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Kontrolle der Flugzeugenteisung ­unter widrigen physikalisch-­chemischen Umgebungsbedingungen

Arbeitssystem Enteisung

Arbeitsgestaltung und Arbeitsorganisation bei der Flugzeugenteisung werden auf den verschiedenen Großflughäfen unterschiedlich realisiert. Die Enteisung kann entweder durch die Luftfahrtgesellschaft selbst oder durch einen Dienstleister vorgenommen werden. Als Enteisungstechniken kommen chemische oder thermische Applikationen infrage. Auf thermische Applikationen sowie auf ökologische Aspekte der Enteisung wird hier nicht weiter Bezug genommen. Der ergonomische Forschungsstand der Flugzeugenteisung am Boden wird beispielsweise bei Nadeau et al. (2017) besprochen.

Im Folgenden wird am Beispiel der Arbeitsorganisation der Bodenenteisung am Flughafen Montréal (Landau et al. 2018) auf die Erkennung des Vereisungsgrades und auf die Erfolgskontrolle der Enteisung eingegangen. Beides hat für den sicheren Flugverkehr, aber auch für die Belastung des Enteisungspersonals eine hohe Bedeutung.

Das Enteisungspersonal (vorwiegend männlich) führt die Tätigkeiten in unterschiedlichen Stehhaltungen in einem am Lkw montierten dreidimensional verstellbaren Korb aus (➥ Abb. 1).

Die Beschäftigten benutzen dazu zwei schlauchgebundene Sprühpistolen zum Aufbringen der Enteisungsflüssigkeit Typ 1 (zur Beseitigung einer vorhandenen Eisschicht) und Typ 4 (zur Prävention der Eisneubildung nach dem Start des Flugzeugs). Sie verfügen über einen feuchtigkeitsgeschützten Flachbildschirm und Sprechfunkeinrichtungen zur Kommunikation mit Kolleginnen
und Kollegen sowie Vorgesetzten. Die Korbposition sowie die Position des LKWs auf dem Flugfeld werden über ein Bedienungstableau gesteuert, das die Person im Korb bedient. Es ist keine zweite Person im LKW-Führerstand vorhanden. Zum Makro-Arbeitssystem gehören das eigentlich zu enteisende Flugzeug, die sich auf dem Flugfeld bewegenden Flugzeuge und Fahrzeuge, das Enteiserungspersonal in anderen Fahrzeugen sowie der Kontrollturm. In Abhängigkeit von der Flugzeuggröße werden zwischen zwei und fünf Enteisungsfahrzeuge simultan eingesetzt. Bei mittelgroßen Verkehrsflugzeugen, zum Beispiel Airbus A 320, ist im Regelfall von vier Enteisungsfahrzeugen je Flugzeug auszugehen. Die Arbeit ist so aufgeteilt, dass sich zwei Fahrzeuge mit offenen Körben die beiden Tragflächen und zwei Fahrzeuge mit geschlossenen Körben den Heckbereich des Flugzeugs enteisen (Enteisung mit geschlossenen Körben ist jedoch nicht Gegenstand dieses Beitrags). Im Regelfall herrscht bei der Enteisung ein erheblicher Zeitdruck. Am Flughafen Montreal müssen in Spitzenzeiten stündlich bis zu 50 Flugzeuge enteist werden. Daher können bis zu 24 Enteisungs-LKW in acht Enteisungsstationen aktiv sein.

Vor diesem Hintergrund ist es entscheidend, trotz des großen Handlungsdrucks und zum Teil extremer Witterungsbedingungen Resteis zuverlässig zu erkennen, um nicht einen späteren Unglücksfall zu provozieren. Neben der körperlichen Arbeit steht also die Inspektion der Flugzeugoberfläche im Fokus. Im folgenden Abschnitt wird zunächst auf die Einflüsse bei der Vereisungskontrolle von Flugzeugen eingegangen.

