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Risikokommunikation

Drei Jahre InfektInfo COVID-19

Ein Public-Health-Newsletter der Bundeswehr zur umfassenden Pandemie-Lagedarstellung

Three Years of the InfektInfo COVID-19 – A Public Health Newsletter of the German Armed Forces for Comprehensive Pandemic Situational Awareness

Einleitung

Direkt zu Beginn des Jahres 2020 wurden das Auftreten eines neuartigen Krankheitsbilds und wenig später das auslösende Corona-Virus SARS-CoV-2 weltweit bekannt. Die hierzu verfügbaren Informatio­nen zu sammeln, sie zu ordnen und zu analysieren sowie Forschungsergebnisse und Berichte zu kommunizieren wurde vom Medical Intelligence & Information (MI2)-Team der Bundeswehr frühzeitig als dringliche Aufgabe erkannt. Unter dem Namen InfektInfo COVID-19 wurden daher alsbald erste Ausgaben eines Newsletters für den internen Bereich herausgegeben, zunächst für Sanitätspersonal und strategisch-operativ agierende Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger der Streitkräfte. Wegen der raschen Virusverbreitung innerhalb des Ursprungslandes China und konsekutiver internationaler Maßnahmen wie Reisebeschränkungen oder Evakuierungen wurde jedoch schnell klar, dass kurzfristig gesamtstaatliche Handlungen erforderlich werden würden. Das InfektInfo entwickelte sich daher inhaltlich rasch weiter, für einen sich zunehmend erweiternden Leserkreis.

Basierend auf Erfahrungen, die man aus vorangegangenen Seuchengeschehen ge­zogen hatte, ließen sich in der frühen Phase der Corona-Pandemie, also etwa bis Anfang März 2020, mehrere Aspekte ableiten. Erstens wurde erkannt, dass die Ausbreitung der zunächst auf die chinesische Provinz Hubei mit ihrer Hauptstadt Wuhan beschränkten Epidemie nur durch komplexe Ansätze beherrschbar sein würde. Zweitens war davon auszugehen, dass die Verbreitung des Krankheitserregers und der -fälle gewissen Mustern folgt und dass dies durch Surveillance-Systeme zu erkennen sein müsste. Drittens wurde während der ersten Wochen nach Bekanntwerden der Krankheit gefolgert, dass sich aus der Epidemie eine Pandemie entwickeln könnte.

Aus den konkreten Erfahrungen der Ebola-Epidemie in Westafrika 2014–2016 wiederum war abzuleiten, dass nur eine koordinierte und interdisziplinäre Herangehensweise unter Einbeziehung möglichst vieler Akteure Erfolg in der Epidemiebewältigung bringen würde (Quaglio et al. 2016). Und es zeigte sich damals sowohl in Westafrika als auch in Europa und den USA eindrücklich, dass aktuelle und fundierte Informationen schnellstmöglich kommuniziert werden müssen, und dies möglichst in verständlicher Weise für die jeweiligen Adressatinnen und Adressaten. Ziel und Zweck des hier vorgestellten InfektInfo COVID-19 war es daher, aktuelle Informationen zu den wesentlichen Entwicklungen der SARS-CoV-2-Pandemie fortlaufend zu sammeln sowie zu analysieren und zu bewerten, um sie dann als leichtfassliche Publikation mit nachvollziehbaren Empfehlungen verfügbar zu machen. Dies erfordert, wie folgend gezeigt wird, reichlich personelle Ressourcen mit spezifischer Expertise sowie einen hohen Zeitaufwand und eine vernetzte IT-Ausstattung.

Das Titelblatt

Das InfektInfo COVID-19 setzte sich im Kern aus einem Titelblatt, mehreren Folien zur epidemiologischen Lage in ausgewählten Ländern oder Regionen sowie Folien zu den neuesten wissenschaftlichen und therapeutischen Erkenntnissen zusammen (Mees 2020). Die erste Seite nahm dabei, wie allgemein bei Zeitungen und Zeitschriften üblich, eine Sonderstellung ein. Das Titelblatt hatte zum Ziel, einen schnellen Überblick über alle wesentlichen Parameter der Pandemie sowie über relevante Neuigkeiten zu bieten (➥ Abb. 1).

