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“G25” and “G41” – occupational safety versus labor law
Contrary to what might be expected, the discussions regarding the legality of aptitude tests have not completely calmed down. The Government has once again emphasised that the conduct of certain aptitude tests is not seen as a task of occupational health and safety. Employers also ask company doctors (sometimes through law firms) “what the results of the suitability test were”. The never-ending discussions about these issues make it worthwhile to take another look at the current legal situation. In the following, this will be done using the still commonly known “G25” and “G41”.
Kernaussagen
„G25“ und „G41“ – Arbeitsschutz versus Arbeitsrecht
Anders als vermutet werden könnte, sind die Diskussionen in Bezug auf die Rechtmäßigkeit von Eignungsuntersuchungen nicht gänzlich zur Ruhe gekommen. Seitens des Staates wurde erneut verstärkt betont, dass in der Durchführung von bestimmten Eignungsuntersuchungen keine Aufgabe des Arbeitsschutzes gesehen wird. Auch stellen Arbeitgeber (teilweise auch mit Nachdruck über Rechtsanwaltskanzleien) an Betriebsärzte die Nachfrage, „was denn nun bei der Eignungsuntersuchung herausgekommen ist“. Die nicht endenden Diskussionen um diese Fragestellungen machen es lohnenswert, wieder einmal einen aktuellen rechtlichen Blick auf die Situation zu werfen. Nachfolgend soll dies anhand der landläufig immer noch so benannten „G25“ und „G41“ erfolgen.
„G25“ und „G41“ nun „E FSÜ“ und „E ABS“
Im August 2022 wurden die „DGUV-Grundsätze für arbeitsmedizinische Untersuchungen“ durch die „DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen“ abgelöst. Die ehemaligen DGUV-Grundsätze wurden seit 1971 immer wieder fortgeschrieben, wobei aus arbeitsmedizinischen Fachkreisen in den letzten 20 Jahren vereinzelt auch die fachlich-medizinischen Hintergründe vermehrt hinterfragt wurden. Die DGUV Empfehlungen (mittlerweile kostenfrei online in der 2. Auflage verfügbar, siehe Online-Quellen) folgen dem Trennungsgebot von arbeitsmedizinischer Vorsorge und Eignung (vgl. § 3 Abs. 3 S. 3 ArbMedVV) und betonen auch die Erforderlichkeit, für Eignungsuntersuchungen eine entsprechende normative Ermächtigungsgrundlage (folglich einen rechtlichen Grund) zu finden.
So wurden auch die ehemaligen DGUV-Grundsätze „G25“ (Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten) und „G41“ (Arbeiten mit Absturzgefahr) als „Empfehlungen“ übernommen und finden sich dort unter der Kurzbezeichnung „E ABS (Eignung)“ für Arbeiten mit Absturzgefahr und „E FSÜ (Eignung)“ für Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten als klassische Eignungsuntersuchungen wieder.
Bereits an dieser Stelle kann folglich angemerkt werden, dass in Bezug auf diese beiden Eignungsuntersuchungen ein Bezug zum Arbeitsschutz insofern besteht, als dass diese aus dem Kreis der Unfallversicherungsträger stammen.
Was genau sind die „DGUV Empfehlungen“?
Fraglich bleibt aber, was genau die „DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen“ eigentlich darstellen. Ausweislich des Werkes soll es Betriebsärzten1 als Arbeitshilfe dienen (DGUV Empfehlungen 2024, S. 3). Sie sollen zum einen den für eine bestimmte Einwirkung oder Gefährdung existierenden Stand der Arbeitsmedizin und Wissenschaft als Basis für die Beratung und Untersuchung beschreiben. Zum anderen sollen sie dazu beitragen, die Rahmenbedingungen, die für die Anwendung dieser Empfehlungen von Bedeutung sind, hervorzuheben und verständlich zu machen.
Insgesamt ist allerdings (in Bezug auf die ehemaligen DGUV-Grundsätze und nachfolgend auch in Bezug auf die DGUV Empfehlungen) ein Deutungswandel festzustellen. Im Entstehungsjahr der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV 2008) war noch Konsens, dass die DGUV-Grundsätze („BG-Grundsätze“) weiterhin der Ärztin/dem Arzt als Orientierungshilfen zu Untersuchungsinhalten und zum Untersuchungsumfang dienen sollen (vgl. BR-Drs. 643/08, S. 36). Im Rahmen der Novellierung der ArbMedVV im Jahr 2013 sah dies der Verordnungsgeber (hier: Bundesregierung; vgl. § 18 Abs. 1 S. 1 ArbSchG) nicht mehr so. Er betonte, dass die DGUV-Grundsätze rechtlich nicht verbindlich sind und damit auch keine Vermutungswirkung aufweisen (vgl. BR-Drs. 327/13, S. 27f). Der Verordnungsgeber wollte die „Untersuchungsmechanismen“ verhindern, die er durch das Vorhandensein der damaligen DGUV-Grundsätze befürchtete (BR-Drs. 327/13, S. 27). Mit Wirkung zum 31.10.2013 (BGBl. 2013 I, S. 3882) wurde es somit als explizite Aufgabenstellung des Ausschusses für Arbeitsmedizin normiert, Regeln und Erkenntnisse zu ermitteln, wie die in der ArbMedVV gestellten Anforderungen insbesondere auch zu Inhalt und Umfang von Pflicht-, Angebots- und Wunschvorsorgen erfüllt werden können (vgl. § 9 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 ArbMedVV). Dies erfolgte allerdings bis dato lediglich für einen Vorsorgeanlass („Bildschirmvorsorge“ gem. § 5 Abs. 1 i. V. m. Teil 4 Abs. 2 Nr. 1 Anhang ArbMedVV in der AMR 14.1).
