Ausgangslage
In der Schweiz gehören beruflich bedingte Hautkrankheiten nach der Lärmschwerhörigkeit zu den häufigsten Berufskrankheiten. In den letzten Jahren machten sie jeweils rund 15 % der anerkannten Berufskrankheiten aus (➥ Abb. 1).
Die Suva ist in der Schweiz die größte und älteste Unfallversicherung. Sie versichert in ihrem Zuständigkeitsgebiet Berufs- und Nichtberufsunfälle sowie Berufskrankheiten. Zudem beaufsichtigt sie in gesetzlichem Auftrag die Maßnahmen zur Verhütung von Berufskrankheiten in allen Betrieben der Schweiz und veranlasst arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen. Sie verfügt über eine umfangreiche Statistik der Unfälle und Berufskrankheiten sowie deren Ursachen (➥ Abb. 2).
Kontaktekzeme sind die häufigste Diagnose unter den beruflichen Hautkrankheiten. Es werden jeweils etwa gleich viele irritativ-toxische wie allergische Fälle von Kontaktekzemen erfasst. Andere Diagnosen sind vergleichsweise selten (➥ Abb. 3).
Die Suva, im Speziellen die Abteilung Arbeitsmedizin, hat den gesetzlichen Auftrag, bei Versicherten mit Berufskrankheiten eine Nichteignungsverfügung zu erlassen, wenn die Fortführung der bisherigen Tätigkeit mit einer erheblichen Gesundheitsgefährdung einhergeht (Suva Arbeitsmedizin, s. „Weitere Infos“; Rast 2020). Auch zu dieser Maßnahme, die für die Beschäftigten weitreichende, insbesondere soziale Folgen haben kann, werden Statistiken zum Beruf, zur Diagnose und zur Ursache erstellt. Hautkrankheiten allein sowie in Kombination mit Atemwegserkrankungen machen seit vielen Jahren rund die Hälfte aller Nichteignungsverfügungen aus; und es gibt Berufe beziehungsweise Tätigkeiten, bei denen eine solche Maßnahme jedes Jahr in zahlreichen Fällen angeordnet werden muss (➥ Abb. 4 und ➥ 5).
Berufsekzeme sind einerseits häufig und haben andererseits nicht selten für die betroffenen Personen einschneidende berufliche und gesundheitliche Konsequenzen (z. B. Chronifizierung, Abbruch einer Berufslehre, Berufswechsel). Zudem sind sie nicht ein Abbild von „Altlasten“ wie beispielsweise bei der UV-, Lärm- oder Asbestexposition, sondern weisen in der Regel einen konkreten Bezug zum aktuellen oder letzten Arbeitsplatz auf. Mit verbesserten Hautschutzmaßnahmen am Arbeitsplatz könnten viele Fälle verhindert oder zumindest die Symptomatik vermindert werden. Hautschutz wird auch in Zukunft in manchen Berufen bedeutsam bleiben, weil die Expositionen fortbestehen.
Aus diesen Gründen wurde die Verhütung von Berufsekzemen als ein Schwerpunktthema der Berufskrankheiten-Verhütung der Suva definiert. Es wurden drei berufliche Situationen identifiziert, in denen Berufsekzeme besonders häufig auftreten und/oder gehäuft zu einem Berufswechsel führen. In Zusammenarbeit von Arbeitssicherheit/Gesundheitsschutz und Arbeitsmedizin der Suva wurden ab 2016 die drei im Folgenden beschriebenen Hautschutzinitiativen auf den Weg gebracht.
Hautschutzinitiativen
Hautschutz im Friseurgewerbe
Vergleichsweise viele ausgeprägte Berufsekzeme und damit verbundene Nichteignungsverfügungen werden im Friseurgewerbe (oder wie es in der Schweiz genannt wird: „Coiffeurgewerbe“) registriert. Oft treten Handekzeme schon in der Lehrzeit auf. Initial handelt es sich meist um irritativ-toxische Formen. Später kann sich eine Kontaktallergie auf Berufsstoffe aufpfropfen. Es war aus früheren Untersuchungen in dieser Berufsgruppe bekannt, dass zwar viele Friseurinnen und Friseure von Hauptproblemen bei der Arbeit betroffen sind, dass aber längst nicht alle Handekzeme als Berufskrankheit angemeldet werden (u. a. Rast 2012).
