COVID-19 infection rate in the construction and cleaning industry: known infections and under-reporting factor. Part 2: Women
Aims: The aims of this study were to assess the prevalence of COVID-19 among female construction and cleaning workers in Germany, to estimate the number of unreported cases, to consider whether it is possible to assume an increased risk compared to the general population and to examine the influence on the infection rate of job-specific risk factors such as place of work and occupation.
Methods: We conducted a seroepidemiological study to detect antibodies to COVID-19 among n = 219 women who attended the participating occupational health centres for medical check-ups. The study participants completed a questionnaire which included questions on living conditions, occupation, professional status and known previous infection. 43 women worked in the cleaning industry (19.6 %), whilst 134 were predominantly office workers, managers and supervisors (61.2 %).
Results: 14 women (6.4 %) knew that they had already been infected with COVID-19. Among the n = 205 women without known infection, antibodies to COVID-19 were positive in n = 9 subjects (4.1 %). Overall, 23 women (10.5 %) had a previous COVID-19 infection. In relation to the known
COVID-19 infections, the number of unreported cases (under-reporting factor) was 64 %. It was not possible to establish whether working on construction sites had a definite influence on the infection rate. There are indications of an increased risk of infection for cleaning activities, especially in old people’s homes and hospitals.
Conclusions: Occupational health and safety measures should be strengthened and consistently implemented for this group of people. The under-reporting factor of 64 % indicates that not all people with an infection are recorded. Compliance with general protective measures is therefore of great importance in containing the COVID-19 pandemic.
Keywords: COVID-19 – infection rate – under-reporting – construction and cleaning industry
ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2022; 57: 249–254
doi:10.17147/asu-1-182157
COVID-19-Infektionsquote im Bau- und Reinigungsgewerbe: bekannte Infektionen und Dunkelziffer. Teil 2: Frauen
Ziele: Ziele dieser Studie waren die Abschätzung der Prävalenz der mit COVID-19 infizierten weiblichen Beschäftigten des Bau- und Reinigungsgewerbes in Deutschland, der Dunkelziffer (Untererfassungsfaktor) sowie die Prüfung des Einflusses möglicher berufsspezifischer Risikofaktoren wie Tätigkeitsort und ausgeübte Tätigkeit auf die Infektionsquote.
Methoden: Es wurde eine Bestimmung der Antikörper gegen COVID-19 bei n = 219 Frauen durchgeführt, die im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Vorsorge eines der beteiligten arbeitsmedizinischen Zentren aufsuchten. Zudem wurde ein Fragebogen u. a. zu Wohnverhältnissen, beruflicher Tätigkeit, Stellung im Beruf und bekannter früherer Infektion von den Studienteilnehmerinnen ausgefüllt. 43 Frauen arbeiteten im Reinigungsgewerbe (19,6 %), 134 hatten überwiegend Büro-, Leitungs- und Überwachungsaufgaben (61,2 %).
Ergebnisse: 14 Frauen (6,4 %) gaben an, bereits eine COVID-19-Infektion gehabt zu haben. Bei den n = 205 Frauen ohne bekannte Infektion waren die Antikörper gegen COVID-19 bei n = 9 Probandinnen positiv (4,1 %). Insgesamt hatten 23 Frauen, das heißt 10,5 %, eine frühere COVID-19-
Infektion. Bezogen auf die bekannten COVID-19-Infektionen betrug die Dunkelziffer der nicht diagnostizierten COVID-19-Infektionen somit 64 %. Ein eindeutiger Einfluss des Arbeitsorts „Baustelle“ auf die Infektionsrate konnte nicht festgestellt werden. Für Reinigungstätigkeiten, insbesondere in Altenheimen und Krankenhäusern ergeben sich Hinweise auf ein erhöhtes Infektionsrisiko.
Schlussfolgerungen: Für diese Personengruppe sollten die Arbeitsschutzmaßnahmen verstärkt und konsequent umgesetzt werden. Der Untererfassungsfaktor von 64 % weist darauf hin, dass eine Erfassung von Personen mit einer Infektion nicht vollständig gelingt und somit auch die Einhaltung allgemeiner Schutzmaßnahmen für die Eindämmung der Pandemie von großer Bedeutung ist.
