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Prüfung der Rutschhemmung von Bodenbelägen

Die Folge der oben genannten Zahlen sind hohe Kosten für Entschädigungsleistungen, medizinische Heilbehandlung und Rehabilitation. Ursächlich für Rutschunfälle ist eine ungenügende, nicht an den Betriebsbedingungen orientierende Rutschhemmung der verbauten Bodenbeläge. Zur Vermeidung von Rutschunfällen muss der Gestaltung der Betriebsstätte wie auch der Prüfung und Bewertung der Rutschhemmung ein hoher Stellenwert eingeräumt werden. Fußböden müssen nach der Arbeitsstättenverordnung rutschhemmend ausgeführt sein. Präzisiert wird diese Forderung in der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A1.5/1,2 „Fußböden“ die zurzeit überarbeitet wird. Diese Regel – sie beruht zu wesentlichen Teilen auf der DGUV-Regel 108-003 – legt die Anforderungen an die rutschhemmenden Eigenschaften von Fußböden und deren Prüfung fest (s. auch „Literatur“).

Rutschgefahren bewerten

Die DGUV-Regel 108-003 (s. „Weitere Infos“) beschreibt das Verfahren zur Prüfung von Bodenbelägen gemäß der Norm DIN 51130 (s. „Weitere Infos“) und ordnet die Beläge anhand ihrer Rutschhemmung den Bewertungsgruppen R9 bis R13 zu. Bodenbeläge in der Bewertungsgruppe R9 besitzen die niedrigste, die in R13 die höchste Rutschhemmung.

Pauschal lässt sich sagen: Je höher die Rutschgefahr aufgrund von arbeitsbedingten Verunreinigungen ist, desto höher müssen die Anforderungen an die Rutschhemmung des Bodenbelags sein. Der Bewertung der Rutschgefahr liegen folgende Kriterien zugrunde:

  • Häufigkeit des Auftretens gleitfördernder Stoffe auf dem Boden und deren Verteilung,
  • Art und Eigenschaft der gleitfördernden Stoffe,
  • durchschnittlicher Grad der Verunreinigung des Fußbodens durch diese Stoffe,
  • weitere bauliche, verfahrenstechnische und organisatorische Verhältnisse.
  • In einigen Arbeitsbereichen wie beispielsweise Küchen, Autowerkstätten oder Außenbereiche ist es erforderlich, dass die Oberflächen der Bodenbeläge in einem bestimmten Umfang gleitfördernde Stoffe (z. B. Öl, Wasser, Verschmutzungen) aufnehmen und damit der Gehebene entziehen können. Damit sich ein Bodenbelag für bestimmte Arbeitsräume oder Arbeitsbereiche eignet, wird deshalb in der ASR A1.5/1,2 zusätzlich ein Verdrängungsraum zur Aufnahme dieser Stoffe im Bodenbelag gefordert. Der Verdrängungsraum sind offene Hohlräume oder gewollte Unebenheiten in einem Bodenbelag. Die ASR A1.5/1,2 weist diese Arbeitsräume und Arbeitsbereiche mit einem „V“ aus und mit der Kennzahl für das spezifische Mindestvolumen des Verdrängungsraums (cm3/dm2). Es gibt vier Bewertungsgruppen mit jeweils steigenden Anforderungen an den Verdrängungsraum von Gruppe V 4 bis V 10. Bei Gitterrosten ist der Verdrängungsraum in jedem Fall V 10, das heißt 10 cm3/dm2. ➥ Tabelle 1 enthält einige Beispiele von Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr.

    Abb. 1:  Prüfung der Rutschhemmung von Bodenbelägen nach dem ­Begehungsverfahren auf der schiefen Ebene

    Foto: DGUV

    Abb. 1: Prüfung der Rutschhemmung von Bodenbelägen nach dem ­Begehungsverfahren auf der schiefen Ebene
    Abb. 2:  Gleitmessgerät GMG 200

    Foto: DGUV

    Abb. 2: Gleitmessgerät GMG 200

    Ausgewählte Prüfverfahren

    Die Forderung nach bestimmten Eigenschaften setzt objektive Kriterien und geeignete Prüfverfahren voraus. Die Prüfung der rutschhemmenden Eigenschaften von Bodenbelägen erfolgt gemäß Arbeitsstättenregel „Fußböden“ (s. auch „Weitere Infos“) durch Begehen auf einer neigbaren Ebene nach DIN 51 130.

    Wie aus ➥ Abb. 1 ersichtlich, geht eine Prüfperson in aufrechter Haltung vor- und rückwärts auf dem zu prüfenden Bodenbelag. Dabei wird die Neigung des Bodenbelags aus der Waagerechten vergrößert, bis die Grenze des sicheren Gehens erreicht ist und die Prüfperson zu rutschen beginnt.

