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Berufliche Hautmittel – kurz und prägnant

Einleitung

Der berufliche Hautschutz soll die Haut vor beruflichen Schädigungen schützen und sollte individuell an den Arbeitsplatz angepasst werden. Bei beruflichen Tätigkeiten kommt es häufiger zu einer kombinierten Belastungssituation der Haut. Schutz vor irritativen und wässrigen Substanzen oder vor Verschmutzungen sollte daher vor allem durch den adäquaten Handschutz gewährleistet werden. Der häufige Hautkontakt mit auch durch Handschutz nicht (gänzlich) vermeidbaren Arbeitsstoffen (wie z. B. Händedesinfektionsmittel, Kühlschmierstoffe, Reinigungsmittel, Konservierungsmittel, Emulgatoren und Duftstoffe) (Uter et al. 2018) sowie die Feuchtarbeit (Fartasch 2016; TRGS 401) führen vermehrt zu tätigkeitsabhängigen irritativen Kontaktekzemen (iKE). iKE können die Entstehung von allergischen Kontaktekzemen erleichtern oder zur Verschlimmerung von anlagebedingten Hauterkrankungen wie zum Beispiel dem atopischen Handekzem führen. Da einige Tätigkeiten (z. B. der Umgang mit drehenden Teilen) jedoch das konsequente Tragen von Handschuhen nicht erlauben, spielt hier die regelmäßige und richtige Anwendung der beruflichen Hautmittel als Teil der Primär- und Sekundärprävention des irritativen Kontaktekzems eine zentrale Rolle.

Berufliche Hautmittel und integrativer Hautschutz

Eine der häufigsten Hautgefährdungen am Arbeitsplatz stellen Mischexpositionen gegenüber Irritanzien und Feuchtarbeit dar. Hautbelastend ist hier das häufige Händewaschen sowie der Wechsel zwischen Flüssigkeitskontakt und dem Tragen von okklusiven Handschuhen (Fartasch u. Brüning 2017; Tiedemann et al. 2016). Präventiv werden hier als personenbezogene Schutzmaßnahmen berufliche Hautmittel angewendet, die nach dem sogenannten „Drei-Säulen-Modell“ (Hautschutz-, Hautpflege- und Hautreinigungsprodukte) aufgeteilt sind (Definition s. unten) (Wilke et al. 2018; Fartasch et al. 2015).

Hautschutzpräparate

Hautschutzpräparate sollen insbesondere vor belastenden Tätigkeiten auf die saubere und trockene Haut appliziert werden (Fartasch et al. 2015). Eine mindestens hasel­nussgroße Menge der Hautschutzprodukte sollte auf den Handrücken aufgetragen werden (DGUV Information 212-017, s. „Weitere Infos“), da die Schutzwirkung unter anderem von der Menge des Präparats abhängig ist (Schliemann et al. 2012, 2014). Bei der Auswahl sind die möglichen Gefahren, wie beispielsweise Interaktion mit Handschuhen, Verstärkung der Hautpenetration eines Gefahrstoffs, aber auch Praktikabilität und Akzeptanz zu berücksichtigen. Hautschutzmittel können Zusatzstoffe beinhalten, die ihr Wirkspektrum erweitern sollen, zum Beispiel Schweißproduktion reduzieren (Aluminiumchlorohydrat, synthetische Gerbstoffe). Da jedoch einige Hautschutzmittel eine Hautirritation sogar verstärken können (meistens bei Umgang mit lipophilen Substanzen und Lösungsmitteln), und nicht gegen die verschiedenen Mischungen der Irritanzien wirken (Schliemann 2018), sollte ihre Galenik, Wirkung beziehungsweise kombinierte Verwendung mit Schutzhandschuhen durch repetitive In-vivo-Verfahren überprüft worden sein (Fartasch et al. 2015; Schliemann et al. 2021; Elsner et al. 2013). Zwischenzeitlich liegt die Möglichkeit der DGUV-Zertifizierung von Hautschutzmitteln, die bei Feuchtarbeit eingesetzt werden sollen, vor. Aktuell können nur die Hautschutzmittel, die eine Schutzwirkung gegen wasserlös­liche Detergenzien aufweisen, diese Zertifizierung erhalten (Pieper 2021; DGUV 2021, s. „Weitere Infos“).