Am oberen Rand befanden sich Informationen über die Autorinnen und Autoren, zudem wurden Kontaktdaten genannt und es fanden sich die Wappen der involvierten Dienststellen. Außerdem wurde, wie bei militärischen Dokumenten üblich, der Stand des Inhalts mit der Datum-/Zeit-Gruppe angegeben und es fanden sich noch Informationen über die Einstufung des InfektInfo entsprechend seiner dienstlichen Schutzbedürftigkeit. Eine Besonderheit des Newsletters war, dass für die Erstellung dieses Formats im Gegensatz zu Dokumenten des militärischen Nachrichtenwesens nur in ganz geringem Umfang eingestufte Informationen herangezogen wurden, was die Weitergabe an einen breiteren Leserkreis ermöglichte.

Der zentrale Bereich des Titelblatts war unterteilt in drei Elemente: Unter „Sachstand-Update“ wurde bis Anfang 2022 die jeweils aktuelle Weltkarte der 14-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) gezeigt, nach ihrer Einstellung dann eine Karte der kumulativen Fallzahlen der World Health Organization (WHO). Rechts davon wurde unter „Ak­tuelles“ eine Auswahl relevanter Neuigkeiten zur Pandemie in Form eines Nachrichtentickers präsentiert. Der Bereich darunter diente dazu, wechselnde Grafiken zu zeigen, die unterschiedliche Aspekte der Pandemie und ihrer Folgen beleuchteten, wie beispielsweise die Zunahme von Kinderarmut, das Auftreten neuer Varianten oder aktuelle therapeutische Erkenntnisse. Am linken und rechten Rand wurden farbig unterlegt die wichtigsten Kennzahlen zur Pandemie präsentiert. Diese Elemente wurden jeweils am Erscheinungstag des InfektInfo aktualisiert und wurden unter anderem dem Corona-Dash­board des Sanitätsdienstes entnommen (Roßmann et al. 2021a, b).

Epidemiologie von SARS-CoV-2

Die auf das Titelblatt folgenden Folien waren der Lagedarstellung in bestimmten Ländern beziehungsweise Regionen gewidmet. Damit sollte den aktuellen epidemiologischen Entwicklungen entsprochen werden und es ergibt sich zudem in der Zusammenschau mit früheren Ausgaben ein komplexes Lage­bild, welches das Fortschreiten der Pandemie nachvollziehen lässt. Die Pandemiesituation wurde dabei zunächst in den Formaten „Deutschland“, „Europa“ und „Weltweit“, ab Mitte 2022 dann als „Lage Inland“ und „Lage Ausland“ gezeigt. Am Beispiel einer Europa-Folie sei dies im Folgenden erläutert (➥ Abb. 2).

Österreich im November 2021: Die Zahl der täglich gemeldeten SARS-CoV-2-Neuinfektionen und COVID-19-Fälle steigt rasant an. Angesichts der angespannten Versorgungslage in den Krankenhäusern wird seitens der Behörden erwogen, das öffentliche Leben durch Lockdown-Maßnahmen einzuschränken. Zur Illustration der Beweggründe zeigt die Folie einen Ausschnitt der epidemiologischen Kurve und differenziert Altersgruppen in jeweils geimpfte Personen und Ungeimpfte. Ebenfalls gezeigt wird eine Darstellung der Impfdurchbrüche pro 1000 Personen, woraus ersichtlich wird, dass auch Geimpfte erkranken können, allerdings weitaus mehr Erkrankte unter den nicht (vollständig) Geimpften als unter den Geimpften zu finden sind. Mit drei ausgewählten Karten der „Corona-Ampel“ wird schließlich das Fortschreiten der Pandemie in Österreich mittels Farbänderungen in den Bezirken gezeigt. Zusammenfassungen von Medienberichten sowie Aussagen von Expertinnen und Experten runden das Bild ab und verdeutlichen den Stand der politischen Diskussion im betrachteten Land.

Abb. 2:  Die Rubrik Epidemiologie, exemplarisch dargestellt anhand einer Folie zur Corona-Lage in Österreich im November 2021

© Kdo SanDstBw

Abb. 2: Die Rubrik Epidemiologie, exemplarisch dargestellt anhand einer Folie zur Corona-Lage in Österreich im November 2021