Zum Stand der Forschung

Die menschliche Qualitätskontrolle (Gallwey u. Drury 1986; Drury u. Watson 2002) umfasst in allen Branchen in erster Linie den Tastsinn und den Sehsinn. Zur Inspektion gehört zunächst eine sensorische Aktivität, eventuell gefolgt von einer Messung der durch die menschliche Wahrnehmung wahrgenommenen Elemente (hier nicht relevant) und endet mit einer Entscheidung des Menschen. Die Faktoren, die eine Inspektion beeinflussen, sind:

  • die Inspektionsstrategie,
  • die Möglichkeit, das zu prüfende Objekt zu sehen/anzufassen,
  • das Tempo und die zeitlichen Beschränkungen der Arbeit,
  • Beleuchtungsfaktoren (insbesondere Beleuchtungsstärke, Kontrastfunktion des Objekts, Lichtfarbe u.a.),
  • Blendungsbedingungen (Direkt-, Reflex- und Relativblendung sowie psychologische Blendung),
  • Arbeitsplatz- und Arbeitsraum-Layout, insbesondere deren Auswirkungen auf die Sehbedingungen und die Körperhaltung,
  • physikalisch-chemische Umgebungsbedingungen (Kälte, Nässe, Wind, Vibrationen, Lärm, Schadstoffe),
  • Unterschiede zwischen einzelnen Personen, z.B. in Bezug auf die Sehschärfe (je nach Alter, Position des Objekts, Dauer der Sichtbarkeit des Objekts für das Auge und Beleuchtungsstärke), das Akkommodationsvermögen (je nach Alter, Beleuchtungsstärke und eventueller Bewegung des Objekts), Training, Übung und Ermüdungsgrad.
  • Um eine Entscheidung zu treffen, benötigen Menschen Qualitätskriterien oder Attribute. Dabei ist auf ihre Anzahl, mögliche Gruppierungen und Klarheit zu achten. Die Häufigkeit der zu erkennenden Fehler, ihre Art sowie die Bedingungen und die Art und Weise ihres Auftretens müssen bei der Festlegung dieser Kriterien und ihrer Darstellung (Erkennungsmuster) für den Menschen ebenfalls berücksichtigt werden. Der Mensch ist anfällig für Fehler und verfügt über eine zeitvariable Arbeitszuverlässigkeit. So sind Menschen beispielsweise schneller, wenn sie jeweils nur ein Objekt vor sich haben, und genauer, wenn sie jeweils nur ein Attribut einschätzen oder wenn sich das Objekt während der Untersuchung nicht bewegt.

    Die menschliche Qualitätskontrolle kann schnell zu einer eintönigen Aufgabe werden, so dass Maßnahmen (z. B. Pausen oder Arbeitsplatzwechsel) ergriffen werden müssen, um dem Rückgang der Wachsamkeit entgegenzuwirken. Die eingeschränkte Aufmerksamkeit und Konzentration bei längerer Arbeitsdauer (Heizmann 2006) äußert sich in zwei Varianten:

  • Die Erkennungsrate sinkt, während die Fehlalarmrate konstant bleibt (das bedeutet eine Leistungsverschlechterung).
  • Sowohl die Entdeckungsrate als auch die Falschalarmrate sinken, die Arbeitsperson wird alles melden, ob richtig oder
    falsch.
  • Beim Menschen wurden Verstärkungs- und Redundanzeffekte beim Erkennen und Identifizieren von Informationen durch den Tastsinn und den Sehsinn zusammen dokumentiert. Darüber hinaus bewegt der Mensch seine Augen und seinen Kopf, um das Objekt zur besseren Erkennung im zentralen Gesichtsfeld oder wenigstens im Blickfeld zu positionieren. Das menschliche Sehsystem ist im Vergleich zu kamerabasierten Systemen in Bezug auf die Leistung weniger effizient, insbesondere gibt es Defizite in Bezug auf