Im Wesenskern handelt es sich bei den DGUV Empfehlungen um ein medizinisches Werk, wobei im Werk betont wird, dass auch bei Anwendung der einzelnen Empfehlungen immer der Vorrang der individuellen Beurteilung und Abwägung gemäß den fachärztlichen Standards gilt (DGUV Empfehlung 2024, S. 14). Kernfrage bleibt aber, ob die DGUV Empfehlungen jeweils auch dem „Stand der Medizin entsprechen“
(s. unten).
Stand der Arbeitsmedizin
In Bezug auf die DGUV Empfehlungen stellt sich weiterhin die Frage, inwieweit sie dem „Stand der Arbeitsmedizin“ entsprechen. Das Werk selbst äußert sich dazu lediglich sehr vage. Der Stand der Medizin („Standard“) gibt Auskunft darüber, welches Verhalten von gewissenhaften und aufmerksamen Ärzten in der konkreten Behandlungssituation aus der berufsfachlichen Sicht ihres Fachbereichs im Zeitpunkt der Behandlung vorausgesetzt und erwartet wird (vgl. BGH, Urt. v. 24.02.2015 – VI ZR 106/13). Er repräsentiert den jeweiligen Stand der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse und der ärztlichen Erfahrung, der zur Erreichung des ärztlichen Behandlungsziels erforderlich ist und sich in der Erprobung bewährt hat.
Abgestellt wird hierbei immer auf den Facharztstandard. Dieser gilt als Maßstab, und zwar unabhängig davon, ob die tätigen Ärzte formell über eine Gebietsbezeichnung verfügen. Wesentlich ist, dass sie diesen Facharztstandard in tatsächlicher Hinsicht beherrschen. Im Haftungsrecht ist als maßgebliche Größe auf durchschnittlich qualifizierte Ärzte das entsprechende Fachgebiet als Vergleichsgröße abzustellen (Laufs et al. 2021, Rn. 8).
So müssen auch Ärzte in Weiterbildung den Facharztstandard in Bezug auf ihre tatsächlichen Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten anwenden können. Es obliegt den weiterbildungsermächtigten Ärzten festzulegen, welche Tätigkeiten die Ärzte in Weiterbildung schon ohne unmittelbare Anwesenheit der weiterbildungsermächtigten Ärzte durchführen können. Ist kein Facharztstandard definiert (z. B. bei neuen Verfahren, Untersuchungen etc.), so ist auf gewissenhaft, vorsichtig agierende Ärzte der entsprechenden Fachrichtung abzustellen.
Abzustellen ist jeweils auf den Stand der Medizin, der zum Zeitpunkt des ärztlichen Handelns aktuell war (vgl. § 630a Abs. 2 BGB). Sofern sich der Stand der Medizin nachträglich ändert, kann dies den Ärzten nicht zum Vorwurf gemacht werden. Auf der anderen Seite gestaltet es sich für Ärzte nicht als nachteilig, wenn sie zum streitgegenständlichen Zeitpunkt zwar vom Standard abweichen, diese Abweichung zum Zeitpunkt des gerichtlichen Verfahrens allerdings dann mittlerweile zum Standard geworden ist.
Da es sich bei der Medizin um eine lebendige Wissenschaft handelt, ist der Stand der Medizin auch jeweils dynamisch ausgestaltet und kann sich somit im Laufe der Zeit auch ändern. Neue Erkenntnisse und/oder Forschungsergebnisse können zu einem veränderten Standard führen beziehungsweise dazu, dass ein solcher überhaupt erst entsteht. Eine Zurechnung eventuellen Fehlverhaltens kann den Ärzten allerdings dann nicht zu Nachteil gereichen, wenn sie zum Zeitpunkt des ärztlichen Handelns den zu diesem Zeitpunkt geltenden Standard einhalten. Nachträgliche Änderungen sind hier grundsätzlich von keiner Relevanz.
Der Stand der Medizin ist der „Standard“, der regelmäßig von Ärztinnen und Ärzten auch im Rahmen von Behandlungen, arbeitsmedizinischen Vorsorgen und Eignungsuntersuchungen geschuldet wird (vgl. § 2 Abs. 3 MBO2, § 630a Abs. 2 BGB). Dies konkretisiert gewissermaßen auch den Fahrlässigkeitsmaßstab nach § 276 Abs. 2 BGB und definiert damit auch im Bereich der Medizin die „im Verkehr erforderliche Sorgfalt“.
