Das PDF dient ausschließlich dem persönlichen Gebrauch! - Weitergehende Rechte bitte anfragen unter: nutzungsrechte@asu-arbeitsmedizin.com.
Worum geht es?
Bereits der Untertitel des Buches verrät, dass es sich bei dem Anfang 2024 bei W. Kohlhammer erschienenen Buch „Vor Hitze schützen“ der Herausgeberinnen Henny Annette Grewe und Beate Blättner um ein Handbuch für Pflege- und Gesundheitseinrichtungen handelt. Das Buch hat 209 Seiten und betrachtet Hitzeschutzmaßnahmen und -pläne aus dem Blickwinkel derer, deren Aufgabe es ist, solche Pläne zu erstellen, umzusetzen und zu verantworten. Dabei beleuchtet es jeweils die wissenschaftliche Fundierung der Empfehlungen, die in Hitzeaktionsplänen zu finden sind. Außer von Henny Annette Grewe und der leider verstorbenen Beate Blättner, enthält das Buch Beiträge von Anna Grundel, Vanessa Holt, Dea Niebuhr, Katharina Rathmann und Hendrik Siebert.
Kritische Reflexion von Aufbau und Inhalt des Buches
Das Buch gliedert sich in drei Abschnitte: Auf einen Grundlagen-Abschnitt folgen Kapitel zur Praxis des Hitzeschutzes. Den Abschluss bildet der Themenbereich Spezielle Settings und Betroffenengruppen.
Der Grundlagen-Abschnitt geht zuerst auf den Klimawandel mit dem Phänomen der Hitzewellen und deren Einflüsse auf die Gesundheit ein. Es folgt ein interessantes Kapitel, das ausführlich die physiologischen Auswirkungen von Hitze auf den Menschen erläutert, jedoch an vielen Stellen Hintergrundwissen voraussetzt, das vielleicht nicht immer vorhanden ist. Blättner erläutert danach grundlegende Strategien und Konzepte des präventiven Hitzeschutz-Handelns im Gesundheitswesen. Sie merkt kritisch an, dass im allgemeinen Denken jede Person zunächst selbst für den persönlichen Hitzeschutz zuständig ist und als Präventionsstrategien oftmals nur Informationsflyer erstellt oder Informations-Webseiten gestaltet werden. Allerdings sollte man berücksichtigen, „dass Wissen nicht automatisch auch zu dem entsprechenden Handeln führt …“.
Im Abschnitt zur Praxis des Hitzeschutzes wird zunächst das Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdienstes als gute Planungsgrundlage für den Hitzeschutz in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung und der Pflege vorgestellt. Der nächste Abschnitt geht auf die Vorbereitungsmaßnahmen ein, die Einrichtungen der Gesundheits- und Pflegeversorgung bereits vor dem Sommer treffen sollten. Nützlich für die Praxis sind hier die zahlreichen übersichtlichen Tabellen und Checklisten. Das folgende Kapitel beschreibt die Akutmaßnahmen im Fall eines Hitzeereignisses. Interessant ist hier insbesondere die gut gelungene Verknüpfung der Theorie mit der Praxis. Das folgende Kapitel geht auf die langfristig nötigen Maßnahmen des sommerlichen Wärmeschutzes ein (z. B. Dächer- und Fassadenbegrünung). Der Abschnitt schließt mit einen Kapitel zum Thema Monitoring und Evaluation. Hier geht es u. a. um die strukturierte Erhebung, Darstellung und Interpretation relevanter und verlässlicher Daten. Insgesamt wird in diesem Abschnitt deutlich, wie lückenhaft die Datenlage im Bereich des Hitzeschutzes noch ist und dass auch für allgemein empfohlene Maßnahmen bislang kein Beweis ihrer Wirksamkeit vorliegt. Die Autorinnen und Autoren sind trotzdem der Ansicht, dass viele der Maßnahmen ohne Wirksamkeitsnachweis als sinnvoll eingeschätzt werden können.
Der dritte Abschnitt zum Hitzeschutz in speziellen Settings und bei besonders vulnerablen Gruppen beginnt mit Hitzeaktionsplänen für stationäre Kranken- und Pflegeeinrichtungen mit Tipps zur Implementierung eines Hitzeaktionsplans, Tabellen zur Planung von Maßnahmen und einem Fallbeispiel aus einer stationären Pflegeeinrichtung. Es folgt das Kapitel Hitzeschutz und Beratung in ambulanten Settings, das das sinnvolle Zusammenwirken aller an der ambulanten Versorgung beteiligten Akteure als zentrale Aufgabe hervorhebt. Weitere Kapitel beschäftigen sich mit der Betreuung von Schwangeren und jungen Familien und mit dem Hitzeschutz für Menschen mit Beeinträchtigungen. Sehr wichtig, weil bislang nur unzureichend thematisiert, ist das Kapitel zu den Risiken von Hitzeextremen für Schwangere, Neugeborene und Säuglinge. Im Kapitel Hitzeschutz für Menschen mit Beeinträchtigungen wird zurecht betont, dass es sich hierbei nicht um eine einheitliche Bevölkerungsgruppe handelt. Daher war es für die Autorinnen und Autoren schwierig, eine einheitliche gedankliche Richtung zu finden. Es finden sich zahlreiche Definitionen und grundsätzliche Ausführungen (z. B. Was ist Inklusion?), ohne dass jeweils der direkte Bezug zum Hitzeschutz sichtbar wird. Dieser Bezug wird erst viel später im Abschnitt Inklusion mit Hitzeschutz hergestellt. Zudem ist das vorhandene Zahlenmaterial – wie die Autorinnen und Autoren selbst betonen – an manchen Stellen dürftig. Den Abschluss des Buches bildet der Arbeitsschutz bei Hitzeextremen. Der Abschnitt geht auf die Leistungsfähigkeit des Menschen in Hitzesituationen ein, stellt den rechtlichen Rahmen, Regeln, Informationen und Normen des Arbeitsschutzes während Hitzeperioden vor und schließt mit der Umsetzung von Hitzeschutzmaßnahmen im Betrieb.
Das Buch enthält eine umfassende Liste mit aktuellen Literaturquellen. Auf der letzten Seite befindet sich zudem ein Übersichtsdiagramm mit Kapitelverweisen, das es erlaubt, Textstellen schnell aufzufinden, die sich mit grundsätzlichen Fragen zu einzelnen Maßnahmen auseinandersetzen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Materialien zum Buch kostenfrei im Internet.
Schlussfolgerungen
Die Herausgeberinnen betonen, dass das Buch insbesondere den Verantwortlichen und Mitarbeitenden in den unterschiedlichen Settings der Gesundheitsversorgung und der Pflege ein Orientierungsrahmen für einrichtungsspezifische Hitzeschutzkonzepte sein soll. Es soll Lehrenden, Auszubildenden und Studierenden den aktuellen Kenntnisstand vermitteln und Forschende dazu anregen, bestehende Wissenslücken zu schließen. Darüber hinaus ist es jedoch auch für Ärztinnen und Ärzte in den Bereichen Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin empfehlenswert, die hier wertvolle Informationen zum Thema Hitzeschutz finden werden.