  • Bewertung der Intensität,
  • Bewertung der spektralen Zusammensetzung,
  • Messung von Länge oder Winkel.
  • Andererseits verfügt der Mensch unbestreitbar über kognitive (und auch emotionale) Fähigkeiten, um sich an veränderte Situationen anzupassen. In vielen Kontexten sind sie nach wie vor die beste Garantie für die Qualitätssicherung, sofern die Faktoren, die ihre Leistung beeinflussen, berücksichtigt werden (Drury u. Watson 2002). Diese Faktoren sind: Wichtigkeit des Signals, Knappheit des Signals, Signalintensität, Aufgabendauer, parallele kognitive Arbeitsbelastung, vorhandenes oder fehlendes Inspektionstraining, aufgabenbezogene Aufmerksamkeit, zeitliche oder räumliche Unsicherheit, fehlendes Feedback, unrealistische Erwartungen, Isolation während der Inspektionsaufgaben. Wie bei vielen Kontrollaufgaben spielen bei den Erkennungsraten und der Arbeitsermüdung auch die Persönlichkeitsausprägungen der Arbeitsperson zwischen Introversion und Extravertiertheit eine Rolle.

    Art und Ablauforganisation der Flugzeugenteisung am Boden sind an den meisten internationalen Flughäfen in Handbüchern festgelegt, so zum Beispiel Fraport (2020/2021) oder Guidelines (2021). Hierbei stehen die Arbeitstechniken und die Arbeitssicherheit im Vordergrund. Kriterien und Arbeitsabläufe für die sichere Erkennung von Resteis werden dort allerdings nicht oder nur am Rande diskutiert.

    Eigene arbeitswissenschaftliche ­Forschung am Flughafen Montréal

    Die Enteisung von Flugzeugen am Boden ist ein entscheidender Wartungsschritt in der Vorbereitung auf den Flug, um eine Verschlechterung der aerodynamischen Eigenschaften des Flugzeugs und seinen Absturz zu vermeiden: „Clean Aircraft Concept“. Dazu müssen mehrere Akteure ihre Aktivitäten unter starken zeitlichen Einschränkungen (Warren et al. 2013; Günebak et al. 2015, 2016), die durch die geplanten Abflüge des Flughafens diktiert werden (Nadeau et al. 2019), in Tages- und Abendschichten koordinieren. Die Zusammensetzung – und damit die jeweilige Kontrollerfahrungen – der Teams variiert (Landau u. Nadeau 2020). Die Qualitätsprüfung im Bereich der Flugzeugenteisung wird unter kalter thermischer Belastung durchgeführt, in Situationen, in denen auch Lärm und Vibrationen vorhanden sind (Landau et al. 2017).

    Die Enteisung erfolgt in offenen Gondeln, die vertikal und horizontal positionsgerecht am Flugzeug bewegt werden. Kontrollarbeiten können auf dem schneegeräumten Boden in der Nähe der laufenden Flugzeugtriebwerke anfallen – besonders bei kleinen Flugzeugmustern (Plonka et al. 2014; Mounet et al. 2013; Terrace et al. 2006). In Enteisungsbuchten gibt es zudem Fahrzeugverkehr mit gewissen Kollisionsrisiken (Landau et al. 2017).

    Nach Abschluss der Enteisung müssen die Enteiser eine taktile/haptische und visuelle Qualitätsprüfung der Enteisung durchführen (Bilodeau et al. 2014; Breton et al. 2014; s. Abb. 1). Auch heute noch ist das Aufspüren von klarem Eis sehr schwierig, vor allem, wenn es dunkel ist und die Tragflächen nass sind. Es wurde bisher keine zufriedenstellende technische Lösung gefunden, um die Gefahr von Klareis zu verhindern.

