Einleitung
Zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie wurden strikte Hygienemaßnahmen – unter anderem verlängerte Handwaschdauer, intensivierte Handwaschfrequenz und konsequentes Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes (MNS, umfasst definitorisch Stoffmasken/Alltagsmasken, medizinische Masken/OP-Masken und FFP2-Masken) – eingeführt. Beschäftigte im Gesundheitsdienst (BiG), die durch Hygienemaßnahmen im Privatleben und am Arbeitsplatz einer doppelten Hautbelastung ausgesetzt sind, werden in der vorliegenden Arbeit
exemplarisch betrachtet.
Handdermatitis
Infolge der erheblichen Zunahme von beruflich bedingten Handekzemen im Zusammenhang mit COVID-19-assoziierten Hygienemaßnahmen wird das Auftreten dieser Berufsdermatose zu Recht als „Epidemie in der Pandemie“ bezeichnet (Ferguson et al. 2021). Im Rahmen einer kontrollierten, prospektiven Interventionsstudie konzipierten, implementierten und evaluierten Symanzik et al. (2022b) ein eHealth-Konzept zur Prävention von beruflich bedingten Handekzemen bei BiG (n = 302) und fanden heraus, dass sich unter gegenwärtigen Pandemiebedingungen mittels dieses innovativen zeit- und ressourcenschonenden Edukationsansatzes eine Verbesserung des Hautschutz- und Hautpflegeverhalten sowie eine Reduktion der Häufigkeit des Auftretens von Handekzemen herbeiführen ließen. Zudem hat sich gezeigt, dass die konsequente Inanspruchnahme von Hautpflege nur funktioniert, wenn sie ad libitum (nach Belieben) zur Verfügung steht (Symanzik et al. 2022b). Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung ist dies nicht möglich; anders im Hautarztverfahren, das es erlaubt, „Basistherapie“ im erforderlichen Umfang ohne Rezeptgebühren zu verordnen. Damit steht Betroffenen Hautpflege für die beruflich belasteten Hände auch im Privatleben umfassend zur Verfügung, ohne dass Kosten anfallen oder Budgets strapaziert werden (➥ Abb. 1).
Gesichtsdermatosen
Im Rahmen einer aktuellen empirischen Studie untersuchten Symanzik et al. (2022b) das Auftreten von Hautveränderungen im Gesichtsbereich, das mit dem Tragen eines MNS bei BiG (n = 192) assoziiert wird und berichteten, dass sich durch COVID-19-assoziierte Hygienemaßnahmen nicht nur die tägliche Tragedauer eines MNS, sondern auch das Auftreten von Hautveränderungen im Gesichtsbereich, die mit dem Tragen eines MNS assoziiert werden, stark erhöht hat. Berichte über das Auftreten von Gesichtsdermatosen innerhalb der Allgemeinbevölkerung konnten somit in diesem beruflichen Kollektiv bestätigt werden. Für Gesichtsdermatosen steht allerdings eine Reihe von Präventions- und Therapieoptionen (➥ Tabelle 1) zur Verfügung.
Fazit und Ausblick
Adäquater Infektionsschutz und entsprechende Hautpflegemaßnahmen müssen Hand in Hand gehen, um die Pandemie effektiv einzudämmen und gleichzeitig die Hautgesundheit zu erhalten (Symanzik et al. 2022a,b). Eine zielgerichtete Handpflege unter der Verwendung adäquater Pflegeprodukte – mit Integration von Handpflegemaßnahmen im Anschluss an Maßnahmen der Händehygiene – sollte besonders in der hoch hautbelasteten Berufsgruppe der BiG als generelle Arbeitsschutzmaßnahme verstanden werden. In der dermatologischen Praxis ist die Verwendung von adäquaten, individualisierten Hautreinigungs- und Hautpflegekonzepten anzuraten, um der Entstehung von Gesichtsdermatosen präventiv entgegenzuwirken sowie Heilungsprozesse bei bereits aufgetretenen Hautveränderungen zu begünstigen (Kerscher et al. 2021). Bei Berufsabhängigkeit der Symptomatik ist eine rasche Meldung an den Unfallversicherungsträger durch die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt entweder mittels betriebsärztlichem Gefährdungsbericht Haut oder alternativ dem auch betriebsärztlicherseits nutzbarem Hautarztbericht angezeigt (Skudlik u. Elsner 2021), um den Betroffenen den Zugang zum ganzen Spektrum der Versorgungsmöglichkeiten im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung zu eröffnen (einschließlich gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung erweiterten Therapieoptionen inklusive Basistherapie, Wegfall der Rezeptgebühren, Angebot von Hautschutzseminaren, stationären Heilverfahren etc.).
Interessenkonflikt: Das Autorenteam gibt an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
Literatur
Fartasch M, Diepgen TL, Drexler H, Elsner P, John SM, Schliemann S: S1-AWMF-Leitlinie (Langversion). Berufliche Hautmittel: Hautschutz, Hautpflege und Hautreinigung. ICD 10: L23, L24. Dermatologie Beruf und Umwelt 2015; 63: 47–74.
Ferguson FJ, Street G, Cunningham L, White IR, McFadden JP, Williams J: Occupational dermatology in the time of the COVID-19 pandemic: a report of experience from London and Manchester, UK. Br J Dermatol 2021; 184: 180–182.
Kerscher M, Korf L, Eiben-Nielson C, Kleine-Börger L: „Maskne“ durch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes: Mythos oder Realität? Ergebnisse einer Umfrage.
J Dtsch Dermatol Ges 2021; 19: 31.
Kreft B: Prävention und Therapie von Dermatosen, ausgelöst durch persönlichen Mund- und Nasenschutz (Medizinischer Mund-Nasen-Schutz, filtrierende Halbmasken (FFP1/FFP2/FFP3)). J Dtsch Dermatol Ges 2021; 19: 1121–1122.
Skudlik C, Elsner P: Arbeitsbedingte Hautkrankheiten und Gesetzesänderung im Berufskrankheitenrecht zum 01.01.2021. Konsequenzen für das Vorgehen in der betriebsärztlichen Praxis. ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2021; 56: 186–189.
Symanzik C, Körbel-Peceny C, Lüttje D, Engelhardt M, Skudlik C, John SM: Hautveränderungen durch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst im Zuge der Eindämmung der COVID-19-Pandemie: Eine empirische Untersuchung in einem niedersächsischen Krankenhaus der Maximalversorgung. Dermatologie Beruf und Umwelt 2022a; 70: 3–12.
Symanzik C, Stasielowicz L, Brans R, Skudlik C, John SM (2022b): What do COVID-19-associated hygiene measures mean for the skin health of healthcare workers? Results of a controlled, prospective intervention study. Saf Health Work 2022b; 13: S161–S162.
doi:10.17147/asu-1-204761
Weitere Infos
Basistherapie/Basispflege bei arbeitsbedingten Hauterkrankungen
https://www.abderma.org/e3200/e3647/Basistherapie.pdf
Hautarztbericht (F 6050)
https://www.dguv.de/medien/formtexte/aerzte/f_6050/f6050.pdf
Betriebsärztlicher Gefährdungsbericht Haut (F6060-5101)
https://www.dguv.de/medien/formtexte/aerzte/f_6060-5101/f6060-5101.pdf
Kernaussagen
Koautoren
Prof. Dr. med. Christoph Skudlik
Prof. Dr. med. Swen Malte John
Institut für interdisziplinäre Dermatologische Prävention und Rehabilitation (iDerm) an der Universität Osnabrück und Abteilung Dermatologie, Umweltmedizin und Gesundheitstheorie, Universität Osnabrück.
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