Public Health in Konflikten und Krisen

Die Rubrik Health in Conflict & Crises (HICC) zielte auf das Untersuchungsfeld
Public Health in Konflikt- und Krisengebieten ab, hier mit dem Fokus auf COVID-19. Bereits zu Beginn der Pandemie wurde deutlich, dass die Pandemie auf die Krisengebiete und besonders auf die dortige Gesundheitsversorgung einen bedeutenden Einfluss haben würde, weshalb ab März 2020 im InfektInfo COVID-19 eine eigene Rubrik für dieses Themenfeld geschaffen wurde. Presseinformationen, offizielle Daten von internationalen Organisationen, aktuelle Fallzahlen, Informationen von nationalen Behörden und Nichtregierungsorganisationen sowie wissenschaftliche Dokumente bildeten dabei die Grundlage für die Beitragserstellung. Als wesentliche Parameter für eine Einschätzung der Lage in den jeweiligen Ländern wurden der Global Health and Security Index (GHSI) und der Fragile State Index (FSI) herangezogen.

Der im jeweiligen HICC beschriebene Konflikt und seine Ursachen wurden analysiert und der Einfluss auf die Gesundheitsversorgung der betroffenen Populatio­nen dargestellt. Dabei wurden zahlreiche Faktoren zu COVID-19 einbezogen und gesundheitliche, soziokulturelle, politische und wirtschaftliche Auswirkungen aufgezeigt (➥ Abb. 3). Die HICC-Beiträge zu bestimmten Ländern wurden teilweise in einem dreimonatigen Rhythmus aktualisiert oder neu geschrieben. Im Verlauf der Pandemie konnten so selbst bei relativ kurzen Aktualisierungszeiten immer wesentliche Lageänderungen berichtet werden, so zum Beispiel die 180°-Wende in der COVID-19-Politik nach dem durch SARS-CoV-2 verursachten Tod des burundischen Staatspräsidenten Pierre Nkurunziza im Juni 2020.

Risikoabschätzung in Einsatzländern

Ein wesentliches Element in der Berichterstattung über das pandemische Geschehen war im Rahmen des Auftrags der Streitkräfte die Risikoabschätzung für Personal in Einsatzländern. Aufgrund einer schwankenden Datenqualität bei relevanten Faktoren wie Fallzahlen, Impfquoten oder Anzahl durchgeführter Tests waren Bewertungen für viele Länder der Welt jedoch wenig verlässlich. Dieses Dilemma wurde durch eine Modellierung mit einem Scoring-Algorithmus gelöst, der sowohl dynamische als auch (relativ) statische Parameter beinhaltete. Im ersten Ansatz wurde neben demografischen Faktoren und den aktiven COVID-19-Fällen die Gesamtzahl der durchgeführten Tests im jeweiligen Land berücksichtigt. Ergänzt wurde dies durch ausgewählte Parameter des GHSI, die die Fähigkeit, Ausbrüche zu detektieren, abbilden. Diese Parameter wurden als Korrekturfaktor auf die gemeldeten Fallzahlen angewendet, um eine Näherung für die Dunkelziffer zu modellieren.

Zu Beginn der Pandemie funktionierte dieser Ansatz gut, doch im zeitlichen Verlauf haben sich deutlich seine Nachteile gezeigt, da er mit Gesamtfall- und Testzahlen arbeitet, dies jedoch mit zeitlichem Fortschritt einen zunehmend schlechten Eindruck vom jeweils aktuellen Geschehen vermittelte. Aus diesen Gründen wurde in der Folge ein neuer Ansatz entwickelt, der davon profitiert, dass sich die verfügbare Datenbasis im Laufe der Pandemie verbessert hat. Nun wurde die 7-Tages-Inzidenz als Basis genutzt. Modifiziert wurde sie durch die durchgeführten Tests im selben Zeitraum, die Anzahl der Genesenen und Geimpften sowie das Ranking des Landes im FSI. Letzterer Parameter stellt dabei den Gradmesser dar, inwieweit die staatlichen Institutionen insgesamt funktionieren und somit auch das medizinische Meldewesen. In vielen Einsatzländern fiel dabei eine geringe Testrate auf, weswegen ein Mechanismus integriert wurde, der diesen Parameter als Gütekriterium nutzt. Dieser neue Ansatz erlaubte sowohl den Vergleich der jeweils aktuellen 7-Tages-Inzidenz als auch einen Vergleich von Ländern über einen gewählten Zeitraum hinaus, um Trends besser bewerten zu können (➥ Abb. 4).