Schlüsselwörter: COVID-19 – Infektionsquote – Dunkelziffer – Bau- und Reinigungsgewerbe
Einleitung
Das Infektionsgeschehen mit SARS-CoV-2 (Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom Coronavirus-2, COVID-19) verläuft weiterhin in Deutschland als auch weltweit mit hoher Dynamik (siehe aktuelle Lageberichte des Robert Koch-Instituts (RKI), COVID-19-Dashboard des CSSE (Center for Systems Science and Engineering) der John Hopkins University (JHU)). Weltweit haben bisher über 250 Millionen Menschen eine Infektion mit dem COVID-19-Virus gehabt, über fünf Millionen Menschen sind daran verstorben (COVID-19-Dashboard des CSSE der JHU, Abruf 24.11.2021). In Deutschland haben über fünf Millionen Menschen bisher eine Infektion gehabt, knapp 100.000 Menschen sind an COVID-19 verstorben. Auch wenn zumeist ältere Menschen versterben, führt die Infektion zu einem hohen Verlust an Lebensjahren (Hanlon et al. 2021).
Neben den möglichen gesundheitlichen Folgen einer durchgemachten Infektion (Long COVID, z. B. Nalbandian et al. 2021) sind auch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie, infolge der Einschränkungen des Wirtschaftslebens unter anderem durch die getroffenen Schutzmaßnahmen, erheblich, wobei das Baugewerbe relativ gering betroffen ist (Hofmann et al. 2021; Wolter et al. 2021).
Um angemessene Schutzmaßnahmen im betrieblichen Umfeld treffen zu können, ohne die Erwerbstätigkeit übermäßig einzuschränken, sind Kenntnisse über berufsgruppenabhängige Infektionsquoten von großer Bedeutung.
Die Studie wurde durch die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) beauftragt und finanziert.
Methoden
Die Methodik dieser Studie wurde in Teil 1 unserer Publikation (COVID-19-Infektionsquote im Bau- und Reinigungsgewerbe: bekannte Infektionen und Dunkelziffer. Teil 1: Männer; ASU 2022; 57: 106–113) bereits ausführlich dargestellt.
Insgesamt füllten 227 Frauen nach entsprechender Aufklärung und Einverständnis den Fragebogen zu Wohnverhältnissen, beruflicher Tätigkeit, Stellung im Beruf und bekannter früherer Infektion aus, gefolgt von der Antikörperbestimmung. Acht Frauen gaben an, bereits eine Impfung gehabt zu haben, so dass n = 219 Frauen in die Studie aufgenommen wurden.
99 % der Probandinnen nahmen von Januar 2021 bis April 2021 an der Studie teil, die erste am 16.12.2020, die letzte am 29.04.2021.
78 % der Frauen wohnten in den Bundesländern Sachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Berlin und Niedersachsen. Die befragten Frauen stammten aus 112 Unternehmen, mit 20 oder mehr Studienteilnehmerinnen war ein Unternehmen vertreten. Aufgrund der hohen Zahl der Unternehmen, aus der die Teilnehmerinnen rekrutiert wurden, ist ein wesentlicher Bias unwahrscheinlich.
Der Altersmittelwert war 43,8 Jahre, die jüngste Teilnehmerin war 18,2 Jahre, die älteste 65,4 Jahre alt.
Die beruflichen Tätigkeiten wurden basierend auf den Angaben im Fragebogen wie folgt in Berufstätigkeitskategorien zusammengefasst:
Die Zuordnung erfolgte unter Berücksichtigung der ergänzenden Angaben und Berücksichtigung der Plausibilität durch einen erfahrenen Arbeitsmediziner (Solbach). Fragliche Zuordnungen wurden gemeinsam entschieden.
Die Antikörper wurden von verschiedenen Laboren nach unterschiedlichen Methoden bestimmt. Als Grenze (negativ/positiv) wurde der jeweilige Normalbereich des Labors verwendet.
Überwiegend erfolgte die Bestimmung mittels ELISA von Euroimmun (COV IGG). Die Ergebnisse wurden dabei als Ratio angegeben. Bei der Bestimmung der Antikörper mittels ELISA von Euroimmun (COV IGG) wurde eine Ratio ≥ 1,1 als positiv bewertet. Dies entspricht der Interpretation der, soweit angegeben, überwiegenden Anzahl der vorliegenden seroepidemiologischen Studien in Deutschland (Neuhauser et al. 2020, 2021). Bei den untersuchten Frauen hatte keine eine Ratio im Grenzbereich von 0,8 bis 1,1.
