen Herausforderungen im Gesundheitswesen nicht gemeistert werden können. Was die Branche braucht, sind frische Ideen und neue Wege. Selbstverständlich muss es auch in den klassischen Bereichen kontinuierlichen Fortschritt geben. Die Digitalisierung eröffnet jedoch vollkommen neue Möglichkeiten, schnell und kostengünstig Ideen zu entwickeln, zu testen, zu verwerfen oder ein marktfähiges Produkt daraus zu generieren. Wo steht die Gesundheitsbranche? Was braucht sie? Und wie kann Innovation funktionieren?
Kernaussagen
Eine Branche kränkelt
Der Bedarf an Ideen, die die Mitarbeitenden in der Branche entlasten könnten, ist groß. Einerseits spielt das Gesundheitswesen in Deutschland eine wichtige Rolle: 8,1 Millionen Menschen sind in dieser Branche beschäftigt – das sind mehr als zehnmal so viele Beschäftige wie die direkt in der Automobilindustrie tätigen Personen (➥ Abb. 1). Der Bereich erwirtschaftete 2022 fast 440 Milliarden Euro und sorgt somit für einen erheblichen Anteil der Bruttowertschöpfung in Deutschland. Auf der anderen Seite steht eine alarmierende Entwicklung. Diese ist gekennzeichnet von den vier großen aktuellen Herausforderungen: demografischer Wandel, Individualisierung, Digitalisierung und Urbanisierung. Fast drei Viertel (72 %) der Ärztinnen/Ärzte und Pflegekräfte klagen laut Studie von PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft aus dem Jahr 2022 bereits heute über die körperliche Belastung im Berufsalltag. Nur noch 30 % der Beschäftigten in der Branche können sich demnach vorstellen, ihren Beruf bis zur Rente auszuüben. Bis zum Jahr 2035 prognostiziert die Studie zudem einen Mangel von fast 1,8 Millionen Arbeitskräften im Gesundheitssektor. Die Personaldecke ist bereits jetzt in ländlichen Regionen dünn. Zugleich werden Menschen immer älter, sie arbeiten länger und brauchen mehr medizinische Unterstützung.
Innovationen als Lösung
Digitale und analoge Ideen können hier Abhilfe schaffen. Digitale Innovationen beeinflussen schon heute die Art und Weise, wie Menschen leben, arbeiten, kommunizieren und Probleme angehen. Sie sorgen für Effizienzsteigerung, indem sie Prozesse automatisieren und menschliche Ressourcen für anspruchsvollere Aufgaben freisetzen. Damit könnten sie Teil der Lösung für eine der größten Herausforderungen sein: den Fachkräftemangel. Auch wenn es kaum eine Branche gibt, die sich nicht mit diesem Thema beschäftigen muss, trifft es doch die Gesundheitsbranche besonders hart, denn egal, ob in der Pflege, der medizinischen Assistenz oder der medizinischen Behandlung – fehlendes Personal betrifft im Krankheitsfall jede und jeden. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) ist hier ein wichtiger Hebel. KI hilft bei der Auswertung großer Datenmengen, kann sekundenschnell Risikogruppen für bestimmte Krankheiten ausweisen und assistiert bei Operationen.
Digitalisierung setzt nicht nur neue Kapazitäten frei. Sie fördert auch die Vernetzung von Menschen, den Informationsaustausch, die Zusammenarbeit und den Zugang zu Wissen in einem nie dagewesenen Ausmaß. Unternehmen können mit digitalen Tools und Sensoren potenzielle Arbeitsplatzrisiken und Gefahren frühzeitig identifizieren und so Unfälle oder Gesundheitsprobleme verhindern. Durch Schulungen, beispielsweise mit Virtual Reality, lassen sich nicht nur Kosten und Aufwand reduzieren, sondern auch neue Zielgruppen erreichen.
Kompetenzen sinnvoll kombinieren
Zur Realität gehört auch: Obwohl sie so nötig sind, scheitern derzeit rund 80 % aller Digitalisierungsprojekte – nicht nur im Gesundheitsumfeld. Die Gründe dafür sind vielfältig: Es mangelt an Zeit oder am Budget, die Beteiligten unterschätzen die Komplexität, Abhängigkeiten oder den erforderlichen Aufwand im Unternehmen. Dabei gibt es einen guten Weg, um diese Fehler zu minimieren: Co-Innovation. Konkret bedeutet das, dass Unternehmen mit anderen Partnern eng kooperieren, um gemeinsam voranzukommen. Während die eine Seite etwa vom Können und Wissen des Partners profitieren kann, zieht die andere Seite wiederum Nutzen aus Marktpräsenz oder Marktdurchdringung des Co-Innovators. Beide bringen also ihre spezifischen Fähigkeiten ein, um dem gemeinsamen Ziel einer marktreifen Innovation möglichst nahe zu kommen.