Das Ergebnis dieses neuen Ansatzes stellt jedoch ausschließlich eine Abschätzung des Infektionsrisikos im jeweiligen Land dar – ein wichtiger Aspekt, der bei jeder Betrachtung beachtet werden muss. Beide bisher verwendeten Methoden stützen sich in wesentlichen Teilen auf Modellierungen ab, was stets zu Einschränkungen führt und die Realität nur unzureichend abbilden kann. Aus diesem Grund ist es von Bedeutung, dass diese Algorithmen als Hilfsmittel zu sehen sind und die letztendliche Entscheidung zur Risikoabschätzung immer von der Analystin beziehungsweise dem Analysten getroffen wird.

Abb. 3:  Die Rubrik Health in Conflict & Crises, hier eine Folie zu Mozambik aus dem Juli 2021

© Kdo SanDstBw

Abb. 3: Die Rubrik Health in Conflict & Crises, hier eine Folie zu Mozambik aus dem Juli 2021

Der Journal Club COVID-19

Der zweite Teil des InfektInfo COVID-19 wendete sich fachlichen Aspekten und Empfehlungen zu; so wurde in der Rubrik Journal Club COVID-19 jeweils eine aktuelle wissenschaftliche Publikation präsentiert. Wegen des Interesses an hochwertiger Information zum Thema Corona gab es innerhalb kürzester Zeit nach Bekanntwerden der Erkrankung eine Informationsflut, die von Einzelpersonen nicht mehr bewältigt werden konnte. Das Redaktionsteam des InfektInfo hatte aber den Anspruch, wissenschaftlich fundiert zu informieren, weswegen bereits im Februar 2020 ein Literaturarchiv angelegt wurde. Innerhalb weniger Tage konnte dann der Prototyp einer Literaturdatenbank auf Basis einer sogenannten Structured Query Language (SQL)-Softwareapplikation in Betrieb genommen werden.

Es stellte sich bald heraus, dass nicht nur
der Informationsbedarf aufgrund eines kontinuierlich wachsenden zivil-militärischen Leserkreises, sondern auch der Umfang der weltweit erscheinenden Publikationen täglich anwuchs. Allein die Durchsicht der neuen, auf COVID-19 bezogenen Veröffentlichungen im Online-System PubMed des National Center for Biotechnology Information erforderte mehrere Stunden Arbeit täglich, bei anfangs etwa 80 neu erscheinenden Artikeln am Tag – deren Anzahl stieg aber bald auf mehrere hundert wissenschaftliche Publikationen täglich an. Um die ausgewählten Artikel einer Begutachtung zu unterziehen, die eine Analyse samt redaktioneller Nachbearbeitung umfasste, wurde daher eine Prozessoptimierung erforderlich.

Daraus entstand der Journal Club COVID-19: Expertinnen und Experten wurden eingeladen, sich am Lese- und Auswerteprozess zu beteiligen. Die Beteiligten bekamen Artikel zugeteilt oder konnten aus einer Vielzahl von ausgesuchten Artikeln auswählen. Daraufhin produzierten sie eine deutschsprachige Zusammenfassung mit Bewertung der meist englischsprachigen Originalartikel – die wesentliche redaktionelle Leistung aber war die Abfassung sogenannter Take-Home-Messages, die die entscheidenden Inhalte in Kurzform vermitteln sollten. Zusätzlich zu den jeweils redigierten Artikeln auf der Journal-Club-Seite des InfektInfos wurden die Inhalte über eine öffentlich erreichbare Internetadresse verfügbar gemacht und in die Themenbereiche Epidemiologie, Erregereigenschaften, Diagnostik, klinische Aspekte, Therapie und Prophylaxe gegliedert. Die jeweilige Originalveröffentlichung war über einen Digital Object Identifier (DOI) online aufrufbar.

Aktuell sind in dieser Online-Datenbank über 1400 Publikationen enthalten. Über eine Suchfunktion können Stichworte aus den Artikelüberschriften herausgefiltert werden. Abgerundet wird das Journal-Club-System mit einer Chat- beziehungsweise Kommentarfunktion, die eine Interaktion zwischen den Gutachtern und Nutzern erlaubt. Der Journal Club COVID-19 ist somit eine Grundlage für die wissensbasierte Evaluierung der Corona-Lage im Rahmen der Zielsetzung des Newsletters. Aus den im Journal Club erarbeiteten und im InfektInfo dargestellten Inhalten lassen sich konkrete Empfehlungen und Handlungsanweisungen ableiten.