Ergebnisse
205 Frauen beantworteten die Frage „Ist bei Ihnen eine frühere COVID-19-Infektion bekannt?“ mit „nein“, n = 14 mit „ja“ (6,4 %, bezogen auf die Grundgesamtheit). Bei den n = 205 Frauen ohne bekannte Infektion waren die Antikörper gegen COVID-19 bei n = 9 Probandinnen positiv (4,1 %, bezogen auf die Grundgesamtheit). Insgesamt hatten 10,5 % der Frauen eine COVID-19-Infektion. Bezogen auf die bekannten COVID-19-Infektionen betrug die Dunkelziffer (Untererfassungsfaktor) der nicht diagnostizierten COVID-19-Infektionen somit 64 %: n = 9 neu festgestellte Infektionen (AK positiv)/14 bekannte Infektionen = 0,64 (Berechnung analog Neuhauser et al. 2020).
➥ Abbildung 1 fasst die Ergebnisse bezüglich einer bekannten Infektion beziehungsweise den Nachweis einer früheren Infektion durch positiven Antikörpernachweis zusammen.
➥ Tabelle 1 zeigt die Verteilung nach der Altersgruppe. Unter Berücksichtigung der geringen Fallzahlen konnte nicht festgestellt werden, dass die Infektionsquote und die Altersgruppen voneinander abhängig sind (Chi-Quadrat-Test: p = 0,76). Die jüngste infizierte Studienteilnehmerin war 24, die älteste 61 Jahre alt.
Im Hinblick auf das Infektionsrisiko der Beschäftigten des Bau- und Reinigungsgewerbes als Teil der Allgemeinbevölkerung konnte nach Wohnverhältnissen und Zahl der Familienangehörigen ausgewertet werden. Eindeutige Unterschiede ergaben sich unter Berücksichtigung der geringen Zahlen bei dem Infektionsrisiko bei unterschiedlichen Wohnverhältnissen nicht (exakter Chi-Quadrat-Test: p = 0,8695). Bei den 90 Frauen, die in einem Haus wohnten, lag die Infektionsquote bei 11,1 %, bei den 127 Frauen, die in einer Wohnung wohnten, lag die Infektionsquote bei 10,2 %. Bei zweien lagen keine Angaben vor.
Bei den Familienverhältnissen (➥ Tabelle 2) zeigten sich jedoch Abhängigkeiten (exakter Chi-Quadrat-Test: p = 0,0253). Bei der geringen Zahl der Teilnehmerinnen ist die Aussagekraft aber sehr eingeschränkt.
Um den Zusammenhang zwischen beruflicher Tätigkeit und Infektionsstatus zu erfassen, haben wir nach derzeitigem Arbeitsort sowie nach der ausgeübten beruflichen Tätigkeit (nach den sechs Tätigkeitskategorien) ausgewertet. Arbeitsort und ausgeübte berufliche Tätigkeit hängen zusammen, es handelt sich aber trotzdem um unterschiedliche Auswertungen. So kann beispielsweise eine Bauingenieurin als Arbeitsort „Baustelle“ angeben, bei der ausgeübten Tätigkeit aber der Kategorie „Büro-, Leitungs-, Überwachungsaufgaben“ zugeordnet sein.
➥ Tabelle 3 zeigt die Auswertung nach dem derzeitigen Arbeitsort. Insgesamt zeigen sich unter Berücksichtigung der geringen Fallzahlen keine Abhängigkeiten zwischen Infektionsquote und dem Arbeitsort (Chi-Quadrat-Test: p = 0,44).
Von den 23 Frauen, die auf einer Baustelle arbeiteten, waren neun als Malerin/Lackiererin tätig, sechs als Bauleiterin, vier als Dachdeckerin/Zimmererin und zwei als Schornsteinfegerinnen. Die restlichen sechs verteilten sich auf verschiedene Berufe. Die häufigsten typischen handwerklichen Berufe wie Maurer, Betonbauer waren nicht repräsentiert. Die Bauleiterinnen, die alle eine berufliche Stellung als Bauingenieurin oder ein anderes Studium hatten, sind der arbeitsmedizinischen Erfahrung nach nur bedingt einer Baustellentätigkeit zuzuordnen. Erfahrungsgemäß kann zwar die Überwachung auf der Baustelle der überwiegende Teil der Zeit sein, dieser wird sich zu einem großen Teil zum Beispiel in Bürocontainern abspielen. Die Hypothese, dass für Frauen bei Arbeiten auf Baustellen ein erhöhtes Infektionsrisiko bestehen könnte, kann jedenfalls nicht bestätigt werden.