    Die Prüfung der Enteisungsqualität besteht in der Erkennung von Vereisungsbedingungen bei unterschiedlichen Beleuchtungs- und Lichtverhältnissen (tagsüber natürlich, nachts künstlich) auf kontrastarmen Oberflächen. Dabei darf es nicht zum Kontakt zwischen den Geräten (Korb, Sprühpistolen usw.) und dem Flugzeug kommen, daher muss ein gewisser Abstand zwischen dem Enteisungsgerät und dem Flugzeug eingehalten werden (Leurs 2015). Visuelle Inspektionen konnten in früheren Arbeiten nicht weiter untersucht werden, da viele Arbeitspersonen ihr Gesicht bedecken, um sich vor dem Wetter zu schützen (LeFloch et al. 2021).

    Taktile/haptische Prüfung auf Resteis

    Abb. 2:  Erkennung von Verunreinigungen

    Foto: https://aircrafticing.grc.nasa.gov/2_2_4_1.html

    Abb. 2: Erkennung von Verunreinigungen

    Im Gegensatz zur visuellen Qualitätskontrolle sind in der Industrie die Leistungskriterien bei taktiler (passiver) und bei haptischer (aktiver) Inspektion weniger erforscht. Als grundlegendes Werk zu den verschiedenen Handfunktionen ist hier die Publikation von Jones und Lederman (2006) zu nennen.

    Laborstudien zeigten, dass eine Arbeitsperson Eisflecken mit einer Dicke von weniger als 0,8 mm auf einer weißen Oberfläche und eine vollständige Eisschicht mit einer Dicke von weniger als 1 mm durch Sichtprüfung nicht erkennen kann (Sierra et al. 2006). Die taktile/haptische Erkennung von dünnem Eis ist demnach zwingend.

    Die taktile Inspektion wird oft mit bloßen Händen durchgeführt (➥ Abb. 2). Dabei kommt die Hand mit einer Metall- oder Verbundstoffoberfläche in Berührung. Eyre et al. (2002) beschreiben die manuelle Inspektionsstrategie des Enteisungspersonals. Die Beschäftigten streichen mit der Handfläche über die zu prüfenden Oberflächen und benutzen dann ihre Fingerspitzen für eine gründlichere Prüfung. Die manuellen Funktionen bei der taktilen Erkennung von Vereisungsbedingungen sind: Abtastbewegung der Oberfläche, Druck auf der Oberfläche, statischer Kontakt (Temperatur) und Abtasten der Konturen des zu prüfenden Objekts.

    Die taktile/haptische Inspektion in der Gondel macht 0,9% der gesamten Aktivitäten aus. Bei kleinen propellergetriebenen Flugzeugen wird die Prüfung am Boden durchgeführt, das Personal muss also die Gondel herunterfahren. 1,2% der Enteisungsaktivitäten fallen hierfür an (Landau et al. 2017). Frühere Arbeiten der Verfasser zur physischen Beanspruchung bei Enteisungsaktivitäten haben gezeigt, dass gerade diese Aufgaben verbesserungswürdig sind (Landau u. Nadeau 2020; LeFloch et al. 2021). Sie beinhalten ein erhebliches Sicherheitsrisiko, das vom Gehen auf dem schneebedeckten oder vereisten Boden bis hin zu einem möglichen Propellerkontakt reicht.

    Klimatische Umgebungsbedingungen mit ihren Folgewirkungen

    Abb. 3:  Sprühnebel kann neben Schneefall zu zusätzlichen Erschwernissen bei der visuellen ­Kontrolle führen

    Foto: Landau/Nadeau

    Abb. 3: Sprühnebel kann neben Schneefall zu zusätzlichen Erschwernissen bei der visuellen ­Kontrolle führen

    In den nordischen Ländern in Europa, Nordamerika und Nordasien sind die klimatischen Bedingungen mit höheren Herausforderungen für das Personal verbunden als in den mitteleuropäischen Ländern. Die Lufttemperatur betrug während unserer Untersuchungen 2016/17 zwischen +0,6 °C und -15,5 °C. Die Windgeschwindigkeit lag zwischen 9 km/h und 37 km/h. Die höheren klimatischen Belastungen des Enteisungspersonals lagen jeweils in den frühen Morgenstunden der Frühschicht und den späten Abendstunden der Spätschicht.