Hautpflegemittel

Die Rationale der Anwendung von Hautpflegemitteln ist die Regeneration der Hautbarrierefunktion nach hautbelastenden Tätigkeiten. Zusätzlich haben sie einen Glättungseffekt, der in einem subjektiven Pflegegefühl resultieren kann (Fartasch et al. 2015). Daher werden sie in längeren Arbeitspausen sowie nach der Arbeit angewendet. Durch den entsprechenden zeitlichen Abstand zum beruflichen Hautkontakt mit Arbeitsstoffen, können Hautpflegemittel im Gegensatz zu Hautschutzmitteln auch die Stoffe enthalten, die sich zwar günstig auf die Regeneration auswirken, aber potenziell eine Hautpenetration fördern (z. B. Harnstoff).

Hautreinigung und Händedesinfektion

Die Reinigung der Hände ist von der Qualität und der Quantität der Verschmutzung abhängig. Prinzipiell sollte die Handwaschfrequenz auf das notwendige Minimum reduziert werden (sichtbare Verschmutzung, Entfernen von Proteinen, nach Toilettengängen) (Brans u. Skudlik 2019). In Berufen, die eine hygienische Händewaschung notwendig machen, ist die Hautdesinfektion dem Waschen der Hände vorzuziehen. Nur bei sichtbarer Verschmutzung sollten die Hände mit einem milden Tensid gereinigt werden. Aus Sicht der Prävention ist auch bei einer starken Verschmutzung zuerst ein milder Hautreiniger dem reibekörperhaltigen Hautreinigungsmittel vorzuziehen (Gina et al. 2021) und die Anwendung von Bürsten nur in Einzelfällen sinnvoll.

Probleme bei Anwendung der Hautmittel auf einen Blick

  • Eine nicht ausreichende Menge wird aufgetragen (Finger-Tip-Unit, s. Infokasten).
  • Hautmittel können potenzielle Allergene beinhalten wie beispielsweise Konservierungsmittel, Emulgatoren, Duftstoffe.
  • Kein ausreichender Schutz vor Allergenen, ätzenden, mutagenen oder kanzerogenen Stoffen.
  • Interaktion mit Handschuhen und Steigerung der Permeation beziehungsweise Hautpenetration möglich.
  • Reibekörperhaltige Hautreinigungsmittel sowie die Reinigung mit Bürsten fördern ein irritatives Kontaktekzem – vor allem in Verbindung mit darauffolgender Nutzung von flüssigkeitsdichten Handschuhen.
  • Interessenkonflikt: Der Autor und die Koautorin sind als Gutachter und Gutachterin für die Sozialgerichtsbarkeit und die gesetzliche Unfallversicherung tätig und am In­stitut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), Institut der Ruhr-Universität (IPA), beschäftigt. Das IPA ist ein unabhängiges Forschungsinstitut der Ruhr-Universität Bochum. Die Ansichten in diesem Artikel sind die des Autorenteams.

    Literatur

    Brans R, Skudlik C: Prävention des Handekzems. Hautarzt 2019; 70: 797–803.

    Elsner P, Drexler H, Diepgen TL, John SM: „In-vivo-Evaluationsmodelle zur Überprüfung der Wirkung von Hautschutzexterna: Bestimmung der schützenden Wirksamkeit und Vergleichbarkeit, FP275: Abschlussbericht, 2013.

    Fartasch M: Wet Work and Barrier Function. Curr Problems Dermatol 2016; 49: 144–151.

    Fartasch M, Diepgen TL, Drexler H, Elsner P, John SM, Schliemann S: S1-AWMF-Leitlinie (Langversion) Berufliche Hautmittel: Hautschutz, Hautpflege und Hautreinigung. Dermatologie in Beruf und Umwelt 2015; 63: 47–74.

    Pieper B: Grundsätze zur Prüfung der Wirksamkeit von Hautschutzmitteln. sis 2021; 6: 318–319.

    Schliemann S: Adverse effects of skin protective products, including sunscreens. In: John SM, Johansen JD, Rustemeyer T, Elsner P, Maibach HI (Hrsg.): Kanerva’s Occupational Dermatology. Cham: Springer, 2018, S. 1–6.

    Schliemann S, Müller M, Stadeler M, Elsner P: Double blind randomized repetitive efficacy test of various occupational skin protection preparations against sodium lauryl sulphate. J Dtsch Dermatol Ges 2021; 19: 545–552.