Therapie & Management

Den Abschluss des InfektInfo COVID-19 bildeten mit der Rubrik Therapie & Management Beiträge zur Behandlung von COVID-19 sowie zu allgemeinen Public-Health-Maßnahmen. Die Beschreibungen der vielgestaltig auftretenden Erkrankung, die zumeist in Phasen abläuft, mehren sich beständig und Fachgesellschaften liefern laufend neue Erkenntnisse zu bewährten Behandlungen und zu neuen Therapieansätzen. Die zu Beginn noch primär symptomatischen Behandlungsmethoden wurden im InfektInfo aktualisiert dargestellt und das Wissen, das über die gesammelte und verarbeitete Fachliteratur bereitgestellt wurde, wurde mit Literaturzitaten beziehungsweise Hinweisen auf entsprechende Leitlinien und Links zu Internetseiten versehen. Dies sollte den Zugang zu verfügbaren Informationen erleichtern und auch interessierten Laien ermöglichen, Einblicke in diese komplexe Thematik zu gewinnen. Gemeinsam mit dem Archiv des Journal Clubs entstand so über die Zeit eine laufend aktualisierte Sammlung von Erkenntnissen zu Therapie und Management von COVID-19.

Beilage COVID-19 – Übersicht Impfstoffe, Virusvarianten, Mutationen und Impfkampagnen

Mit Beginn der Impfkampagnen in Europa zum Jahreswechsel 2020/2021 wurde einmal im Monat eine Beilage zum InfektInfo COVID-19 versendet (Mees 2020). Diese wendete sich an einen Leserkreis mit weitergehendem Interesse an virologischen und epidemiologischen Aspekten des SARS-CoV-2-Virus. Dazu wurden jeweils aktualisierte Informa­tionen ausgewählter staatlicher und supranationaler Organisationen grafisch aufbereitet und kurz kommentiert. Diese jeweils etwa 30 bis 40 Seiten umfassende Beilage unterteilte sich in die Bereiche Impfstoffe, Virusvarianten, Mutationen und Impfkampagnen.

Die erste Hälfte der Beilage widmete sich dabei den Impfstoffen, den ihnen zugrunde liegenden Wirkprinzipien, den laufenden Zulassungsverfahren und bisher beobachteten unerwünschten Nebenwirkungen. Auf mehreren Folien wurde eine Übersicht der bereits zugelassenen Impfstoffe präsentiert, einschließlich Karten jener Gebiete, für die diese Zulassungen gelten. Der nächste Abschnitt enthielt eine Übersicht der bisher entdeckten Virusvarianten und der diesen Varianten zugrunde liegenden Mutationen. Beigefügt waren Verbreitungskarten der für die pandemische Lage relevanten Virusva­rianten und ein Überblick über die Effektivität der in Europa zugelassenen Impfstoffe. Den Abschluss der Beilage bildeten ein Überblick zur deutschen Impfkampagne sowie Übersichtsgrafiken, die den Stand der globalen Impfkampagne beleuchteten. Das Ziel der Beilage war es, medizinischem Fachpersonal einen schnellen Überblick über immunologische Grundlagen, wesentliche Entwicklungen im Hinblick auf die Evolution des Erregers und seine Verbreitung sowie über relevante pharmazeutische Aspekte der Pandemiebekämpfung zu geben.

Beilage COFIT19

Von März bis Juni 2021 wurde zudem die Beilage COFIT19 versandt (Mees 2020). Dabei handelte es sich um einen zehnwöchigen Trainingsplan, der für jeden Wochentag ausgewählte Übungen für den (Homeoffice-)Arbeitsplatz anbot. Die Beilage diente primär der Aufrechterhaltung eines persönlichen Gesundheitstrainings während der Pandemie.

Abb. 4:  Grafische Darstellung der Risikoabschätzung im militärischen Kontext, gezeigt wird das Corona-Infektionsrisiko in Einsatzländern der deutschen Streitkräfte basierend auf einem eigens entwickelten Scoring-Algorithmus

© Kdo SanDstBw

Abb. 4: Grafische Darstellung der Risikoabschätzung im militärischen Kontext, gezeigt wird das Corona-Infektionsrisiko in Einsatzländern der deutschen Streitkräfte basierend auf einem eigens entwickelten Scoring-Algorithmus

Internationale Kooperation von Gesundheits- und Geoinformationswesen

Eine Zusammenarbeit des MI2-Redaktions­teams in München mit dem Institut für Militärisches Geowesen (IMG) des österreichischen Bundesheeres in Wien wurde bereits 2017 etabliert, um Missionen zu unterstützen, in denen beide Nationen im Einsatz sind. Es ist primäre Aufgabe des IMG, die für das Bundesheer benötigten Kartenwerke zu produzieren – damit dient das IMG als die zentrale Ansprechstelle des Bundesministeriums für Landesverteidigung, seiner nachgeordneten Dienststellen, aber auch des staatlichen Krisenmanagements in allen Angelegenheiten des analogen und digitalen geografischen Daten- und Informationsbedarfs.