„Was“ als Stand der Medizin gilt, definiert allerdings nicht das Recht, sondern erfolgt durch die Ärzteschaft selbst. Dies bedeutet aber auch, dass der Stand der Medizin einen dynamischen Aspekt beinhaltet, was wiederum bedeutet, dass sich der Stand der Medizin auch verändert. Insofern können in rechtlicher Hinsicht weder der Ausschuss für Arbeitsmedizin (und damit nachfolgend auch nicht die AMR), noch die DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen und übrigens auch nicht die Leitlinien der Fachgesellschaften (diese existieren auch im Bereich der Arbeitsmedizin) den Stand der Medizin konstitutiv begründen. Sie können diesen lediglich zum Zeitpunkt der Entstehung der AMR, der Empfehlungen etc. wiedergeben.
Daher dürfen Handlungsanweisungen in Leitlinien ärztlicher Fachgremien oder Verbände, wie auch die DGUV Empfehlungen und AMR, nicht ungesehen mit dem medizinischen Standard gleichgesetzt werden (vgl. zu den Leitlinien: BGH, Urt. v. 15.04.2014 – VI ZR 382/12). Ebenso wenig können Leitlinien ein Sachverständigengutachten ersetzen. Zwar können Leitlinien im Einzelfall den medizinischen Standard für den Zeitpunkt ihres Erfassens zutreffend beschreiben. Ebenso können sie aber auch Standards ärztlicher Behandlung fortentwickeln oder ihrerseits veralten (vgl. BGH, Urt. v. 15.02.2000 – VI ZR 48/99).
Sofern allerdings die Inhalte der DGUV Empfehlungen von der „breiten Masse“ der Arbeitsmedizin mitgetragen werden, können diese durchaus auch (zum Zeitpunkt der Entstehung des Werks) den Stand der Arbeitsmedizin wiedergeben. Die Ärzte bleiben dennoch aufgerufen, sich wiederkehrend damit auseinanderzusetzen, ob die Empfehlungen aktuell noch den Stand der Arbeitsmedizin entsprechen.
Für die Praxis ist allerdings festzustellen, dass in der Vergangenheit bei gerichtlich anhängigen Arzthaftungsfällen in der Arbeitsmedizin der medizinische Sachverständige regelhaft auf die DGUV-Grundsätze Bezug genommen hat. Daher kann dies auch in Zukunft in Bezug auf die DGUV Empfehlungen angenommen werden.
Rechtlich unproblematische Eignungsuntersuchungen
Zumindest in rechtlicher Hinsicht existieren klassische Eignungsuntersuchungen3 die als unproblematisch anzusehen sind. Zum einen sind dies die Eignungsuntersuchungen, die in Gesetzen, Rechtsverordnungen oder Unfallverhütungsvorschriften als Voraussetzung für die Ausführung einer bestimmten Tätigkeit normiert sind. Dies ist zum Beispiel für bestimmte Fahrerlaubnisklassen der Fall (vgl. § 11 FeV). Auch für Führerinnen/Führer von Triebfahrzeugen sind entsprechende ärztliche Eignungsuntersuchungen existent (vgl. § 5 TfV). Für den Bereich der freiwilligen Feuerwehr existieren ebenfalls entsprechende Vorschriften (vgl. § 6 Abs. 3 DGUV Vorschrift 49). Allen diesen Eignungsuntersuchungen ist gemeinsam, dass sie auf einer rechtlichen Vorschrift beruhen, die explizit die ärztliche Untersuchung und die Bescheinigung über eine gesundheitliche Unbedenklichkeit als Voraussetzung für eine Tätigkeit beziehungsweise Erlaubnis (z. B. Fahrerlaubnis) vorsehen.
In diesen Fällen ist es einem Arbeitgeber von Rechts wegen verwehrt, die betroffenen Personen ohne ärztliche Eignungsuntersuchung die entsprechenden Tätigkeiten ausführen zu lassen (rechtliche Unmöglichkeit; vgl. §275 Abs. 1 BGB). Bei der Teilnahme an der ärztlichen Untersuchung handelt es sich folglich um eine „leistungssichernde Nebenpflicht“ der Beschäftigten. Dies gilt auch dann, wenn diese im Arbeitsvertrag nicht explizit benannt ist (vgl. Treue- und Rücksichtnahmepflichten gem. § 241 Abs. 2 und § 242 BGB). Die Verweigerung der Beschäftigten stellt eine arbeitsvertragliche Leistungsstörung dar, auf die mit entsprechenden arbeitsrechtlichen Mitteln (z. B. Einstellung Entgeltfortzahlung, Abmahnung) reagiert werden kann. Gefährden die Beschäftigten den Erfolg der Untersuchung dadurch, dass sie trotz Abmahnung beharrlich ihr Einverständnis zu der Beiziehung der Vorbefunde der behandelnden Ärzte verweigert, so kann dies je nach den Umständen sogar einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen (vgl. BAG, Urt. v. 06.11.1997 – 2 AZR 801/96).
