Zum brisanten Thema der Belastung durch Stickoxide aus Dieselabgasen lässt eine Bundesbehörde (!) – das Bundesumweltamt – beim renommierten Helmholtz-Zentrum München in Neuherberg eine Studie anfertigen und macht mit den Ergebnissen Panik: Es stehen nach diesen Erkenntnissen als Folgen der NO2-Belastung Krankheiten und Todesfälle durch Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Schlaganfall, chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) und Asthma im Vordergrund.
Besonders auffällig ist die Aussage „Die Studie zeigt unter anderem, dass acht Prozent der bestehenden Diabetes-mellitus-Erkrankungen in Deutschland im Jahr 2014 auf Stickstoffdioxid in der Außenluft zurückzuführen waren. Dies entspricht etwa 437.000 Krankheitsfällen. … Epidemiologische Studien ermöglichen zwar keine Aussagen über ursächliche Beziehungen …“. Weiterhin ist von mindestens 1435 Todesfällen die Rede.
Gesicherte Erkenntnisse über die Ursachen von Krankheiten gibt es erst, wenn man eine kausale Beziehung experimentell nachweisen kann und die gibt es für das Reizgas NO2 eben nur für Atemwegs- und Lungenerkrankungen, wogegen für die übrigen Beziehungen nicht einmal im Ansatz eine biologische Plausibilität besteht. Da wäre es doch schön gewesen, wenn die Forscher sich des gesunden Menschenverstandes bedient hätten und gefragt hätten, wo denn die besonders hoch belasteten Personen häufiger wohnen könnten. Die Antwort könnte ihnen das Robert Koch-Institut (RKI) mit seiner Publikation von Laußmann et al. (2013) zum Thema „Soziale Ungleichheit von Lärmbelästigung und Straßenverkehrsbelastung“ liefern. Danach wohnen an Straßen mit hoher Straßenverkehrsbelastung fast doppelt so viele Personen mit niedrigem gegenüber hohem Sozialstatus (28,3/14,3 %), mit niedrigem gegenüber hohem Nettoeinkommen (25,5/14,7 %) sowie mit niedrigem gegenüber hohem Berufsstatus (25,8/15,5 %). Für derartige Konstellationen sind hohe Morbiditäts- und Mortalitätsunterschiede mit Folgen für die Lebenserwartung bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes hinreichend bekannt, epidemiologisch und vor allem auch pathophysiologisch und klinisch gesichert!
Das hätte deutlich mehr der Verantwortung für die Aufdeckung von Folgen sozialer Unterschiede entsprochen. Der Schlagzeile „Diesel mordet unsere Menschen“ hätte es allerdings nicht so einfach dienen können. Unwissenschaftliche Spekulationen werden auch durch die Verwendung statistischer Maßzahlen nicht wissenschaftlich begründet!
Prof. Dr. med. Bernd Hartmann
Literatur
Laußmann, D., Haftenberger, M., Lampert, T., & Scheidt-Nave, C. (2013). Soziale Ungleichheit von Lärmbelästigung und Straßenverkehrsbelastung. Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung-Gesundheitsschutz, 56(5-6), 822-831
Stickstoffdioxid führt zu erheblichen Gesundheitsbelastungen. UBA-Studie ordnet Gesundheitsbelastung durch Stickstoffoxid in Deutschland ein. Umweltbundesamt, Pressemitteilung vom 08.03.2018, Nr. 6/2018 ( https://www.umweltbundesamt.de/no2-krankheitslasten
Prof. Dr. med. Bernd Hartmann,
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