    Die Sichtweite betrug zwischen 1,5 und 24 km. Bei Schneefall war die Sichtweite entsprechend stärker eingeschränkt. Beim Versprühen der Glykolflüssigkeiten können durch Sprühnebel zusätzliche Sichtbehinderungen entstehen (➥ Abb. 3).

    Abb. 4:  Pessimale Körper- und Armhaltungen beim Sprühen

    Bild: Landau)

    Abb. 4: Pessimale Körper- und Armhaltungen beim Sprühen

    Zum Vergleich die klimatischen Bedingungen am Flughafen Frankfurt/Main: Trotz eines warmen und gemäßigten Klimas können sich auch am Flughafen Frankfurt/Main zahlreiche Enteisungstage einstellen. So lag während unserer Projekte in Kanada am Flughafen Frankfurt/Main der Temperaturbereich zwischen +10,8 °C und –8,7 °C mit elf Eistagen.

    Gegen widrige Witterungsbedingungen müssen sich das Enteisungspersonal durch entsprechende Kälteschutzkleidung und gegebenenfalls auch mit einer Sturmhaube oder einem Schal schützen. Dadurch verschlechtern sich allerdings die visuellen Erkennungsraten – vor allem dann, wenn sich Flugzeugschale oder Tragflächen direkt unterhalb des Korbs befinden und es zu einer Superposition mehrerer Belastungsarten kommt (➥ Abb. 4). Hier sind es die verschiedenen Witterungseinflüsse, Glykolexposition, statische Haltearbeit von Sprühpistole und Schlauch, stark gebeugte Zwangshaltung, Lärm, Vibrationen durch den sich bewegenden Korb sowie Rückstoß durch den Sprühdruck.

    Bei der Arbeit im Korb treten oft Windlasten auf, die die Stabilität der Arbeitsposition im Korb beeinträchtigen können. Bei gleichzeitigem Verfahren des Korbs oder des LKWs können sich ungünstige Hebelverhältnisse mit der Gefahr des Herausschleuderns der Arbeitsperson (Katapulteffekt) einstellen. Es besteht auch ein hohes Kollisionsrisiko mit Flugzeugteilen, insbesondere mit laufenden Propellern bei Propellermaschinen.

    Die Körperhaltung der Beschäftigten während der Enteisung ist also oft nicht sehr ergonomisch ((Nadeau et al. 2019; Torres Medina et al. 2016, 2014a,b, 2013). Unsere Arbeit hat jedoch gezeigt, dass ein Risiko für muskuloskelettale Beschwerden und Erkrankungen im niedrigen bis mittleren Bereich liegt (Nadeau et al. 2019). Andererseits wird eine eingehendere Untersuchung des Risikos von Enteisungsaufgaben für die oberen Gliedmaßen empfohlen (Nadeau et al. 2019). Die Körperhaltung während der Inspektion beinhaltet häufig eine starke sagittale Flexion, während der Korb bewegt wird (Landau u. Nadeau 2020).

    Schadstoffbelastungen

    Die Enteisung von Flugzeugen erfolgt hauptsächlich durch das Versprühen von in Wasser verdünnten Glykolverbindungen (Morinière et al. 2014). Die am häufigsten verwendeten Verbindungen sind Propylenglykol (PG; Propan-1,2-diol, Nomenklatur der Internationalen Union für reine und angewandte Chemie – IUPAC) und Ethylenglykol (EG; Ethan-1,2-diol, IUPAC-Nomenklatur). Obwohl sie häufig als nicht toxisch für den Menschen angesehen werden, wurde in Studien über Haut- (Ödeme und Erytheme), Augen- und Atemwegsreizungen für PG (ATSDR 1997; Wieslander et al. 2001) und Augen- und Atemwegsreizungen für EG (Wills et al. 1974; Lakind et al. 1999) berichtet. Daher ist es wichtig, den direkten Kontakt zwischen Enteisungschemikalien und der Haut der Beschäftigten zu minimieren.