    Der aus einer Messwertreihe ermittelte mittlere Akzeptanzwinkel ist für die Einordnung des Bodenbelags in eine der fünf Bewertungsgruppen R 9 bis R 13 maßgebend (➥ Tabelle 2). Die Bewertungsgruppe dient als Maßstab für den Grad der Rutschhemmung. Bodenbeläge der Bewertungsgruppe R9 besitzen danach ein niedriges Rutschhemmungspotenzial, Bodenbeläge der Bewertungsgruppe R 13 ein hohes.

    Dieses Begehungsverfahren ist eine reine Laborprüfmethode zur Bewertung von Baumustern. Die Baumusterprüfung hat als primäre Maßnahme gegen Rutschunfälle einen hohen Stellenwert, da Planung und richtige Auswahl ohne sie nicht möglich wären; sie lässt aber keine Aussage über die Rutschsicherheit des verlegten und benutzten Bodens zu. Falscher Einbau, unsachgemäße Pflege, Alterung, Abnutzung und Verschmutzung sind oft Auslöser von Rutschunfällen. Um hier geeignete Korrektur- und Präventionsmaßnahmen durchführen zu können, ist es erforderlich, die rutschhemmenden Eigenschaften von verlegten Bodenbelägen vor Ort unter Betriebsbedingungen gemäß DGUV-Information 208-041 (s. „Weitere Infos“) zu ermitteln. Dies geschieht mit einem mobilen Gleitreibungsmessgerät Typ GMG 200 nach DIN 51 131 (➥ Abb. 2).

    Das Gleitmessgerät GMG-200 ist ein mit Gleitern ausgerüstetes Messgerät, das parallel zur Oberfläche eines Bodenbelags mit konstanter Geschwindigkeit gezogen wird. Es ermittelt die erforderliche Zugkraft über die Länge der Messstrecke. Der Gleitreibungskoeffizient ist das Verhältnis zwischen der Zugkraft und der vertikal wirkenden Kraft. Messwerte unter 0,30 µ weisen auf eine hohe Rutschgefahr, Werte zwischen 0,30 µ und 0,45 µ auf eine mittlere Rutschgefahr und Werte größer 0,45 µ auf eine geringe Rutschgefahr unter den gemessenen Betriebsbedingungen hin.

    In der Regel wird als Gleitermaterial ein SBR-Gummi verwendet. Dieses Material entspricht einer Schuhsohle mit ungünstigen Reibeigenschaften. Für die Messungen auf nassem Boden wird eine Lösung aus 0,1% Natriumlaurylsulfat in Leitungswasser verwendet.

    Tabelle 2:  Bewertungsgruppen der Rutschhemmung von Bodenbelägen für Arbeitsräume und Arbeitsbereiche mit Rutschgefahr (ASR A1.5/1,2)

    Tabelle 2: Bewertungsgruppen der Rutschhemmung von Bodenbelägen für Arbeitsräume und Arbeitsbereiche mit Rutschgefahr (ASR A1.5/1,2)
    Abb. 3:  Gleiter aus verschiedenen Schuhsohlenmaterialien

    Foto: DGUV

    Abb. 3: Gleiter aus verschiedenen Schuhsohlenmaterialien
    Abb. 4:  Vorortprüfung unter Betriebsbedingungen

    Foto: DGUV

    Abb. 4: Vorortprüfung unter Betriebsbedingungen

    Um eine exaktere Aussage zur Rutschgefahr zu treffen, kann es in Bereichen in denen einheitliche Schuhe getragen werden, sinnvoll sein, die Gleiter für das Gleitmessgerät aus dem verwendeten Schulsohlenmaterial zu fertigen (➥ Abb. 3). Des Weiteren können bei einer solchen Bewertung die betriebsbedingt auftretenden gleitfördernden Medien (z.B. Öle oder sonstigen Verschmutzungen) Verwendung finden. In der Regel werden die Messungen (➥ Abb. 4) unter folgenden Bedingungen durchgeführt:

  • trocken auf ungereinigtem Boden mit den betriebsbedingt gleitfördernden Stoffen,
  • nass auf ungereinigtem Boden mit den betriebsbedingt gleitfördernden Stoffen,
  • trocken auf gereinigtem Boden (zu Vergleichszwecken),
  • nass auf handgereinigtem Boden (zu Vergleichszwecken).
  • Wegen der unterschiedlichen Prüfbedingungen lassen sich die Ergebnisse nicht unmittelbar mit denjenigen aus dem Begehungsverfahren vergleichen (Wetzel et al. 2013). Der Gleitreibungskoeffizient kann folglich auch nicht zur Einordnung in eine R-Gruppe herangezogen werden.