    Schliemann S, Petri M, Elsner P: How much skin protection cream is actually applied in the workplace? Determination of dose per skin surface area in nurses. Contact Derm 2012; 67: 229–233.

    Schliemann S, Petri M, Elsner P: Preventing irritant contact dermatitis with protective creams: influence of the application dose. Contact Derm 2014; 70: 19–26.

    Tiedemann D, Clausen ML, John SM, Angelova-Fischer I, Kezic S, Agner T: Effect of glove occlusion on the skin barrier. Contact Derm 2016; 74: 2–10.

    Uter W, Bauer A, Bensefa-Colas L et al.: Extended documentation for hand dermatitis patients: Pilot study on irritant exposures. Contact Derm 2018; 79: 168–174.

    Wilke A, Skudlik C, Sonsmann FK: Individual­prävention beruflicher Kontaktekzeme: Schutzhandschuhe und Hautschutzempfehlungen im berufsgenossenschaftlichen Heilverfahren. Hautarzt 2018;
    69: 449–461.

    Wohlrab J, Staubach P, Augustin M et al.: S2k-
    Leitlinie zum Gebrauch von Präparationen zur lokalen Anwendung auf der Haut (Topika). J Dtsch Dermatol Ges 2018; 16: 376–392.

    doi:10.17147/asu-1-204760

    Weiterführende Infos

    „Gefährdung durch Hautkontakt – Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen“. GMBl S. 818-845 [Nr. 40/41] (vom 19.08.2008), zuletzt berichtigt: GMBl 2011 S. 175 [Nr. 9] (30.03.2011)
    https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regel…

    DGUV Information 212-017 „Auswahl, Bereitstellung und Benutzung von beruf­lichen Hautmitteln“
    https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/853

    DGUV – Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung: Grundsätze für die Prüfung und Zertifizierung der Wirksamkeit von Hautschutzmitteln: GS-PS-14
    https://www.dguv.de/dguv-test/prod-pruef-zert/pruefgrundsaetze-erfahrun…

    Fartasch M, Brüning T: Gefährdung durch flüssigkeitsdichte Handschuhe? Welche Erkenntnisse liegen vor? Eine Übersicht. IPA-Journal 2017, S. 24–30.
    https://www.lek1.de/medien/ipa/publikationen/ipa-journale/ipa-journale2…

    Gina M et al.: Hautreinigung bei starker Verschmutzung: „Kurz und intensiv“ oder „länger und milder“? IPA-Journal 2021; 3, S. 31–33.
    https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/4423

    Kernaussagen

  • Zu den beruflichen „Hautmitteln“ gehören Hautschutz-, Hautpflege- und Hautreinigungsprodukte.
  • Die beruflichen Hautmittel sind effektive und wichtige Präventionsmaßnahmen insbesondere zur Verhinderung eines irritativen Kontaktekzems.
  • Die Hautmittel sollten mit Bedacht am Arbeitsplatz eingesetzt werden und diesem angepasst werden, indem die individuell schädigenden Expositionen Berücksichtigung finden.
  • Info

    Tipps für die Praxis

  • Gut sichtbarer Hautschutz- und Hände­hygieneplan (mit Unterweisung).
  • Pflege- und Hautschutzprodukte sollten in Tuben oder Spendern bereit­stehen.
  • Zirka haselnussgroße Menge der Hautschutzprodukte auf den Handrücken ­auftragen und verteilen (oder 1 Finger-Tip-Unit pro 1 Hand).
  • Eincremen von Fingerzwischenräumen, Handgelenken und periungal.
  • Die Creme soll vollständig und rückstandslos in die Haut einziehen.
  • Ausreichender Abstand zwischen Ein­cremen und dem Tragen von Handschuhen.
  • Hautschutz (vor der Arbeit und nach ­jedem Händewaschen).
  • Hautpflege (in längeren Pausen, nach der Arbeit).
  • Möglichst Händedesinfektion statt ­Händewaschen.
  • Fingerzwischenräume gut abspülen und sorgfältig abtrocknen.
  • Koautorin

    Prof. Dr. med. Manigé Fartasch
    Bereich für klinische und experimentelle Berufsdermatologie, Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUV, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA), Bürkle-de-la-Camp Platz 1, 44789 Bochum

    Kontakt

    Dr. med. Michal Gina
    Bereich für klinische und experimentelle Berufsdermatologie Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der DGUV, Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA); Bürkle-de-la-Camp Platz 1; 44789 Bochum

    Foto: Naurath/IPA

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