Einleitung
Atemschutz- und Tauchtauglichkeit standen schon immer im Kontext zur Unfallverhütung, folglich auch zur Unfallversicherung. Die gesetzliche (soziale) Unfallversicherung gab es in Deutschland bereits 1884. Allerdings wurden die Feuerwehren erst 1928 in dieses Übereinkommen aufgenommen (Schwinger 1956). Im selben Jahr begannen auch die ersten Aktivitäten mit Tauchern in deutschen Feuerwehren (Schäfer 1956). Das Wissen um die gesundheitliche Gefährdung der Atemschutzgerätträger führte 1939 zur Einführung reichseinheitlicher Eignungsgrundsätze für Feuerwehrmänner. Die Eignungskriterien, Untersuchungsfristen und Dokumentation der ärztlichen Eignungsuntersuchung waren einheitlich festgelegt. Nach dem 2. Weltkrieg wurden diese Regularien jedoch unterschiedlich oder gar nicht von den Bundesländern übernommen. Erst mit Einführung der Unfallverhütungsvorschrift (UVV) „Feuerwehren“ im Jahr 1965 wurde wieder eine identische ärztliche Eignungs- und Nachuntersuchung für Atemschutzgerätträger und Taucher – allerdings ohne Eignungskriterien – gefordert. Möglicherweise war dies bei vielen Angehörigen der Feuerwehr der Grund für die mangelnde Motivation, sich dieser Untersuchung zu unterziehen (Bürger 1981). Daran änderte zunächst auch die Festschreibung einer Tauglichkeitsuntersuchung in der im Jahr 1972 eingeführten Feuerwehr-Dienstvorschrift (FwDV) 7 „Atemschutz“ und später in der FwDV 8 „Tauchen“ wenig.
Eine Besserung zeichnete sich ab, als der Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG), seit Juni 2007 Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), die arbeitsmedizinischen Grundsätze (G) und infolge den Grundsatz 26 (G 26) „Atemschutzgeräte“ einführte (DGUV 2014; Feuerwehr-Unfallkasse Schleswig-Holstein 1980). Auch die bis dahin nicht präzisierte Feststellung der Eignung als Taucher durch einen staatlichen Gewerbearzt wurde durch das Inkrafttreten des G 31 „Überdruck“ harmonisiert (Zimmermann 1972). Das über die Jahre entwickelte Selbstverständnis bei allen Feuerwehrangehörigen, sich regelmäßig einer „Vorsorgeuntersuchung“ zu unterziehen, ist allerdings in jüngster Zeit ins Wanken geraten. Das ist den neuen Verordnungen sowie dem gestiegenen Bedürfnis mündiger Bürger, unabhängig davon, ob haupt- oder ehrenamtlich tätig, selbst zu entscheiden, ob man sich körperlichen und klinischen Untersuchungen unterziehen will, geschuldet. Der nachfolgende Beitrag soll auf die vielfältigen Fragen und Missverständnisse Antworten geben.
Unterschied zwischen Vorsorge- und Eignungsuntersuchung
Im Vokabular der Feuerwehren ist die „Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung“ ein fester und gängiger Begriff. Allerdings ist damit in der Regel eine Eignungsuntersuchung gemeint. Der Unterschied lässt sich wie folgt erklären (Aligbe 2014):
- Arbeitsmedizinische Vorsorge ist, durch geeignete Vorsorgemaßnahmen arbeitsbedingte Erkrankungen einschließlich Berufskrankheiten frühzeitig zu erkennen und zu verhüten. Sie soll zugleich einen Beitrag zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit und zur Fortentwicklung des betrieblichen Gesundheitsschutzes leisten ( Abb. 1).
- Eignungsuntersuchungen dienen gezielt der Selektion und dem Abgleich, ob der gesundheitliche Zustand einer Person mit einem bestimmten gewollten oder geforderten Personenbild zusammenpasst ( Abb. 2).
Notwendigkeit von Vorsorge- und Eignungsuntersuchungen
Kaum eine andere Berufsgruppe hat ein derartig breites und vielschichtiges Spektrum von Aufgaben in Notfallsituationen zu beherrschen wie die Feuerwehr. Körperliche Belastungen beim Brand- und Gefahrguteinsatz ergeben sich durch das Tragen schwerer Atemschutzgeräte, die schlecht wärmeleitende Beschaffenheit der Schutzkleidung, die z. T. extremen Umgebungsbedingungen und letztendlich durch die körperliche Anstrengung im Löscheinsatz. Neben der psychomentalen und besonders hohen kardiopulmonalen Belastung ist eine adäquate Leistungsfähigkeit der Organsysteme unabdingbar ( Abb. 3) (Preuß u. Schäcke 2004; Antekeuer et al. 1999; Werner et al. 1988).
