Das Gesundheitswesen ist einerseits eine boomende Wachstumsbranche mit 5,5 Millionen Beschäftigten und eine Jobmaschine – denn jeder 8. Erwerbstätige ist im Gesundheitsdienst tätig. Andererseits zählen die Beschäftigten im Gesundheitswesen, gemessen an den Arbeitsunfähigkeitstagen, zu den stark belasteten Beschäftigten. Pflegekräfte sind dabei besonders betroffen und gelten als Risikogruppe in Bezug auf kardio-vaskuläre, psychosomatische, orthopädische und immunologische Erkrankungen. Die Ar-beitsbelastungen der im Gesundheitswesen Beschäftigten und die daraus resultierenden Folgen für die Gesundheit sind mittlerweile gut belegt.
Die 1,1 Millionen Beschäftigten in Klini-ken sind hohen Gesundheitsgefährdungen ausgesetzt: Nadelstichverletzungen, psychische Anforderungen, Arbeitszeiten in Form von Schicht- und Nachtdienst, Arbeits-verdichtung, Laser- und Strahlenbelastung, schweres Heben und Tragen, Narkosegase, Umgang mit Zytostatika, sind nur einige der Belastungen, mit denen die Beschäftigten im Gesundheitsdienst umgehen müssen.
In erster Linie stellen bei den Arbeitszei-ten Schicht- und Nachtdienste sowie die hohe Zahl der Überstunden eine erhebliche Belastung des Personals dar. In Deutschlands Kliniken besteht großer Zeitdruck: Hektik ist es, die den Arbeitsalltag in den Kliniken prägt. Die Gewerkschaft verdi stellte im Dezember 2014 fest, dass nur mit mehr Personal die Versorgung der Patienten garantiert werden kann. Nach Berechnun-gen von verdi haben z. B. die Beschäftigen der vier Unikliniken im Südwesten Baden-Württembergs im vergangenen Jahr 625 000 Überstunden geleistet. Diese könnten nicht mit Freizeit ausgeglichen werden, weil Personal und Nachwuchs fehlt.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch eine im September 2014 veröffentlichte Studie „Das Krankenhaus als Forschungsfeld“, die in diesem Heft von Frau Dr. med. A. Schoeller vorgestellt wird. Die Studie beleuchtet den Umstand, dass im Zuge der Einführung der DRG-Vergütungspauschalen sich auch die Aufgabenverteilung im Krankenhaus erheblich verändert hat. Die befragten Mitarbeiter waren mit ihrer Arbeit unzufrieden. Sie bemängeln suboptimale Arbeitsbedingungen wie Zeitmangel und Arbeitsverdichtung sowie fehlende Wertschätzung der Arbeit durch den Arbeitgeber bei einer zu geringen Entlohnung.
Gegenwärtig schaut die Welt nach Westafrika, genauer gesagt nach Guinea, Liberia und Sierra Leone. Das Ebola-Virus richtet dort Verheerendes an. Eine Mortalitätsrate mit über 60 % versetzt die Menschen in Angst und Schrecken. Mit zunehmender Dauer und Größe der Ebola-Epidemie ist eine Vorstellung „ungeplanter“ Ebola-Fälle im deutschen Gesundheitswesen prinzipiell möglich, wenn auch insgesamt unwahrscheinlich. Frau Prof. Dr. med. S. Wicker und Prof. Dr. Dr. med. R. Gottschalk informieren mit ihrem Beitrag „Ebola – wie schützt man das medizinische Personal?“, wie die persönliche Schutzausrüstung beim Umgang mit Ebola-Verdachtsfällen auszusehen hat.
Die Berufsgenossenschaft für Gesundheits-dienst und Wohlfahrtspflege forscht über Arbeitsbedingungen im Gesundheitsdienst und gibt Empfehlungen zum Arbeitsschutz. So berichten Herr Prof. Dr. med. A. Nienhaus und Frau Dr. med. M. Dulon von der Präva-lenz von MRSA-Trägern unter Beschäftigten im Gesundheitsdienst außerhalb von Ausbrüchen und beschreiben Berufsgruppen, die ein erhöhtes Risiko für eine MRSA-Besiedlung haben. Frau Dr. med. S. Freitag et al. zeigen in ihrem Beitrag auf, wie Pflegekräfte bei Heben und Tragen ihren Rücken deutlich entlasten können.
Schwangeren Beschäftigten droht schnell ein Beschäftigtenverbot, da die „Mutter-schutz-Richtlinien“ der Länder oft sehr restriktiv ausfallen. Über diesen Umstand berichtet lösungsorientiert Frau Dr. med. U. Hein-Rusinek.
Einen wertvollen Beitrag zum Arbeitsschutz stellt die völlig überarbeitete Technische Regel 250 „Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege“ dar. Ihre Anwendung soll ein sicheres Arbeiten im Gesundheitswesen er-möglichen. Sie wird in Form einer Reihe mit 8 Folgen in ASU ab diesem Heft gestartet und gibt nützliche Antworten auf die Fra-gen, wie beispielsweise der Gesundheitsschutz bei Praktikanten und Medizinstudenten auszusehen hat. Hintergrundinformationen zur Technischen Regel 250 gibt Herr Dr. rer. nat. C. Deininger in seinem Beitrag.
Herr Prof. Dr.-Ing. M. Schmauder weist in seinem Artikel darauf hin, dass Atem-schutzgeräte, wie alle persönlichen Schutzausrüstungen, den Benutzer nicht beeinträchtigen darf. Die Regel „Soviel Schutz wie nötig, sowenig Belastung wie möglich!“ muss beachtet werden. Atemschutzgeräte müssen deshalb neben dem ausreichenden Schutz einfach zu bedienen und an den Benutzer anpassbar sein. Sie sollen das Blickfeld möglichst wenig einschränken und frei von störenden Eigengerüchen sein.
Wir hoffen, für Sie ein spannendes Heft mit vielen neuen Infomationen zur „Boombranche“ Gesundheitsdienst mit seinen Chancen und Risiken zusammengestellt zu haben.
Wir wünschen Ihnen einen guten Start in das Jahr 2015. Bleiben Sie uns gewogen.
Dr. med. Annegret E. Schoeller, Berlin