Return to Work after COVID-19 from the Perspective of Statutory Accident Insurance
Um diesen gesetzlichen Auftrag umzusetzen, hat die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) verschiedene stationäre Rehabilitationsprogramme entwickelt, in denen auch die typischen beruflichen Anforderungen berücksichtigt werden. So können spezifische Fähigkeiten trainiert werden und bereits während der Reha kann eine Belastungserprobung an einem simulierten Arbeitsplatz erfolgen. Dadurch können die Chancen auf die Rückkehr an den alten Arbeitsplatz schon früh eingeschätzt werden. Darüber hinaus gibt es das Rückenkolleg für Beschäftigte mit einer bestehenden oder drohenden bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule, die zum Beispiel bei Pflegekräften oder in der Baubranche beruflich bedingt sein kann, oder das Kniekolleg für Beschäftigte mit beruflich bedingter Kniegelenksarthrose, beispielsweise bei Fliesenlegern. Für beruflich bedingte Hauterkrankungen gibt es ein einheitliches Konzept für alle Träger der GUV, das aus einem vereinfachten Meldeverfahren (Hautarztverfahren), Behandlungsauftrag für die dermatologische Betreuung sowie ambulanten (sekundäre Individualprävention – SIP) und stationären (tertiäre Individualprävention – TIP) Maßnahmen
besteht.
Die stationären und teilstationären Maßnahmen der Rehabilitation werden durch ambulante Rehabilitationsmaßnahmen ergänzt. Dazu zählt unter anderem die erweiterte Physiotherapie, die Ergotherapie und die Psychotherapie. Diese ambulanten Maßnahmen können dazu dienen, die Nachhaltigkeit der stationären Rehabilitation zu unterstützen. Sie können aber auch unabhängig von stationären Maßnahmen den Versicherten angeboten werden. Das kann von besonderer Bedeutung sein, wenn zum Beispiel eine Teilnahme an einer stationären Maßnahme wegen der Entfernung zum Wohnort nicht möglich ist.
Die meisten durch Unfälle und Berufskrankheiten verursachten Versicherungsfälle der GUV werden durch Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter reguliert. Zeichnet sich allerdings aufgrund der Schwere und der Art der Verletzung oder der Erkrankung ab, dass es zu einer längeren Arbeitsunfähigkeit kommen und die Wiedereingliederung am alten Arbeitsplatz problematisch werden könnte, werden die Betroffenen durch das Rehabilitationsmanagement (RM) betreut. Dafür stehen ausgebildete Rehabilitationsmanagerinnen und -manager sowie Berufshelferinnen und Berufshelfer bei den Trägern der GUV zur Verfügung.
Instrument der Steuerung des Rehabilitationsprozesses ist der Rehabilitations- und Teilhabeplan. Dieser Plan ist eine gemeinsame, dynamische, jederzeit den geänderten Verhältnissen anzupassende Vereinbarung über den Ablauf der Rehabilitation einschließlich aller durchzuführenden Maßnahmen bis zum Erreichen des angestrebten Ziels, zum Beispiel der Wiedereingliederung am Arbeitsplatz. Er wird in einem Teamgespräch zwischen der versicherten Person, der Ärztin/dem Arzt und der Rehamanagerin/dem Rehamanager sowie bei Bedarf weiteren Beteiligten aufgestellt.
Die Beteiligung von Betriebsärztinnen und Betriebsärzten bei diesem Rehabilitations- und Wiedereingliederungsprozess ist möglicherweise wünschenswert; hier müssen aber die Grundregeln der informationellen Selbstbestimmung beachtet werden. Eine Information oder Einbeziehung der zuständigen Betriebsmedizinerinnen oder -mediziner darf nur mit explizierter Zustimmung der Versicherten erfolgen.
Das Rehamanagement durch die GUV ersetzt nicht das betriebliche Wiedereingliederungsmanagement (BEM), das die Betriebe den Beschäftigten nach einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als sechs Wochen anbieten müssen. Sinnvollerweise ergänzen sie sich aber. Eine mögliche Schnittstelle zwischen den beiden, bei der für einen fließenden Übergang gesorgt werden kann, ist die stufenweise Wiedereingliederung und Belastungserprobung im Betrieb, die noch Teil des Rehaplans der GUV ist. Das bedeutet, dass die Träger der GUV während dieser Zeit noch Lohnersatzleistungen erbringen.