Die Verpflichtung der Beschäftigten, hier ordnungsgemäß an einer ärztlichen Eignungsuntersuchung teilzunehmen, besteht allerdings nur im Rechtsband Beschäftigter–Arbeitgeber. Gegenüber den untersuchenden Ärzten sind die Beschäftigten durchaus berechtigt, sämtliche medizinisch indizierten Untersuchungsmaßnahmen abzulehnen. Ärzte müssen diese Entscheidung respektieren. Sie sind jedoch verpflichtet, die abgelehnten Untersuchungen zu dokumentieren und die betroffenen Personen über die Risiken aufzuklären, die mit dem Unterlassen dieser Untersuchungen verbunden sind.
Rechtlich anerkannt sind weiterhin auch Untersuchungen „aus besonderem Anlass“. Auch hier kann sich aus den allgemeinen Rücksichtnahme- und Treuepflichten (vgl. § 241 Abs. 2, § 242 BGB) eine Verpflichtung zur Teilnahme an einer entsprechenden Eignungsuntersuchung ergeben. Die Rechtsinteressen des Arbeitgebers würden unangemessen verletzt, wenn er verpflichtet wäre, seine Mitarbeitenden auch dann weiter zu beschäftigen, wenn diese gesundheitlich gar nicht mehr in der Lage wären, die ihnen vertraglich übertragenen Aufgaben wahrzunehmen beziehungsweise diese nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen zu können. Hier hat der Arbeitgeber dann regelmäßig das Recht auf Klärung der Frage, ob gesundheitliche Einschränkungen diesbezüglich bestehen, die übertragenen Aufgaben noch ordnungsgemäß wahrnehmen zu können.
Anlasslose Routineuntersuchungen (Sichtweise des Staats)
Als rechtlich problematisch erweisen sich allerdings die anlasslosen Routineuntersuchungen, die auf keiner Grundlage beruhen, die auf ein Gesetz, eine Rechtsverordnung oder eine Unfallverhütungsvorschrift zurückzuführen sind. Außerhalb des Bergrechts (vgl. hier § 2 Abs. 1 GesBergV) betrifft dies regelhaft die ärztlichen Eignungsuntersuchungen anlässlich von Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten („E FSÜ Eignung“) und Arbeiten mit Absturzgefahr („E ABS Eignung“). Hier ist festzustellen, dass weder ein Gesetz noch eine Rechtsverordnung beziehungsweise eine Unfallverhütungsvorschrift die Verpflichtung vorsehen, dass sich die betroffenen Beschäftigten ärztlich untersuchen lassen müssen.
Insofern ist diesbezüglich aus heutiger Sicht festzustellen, dass das Arbeitsschutzrecht für diese Tätigkeiten (z. B. das Führen von Gabelstaplern) schlicht und ergreifend originär keinerlei ärztliche Eignungsuntersuchungen vorsieht, was übrigens auch im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben steht. Der Arbeitgeber ist somit im Ergebnis auch nicht verpflichtet, das Instrumentarium der Eignungsuntersuchungen in seine Fürsorgegrundsätze (vgl. § 618 BGB bzw. die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzvorschriften) mit einzubeziehen. Die Frage, ob ein Arbeitgeber (außerhalb vom Bergrecht) Untersuchungen nach „E FSÜ (Eignung)“ oder „E ABS (Eignung“) durchführen lassen muss, ist in rein arbeitsschutzrechtlicher Betrachtung folglich mit „nein“ zu beantworten. Diese Untersuchungen weisen somit folglich keine arbeitsschutzrechtliche Verbindlichkeit auf.
Es bleibt unklar, ob Arbeitgeber weiterhin Eignungsuntersuchungen verlangen und die Tätigkeitsaufnahme von einem positiven Untersuchungsergebnis abhängig machen dürfen. Ohne Berücksichtigung arbeitsrechtlicher Aspekte könnte man dies zwar bejahen, doch die tatsächliche Rechtslage ist komplexer.
Regelmäßig erfolgen Tätigkeiten im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung (in der Regel: Arbeitsvertrag i. S. v. § 611a BGB). Im Rahmen eines entsprechenden Beschäftigungsverhältnisses kann der Arbeitgeber auch Weisungen zum Inhalt der Tätigkeit erteilen (vgl. § 611a Abs. 1 BGB, § 106 GewO), die aber stets nach „billigem Ermessen“ zu erfolgen haben. Die Ausübung nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.
Unabhängig davon, welche Ergebnisse an den Arbeitgeber gehen (ggf. ja nur „geeignet“ bzw. „nicht geeignet“) bleibt es ärztlichen Eignungsuntersuchungen immanent, dass sie stark in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) eingreifen, da sich die Beschäftigten den Ärzten gegenüber bezüglich gesundheitlicher Fragestellungen offenbaren muss.
