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Leitlinien und Empfehlungen

Sicherung von Guter Epidemiologischer Praxis und arbeitsmedizinischer Forschung

An wen richten sich die Leitlinien für Gute Epidemiologische Praxis (GEP)?

WH: Die Leitlinien richten sich an alle Kolleginnen und Kollegen, die epidemiologische Forschung betreiben. Dies umfasst beschreibende Datenauswertungen ebenso wie Hypothesen-testende Studien bis hin zu randomisierten Interventionsstudien. Die Grundprinzipien gelten für alle Studienformen. Die einzelnen Leitlinien sind deshalb möglichst so formuliert, dass sie unabhängig vom Forschungssetting, von Themen, Größe und Komplexität der Studien und für alle Studiendesigns anwendbar sind.

Jede Studie beginnt mit einer oder mehreren Forschungsfragen, die vor Beginn der Datenerhebung klar formuliert werden sollen – und die eine Reihe von Anforderungen erfüllen sollen, die in den Leitlinien benannt und begründet werden. In einem Studienprotokoll sind alle Einzelheiten zur Methodik, den verwendeten Instrumenten der Datenerhebung und des Datenmanagements so beschrieben, dass sie für Außenstehende nachvollziehbar sind. Ein Auswerteprotokoll legt vor Beginn der Datenerhebung die geplanten Analysen fest. Auch Leitlinien, die die Verantwortung der Forschenden betreffen, gelten universell. Deshalb sind die Leitlinien in erster Linie eine Orientierung und Hilfestellung für Forschende. Seit vielen Jahren werden die Leitlinien aber auch bei Förderentscheidungen und Begutachtungen sowie von einigen Ethikkommissionen für die Prüfung von epidemiologischen Studienvorhaben eingesetzt.

Selbstverständlich kann es notwendig sein, bei bestimmten Forschungsvorhaben von einzelnen Leitlinien abzuweichen. Eine Abweichung muss kein Qualitätsmangel sein! Sie soll aber in den Studiendokumenten explizit beschrieben und begründet werden.

Welches sind die drei wichtigsten Ziele der GEP-Leitlinien?

WH: Das wichtigste Ziel der Leitlinien ist die Verbesserung und Sicherung der höchstmöglichen Qualität der epidemiologischen Forschung. Dazu gehören nicht nur Methoden und Standards, sondern beispielsweise auch die Verantwortung der Forschenden für eine angemessene Einbeziehung der Betroffenen bei allen Schritten einer Studie, beginnend mit der Formulierung der Forschungsfragen über die Auswahl des Studiensettings, Aspekte der Studiendurchführung und die Planung der Auswertung. Aufgaben der Forschenden sind auch die Interpretation der eigenen Ergebnisse sowie deren Kommunikation in der Fachwelt und auch mit den Medien und der Öffentlichkeit. Ein ebenso wichtiges Ziel der Leitlinien ist der Schutz der forschenden Personen, beispielsweise vor Publikationsvorbehalten mancher Fördernden (die sind unzulässig) und dem Verlangen mancher Datenschutzbeauftragten nach zeitnaher Löschung aller Studiendaten (Pflicht zur Aufbewahrung für mindestens
10 Jahre nach Abschluss eines Projekts).

Inwieweit schränken die GEP-Leitlinien Forschende in ihrer Forschungsfreiheit ein?

WH: Überhaupt nicht! Die Leitlinien verbieten keine Themen, Methoden oder Studien. Sie bieten im Gegenteil für die Forschenden Schutz vor grundsätzlicher Kritik und helfen ganz praktisch bei der Formulierung von Förderanträgen sowie Ethik- und Datenschutzkonzepten. Einige Leitlinien können als Checklisten verwendet werden, die das Risiko verringern, etwas zu vergessen, zum Beispiel im Studienprotokoll oder bei der Auswertungsplanung.

Sind die GEP-Leitlinien auch auf die Forschung zu betrieblichen Gesundheitsdaten übertragbar?

WH: Selbstverständlich! Die Leitlinien gelten für alle epidemiologischen Studien unabhängig von Thema, Setting und Studienmethodik.

Für die Forschung mit betrieblichen Gesundheitsdaten können daneben spezielle „Ausführungsbestimmungen“ zu den GEP wichtig sein – das sind Ergänzungen und Konkretisierungen der Leitlinien, die die Besonderheiten dieser Forschungsbereiche aufgreifen und Empfehlungen dazu formulieren2.

Welcher Teil der GEP-Leitlinien wird Ihrer Einschätzung nach zu oft nicht genügend beachtet?

WH: Diskussionen gibt es gelegentlich um Publikationsvorbehalte – dass also manche Fördernde für sich das Recht fordern, in Abhängigkeit von den Ergebnissen einer Studie über deren Publikation zu entscheiden. Solche Regeln widersprechen der Guten Epidemiologischen Praxis und sind deshalb nicht akzeptabel! Die Leitlinien erlauben aber angemessene Sperrfristen, zum Beispiel für die Sicherung von Patentrechten oder die Vorbereitung der Öffentlichkeitsarbeit.

Manchmal besteht Unsicherheit darüber, inwieweit Post-hoc-Auswertungen zu Fragestellungen zulässig sind, die nicht vorab bereits formuliert waren. Die Leitlinien geben praxisnahe Empfehlungen dazu, was in solchen Fällen zu beachten ist.

Wie wurden die GEP-Leitlinien entwickelt und beschlossen?

WH: Die Erstellung der ersten Version der GEP war motiviert durch die Forderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Leitlinien für Gute Wissenschaftliche Praxis für alle Forschungsgebiete zu erstellen. Diese Forderung hat 1997 eine ganz wichtige Diskussion innerhalb der epidemiologischen Community ausgelöst. Die Leitlinien wurden in einem umfassenden partizipativen Prozess erstellt – mit zahlreichen Diskussionen in den Arbeitsgruppen, und thematischen Workshops. Zwischenergebnisse wurden im Vorstand sowie mit interessierten Kolleginnen und Kollegen diskutiert und ein Formulierungsvorschlag zuletzt allen Mitgliedern zur Kommentierung übersandt.

Auch das Redaktionsteam der aktuellen Überarbeitung hat viele Gespräche geführt und Sachverständige der unterschiedlichen Forschungsrichtungen der Epidemiologie in die Aktualisierung einbezogen. Der Textentwurf wurde vom Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi) an alle Mitglieder verschickt und deren Rückmeldungen gingen in die Erstellung der finalen Version ein. Die innerhalb der DGEpi zuletzt konsentierte Fassung wurde dann an die Partnergesellschaften verschickt, die wir zur Prüfung und Mitzeichnung eingeladen haben.

Vielen Dank für das Gespräch!

doi:10.17147/asu-1-167087

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