Hinweise auf eine erhöhte Infektionsquote zeigen sich bei Beschäftigten, die im Reinigungsgewerbe tätig sind. Im Vergleich zu allen anderen erweist sich dies jedoch nicht als signifikant (exakter Fisher-Test: p = 0,41).
Die Auswertung nach den 6 Berufstätigkeitskategorien zeigt ➥ Tabelle 4.
Bei der Interpretation ist die – im Vergleich zu Männern – geringe Zahl zu beachten, so dass bei Frauen eine Aussage zu dem Infektionsrisiko bei handwerklichen Berufen des Hochbaus, des Tiefbaus, beim Maschinenführen sowie bei „sonstigen Berufen“ nicht möglich ist. Zumindest ergeben sich aber keine positiven Hinweise auf ein erhöhtes Infektionsrisiko.
Bei dieser Kategorisierung wird das erhöhte Infektionsrisiko im Reinigungsgewerbe deutlicher. Vergleicht man Reinigungsgewerbe mit allen anderen, zeigt sich aber auch hier kein signifikanter Unterschied (exakter Fisher-Test: p = 0,09)
Die Beantwortung der Zusatzfrage für den Arbeitsort Gebäude (Reinigung) ist in ➥ Tabelle 5 dargestellt. Fünf der sechs infizierten Frauen gaben hier Krankenhaus und eine Altenheim an. Vier von sechs (66,7 %) vs. 16 von 37 (43,2 %) gaben zudem Kontakt mit Patientinnen und Patienten an.
Insgesamt weist dies darauf hin, dass das erhöhte Infektionsrisiko im Reinigungsgewerbe vor allem den speziellen Tätigkeitsbereich „Krankenhaus“ mit Patientenkontakt betrifft.
Bei Männern hatten wir in Übereinstimmung mit einigen vorhergehenden Untersuchungen in unserer Studie eine niedrigere Infektionsquote von COVID-19 bei Rauchern festgestellt. Die entsprechende Auswertung bei Frauen zeigt ➥ Tabelle 6. Es sich kein relevanter Unterschied (exakter Chi-Quadrat-Test: p = 0,4891).
Diskussion
Zur Einordnung der Infektionsquote (bekannte Fälle) kann auf Statistiken des RKI zurückgegriffen werden. Die Infektionsquote wurde nach Daten des RKI (SurvStat@RKI 2.0, https://survstat.rki.de, Abfragedatum: 09.09.2021) berechnet.
Bei Betrachtung der in der Studie relevanten Altersgruppen (20 bis 64 Jahre) errechnet sich eine kumulative Infektionsquote (bekannte Fälle) von 4,8 % bis zur 17. Kalenderwoche 2021.
Nach unserer Studie errechnet sich für diese Altersgruppen zusammen eine Infektionsquote (bekannte Fälle) von 6,6 % (Altersgruppen 20–64: Infektion bekannt: n = 14, Altersklassen 20 bis 64 insgesamt n = 211).
Ohne Berücksichtigung der Beschäftigten, die im Reinigungsgewerbe tätig sind, ergibt sich aus der Tabelle 4 eine Infektionsquote (bekannte Fälle) von 4,2 %.
Nach dem Ergebnis dieser Studie kann man feststellen, dass sich bei Frauen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit im Baugewerbe- und Reinigungsgewerbe – wenn auch statistisch nicht signifikante – Hinweise auf ein erhöhtes Infektionsrisiko im Bereich der Gebäudereinigung ergeben haben, das vor allem den speziellen Tätigkeitsbereich „Krankenhaus“ mit Patientenkontakt betrifft.
Zur Einordnung der Dunkelziffer (Untererfassungsfaktor) kann ein Vergleich mit anderen Studien erfolgen, die Antikörper gegen COVID-19 untersucht haben.
In verschiedenen seroepidemiologischen Studien mit Zufallsstichproben der Allgemeinbevölkerung, die teilweise regional begrenzt waren und 2020 durchgeführt wurden, wurde eine Dunkelziffer zwischen dem Faktor 2 und 6 festgestellt (Neuhauser et al. 2021).