Neben der Übernahme der Kosten der medizinischen und rehabilitativen Leistungen ist die Zahlung von Verletztengeld die wichtigste Geldleistung für die Versicherten. Das Verletztengeld setzt nach dem Ende der Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber ein und löst das Krankengeld durch die gesetzliche Krankenversicherung ab. Anspruch auf Verletztengeld besteht also erst nach einer Arbeitsunfähigkeit über die sechste Woche hinaus. Das Verletztengeld wird bis zur Wiedererlangung der vollen Arbeitsfähigkeit gezahlt (SGB VII, § 46). Das bedeutet, dass auch während der stufenweise Wiedereingliederung Verletztengeld gezahlt wird. Besteht keine Aussicht auf Besserung des Gesundheitszustands und auf Rückkehr an den Arbeitsplatz, endet das Verletztengeld und wird eventuell durch die Verletztenrente ersetzt. Die Krankheitsprognose wird in der Regel spätestens nach der 78. Woche überprüft. Besteht keine Aussicht auf Besserung zu diesem Zeitpunkt, endet das Verletztengeld. Bei neuen Erkrankungen wie COVID-19 ist eine Krankheitsprognose nicht gut möglich, da der natürliche Verlauf und die Heilungschancen noch nicht bekannt sind. Daher kann auch über die 78. Woche hinaus Verletztengeld gezahlt werden.
Wenn die Arbeitsfähigkeit für den alten Arbeitsplatz nicht wieder erreicht werden kann, ist es auch möglich, durch innerbetriebliche Umsetzungen oder Maßnahmen einen leistungsgerechten Arbeitsplatz zu finden beziehungsweise zu schaffen. Die dabei entstehenden Kosten können vom Arbeitgeber geltend gemacht werden. Ist eine berufliche Qualifizierung oder Umschulung notwendig, um einen leistungsgerechten neuen Arbeitsplatz zu finden, kann die GUV auch diese Kosten im Rahmen der Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben (SGB IX) übernehmen.
Die COVID-19-Pandemie hat die GUV wegen der enorm hohen Anzahl an COVID-19-bedingten Unfall- und Berufskrankheitenanzeigen vor große administrative Herausforderungen gestellt. COVID-19 ist in der Regel innerhalb von vier Wochen ausgeheilt und die Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt. Für diese Versicherungsfälle ist also kein besonderes Reha- oder Wiedereingliederungsmanagement erforderlich. COVID-19 kann aber auch aufgrund von Thromboembolien, den Folgen der künstlichen Beatmung und des künstlichen Komas sowie des Multiorganversagens während der stationären Behandlung zu einer langfristigen Einschränkung der Arbeitsfähigkeit führen. Ferner kann sich auch nach einer mild verlaufenden akuten Phase ein Post-COVID-Syndrom entwickeln, mit Symptomen, die über zwölf Wochen nach der Akutphase anhalten. Bei diesem Post-COVID-Syndrom können entsprechend des Multiorgangeschehens bei COVID-19 viele verschiedene Symptome in unterschiedlicher Intensität auftreten. Im Vordergrund stehen beim Post-COVID-Syndrom jedoch belastungsabhängige Dyspnoe, leichte Erschöpfbarkeit und Konzentrationsschwierigkeiten, die zu einer längeren Arbeitsunfähigkeit führen können.
Versicherte mit COVID-19, die stationär behandelt wurden oder Anspruch auf Verletztengeld haben, werden deshalb in das Rehamanagement der GUV aufgenommen. Bis zum Stichtag 31.07.2023 wurden beziehungsweise werden vom Rehamanagement der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) 3999 Versicherte mit COVID-19 betreut (➥ Tabelle 1). Das waren 1,5 % aller anerkannten Berufskrankheiten wegen COVID-19. Hinzukommen 17 Fälle, die wegen COVID-19
als Arbeitsunfall vom Rehamanagement betreut wurden. Verletztengeld wegen COVID-19 erhielten bisher 7086 (2,6 %) Versicherte der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW). Das bedeutet, dass der Anspruch, alle Versicherten, die Verletztengeld erhalten, ins Rehamanagement zu übernehmen, nicht umgesetzt werden konnte. Die Quote von 56,4 %, die ins Rehamanagement aufgenommen wurden, ist wahrscheinlich dennoch relativ gut. Es scheint eine größere Gruppe von Versicherten zu geben, bei denen zwar eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als sechs Wochen und ein Anspruch auf Verletztengeld besteht, die aber dennoch eine positive Beschäftigungsprognose haben, so dass nur kurzfristig Verletztengeld bezahlt werden musste. Diese Interpretation wird durch den relativ niedrigen Median des Verletztengeldes, das bisher pro Fall gezahlt wurde, unterstützt. Bei 50 % der Empfängerinnen und Empfänger von Verletztengeld betrug dieses jeweils unter 7200 Euro (s. unten). Das bedeutet, dass das Verletztengeld nur für eine überschaubare Dauer in Anspruch genommen werden musste. Bei einem monatlichen Verletztengeld von 2400 Euro inklusive Sozialversicherungsabgaben, was eine realistische Summe erscheint, würde die Arbeitsunfähigkeit 18 Wochen dauern (sechs Wochen Lohnfortzahlung und zwölf Wochen Verletztengeld). Genauere Auswertungen wären hier aber wünschenswert.