Im Verlauf der Herausgabe des InfektInfo COVID-19 ergab sich der Bedarf an einer tagesaktuellen, weltweiten Darstellung des Corona-Vorkommens. Aufgrund der bestehenden Arbeitsbeziehung wurde vereinbart, dem IMG epidemiologische Basisdaten zu senden und darauf aufbauend eine Weltkarte zur späteren Integration in das InfektInfo anzufertigen (➥ Abb. 5). Bereits im Mai 2020 gab es für die benötigten Informationen eine Reihe freier Anbieter, die über Web-Anfragen Daten zu den einzelnen Ländern lieferten, ohne dass diese mühsam in Handarbeit erstellt werden mussten. Die Wahl fiel schnell auf einen Anbieter, der Daten aus verschiedenen Quellen (u. a. Worldometer, Johns Hopkins University, New York Times) lieferte, die mit einem hohen Detailgrad abgefragt werden konnten.

Um dies schnellstmöglich zu realisieren, wurde ein Python-Skript auf dem Einplatinencomputer Raspberry Pi Zero programmiert. Dieses Skript mit weniger als 70 Zeilen Code wurde täglich um 14 Uhr aufgerufen und erhielt von dem oben erwähnten Anbieter die aktuellen Zahlen für alle Länder im
JavaScript Object Notation (JSON)-Format. Die Inzidenz pro 100.000 Einwohner wurde dann mittels der aktuellen Bevölkerungszahl, entnommen aus dem World Factbook der Central Intelligence Agency, errechnet. Der gesamte Vorgang einschließlich der Karten­herstellung und Übersendung durch das IMG
war dann am Morgen des Folgetages abgeschlossen, so dass die Weltkarte noch am selben
Tag ins InfektInfo eingefügt werden konnte.

Redaktionelle Aspekte

Das erste InfektInfo COVID-19 erschien Mitte Januar 2020 als ein mit der Software Microsoft Word erstelltes, zweiseitiges Dokument. Die ersten Ausgaben enthielten zunächst nur Text, ab Februar 2020 wurden in Folge der schnell wachsenden Informationsflut dann aber Grafiken zum besseren Verständnis eingefügt. Aufgrund des elektronischen Versands wurde das klassische A4-Hochformat bald durch das bildschirmkompatiblere A4-Querformat ersetzt (Abb. 1). Dieses wurde im Juni 2021 durch die Umstellung von der Software Microsoft PowerPoint auf das professionellere Microsoft Publisher ersetzt. Dieses Format bot den Vorteil, dass sich der Text auf jeder Folie in Spalten arrangieren lässt; ein Satzspiegel von 4–5 Spalten erhöht dabei die Lesbarkeit durch Verkürzung der Zeilenlänge (Abb. 2). Aufgrund des Textarrangements in mehreren Spalten war das neue Format nun auch besser auf den deutlich kleineren Bildschirmen von Smartphones lesbar.

Fazit

Das InfektInfo COVID-19 sollte als Public-Health-Newsletter umfassend informieren und zur Entscheidungsfindung beitragen. Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Fachgebieten haben Texte zu unterschiedlichen Themenfeldern verfasst und lieferten Prognosen sowie Empfehlungen zur Pandemie-Bewältigung. Eine Reihe von Aspekten wurde im Rahmen der Herausgabe des InfektInfo ab Anfang 2020 als herausfordernd erkannt. So wandelte sich das Produkt von einfacher textlicher Information zu einem Newsletter mit Bildern, Grafiken und Karten. Dabei waren journalistische Fähigkeiten gefragt, die im Redaktionsteam nur partiell abgebildet sind. So konnte beispielsweise auf besondere Aktualität bei der Berichterstellung in aller Regel nur im Rahmen des Titelblatts Rücksicht genommen werden, wo Sondermeldungen auch noch in letzter Minute eingefügt werden konnten. Fehlende Professionalität im Produkt­design wurde durch epidemiologische und medizinische Fachlichkeit ersetzt, künftig wären jedoch Layouter beziehungsweise Webmaster wünschenswerte personelle Ergänzungen bei der Herausgabe eines Public-Health-Newsletters. Des Weiteren wurde eine systematische Evaluierung des InfektInfo durch Rückmeldungen von Leserinnen und Lesern zwar geplant, was jedochbisher nicht umgesetzt werden konnte. Sporadische Rückmeldungen und vielfältiges Lob ermutigen allerdings dazu, das Konzept eines Public-Health-Newsletters in den Streitkräften fortzuführen.