    Die Bewertung der Messergebnisse kann anhand der in der Tabelle 2 wiedergegebenen Richtwerte erfolgen.

    Die Bestimmung des Verdrängungsraums erfolgt, indem der zur Gehebene hin offene Hohlraum des zu prüfenden Bodenbelags mit einer Prüfpaste ausgefüllt wird.

    Aus der Gewichtsdifferenz zwischen dem unbehandelten und dem mit Prüfpaste aufgefüllten Bodenbelag lässt sich der Verdrängungsraum unter Berücksichtigung der Dichte ermitteln und dem Bodenbelag entsprechend ➥ Tabelle 3 zuordnen. Prüfverfahren und Beurteilungsmaßstäbe beschreibt die DGUV-Regel 108-003 (s. „Weitere Infos“).

    1979 hat der damalige Fachausschuss Bauliche Einrichtungen, jetzt Fachbereich Handel und Logistik der DGUV, das heutige Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) mit der Prüfung von Fußbodenbelägen beauftragt. Der Hersteller des Bodenbelags gibt die Baumusterprüfung in Auftrag. Die Prüfung erfolgt zum Teil gemeinsam mit dem Institut für Wand- und Bodenbeläge − Säurefliesner-Vereinigung e.V. in Großburgwedel. Das IFA stellt die Prüfzeugnisse aus. Prüfzeugnisse mit positiver Beurteilung des Prüfobjekts sind in der Gültigkeitsdauer auf fünf Jahre begrenzt. Unter bestimmten Voraussetzungen vergibt das IFA auf der Grundlage eines positiven Baumusterprüfzeugnisses eine Bescheinigung über die Prüfung der Arbeitssicherheit; sie berechtigt die herstellenden Betriebe zur Kennzeichnung des geprüften Produkts mit dem DGUV Test-Prüfzeichen.

    Tabelle 3:  Bewertungskonzept der Rutschgefahr1

    Tabelle 3: Bewertungskonzept der Rutschgefahr1

    Positivliste geprüfter Bodenbeläge

    Das IFA erstellt jährlich eine Liste von geprüften Bodenbelägen für Arbeitsräume und Arbeitsbereiche mit Rutschgefahr, die einer Bewertungsgruppe der Rutschhemmung (➥ Tabelle 4) und gegebenenfalls einer Bewertungsgruppe für den Verdrängungsraum zugeordnet wurden und für die ein gültiges Prüfzeugnis einer Baumusterprüfung des IFA – ausgestellt auf den herstellenden oder vertreibenden Betrieb – vorliegt. Bodenbeläge, die laut IFA das DGUV Test-Prüfzeichen tragen dürfen, sind in den Tabellen besonders ausgewiesen.▪

    Interessenkonflikt: Beide Autoren geben an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

    Tabelle 4:  Bewertungsgruppen für den Verdrängungsraum (ASR A1.5/1,2)

    Tabelle 4: Bewertungsgruppen für den Verdrängungsraum (ASR A1.5/1,2)

    Literatur

    Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV): Statistik – Arbeitsunfallgeschehen 2017: DGUV Bericht. Berlin: DGUV, 2018.

    DIN 51 130: Prüfung von Bodenbelägen – Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaft – Arbeitsräume und Arbeitsbereiche mit Rutschgefahr, Begehungsverfahren – schiefe Ebene. Berlin: Beuth, 2014.

    DIN 51 131: Prüfung von Bodenbelägen – Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaft – Verfahren zur Messung des Gleitreibungskoeffizienten. Berlin: Beuth, 2014.

    Wetzel C, Windhövel U, Mewes D, Götte T: Rutschgefahren erkennen und vermeiden. Technische Sicherheit 2013; 3: 49–54.

    Weitere Infos

    Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV) vom 12. August 2004, BGBl. I (2004), S. 2179
    http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/ start.xav?startbk=Bundes-anzeiger_BGBl&jumpTo= bgbl104s2179.pdf

    Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A1.5/1,2 „Fuß­böden“. GMBl 2013, S. 348
    https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regel…

    Fußböden in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr (DGUV-Regel 108-003). (10/1993, aktualisierte Fassung Oktober 2003)
    https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/955

    DGUV-Information 208-041: Bewertung der Rutschgefahr unter Betriebsbedingungen
    https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/890

    Kontakt:

    Dipl.-Ing. Olaf Mewes
    Referatsleiter Referat 5.4 „Arbeitsmittel, Bauprodukte und mechanische Schutzausrüstungen“, Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA), Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV); Alte Heerstr. 111; 53757 Sankt Augustin

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