Für die Versicherungsfälle wegen COVID-19 aus den Jahren 2020 und 2021 liegen Auswertungen zur Verteilung der Kosten vor. Bis zum 01.03.2023 sind rund 178,1 Millionen Euro für COVID-Fälle verausgabt worden. Die Anzahl der Leistungsempfängerinnen und -empfänger betrug 36.019 (27,2 %); Verletztengeld erhielten 5947 (4,5 %) Personen. Der Anteil der Kosten für Verletztengeld betrug etwas mehr als die Hälfte aller Kosten (➥ Abb. 1). Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhielten bisher 363 (0,3 %) Versicherte mit COVID-19 als Berufskrankheit und der Anteil bei den Kosten betrug 0,7 %. Nach dem Verletztengeld folgen die Kosten für die stationäre Behandlung (28,5 %) und die ambulante Versorgung, die jeweils auch die Kosten für die Reha beinhalten, an zweiter und dritter Stelle.
Die möglichen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben entsprechend SGB IX, § 49 können vielfältig sein. Sie können die Kosten für die Umgestaltung eines Arbeitsplatzes, für die Umschulung oder Qualifizierung einschließlich Übergangsleistungen (siehe Fallbeispiel) oder die Unterstützung bei der Existenzgründung beinhalten. Eine ausführliche Beschreibung der Leistungen zur Teilhabe findet sich in der Broschüre „Handlungsleitfaden zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) in der gesetzlichen Unfallversicherung“ (DGUV 2023, s. „Weitere Infos“). Um sicherzustellen, dass Versicherte der GUV mit COVID-19 bei Bedarf die Leistungen zur Teilhabe auch erhalten, erscheint eine Unterstützung des Rehamanagements der GUV durch Betriebsärztinnen und Betriebsärzte mittels Beratung von Betroffenen, die in den Betrieb zurückkehren, sinnvoll.
Interessenkonflikt: Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.
Literatur
Koczulla AR, Ankermann T, Behrends U et al.: S1-Leitlinie Long-/Post-COVID. Pneumologie 2022; 76: 855–907.
doi:10.17147/asu-1-301890
Weitere Infos
DGUV – Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung: Handlungsleitfaden zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) in der gesetzlichen Unfallversicherung, Version 2023
https://publikationen.dguv.de/versicherungleistungen/rehabilitation/445…
DGUV – Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung: Handlungsleitfaden. Das Reha-Management der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Version Februar 2023
https://publikationen.dguv.de/versicherungleistungen/rehabilitation/279…
Kernaussagen
Fallbeispiel
Frau S.* ist 48 Jahre alt, Pflegekraft im Dreischichtsystem auf einer Intensivstation in einem Krankenhaus der Maximalversorgung. Im April 2021 infiziert sie sich mit SARS-CoV-2 trotz zweifacher Impfung. Die akute COVID-19-Phase verläuft mild, nach zwei Wochen entwickeln sich eine Belastungsdyspnoe, eine ausgeprägte Müdigkeit sowie Konzentrationsprobleme. Ein Arbeitsversuch im Juli 2021 wird nach wenigen Tagen wegen Erschöpfung und Konzentrationsproblemen abgebrochen. Spiroergometrie, MRT des Herzens und des Schädels sowie CT der Lunge sind abgesehen von Hinweisen auf eine Hyperventilation ohne wesentlichen Befund. Aus der Vorgeschichte sind ein HWS- und LWS-Syndrom sowie ein Schlafapnoesyndrom bei Adipositas bekannt. Eine stationäre Reha im Oktober 2021 führt zu einer leichten Besserung der Beschwerden, aber nicht zur Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit. Zu diesem Zeitpunkt traut sich die Versicherte die Rückkehr an den ursprünglichen Arbeitsplatz nicht mehr zu, da sie befürchtet, wegen der Konzentrationsprobleme ihrer verantwortungsvollen Aufgabe auf der Intensivstation nicht mehr gerecht werden zu können. Wegen der Müdigkeit und schnellen Erschöpfbarkeit plant sie, die Stundenzahl zu reduzieren und aus dem Dreischichtsystem auszuscheiden. Der Arbeitgeber bietet ihr die Möglichkeit, an einer Qualifizierung zur Pflegekoordinatorin teilzunehmen. Mittlerweile hat Frau S. die Qualifizierung abgeschlossen und die stufenweise Wiedereingliederung auf die Stelle der Pflegekoordinatorin im Tagesdienst und in Teilzeit (75%) war erfolgreich. Sowohl der Arbeitgeber als auch die Versicherte haben Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben von dem zuständigen Träger der Unfallversicherung erhalten.
*Name der Versicherten und andere unwesentliche Details wurden geändert, um eine Wiedererkennung unmöglich zu machen. Dieser Fall wurde dem Autor im Rahmen seiner beratenden Tätigkeiten für verschiedene Träger der GUV bekannt.
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