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt vor der Erhebung und Weitergabe von Gesundheitsdaten. Die Intensität dieses Grundrechtsschutzes steigt mit der Nähe der Daten zur Intimsphäre der betroffenen Person. Anlasslose Eignungsuntersuchungen stellen daher einen besonders schwerwiegenden, weil ungerechtfertigten Eingriff in dieses Recht dar. Beschäftigte müssen solche Eingriffe nur dann dulden, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, im überwiegenden Allgemeininteresse liegen und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen, sofern nicht der unantastbare Kernbereich privater Lebensgestaltung betroffen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.12.2010 – 1 BvR 1572/10). Die bloße Existenz von Untersuchungsanlässen in Bezug auf „Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten“ und „Arbeiten mit Absturzgefahr“ in den DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen vermag den hier erforderlichen normativen Charakter nicht zu begründen. Vielmehr beschreibt dieses Werk in medizinischer Hinsicht zu berücksichtigende Aspekte, ohne den „Grund“ für eine derartige ärztliche Untersuchung rechtlich zu normieren. Dies wird allerdings in dem Werk selbst auch ausdrücklich betont (DGUV Empfehlungen, 2024, S. 21 f.).
Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn ihm eine strenge Interessenabwägung vorangegangen ist. Zugunsten der Beschäftigten ist hier der bereits erwähnte Aspekt zu berücksichtigen, dass das Arbeitsschutzrecht (außerhalb vom Bergrecht) keine ärztlichen Eignungsuntersuchungen in Bezug auf Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten und Arbeiten mit Absturzgefahr
vorsieht.
Zur Wahrung der Interessenlagen ist hier eine einseitige Festlegung nicht sachgerecht. Im laufenden Beschäftigungsverhältnis darf ein Arbeitgeber den Nachweis der gesundheitlichen Eignung daher nur verlangen, wenn ein solcher Nachweis „erforderlich“ ist. Dass keine grundsätzliche Verpflichtung der Beschäftigten besteht, an einer Eignungsuntersuchung teilzunehmen, hat auch bereits das Bundesarbeitsgericht festgestellt (vgl. BAG, Urt. v. 12.08.1999 – 2 AZR 55/99).
Bis hierhin besteht im Wesentlichen noch Einigkeit zwischen dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und der vorherrschenden Auffassung in der Rechtsliteratur. Das BMAS leitet allerdings weiterhin daraus ab, dass daher „anlasslose Eignungsuntersuchungen“ auch nicht im Arbeitsvertrag vereinbart werden können (BMAS 2018, s. Online-Quellen). Auch das Bundesamt für soziale Sicherung (BAS) vertritt diese Auffassung und betont gegenüber den Unfallversicherungsträgern, dass es sich bei Untersuchungen anlässlich von Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten und Arbeiten mit Absturzgefahr um keine Anlässe handelt, die dem Arbeitsschutz und im erweiterten Sinne dem SGB VII zugeordnet werden können. Das BAS führt die Rechtsaufsicht über die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung.
Anlasslose Routineuntersuchungen (vorherrschende Rechtsauffassung)
Die Grundanliegen und Einwände gegen anlasslose Routineuntersuchungen des BMAS bilden die Grundlage der vorherrschenden Rechtauffassung in der Rechtsliteratur. Auch nach dieser Auffassung bedarf es einer normativen Grundlage, um eine Verbindlichkeit begründen zu können (vgl. z. B. Aligbe 2021; Behrens 2023; Beckschulze 2021). Allerdings kann diese normative Grundlage nach der vorherrschenden Rechtsauffassung auch aus arbeitsrechtlichen Grundlagen begründet werden. Aus Gründen des verfassungsmäßig ebenfalls abgesicherten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes müssen allerdings die ärztlichen Untersuchungen aussagekräftige Rückschlüsse auf eine konkrete Tätigkeit zulassen („Grundsatz der Arbeitsplatzbezogenheit“) und allgemein als „verhältnismäßig“ gelten (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit). Liegen diese Voraussetzungen vor und wohnt den der Untersuchung zugrunde liegenden Tätigkeiten eine gewisse Gefährlichkeit inne, so kann folglich eine arbeitsrechtliche Verbindlichkeit durch Arbeitsvertrag, Betriebs- oder Dienstvereinbarung oder Tarifvertrag geschaffen werden. Weiterhin sind noch einige Bedingungen zu erfüllen (vgl. DGUV Information 250-010; Aligbe 2021; Behrens 2023; Beckschulze 2021). Obergerichtliche Rechtsprechung ist allerdings in Bezug auf diese Fragestellung derzeit nicht existent. Allerdings bestätigte bereits ein Instanzgericht die vorherrschende Rechtsauffassung (vgl. ArbG Gelsenkirchen, Urt. v. 13.11.2018 – 5 Ca 993/18).
Arbeitsrecht oder Arbeitsschutz?