    Der Kontakt der Handinnenseite und der Fingerspitzen mit der Flugzeugoberfläche muss ohne Arbeitshandschuhe erfolgen. Insoweit gibt es hier einen Widerspruch zur oben erwähnten Kontaktvermeidung mit den Enteisungschemikalien. Natürlich kommt die Kälte- und Nässebelastung der nackten Hand hinzu.

    Das Enteisungspersonal in den offenen Körben wird jeweils nur für eine Saison beschäftigt. Bewirbt es sich für die nächste Wintersaison, erfolgt die Beschäftigung im Regelfall in den geschlossenen Körben. Es fehlen demnach arbeitshygienische Studien zu Langzeiteffekten der Glykolbelastung.

    Weiterhin ist aus Umweltschutzgründen die Gewässerbelastung durch Glykolverbindungen zu beachten. Ein geschlossenes System für die ablaufenden Flüssigkeiten ist aus ökologischen Gründen sehr empfehlenswert.

    Schlussfolgerung

    Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Qualitätskontrolle der Enteisung in der Luftfahrt sind bisher noch begrenzt. Es liegen beträchtliche Defizite zu den visuellen und taktilen/haptischen Erkennungsraten vor. Um eine Lösung zur Unterstützung oder Verbesserung der Fähigkeiten von Flugzeugenteisungspersonal bei der Qualitätskontrolle vorzuschlagen, ist es daher notwendig, die Beziehung zwischen den taktilen/haptischen und visuellen Wahrnehmungsfähigkeiten des Menschen sowie die vielen Variablen, die jede Art der Wahrnehmung im speziellen Fall der Flugzeugenteisung beeinflussen, besser zu verstehen. Die überaus komplexe Superposition von physischen, informatorisch-mentalen und situativen Belastungen ist noch nicht hinreichend untersucht.

    Interessenkonflikt: Die Erstautorin und ihr Koautor geben an, dass keine Interessenkonflikte vorliegt

    Literatur

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    Weitere Infos

    Drury CG, Watson J: Bewährte Praktiken bei der Sichtprüfung. 2002
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    Fraport: Luftfahrzeugenteisungsplan Frankfurt/Main, ­Wintersaison 2020/2021
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    Heizmann M: Optische Inspektion von technischen Oberflächen. 2006
    https://www.qz-online.de/qualitaets-management/qm-basics/messen_pruefen…

    Kernaussagen

  • Die Enteisung der Flugzeuge am Boden hat sicherheitstechnische und ökologische Aspekte, ist aber zugleich auch eine sehr große Herausforderung für die betroffenen Beschäftigten.
  • Das Enteisungspersonal auf den Flughäfen ist einer teilweise extremen Belastungssuper­position ausgesetzt. Dazu gehören u.a. extreme Witterungsbedingungen, statische Zwangshaltungen, Nebel der Enteisungsflüssigkeiten, Verantwortungsdruck­.
  • Die Inspektion der Flugzeugoberfläche im Hinblick auf Resteis erfordert neben der visuellen Kontrolle auch direkten taktil/haptischen Kontakt mit der ungeschützten Hand.
  • Technische Unterstützungssysteme bei der Enteisung wurden zwar entwickelt, sind jedoch erst in der Erprobung oder haben sich als nicht ausreichend zuverlässig erwiesen.
  • Kontakt

    Univ. Prof. Dr.-Ing. Kurt Landau
    Sachverständigenbüro; Lechnerschaft 110; A-9872 Millstatt

    Foto: privat

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