Objectives: To examine mortality from digestive cancers in a Chinese miner cohort and to explore the exposure-response relationship between chrysotile mining dust and site-specific digestive cancers.
Methods: A cohort of 1539 asbestos miners was followed for 26 years. Information on vital status and death causes was collected from personnel records and hospitals. Underlying causes of death from cancers were determined by combination of clinical manifestations and pathological confirmation. In-dividual cumulative dust exposures were estimated based on periodic dust measurements of different workshops, individuals‘ job title and employment duration, and treated as a time-dependent variable. Standardised mortality ratios (SMR) were calculated according to Chinese national data and stratified by exposure (levels 1–3, from low to high). Cox proportional hazard models were constructed to estimate HRs in relation to cumulative exposure with adjustment of smoking.
Results: Fifty-one deaths from digestive cancers were identified in the cohort, giving an SMR of 1.45 (95 % CI 1.10 to 1.90). There was a clear expo-sure-response relationship between asbestos dust exposure and mortality from stomach cancer, with SMR of 2.39 (95 % CI 1.02 to 5.60) and 6.49 (2.77 to 15.20) at exposure levels 2 and 3, respectively. The clear relation-ship remained in multivariate analysis, in which workers at the highest expo-sure level had HRs of 12.23 (95 % CI 8.74 to 17.12). In addition, excess mortality from oesophageal and liver cancers was also observed at high exposure levels.
Conclusions: This study provides additional evidence for the association between exposure to chrysotile mining dust and excess mortality from digestive cancers, particularly stomach cancer.
Kommentar: Der Verdacht, dass Asbestfasern gastrointestinale Tumoren verursachen, wurde bereits vor Jahrzehnten geäußert und ist in der Folge-zeit immer wieder diskutiert worden. Selikoff, Churg und Hammond haben erstmals 1964 Asbest nicht nur als Ursache für Lungenkrebs und Mesotheliom, sondern auch für Magen- und Darmkrebs vermutet. Trotz verschiedener positiver Studien ist die Kausalitätsfrage aufgrund widersprüchlicher Ergebnisse derzeit in der Wissenschaft noch unbeantwortet. Die von Lin et al. veröffentlichten Ergebnisse zeigen nicht nur eine statistisch signifikante Mortalität für Krebserkrankungen des Magens, der Speiseröhre und der Leber, es wird darüber hinaus auch über eine Expositions-Effekt-Beziehung zwischen Asbeststaubelastung einerseits und Magenkrebserkrankungen andererseits berichtet. Diese gilt bekanntlich als ein wichtiges HILL-Kriterium für die Annahme einer Kausalität. Die Studie ist im Hinblick auf die Asbestexposition und die lange Beobachtungszeit von 26 Jahren bemerkenswert. Ergebnisse von Asbeststaubmessungen – es hat sich nahezu ausschließlich um Chrysotil gehandelt – standen ab 1984 zur Verfügung. Die zu diesem Zeitpunkt gemessenen Asbeststaubkonzentrationen von durchschnittlich 800 mg/m³ (!) konnten durch arbeitsplatzhygienische Maßnahmen auf 140 mg/m³ in 1995 verringert werden. Dennoch lagen die Staubkonzentrationen weiterhin signifikant über dem Arbeitsplatzgrenzwert von 2 mg/m³. Anhand von Staubkonzentrationen und Beschäftigungszeiten wurde eine „kumulative Staubexposition“ berechnet, die im Mittel 109 mg*Jahr/m³ betragen hat. Die Einteilung in drei Expositions-kategorien führte dazu, dass die Magenkrebsmortalität in der mittleren Kategorie mit 3,4 (1,0–5,6) bereits mehr als verdoppelt war. In der höchsten Kategorie betrug die Mortalitätsrate 6,5 (2,8–15,2). Für die anderen intestinalen Tumoren (Ösophagus, Kolon, Leber, Pankreas, Gallenblase) fanden sich keine Expositions-Effekt-Beziehungen.
Magenkrebs nach beruflicher Asbestexposition ist keine Berufs-krankheit gemäß § 9 Abs. 1 SGB VII, anerkannte Fälle einer „Wie-Berufs-krankheit“ sind bislang nicht dokumentiert (Stand 2013). Inwieweit diese neuen Ergebnisse dazu geeignet sind, die Kausalität zwischen Asbestexposition am Arbeitsplatz und Magenkrebs im Hinblick auf das Berufskrankheitenrecht einzuschätzen, muss an anderer Stelle diskutiert werden. Die wissenschaftliche Evidenz spricht dafür.
G. Triebig, Heidelberg