Dass staatliche Institutionen die gewachsenen Untersuchungen „Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten“ und „Arbeiten mit Absturzgefahr“ nicht in Gänze dem Arbeitsschutz zuordnen, zeichnete sich bereits in der Entstehungsgeschichte der ArbMedVV ab. So wurde hier durchaus diskutiert, inwieweit diese beiden Untersuchungen in die ArbMedVV aufgenommen werden sollen. Unter anderem wurde festgehalten, dass die Kosten für diese „scheinbaren“ Pflichtuntersuchungen grundsätzlich nicht dem Arbeitsschutzrecht zugeordnet werden können (vgl. BR-Drs. 643/08, S. 28). Auch das BMAS sieht in Eignungsuntersuchungen vorrangig ein arbeitsrechtliches Thema (BMAS 2018, s. Online-Quellen).
Richtig ist die Feststellung zu werten, dass weder der Gesetzgeber noch der Verordnungsgeber (fallbezogen: Bundesregierung; vgl. § 18 Abs. 1 S. 1 ArbSchG) und auch nicht die Unfallversicherungsträger von ihrer normsetzenden Gestaltungskompetenz Gebrauch gemacht haben, hier entsprechende Eignungsuntersuchungen vorzuschreiben. Auf der anderen Seite entstammen die ehemaligen „G25“ und „G41“ (und die nachfolgenden „E FSÜ“ und „E ABS“) der federführenden Autorenschaft der Unfallversicherungsträger. Zudem zielen diese Eignungsuntersuchungen darauf ab, dazu beizutragen, Arbeitsunfälle zu verhüten und somit auf eine Materie, die dem Regelungsbereich „Gesetzliche Unfallversicherung“ unterfällt (vgl. § 1 Nr. 1 SGB VII). Auch können diese Eignungsuntersuchungen (ohne dass das öffentliche Recht dies fordert) als Maßnahmen des Arbeitsschutzes i. S. v. § 1 Abs. 1 S. 1 ArbSchG gesehen werden. Insofern unterscheiden sich die ärztlichen Eignungsuntersuchungen anlässlich von „Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten“ und „Arbeiten mit Absturzgefahr“ von Regelungen, die den Schutz der Allgemeinheit zur Zielrichtung haben (wie z. B. die Fahrerlaubnisverordnung, Triebfahrzeugführerscheinverordnung oder das Luftverkehrsgesetz). Letztbenannte Vorschriften wären übrigens aus Verhältnismäßigkeitsgründen einer reinen Eigengefährdung nicht zugänglich. Die ärztlichen Eignungsuntersuchungen anlässlich von Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten und Arbeiten mit Absturzgefahr dagegen schon, da das Arbeitsschutzrecht die Beschäftigten auch „vor sich selbst“ schützt (Eigenschutz). Dies ergibt sich schon aus dem Zivilrecht (siehe Fürsorgeverpflichtung gem. § 618 BGB).
Abschließend kann diesbezüglich folglich festgehalten werden, dass die benannten Eignungsuntersuchungen dem Aufgabenfeld des „Arbeitsschutzes“ durchaus zugeordnet werden können. Die arbeitsrechtliche Ausrichtung ergibt sich lediglich insofern, als dass das öffentlich-rechtliche Arbeitsschutzrecht hier (außerhalb vom Bergrecht; vgl. hier § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3-6 GesBergV) keine ärztlichen Eignungsuntersuchungen kennt und diese (folgt man der herrschenden Rechtsauffassung in der Rechtsliteratur und der ersten Instanzrechtsprechung) dann ihren verpflichtenden Charakter erst durch arbeitsrechtliche Grundlagen bekommen können. Aus Gründen des verfassungsmäßig abgesicherten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der Wahrung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) dürfen diese Untersuchungen nicht zu dem Zweck durchgeführt werden zu überprüfen, ob die Tätigkeiten an sich ordnungs- und vertragsgemäß durchgeführt werden können. Der legitimierende Ansatz kann hier lediglich die der Tätigkeit immanente Eigengefährdung oder die Gefährdung anderer Beschäftigter darstellen. Und dies wiederum ist eine Thematik der geforderten Fürsorge (vgl. § 618 BGB) und der Zielrichtungen des Arbeitsschutzes (vgl. § 1 ArbSchG).
Unterfällt die Angabe „geeignet“ bzw. „nicht geeignet“ der ärztlichen Schweigepflicht?
Ärzte sehen sich immer wieder mit der Problemstellung konfrontiert, dass Arbeitgeber das Ergebnis der Eignungsuntersuchung wissen wollen. Die Praxis zeigt, dass einige Arbeitgeber ihren vermeintlichen Anspruch auf Mitteilung der Untersuchungsergebnisse durch die Einschaltung von Rechtsanwälten nachdrücklich durchzusetzen versuchen. Insofern lohnt sich eine Betrachtung, ob die Angaben „geeignet“ beziehungsweise „nicht geeignet“ der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen.