Die Dunkelziffer in unserer Studie lag mit 64 % in der gleichen Größenordnung wie in einer aktuellen seroepidemiologischen Studie der Universität Mainz, die einen annähernd vergleichbaren Zeitraum umfasst (Oktober 2020 bis Juni 2021), von der jedoch nur vorläufige Ergebnisse vorliegen (Präsentation auf der Homepage) sowie einer seroepidemiologischen Studie des RKI (SeBluCo-Studie des RKI, 2021). Aus der aktuellen Übersicht des RKI über die in Deutschland durchgeführten seroepidemiologischen Studien lässt sich ableiten, dass der Untererfassungsfaktor unter anderem von der Region, der Zusammensetzung der Stichprobe und vor allem dem Studienzeitraum abhängig ist (Neuhauser et al. 2021), was sich auch durch die in Phasen verlaufende Infektionsausbreitung erklärt (Schilling et al. 2021; Tolksdorf et al. 2021). Im Vergleich mit den in der oben genantnen Publikation aufgeführten Studien war der Untererfassungsfaktor in unserem Studienkollektiv niedriger.
Offensichtlich ist eine vollständige Erfassung von mit COVID-19 infizierten Personen nicht möglich. Dies weist neben den Impfungen, die zur Zeit der Durchführung unserer Studie noch nicht zur Verfügung standen, in präventiver Hinsicht auf die Bedeutung der allgemeinen Schutzmaßnahmen (Abstand, Lüften, Masken) hin.
Zum berufsspezifischen Risiko einer COVID-19-Infektion bei Reinigungskräften liegen kaum aussagekräftige – insbesondere keine seroepidemiologischen – Untersuchungen vor.
Auswertungen von Krankenkassendaten ergaben Hinweise auf ein erhöhtes COVID-19-Infektionsrisiko für die berufliche Tätigkeit in der Reinigung (Möhner u. Wolik 2020). Unsere Studie weist darauf hin, dass es sich hier um Reinigungskräfte vorwiegend im Krankenhaus handeln dürfte, so dass die Schutzmaßnahmen gezielt für diesen – in der betrieblichen Praxis nach der praktischen arbeitsmedizinischen Erfahrung oft nicht ausreichend in die betrieblichen Arbeitsschutzmaßnahmen einbezogenen, da häufig bei Fremdfirmen tätigen Personen – verbessert werden sollten.
In einer Studie aus Bayern (Finkenzeller et al. 2020) in der damals am stärksten von der COVID-19-Pandemie betroffenen Region wurden bei Beschäftigten der Kliniken Nordoberpfalz sowie einer Kontrollgruppe Antikörper gegen COVID-19 bestimmt und anamnestische Daten mittels eines Fragebogens erhoben. Eine deutlich erhöhte Antikörperprävalenz zeigte sich u. a. beim Pflegepersonal und beim Reinigungspersonal. Auch Wratil et al. (2021) fanden ein erhöhtes Infektionsrisiko bei Reinigungspersonal mit Patientenkontakt.
Die geringere Infektionsquote bei männlichen Rauchern konnten für Frauen nicht bestätigt werden. Ob hier im Vergleich zu Männern andere Verhaltensweisen oder sonstige Gründe dafür ursächlich waren, bleibt offen.
Auf die Limitationen dieser Studie wurde in Teil 1 (Männer) bereits eingegangen. Insgesamt sind wir trotz der Einschränkungen der Auffassung, dass das festgestellte erhöhte Risiko für Reinigungskräfte im Krankenhausbereich in präventiver Hinsicht Ansporn und Anspruch sein sollte, die Arbeitsschutzmaßnahmen für diese Personengruppe zu verbessern.
Interessenkonflikt: Die Autoren und die Autorin sind Mitarbeiter des AMD der BG BAU GmbH. Darüber hinaus existiert kein Interessenkonflikt.
Darlegung der Autorenschaft: Das Autorenteam hat gemeinsam die Studie konzipiert, durchgeführt, die Ergebnisse erfasst, ausgewertet und bewertet sowie das Manuskript verfasst und korrigiert.
Literatur
Center for Systems Science and Engineering (CSSE) at Johns Hopkins University (JHU): COVID-19-Dashboard. https://coronavirus.jhu.edu/map.html (letzter Abruf: 24.11.2021).
Finkenzeller T, Faltlhauser A, Dietl KH et al.: SARS-CoV-2-Antikörper bei Intensiv- und Klinikpersonal. Med Klin Intensivmed Notfmed 2020; 115: 139–145.