Beim InfektInfo COVID-19 handelte es sich um einen Newsletter zur umfassenden Darstellung des Pandemiegeschehens samt Bedingungsfaktoren und Auswirkungen. Diese Publikation ist im Verlauf von drei Jahren in insgesamt 287 Ausgaben erschienen (2020: 167, 2021: 76, 2022: 43, 2023: 1) und diente der Darstellung von Public-Health-Aspekten sowohl rückblickend-beschreibend als auch im Sinne von Prognosen zur Risikokommunikation samt Empfehlungen.

Künftig soll die Erweiterung des Themenkreises der vom MI2-Team der Bundeswehr publizierten InfektInfos auch für andere epidemiologische Ereignisse erfolgen. Aufgrund der im Rahmen des Newsletters gewonnenen Erfahrungen und der Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten unterschiedlicher Institutionen lassen sich frühzeitig weitere Synergieeffekte erzielen, die dazu beitragen können, künftigen Public-Health-Herausforderungen rasch, effektiv und erfolgreich zu begegnen.

Literatur

Mees P: Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr VI-2 stellt tägliche InfektInfo COVID-19 zur Verfügung. Wehrmed Wehrpharm 2020; 64(S1): e10–11.

Quaglio G et al.: Ebola: lessons learned and future challenges for Europe. Lancet Infect Dis 2016; 16: 259–263.

Roßmann K et al.: Innovatives SARS-CoV-2-Krisenmanagement im öffentlichen Gesundheitswesen: Corona-Dashboard und Abwasserfrühwarnsystem am Beispiel Berchtesgadener Land. Bundesgesundheitsbl 2021a; 65: 367–377.

Roßmann K et al.: COVID-19 pandemic & bureaucracy: the crisis inside the crisis. Front Public Health 2021b; 9: 665323.

doi:10.17147/asu-1-266305

Weitere Infos

Der Journal Club COVID-19 im Internet
https://gr-solutions.de/

Alle Ausgaben des InfektInfos ­COVID-19 und Beilagen unter
https://www.pic-mediabox.de/desktop/shareview/display?id=a5e6e1eadec424…

Abb. 5:  Internationale Kooperation zwischen Geoinformations- und Gesundheitswesen: Geografische Darstellung der SARS-CoV-2-Fallzahlen vom 17. November 2021 in Form einer kumulativen Inzidenz

© Kdo SanDstBw

Abb. 5: Internationale Kooperation zwischen Geoinformations- und Gesundheitswesen: Geografische Darstellung der SARS-CoV-2-Fallzahlen vom
17. November 2021 in Form einer kumulativen Inzidenz

Kernaussagen

  • Als Grundlage für Pandemie-Eindämmungsmaßnahmen benötigen militärische und politische Entscheiderinnen und Entscheider valide Informationen.
  • Das InfektInfo COVID-19 diente als Public-Health-Newsletter zur Deckung dieses Informationsbedarfs innerhalb der Streitkräfte sowie auch bei Behörden und Nichtregierungsorganisationen.
  • Im Verlaufe der Herausgabe des Newsletters konnten innovative Lösungen für unterschied­liche fachliche und publizistische Problemstellungen gefunden werden.
  • Die während der letzten drei Jahre gemachten Erfahrungen können für zukünftige, vergleichbare epidemiologische Lagen gewinnbringend genutzt werden.
  • Koautoren

    Bernd Andres
    Priv.-Doz. Dr. Dimitrios Frangoulidis
    Matthias Frank
    Dr. Thomas Morwinsky
    Felix Rieck
    Dr. Georg Rosenmayr
    Priv.-Doz. Dr. Alexander Ziegler

    Referat VI-2 Medical Intelligence & Information, Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr, München

    Kontakt

    Dr. Katalyn Roßmann
    Referat VI-2 Medical ­Intelligence & Information; Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr; Dachauer Straße 128; 80637 München

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