Auch unter Ärzten findet sich häufig die Auffassung, dass sich die ärztliche Schweigepflicht aus strafrechtlichen Tatbeständen ergibt (vgl. § 203 StGB). Allerdings beruht die ärztliche Schweigepflicht aus der Selbstverständlichkeit der ärztlichen Tätigkeiten und findet sich somit als fester Bestandteil in den Berufsordnungen der Ärzte (vgl. z. B. Art. 19 Nr. 1 BayHKaG). Über § 203 StGB hinausgehend (der sich lediglich auf „fremde Geheimnisse“ bezieht) haben Ärzte über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Ärzte anvertraut oder bekannt geworden ist, zu schweigen (vgl. § 9 Abs. 1 S. 1 MBO4). Die ärztliche Schweigepflicht i. S. v. § 9 Abs. 1 S. 1 MBO geht folglich über den Tatbestand des § 203 StGB insofern hinaus, als dass sie alle Tatsachen umfasst, die den Ärzten anvertraut oder bekannt geworden sind. Dass diese Tatsachen auch ein „fremdes Geheimnis“ sind, ist hier also (anders als in § 203 StGB) nicht gefordert. Ein weiterer Unterschied zu § 203 StGB liegt darin, dass gegen § 9 Abs. 1 MBO in fahrlässiger Begehungsweise verstoßen werden kann.
Berufsrechtliche Sanktionierungen sind somit möglich, wenn gar kein Straftatbestand nach § 203 StGB vorliegt. Ein ärztliches Fehlverhalten ist also auch schon dann möglich, wenn die Strafbarkeitsschwelle des § 203 StGB noch gar nicht überschritten wurde.
Personen, die sich in ärztliche Behandlung begeben, haben das Recht zu erwarten, dass alle im Rahmen der Berufsausübung erlangten Informationen über ihre gesundheitliche Verfassung vertraulich behandelt und nicht an unbefugte Dritte weitergegeben werden. Nur so kann zwischen Patienten und Ärzten jenes Vertrauen entstehen, das zu den Grundvoraussetzungen ärztlichen Wirkens zählt. Im Ganzen betrachtet dient folglich die ärztliche Schweigepflicht der Aufrechterhaltung einer leistungsfähigen Gesundheitsfürsorge (BVerfG, Beschl. v. 08.03.1972 – BvR 28/71). Die ärztliche Schweigepflicht schützt allgemein die Gesamtheit der Angaben der Patienten über ihre persönliche, familiäre, wirtschaftliche, berufliche, finanzielle, kulturelle und sonstige soziale Situation sowie ihre darüber preisgegebenen Ansichten und Reflexionen (vgl. BVerfG NJW 2016, 700). Als weitere „Begleittatsachen“, die dem Schutzbereich der Schweigepflicht unterliegen, sind auch die familiären, beruflichen und finanziellen Verhältnisse des Patienten zu nennen (MAH MedR/Wollersheim § 6 Rn. 152). Die im Rahmen der ärztlichen Schweigepflicht zu gewährleistende Vertrauensbeziehung zwischen Ärzten und Patienten erstreckt sich bereits auf die Anbahnung des Beratungs- und Behandlungsverhältnisses (BGH, Urt. v. 20.02.1985 – 2 StR 561/84). Demzufolge bezieht sich die ärztliche Schweigepflicht auch auf die Identität der Patienten und die bloße Tatsache ihrer Anwesenheit bei Ärzten (BGH, Urt. v. 20.02.1985 – 2 StR 561/84).
Dies begründet sich aus dem Umstand, dass es sich herbei um keine Tatsachen handelt, die beliebigen Dritten bekannt sind. Wäre dies so, so bräuchte der Arbeitgeber hier keine Fragen an die Ärzte zu richten.
Richtig ist, dass die bloße Mitteilung zum Beispiel von „geeignet“ keine relevanten medizinisch sensiblen Daten (wie z. B. Befunde und Diagnosen) beinhaltet. Es handelt sich um Informationen, die ausschließlich durch eine umfassende körperliche und klinische Untersuchung der behandelten Person gewonnen wurden. Diese Informationen sind ein direktes Ergebnis der ärztlichen Behandlung und unterliegen daher der ärztlichen Schweigepflicht. Bei der gesundheitlichen Feststellung der „Eignung“ (bzw. „Nichteignung“) werden „Tatsachen“ erhoben und bewertet, die die untersuchte Person betreffen. Diese Tatsachen sind den Ärzten in ihrer Funktion als ärztliche Fachkraft bekannt geworden und fallen somit unter den Schutzbereich des § 9 Abs. 1 S. 1 MBO. Die Erhebung dieser Informationen wäre ohne ärztliche Expertise und die damit verbundene Vertrauensbeziehung nicht möglich gewesen. Sofern in entsprechenden Diskussionen Ärzte mit datenschutzrechtlichen Erwägungen konfrontiert werden, ist dem entgegenzuhalten, dass die ärztliche Schweigepflicht vom Datenschutzrecht unberührt bleibt (vgl. § 1 Abs. 2 S. 3 BDSG). Dies bedeutet, dass auch bei datenschutzrechtlicher Zulässigkeit Ärzte schweigepflichtige Tatsachen anderen nicht unbefugt offenbaren dürfen.