Hanlon P, Chadwick F, Shah A et al.: COVID-19 – exploring the implications of long-term condition type and extent of multimorbidity on years of life lost: a modelling study [version 3; peer review: 3 approved]. Wellcome Open Res 2021: 5: 75. https://doi.org/10.12688/wellcomeopenres.15849.3
Hofmann S, Gerlach J, Haaf A: Der ökonomische Einfluss der Corona-Pandemie auf die Gesundheitswirtschaft in Deutschland. Hrsg.: WifOR-Institut, Darmstadt, 2021. https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Wirtschaft/gesundheitswi… (letzter Abruf: 16.11.2021).
Möhner M, Wolik A: Berufs- und branchenbezogene Analyse des COVID-19-Risikos in Deutschland. ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2021; 56: 30–34.
Nalbandian A, Sehgal K, Gupta A et al.: Post-acute COVID-19 syndrome. Nature Medicine 2021, 27: 601–615.
Neuhauser H, Thamm T, Buttmann-Schweiger N et al.: Ergebnisse seroepidemiologischer Studien zu SARS-CoV-2 in Stichproben der Allgemeinbevölkerung und bei Blutspenderinnen und Blutspendern in Deutschland (Stand 3.12.2020). Epid Bull 2020; 50: 3–6.
Neuhauser H, Buttmann-Schweiger N, Ellert U et al.: Seroepidemiologische Studien zu SARS-CoV-2 in Stichproben der Allgemeinbevölkerung und bei Blutspenderinnen und Blutspendern in Deutschland – Ergebnisse bis August 2021. Epid Bull 2021; 37: 3–12.
Robert Koch-Institut (RKI): Aktuelle Situationsberichte, Wochenberichte und COVID-19-Trends im Überblick: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situations… (letzter Abruf: 24.11.2021).
Robert Koch-Institut: Serologische Untersuchungen von Blutspenden auf Antikörper gegen SARS-CoV-2 (SeBluCo-Studie). Zusammenfassung der Zwischenauswertung mit Datenstand 03.06.2021. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Projekte_R… (letzter Abruf: 19.11.2021).
Schilling J, Tolksdorf K, Marquis A, Faber M et al.: Die verschiedenen Phasen der COVID-19-Pandemie in Deutschland: Eine deskriptive Analyse von Januar 2020 bis Februar 2021. Bundesgesundheitsbl 2021; 64: 1093–1106.
Solbach T, Seidel D, Wahl-Wachendorf A: COVID-19-Infektionsquote im Bau- und Reinigungsgewerbe: bekannte Infektionen und Dunkelziffer. Teil 1: Männer. ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2022; 57: 106–113.
Tolksdorf K, Buda S, Schilling J: Aktualisierung zur
Retrospektiven Phaseneinteilung der COVID-19-Pandemie in Deutschland. Epid Bull 2021; 37: 3–4.
Wild P, Beutel M, Lackner K, Pfeiffer N et al.: Gutenberg COVID-19-Studie. Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Studie. Präsentation Staatskanzlei RLP vom 07.07.2021. (https://www.unimedizin-mainz.de/GCS/dashboard/#/app/pages/AktuelleErgeb…
ergebnisse (letzter Abruf: 24.11.2021).
Wolter MI, Mönnig A, Maier T, Schneemann C et al.: Langfristige Folgen der Covid-19-Pandemie für Wirtschaft, Branchen und Berufe. IAB-Forschungsbericht No. 2/2021. Hrsg.: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Nürnberg, 2021. https://www.econstor.eu/bitstream/10419/234275/1/fb2102.pdf (letzter Abruf: 16.11.2021).
Wratil, PR, Schmacke NA, Osterman A, Weinberger T et al.: In-depth profiling of COVID-19 risk factors and preventive measures in healthcare workers. Infection, 1–14. Doi:10.1007/s15010-021-01672-z.
Kontakt
Dr. med. Thomas Solbach, MBA
Arbeitsmedizinischer Dienst der BG BAU GmbH
Hildegardstr. 29/30, 10715 Berlin
Thomas.Solbach@amd.bgbau.de
Das PDF dient ausschließlich dem persönlichen Gebrauch! - Weitergehende Rechte bitte anfragen unter: nutzungsrechte@asu-arbeitsmedizin.com.