Innovation Hub als Labor für die Zukunft
B·A·D nutzt Co-Innovation in einem sogenannten Innovation Hub. Dabei behält das Netzwerk aus Forschung, Technologie und Arbeits- sowie Gesundheitsschutz sowohl die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse als auch den Markt im Blick. Welche Trends und neuen Technologien sind vielversprechend und zukunftsfähig? Wo besteht strategischer Bedarf? Wie können Angebote und Produkte skaliert und effizient eingesetzt werden? Fragen, die im Verbund der Innovatoren deutlich effizienter und effektiver beantwortet werden können als jedes einzelne Unternehmen dazu imstande wäre. Der Innovation Hub soll also zum einen als Plattform zur Vernetzung mit anderen Akteuren dienen und zum anderen sollen konkret zukunftsweisende, gesundheitsfördernde Lösungen für die Arbeitswelt von morgen entwickelt werden.
Inhalte interaktiv und innovativ transportieren
Es gibt auch bereits erste Ergebnisse des Innovation Hub: etwa KICO, der Künstliche Intelligenz-Coach – ein Beispiel für zeitgemäße Gesundheitsförderung in den Bereichen Ergonomie und Bewegung. Sedentary behavior, unzureichende körperliche Aktivität, inadäquate Flüssigkeitszufuhr sowie einseitige Belastungen am Arbeitsplatz stellen etablierte Risikofaktoren für die Gesundheit dar. Die häufige Abwesenheit gut ausgestatteter Arbeitsplätze im Homeoffice verstärkt diese Problematik zusätzlich. Hier setzt KICO mit seiner patentierten Sensortechnik an: Über einen Zeitraum von mehreren Wochen spiegelt das Gerät ungesunde Verhaltensweisen wider. Das Angebot fügt sich niederschwellig in den Arbeitstag ein – ohne große Ablenkung oder Extraaufwand während der Arbeitszeit. Es schärft durch konkrete individuelle Hinweise und kurze Übungsangebote das Bewusstsein für Sitz-, Bewegungs- und Trinkverhalten und führt zu einer langfristigen Verhaltensänderung. Erste Befragungen von Nutzerinnen und Nutzern belegen bereits deutliche Effekte. Ergänzt wird das technische Angebot durch einen Online-Impulsvortrag von B·A·D-Expertinnen und -Experten zum Thema „Gesunde Gewohnheiten – Verhaltenstipps für Verhaltensänderung“, um die Nutzerinnen und Nutzer mit dem Gerät und den damit verbundenen Themen vertraut zu machen. Zudem erhalten die Teilnehmenden Informationen zum Thema „Ergonomie am Arbeitsplatz“.
B·A·D und das Ludwigsburger Start-up arbeiten bereits an weiteren Anwendungsmöglichkeiten des Geräts im Bereich der Gefährdungsbeurteilung.
VR-Technologie im Arbeitsschutz
Zusammen mit einem Kölner Start-up ist ein weiteres Produkt des Innovation Hub entstanden: der VR Office-Trainer, die erste Virtual-Reality-Anwendung für Ergonomie am Arbeitsplatz im deutschsprachigen Raum. Hier zeigt sich, welchen Mehrwert die aus dem Spiel- und Freizeitbereich stammende Technik auch im Arbeitsschutz bietet. Unternehmen haben nun die Möglichkeit, ihre Maßnahmen und Angebote zum Arbeits- und Gesundheitsschutz modern, innovativ und praxisnah zu gestalten sowie Trainings und Schulungen zukunftsorientiert und nachhaltig durchzuführen. Durch den inte-
grierten Gamification-Ansatz erhalten sowohl technikaffine als auch technikfernere Menschen einen neuen Zugang zum Thema Ergonomie am Arbeitsplatz. Das Angebot spart Kosten, steigert die Effizienz und ist flexibel einsetzbar. Auch in der Zusammenarbeit mit den VR-Expertinnen und -Experten steckt enormes Potenzial – weitere VR-Produkte sind bereits in Arbeit.
KICO und der VR Office-Trainer sind erst der Anfang. Weitere Partnerschaften werden folgen.
Interessenkonflikt: Der Autor ist CEO und Vorsitzender der Geschäftsführung der B·A·D Gesundheitsvorsorge und Sicherheitstechnik GmbH.
Online-Quellen
Fachkräftemangel im deutschen Gesundheitswesen 2022, PwC-Studie: Deutschland steuert auf einen Personalnotstand zu, der die Gesundheitsversorgung in Deutschland gefährdet
https://www.pwc.de/de/gesundheitswesen-und-pharma/fachkraeftemangel-im-…
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz: Gesundheitswirtschaft, Fakten & Zahlen 2022
https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Publikationen/Wirtschaft/gesundheitswi…