Aufgrund dieser Erkenntnisse hat die Suva 2016 eine Hautschutzinitiative für diese Tätigkeit vorbereitet und 2017 in der Branche eingeführt. Die Vorbereitungen geschahen in einer kleinen, kreativen Arbeitsgruppe, bestehend aus Arbeitshygienikern, Kommunikationsspezialistin und Arbeitsmediziner/Berufsdermatologe. Die Hautschutzinitiative wird vom Berufsverband und den Fachlehrerinnen und -lehrern, die an den Berufsschulen unterrichten, mitgetragen. Diese erste Aktion, die auf eine einzige Branche mit klaren Ansprechpartnerinnen und -partnern und mit guter interner Branchenkommunikation ausgerichtet ist, wurde zu einer Art „Pilotversuch“, aus dem wichtige Erkenntnisse für die weiteren Aktionen gezogen werden konnten. Die kurze zentrale Botschaft lautet „Tragen Sie beim Haarewaschen Schutzhandschuhe!“. Auf diversen Kanälen wurden die Friseurinnen und Friseure auf eine Themenseite der Suva geführt, wo sie vertiefte Informationen zum Hautschutz in ihrer Tätigkeit finden
(s. „Weitere Infos“), und zwar in den drei Landessprachen Deutsch, Französisch und Italienisch. Um die Seite praxisnah zu gestalten, wurden Stellungnahmen zum Hautschutz aus einem Betrieb und Erfahrungsberichte von Personen mit Berufsekzem aufgeschaltet.
Zunächst ging es darum, die Akzeptanz von Schutzhandschuhen bei der Arbeit zu testen und in der Branche zu fördern. Deshalb wurden Friseursalons zur Teilnahme an einem „Fünf-Wochen-Test“ eingeladen, während dessen Dauer die benötigten
Schutzhandschuhe aus Nitril für alle Beschäftigte zur Verfügung gestellt wurden. Sie wurden anschließend um die Mitteilung ihrer Erfahrung gebeten. Die Rückmeldungen dazu waren stark überwiegend positiv. Viele hatten zunächst Vorbehalte, wollten aber nach dem Test nicht mehr auf Schutzhandschuhe verzichten. Diese Erfahrungen wurden in der Branche weitergegeben. Auf einzelne kritische Kommentare konnte in der weiteren Kommunikation gezielt eingegangen werden.
Sehr erfolgreich wurden die präventiven Botschaften für Tätige im Friseurhandwerk auch auf Social-Media-Kanälen in mehreren zeitlich begrenzten Aktionswochen verbreitet. Die dafür eingesetzten amüsanten Kurzvideos und Botschaften erreichen jährlich Personen weit über die Branche hinaus und lösen lebendige Chat-Diskussionen aus.
Seit über 20 Jahren gibt es in der Schweiz die Hautschutzkampagne „2haende.ch“ beziehungsweise „2mains.ch“, für die allgemeine Hautschutzinformationen, praktische Kurse und Mailings mit Hautschutzartikeln für die Hauptzielgruppe der Berufsschulen erarbeitet wurden und weiterhin werden. Die Verantwortlichen dieser Kampagne (ein Dermatologe und ein Grafiker/Designer) stehen in regelmäßigem Austausch mit den Fachpersonen in der Suva, die für die Thematik Hautschutz zuständig sind. In Ergänzung zur Hautschutzinitiative der Suva wurde auf der Homepage ein neuer Kurs für Berufsschülerinnen und -schüler aus dem Friseurgewerbe geschaffen (s. „Weitere Infos“). Berufsschullehrkräfte können den Kurs in ihren Unterricht einbauen. In Ergänzung dazu erhalten die Auszubildenden im ersten Lehrjahr Muster von geeigneten Schutzhandschuhen aus Nitril, eine Hautschutzcreme und Informationen als Motivation für einen konsequenten Hautschutz von Anfang an.
