Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

International Commission on Occupational Health (ICOH) — eine Plattform für internationalen wissenschaftlichen Austausch und Arbeitsschutzpolitik

Hans Martin Hasselhorn, Volker Harth

Die International Commission on Occupational Health (ICOH, www.icohweb.org) ist die internationale wissenschaftliche Fach-organisation für Arbeitsmedizin. Sie wurde 1906 in Mailand anlässlich des „1st International Congress on Occupational Diseases” (noch in französischer Sprache) gegründet (   Abb. 1 ). Ihr übergreifendes Ziel ist die Förderung der Arbeitsmedizin in Wissenschaft und Gesellschaft. Dies schließt nicht nur den internationalen wissenschaftlichen Austausch ein, sondern beispielsweise auch die Formulierung ethischer Grundsätze für die Arbeitsmedizin (International Code of Ethics for Occupational Health Professionals). Ebenso gehören hierzu politische Aktivitäten zur Etablierung und Sicherung einer adäquaten arbeitsmedizinischen Versorgung – vor allem in Ländern, die sich im Strukturwandel befinden (z. B. Süd-Ost-Europa, Asien, Afrika). Dabei verfolgt die ICOH ihre Ziele oft im Austausch mit weiteren internationalen Organisationen wie z. B. der ILO, WHO und ISSA.

Deutschland und ICOH

Gegenwärtig umfasst die ICOH etwa 2000 Mitglieder, die aus 93 Ländern kommen. Deutschland ist mit 50 Einzelmitgliedern und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) als „unterstützendem Mitglied“ nominell relativ zahlreich in der ICOH vertreten.

Im Rückblick ist erkennbar, dass Deutschland eine gewisse Rolle in der oberen Führung der ICOH gespielt hat: Bei der Gründung der ICOH im Jahr 1906 waren „Eulemburg and E. Roth (Prussia); M. Hahn (Bavaria)“ im ICOH Vorstand vertreten. Im Jahr 1938 fand der 8. Internationale ICOH-Kongress in Frankfurt/Main statt, genau zu einer Zeit extremer politischer Anspannung, nämlich während der Münchner Konferenz zur Lösung der Sudetenkrise. Die damaligen Teilnehmer kamen vorwiegend aus Deutschland und Italien; der gewählte ICOH-Präsident Dr. D. Glibert erschien nicht zur Konferenz. Viele Jahre später, auf dem 22nd International ICOH Congress in Sydney in 1987, wurde mit Professor Rutenfranz erstmals ein deutscher Arbeitsmediziner als Vizepräsident Mitglied des Vorstands.

Auf Länderebene wird die ICOH durch nationale ICOH-Sekretariate vertreten. Das „Nationale ICOH-Sekretariat“ in Deutschland übernimmt dabei verschiedene Aufgaben und organisiert z. B. anlässlich der DGAUM-Jahrestagungen alljährlich ein Mitgliedertreffen. In diesem Jahr konnte für dieses Treffen als Referentin und Diskussionspartnerin eine hochkarätige Vertreterin der WHO gewonnen werden: Frau Dr. Paunovic, WHO Program Manager „Environmental Exposures and Risks“.

Wissenschaftliche ICOH-Kommitees

Zurzeit decken 35 Scientific Committees (SC) spezifische arbeitsmedizinische Themenfelder ab. Das Themenspektrum reicht von klassischen fokussierten Fragen wie „Musculoskeletal Disorders“ oder „Radiation and Work“, über breitere Themenfelder wie „Work Organisation and Psychosocial Factors“ bis hin zu Fragen von Organisation und Methodik der Arbeitsmedizin wie z. B. im Komitee „Health Services Research and Evaluation in OH” und auch „Education and Training in OH“ (   Tabelle 1 ). Jedes Komitee ist angehalten, zwischen den dreijährigen Weltkongressen eigene Konferenzen zu veranstalten.

Chance für Nachwuchs

Für Nachwuchswissenschaftler/innen kann die ICOH das Tor zur internationalen wissenschaftlichen Vernetzung darstellen. Das eigene Beispiel des Autors H.M. Hasselhorn mag hierbei als Beispiel dienen: So erhielt er zu seinen Betriebsarztzeiten am Uniklinikum in Freiburg als Mitglied des ICOH SC „Occupational Health for Health Care Workers“ den Auftrag, ein „Guidebook Occupational Health for Health Care Workers“ herauszugeben. Durch die Arbeit an diesem Buch, das dann 1999 im Elsevier Verlag erschienen ist, ergaben sich weitere Forschungskooperationen und schließlich die Leitung eines großen Europäischen Forschungsprojekts (NEXT-Studie, 11 Länder), das seinen weiteren wissenschaftlichen Werdegang erheblich beeinflussen sollte.

Dieses Beispiel zeigt, dass die ICOH für Arbeitsmediziner/innen bereits in der frühen Phase ihres wissenschaftlichen Werdegangs eine attraktive Fachorganisation darstellt. Aber auch den bereits etablierten Wissenschaftler/innen bietet sie wertvolle Vernetzung und Austausch. Nicht nur der dreijährliche Weltkongress, sondern vor allem auch die Konferenzen der unterschiedlichen Scientific Committees bieten die Möglichkeit, eigene wissenschaftliche Arbeiten der internationalen scientific community qualifiziert vor- und zur Diskussion zu stellen.

Aber auch umgekehrt: Mit ihrer Mitgliedschaft unterstützen interessierte Arbeitsmediziner/innen auch die Arbeit der ICOH, denn sie ist auf eine fundierte Repräsentanz in der wissenschaftlichen Arbeitsmedizin angewiesen, um ihre Stimme in der internatio-nalen Arbeitsschutzpolitik wirksam erheben zu können.

Vielleicht könnte es auch das Ziel der Arbeitsmedizin in Deutschland sein, mehr als bisher ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse dem internationalen Publikum über die ICOH zugänglich und so auch die eigene Stimme noch stärker hörbar zu machen.

Verfasser:

apl. Prof. Dr. Hans Martin Hasselhorn
National Secretary ICOH
Leiter Fachbereich 3 „Arbeit und Gesundheit”
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin
Nöldnerstr. 40–42 – 10317 Berlin
hasselhorn.hans-martin@baua.bund.de

Prof. Dr. med. Volker Harth
Vice National Secretary ICOH
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM)
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Seewartenstr. 10 – 20459 Hamburg

Jetzt weiterlesen und profitieren.

+ ASU E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
+ Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
+ Exklusive Webinare zum Vorzugspreis

Premium Mitgliedschaft

2 Monate kostenlos testen