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SARS-CoV-2: Studie ermittelt die häufigsten Übertragungsorte

Moderne Mobiltelefone speichern die Aufenthaltsorte ihrer Nutzer und geben sie an den Provider weiter. Firmen wie SafeGraph werten die Daten normalerweise zu kommerziel­len Zwecken aus. Für ihre Kunden kann es interessant sein zu wissen, wann und wie häufig Nutzer welche Geschäfte oder Freizeiteinrichtungen aufsuchen.

Ein Team um Jure Leskovec von der Stanford Universität in Palo Alto/Kalifornien hat die Daten jetzt genutzt, um die Ausbreitung von SARS-CoV-2 im Frühjahr zu analysieren. Sie setzten die Bewegungen von Menschen aus 10 Großstadtregionen mit den Infektions­zahlen in Beziehung. Es wurde abgebildet, wie oft und wie lange sich die Handynutzer in 57.000 Stadtteilen in Restaurants, Kirchen, Fitnessstudios, Hotels, Tankstellen oder in Sport­geschäften aufgehalten hatten. Eine Kombination der Bewegungsdaten mit den bekannten Übertragungswegen lässt Rückschlüsse auf die Orte zu, an denen die Viren am ehesten übertragen wurden.

Verminderte Mobilität trug zum Infektionsgeschehen bei

Die Analyse ergab, dass die verminderte Mobilität der Bevölkerung wesentlich zum Rückgang der Infektionszahlen beigetragen hat. Wenn der Rückgang der Mobilität um 1/4 weniger stark ausgefallen wäre, hätten sich 3,3 Mal mehr Menschen mit SARS-CoV-2 infiziert, schreiben die Forscher. Wäre der Lockdown nur eine Woche später erfolgt, hätte es 50 % mehr Infizierte gegeben. Ganz ohne Einschränkungen der Bewegungsfreiheit hätten sich die Zahlen innerhalb kurzer Zeit mehr als versechsfacht.

Die Mehrzahl der Infektionen war nach der Analyse der Daten auf wenige Stellen konzen­triert. In Chicago kam es in 10 % der „Points of interest“ (POI) zu 85 % aller Infektionen. Diese „Superspreading“-Orte waren vor allem Restaurants, Fitnesscenter, Cafés und Herbergen/Hotels.

Nach den Berechnungen von Leskovec hätte es in Chicago im Mai 596.000 zusätzliche Infektionen gegeben, wenn alle Restaurants am 1. Mai uneingeschränkt geöffnet hätten. Das Öffnen von Fitnessstudios hätte zu 149.000 zusätzlichen Infektionen geführt. Für den Fall der Öffnung aller Veranstaltungsorte prognostizieren die Forscher 3,3 Millionen zusätzlicher Fälle.

zum Thema

Abstract der Studie in Nature 2020 Pressemitteilung der Stanford Universität

aerzteblatt.de

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Eine Begrenzung der Belegung aller Veranstaltungsorte auf 30 % hätte die Zahl der zusätzlichen Infektionen auf 1,1 Millionen reduziert, so das Modell. Wenn die Belegung auf 20 % begrenzt worden wäre, hätte dies die Zahl der Neuinfektionen sogar um mehr als 80 % auf etwa 650.000 Fälle gesenkt.

Die Forscher fanden auch eine Erklärung dafür, warum in den US-Metropolen Menschen aus ärmeren Stadtteilen häufiger an COVID-19 erkranken: Die Bewegungsdaten zeigten, dass ärmere Menschen seltener im Homeoffice arbeiten konnten, und sie kauften häufiger in stärker frequentierten Läden ein. Eine Fallstudie ergab, dass die Lebensmittelläden in ärmeren Gegenden in Bezug auf die Größe 59 % mehr stündliche Besucher hatten und sich die Käufer 17 % länger in den Geschäften aufhielten.

Ob „Big Data“-Analysen das Infektionsgeschehen richtig widerspiegeln, ist umstritten. Leskovec räumt ein, dass sein Modell nicht alle Risikoorte erkennen kann. Auf der Bevölkerungsebene seien die Ergebnisse jedoch valide.

Als die Forscher ihre Prognose zur Entwicklung der Infektionen mit den später registrierten Fällen verglichen, stimmten die Zahlen weitgehend überein. © rme/aerzteblatt.de