Weitere Hautschutzinitiativen
Berufsekzeme werden auch häufig in Zusammenhang mit Tätigkeiten festgestellt, bei denen es zu Kontakt mit Schmierstoffen kommt. In der Metallbearbeitung und in Werkstätten aller Art besteht täglich intensiver Kontakt zu Kühlschmiermitteln, Hydraulikölen und weiteren Arten mineralölhaltiger und synthetischer Schmierstoffe. Derart verschmutzte Hände haben eine intensive Hautreinigung zur Folge. Aufgrund der intensiven Kontakte können sich insbesondere irritativ-toxische und manchmal allergische Ekzeme entwickeln, die auch bei diesen Tätigkeiten zu einer Nichteignungsverfügung und zum Ausscheiden aus dem Beruf führen können. Deshalb hat die Suva 2019 eine weitere Hautschutzinitiative gestartet. Zielpublikum sind Beschäftigte verschiedener Branchen in der bearbeitenden Metallindustrie mit zum Teil sehr unterschiedlichen Tätigkeiten, was in der Kommunikation berücksichtigt werden muss. In Zusammenarbeit mit den zuständigen Berufsverbänden wird die Aufmerksamkeit der Verantwortlichen in den Betrieben sowie der Belegschaft auf das Thema Hautschutz ausgerichtet, mit Informationen, die für die Zielgruppen zugeschnitten sind (s. „Weitere Infos“).
Auch hier galt es, überhaupt erst die Aufmerksamkeit für diese Thematik mit einem Kurzvideo zu gewinnen, das auf humorvolle Weise auf den Nachteil ungepflegter Hände hinweist. Die wesentliche Hautschutzmaßnahme für exponierte Personen ist hier die Anwendung von Hautschutzcremen. Die Arbeitgeber haben darüber hinaus die Pflicht, sich betreffend Gefährdungen zu informieren, diese zu dokumentieren und einen Hautschutzplan zu erstellen. Im Rahmen von Fortbildungskursen der Branchen wurden die Sicherheitsverantwortlichen von metallverarbeitenden Betrieben speziell auf die Thematik Hautschutz sensibilisiert und ausgebildet.
Auch hier unterstützt die Plattform www.2haende.ch die präventiven Botschaften in der Berufsschule mit einem eigenen Kurs. Noch in diesem Jahr wird eine Ausbildungsdokumentation an die Berufsschullehrerinnen und -lehrer versandt. Später werden die Auszubildenden im ersten Ausbildungsjahr Informationen zum Hautschutz und ein geeignetes Hautschutzmittel erhalten.
Epoxidharze gehören zu den wichtigsten Ursachen allergischer Kontaktekzeme im Berufsleben (Rast 2013). In der Statistik der Suva stehen sie bei den Allergenen der Haut seit Jahren an erster Stelle. Insbesondere bei Anwendung im Baugewerbe werden oft schon nach kurzer Expositionszeit heftige allergische Hautreaktionen beobachtet, die in Folge meist einen Berufswechsel erfordern. Die Suva hat deshalb kürzlich eine weitere Hautschutzinitiative speziell für Beschäftigte in Betrieben, die Böden mit Epoxidharzen beschichten, geschaffen. Bei dieser Arbeit, die von spezialisierten Betrieben oder Teams durchgeführt wird, sind die Beschäftigten oft während der gesamten Dauer der Schicht reaktivem Epoxidharz ausgesetzt, oft auch in Form von unbeabsichtigter Hautkontamination. Die Tipps auf der Themenseite mit Kurzfilmen und gezielten Informationsmitteln sind praxisnah und fokussieren auf die Botschaft, bei den verschiedenen Arbeitsschritten den ungeschützten Hautkontakt zum reaktiven Arbeitsstoff konsequent zu vermeiden (s. „Weitere Infos“).