Letztendlich müssen Ärzte folglich entsprechende Auskunftsansprüche mit Verweis auf die ärztliche Schweigepflicht i. S. v. § 9 MBO ablehnen. Entsprechende Eignungsbeurteilungen (z. B. „geeignet“) können somit nur mit Einwilligung de Beschäftigten an den Arbeitgeber mitgeteilt werden. Die rechtssicherste Variante ist allerdings, den Beschäftigten die Eignungsbescheinigung zur selbstständigen Weitergabe an den Arbeitgeber mitzugeben beziehungsweise zu übersenden. Sofern hier seitens der Arbeitgeber eingewandt wird, sie benötigen die Bescheinigung aufgrund ihrer Fürsorgepflichten und würden ja sonst nicht wissen, ob die betroffene Person geeignet ist oder nicht, muss entgegengehalten werden, dass dies (auch aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht) der falsche Ansatz ist. Ein (allerdings in der Praxis recht selten anzutreffendes) ordnungsgemäßes innerbetriebliches Verfahren für Eignungsuntersuchungen stellt darauf ab, dass die regelmäßige Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung eine Tätigkeitsvoraussetzung darstellt. Auch bei staatlich normierten Eignungsuntersuchungen geht der Staat regelmäßig davon aus, dass Beschäftigte für die Weitergabe der Bescheinigung an den Arbeitgeber zuständig sind (vgl. z. B. im Bergrecht: BR-Drs. 591/17, S. 37). Bei einer rechtmäßigen (!) Eignungsuntersuchung sind Beschäftigte resultierend aus den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten (§ 241 Abs. 2, § 242 BGB) verpflichtet, dem Arbeitgeber die entsprechende Eignungsbescheinigung zukommen zu lassen.
Eignungsbeurteilung versus Eignungsuntersuchung
Aufmerksamen Leserinnen und Lesern wird aufgefallen sein, dass sowohl die jetzige Fassung der DGUV Information 250-010 und auch die 2. Auflage der DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen statt des Begriffs der „Eignungsuntersuchung“ den Begriff „Eignungsbeurteilung“ verwenden. Die DGUV verwendet diesen Begriff, da sie ihn für umfassender hält. Die Eignungsbeurteilung beinhaltet die letztliche Bewertung aller vorliegenden Informationen zur Eignung einer Person für eine bestimmte Tätigkeit. Nach Auffassung der DGUV kann, muss sie aber keine körperliche Untersuchung beinhalten (DGUV 2024, S. 5). In rechtlicher Hinsicht ändert sich aber nichts. Insofern kann unproblematisch auch weiterhin der Begriff der Eignungsuntersuchung Anwendung finden, zumal bezüglich der Untersuchungen bezüglich Fahr-, Steuer -und Überwachungstätigkeiten und Arbeiten mit Absturzgefahr (außerhalb vom Bergrecht) aufgrund fehlender Rechtsgrundlage im öffentlichen Arbeitsschutzrecht kein fest definierter Begriff existent ist.
Fazit
Auch nach zehn Jahren Diskussion besteht noch keine wirkliche Klarheit und Sicherheit in Bezug auf Eignungsuntersuchungen anlässlich von „Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten“ und „Arbeiten mit Absturzgefahr“. Festzustellen ist, dass seitens des Gesetz- und Verordnungsgebers und seitens der Unfallversicherungsträger nicht beabsichtigt ist, diese Untersuchungsanlässe als Verpflichtung in das öffentliche Arbeitsschutzrecht (bzw. autonome Satzungsrecht) zu überführen. In der Rechtsliteratur hat sich allerdings die vorherrschende Meinung gefestigt, dass diese Untersuchungen auf eine arbeitsrechtliche Grundlage gestellt werden können. Hierbei ist allerdings weiterhin die ärztliche Schweigepflicht zu wahren. Die Übermittlung des Ergebnisses bedarf der Einwilligung der Beschäftigten. Verweigern sie diese Einwilligung, liegt es nicht mehr in der ärztlichen Verantwortung, ob das Ergebnis dem Arbeitgeber zugeht. Verfügt dieser über ein ordnungsgemäßes System in Bezug auf Eignungsuntersuchungen, stellt das Vorhandensein einer ärztlichen Bescheinigung eine Tätigkeitsvoraussetzung dar.
Interessenkonflikt: Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.
Literatur
Aligbe P: Einstellungs- und Eignungsuntersuchungen. 2. Aufl. München: C.H. Beck, 2021.
Beckschulze M: Rechtsfolgen bei verweigerten arbeitsmedizinischen Untersuchungen. ARP 2021, 248ff.
Behrens, M: Verhältnismäßigkeit routinemäßiger Eignungsuntersuchungen, ARP 2023, 2–9.
DGUV: DGUV Information 250-010: Eignungsbeurteilungen in der betrieblichen Praxis. DGUV 2024.
Laufs A, Katzenmeier C, Lipp V: Arztrecht. 8. Aufl. Kap. X: Arztfehler und Haftpflicht. München C.H. Beck, 2021, Rn. 8.

Online-Quellen
DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen, 2024
https://publikationen.dguv.de/praevention/ausschuss-arbeitsmedizin-aame…
BMAS: Zum Thema Eignungsuntersuchungen, 2018
https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Arbeitsschutz/zum-thema-eig…