Hautkrebs durch berufliche UV-Exposition
Neben der Vermeidung von Kontaktekzemen hat die Suva in den letzten Jahren auch eine Kampagne zum Schutz der Haut vor natürlicher UV-Exposition initiiert (Rast u. Krischek 2017). Die Maßnahmen zum Hautschutz vor Sonnenlicht sind der jahreszeitlichen Exposition angepasst. Von April bis September ist der UV-Schutz generell wichtig. Im Juni und Juli, den beiden Monaten mit der intensivsten UV-Strahlung, wird von den „outdoor workern“, sofern nicht im Schatten gearbeitet werden kann, zusätzlich zur Anwendung von Sonnenschutzmitteln mit hohem UV-Hautschutzfaktor und geeigneter Bekleidung, auch die Verwendung einer Stirnblende und eines Nackenschutzes gefordert. Speziell geschulte Personen besuchen auf so genannten UV-Touren Baustellen und erklären Sonnenschutzmaßnahmen. Betriebe, die den Sonnenschutz noch besser in den betrieblichen Abläufen implementieren wollen, können ein Präventionsmodul bestellen (mit oder ohne Instruktion durch eine Fachperson) und ihre Beschäftigten mit dem Einsatz einer speziellen UV-Kamera schulen (s. „Weitere Infos“). Diese präventiven Maßnahmen am Arbeitsplatz werden durch eine von der Suva initiierte dermatologische Kontrolluntersuchung im Alter zwischen 50 und 60 Jahren ergänzt werden. Ein Pilotprojekt hierzu ist in fortgeschrittener Planung.
Die verantwortlichen Arbeitshygienikerinnen und -hygieniker sowie Ärztinnen und Ärzte dieser Initiativen beziehungsweise Kampagnen sind überzeugt, dass nur eine wiederholte und längerfristige Vermittlung dieser Botschaften nachhaltigen Erfolg haben wird. Bei allen drei Hautschutzinitiativen zur Verhütung von Berufsekzemen ist auch vorgesehen (und im Fall des Friseurgewerbes bereits umgesetzt), nach einer Informations-/Sensibilisierungsphase die Hautschutzmaßnahmen in den Betrieben dieser Branchen stichprobenweise zu kontrollieren. Langfristiges Ziel bleibt die Implementierung der präventiven Maßnahmen in den Berufsschulen und in den Branchen selbst. Es ist beabsichtigt, in Zukunft weitere Hautschutzinitiativen zu starten.
Danksagung: Dr. Vittorio Sacchetti und Dr. Roland Krischek von der Abteilung Arbeitssicherheit/Gesundheitsschutz Suva in Luzern wird für die kritische Durchsicht des Beitrags herzlich gedankt. Sie sind bei den beschriebenen Initiativen maßgeblich beteiligt.
Interessenkonflikt: Der Autor und seine Koautorin geben an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
Literatur
Rast H: Berufsrelevante Hautveränderungen bei Coiffeusen/Coiffeuren im Kanton Zürich. Referat zu Dissertation von Ursina Jenny. Suva Medical 2012; 83: 68-71
Rast H: Epoxidharze als berufsdermatologische Herausforderung. Suva Medical 2013; 84:52-58
Rast H: Kontaktekzeme - Ursachen und Prävention im Beruf. Dermatologie Praxis 2020;30: 6-9
Rast H, Krischek R: Hautschutzinitiativen der Suva gegen chemische und physikalische Gefährdungen. Suva Medical 2017;88: 90-94
Weitere Infos
Suva: Arbeitsmedizin
www.suva.ch/arbeitsmedizin
Suva: Hautschutz
www.suva.ch/hautschutz
Suva: Sonne, Hitze, UV-Strahlen und Ozon
www.suva.ch/sonne
Suva: Coiffeusen und Coiffeure – Schützen Sie Ihre Hände, wenn Sie Haare waschen!
www.suva.ch/coiffure
Suva: Schmierstoffe schaden der Haut – Schützen Sie sich!
www.suva.ch/schmierstoffe
Suva: Epoxidharz gefährdet die Haut
www.suva.ch/epoxidharz
Pädagogische und praktische Webseite zur Prävention von Berufsdermatosen für Lehrpersonen, Ausbildner, Sicherheitsbeauftragte, Chemiker, Arbeitshygieniker und Arbeitsmediziner
www.2haende.ch
Kernaussagen
Koautorin
An der Erstellung des Beitrags beteiligt war Frau Dr. med. Anja Zyska Cherix, Fachärztin für Arbeitsmedizin und Allg. Innere Medizin, Chefärztin Abteilung Arbeitsmedizin Suva, Lausanne/Luzern.