Sinngemäß gelten diese Erkenntnisse von je her auch für die Feuerwehrtaucher (Seemann 1983). Zusätzlich sind die Einflüsse der Tauchphysiologie und Tauchmedizin zu berücksichtigen, wobei die moderne Tauchmedizin sich gerade jetzt in einem dynamischen Prozess befindet, an dessen vorläufigem Ende die bisher geübte Praxis der Gasbläschentoleranz durch eine neue Strategie der Gasbläschenvermeidung abgelöst werden wird (van Laak 2012).
Ein entscheidendes Thema im Rahmen der Vorsorge: Die psychologischen Faktoren bei der Eignungsuntersuchung von Tauchern besser in den Fokus zu rücken, wurde schon vor drei Jahrzehnten angemahnt ( Abb. 4) (Jost 1985). Der Appell scheint nach wie vor berechtigt, denn gerade Tauchunfälle bei der Feuerwehr in jüngster Zeit legen die Vermutung nahe, dass keine ausführliche psychosoziale Anamnese erfolgte. In der Praxis finden psychologische Aspekte in der Eignungsuntersuchung bisher keine oder nur wenig Beachtung. Im Zuge der Vorsorge muss auch die Motivation zum Tauchen erfragt werden (Liedtke 2012). Speziell im ehrenamtlichen Sektor unterliegt die Motivation nicht selten dem Gruppenzwang. Manche möchten eben schlichtweg auch zu dieser „elitären Gruppe“ gehören.
Auf welcher Rechtsgrundlage beruhen die routinemäßigen Eignungsuntersuchungen für die Feuerwehr?
Ausgelöst durch die Novellierung der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) zum 31.10.2013 und die dadurch bedingte stärkere Trennung von Vorsorge und Eignung, wurde auch die Dis-kussion um die eigentlichen Grundlagen der ärztlichen Eignungsuntersuchungen neu entfacht. Erschwert wird die Diskussion und ihre Verständlichkeit auch durch den Umstand, dass in Bezug auf routinemäßige Eignungsuntersuchungen (beispielsweise bei Atemschutzgerätträgern alle drei Jahre und bei Tauchern jährlich) unterschiedliche Ansichten zwischen dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversiche-rung (DGUV) bestehen. Insbesondere in Bezug auf „anlasslose“ routinemäßige Unter-suchungen bestehen hier unterschiedliche Meinungen.
Der Begriff „anlasslos“ bedarf näherer Erläuterung: Mit „Anlass“ ist hier in der rechtlichen Diskussion nicht der Umstand gemeint, dass die ärztliche Untersuchung aufgrund einer bestimmten Tätigkeit (z. B. Tragen von schwerem Atemschutz) erfolgt. Mit „Anlass“ ist gemeint, dass Gründe, die in der Person des Feuerwehrangehörigen liegen, einen Anlass bieten, hier entsprechende ärztliche Untersuchungen vorzu-nehmen (z. B. nach langer Erkrankung der Atemwege).
Nachfolgend soll lediglich die Frage diskutiert werden, inwiefern anlasslose rou-tinemäßige Eignungsuntersuchungen nach Eintritt in den Feuerwehrdienst gerecht-fertigt sind, da es für die ärztliche Unter-suchung vor dem Eintritt in den Feuerwehr-dienst (Einstellungs- oder Erstuntersuchung) in aller Regel bereichsspezifische Rechtsvorschriften gibt (z. B. Art. 6 Abs. 3 BayFwG oder arbeitsrechtliche Grundlagen z. B. bei einer Werksfeuerwehr).
Ärztliche Untersuchungen mit anschließender Offenbarung des Ergebnisses (z. B. „geeignet“ oder „nicht geeignet“) stellen einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), da dieses Persönlichkeitsrecht auch vor der Erhebung und Weitergabe von Ergebnissen in Bezug auf den Gesundheitszustand schützt (BAG v. 12.08.1999 – 2 AZR 55/99). Wird weiterhin eine Blutentnahme durchgeführt (wie sie z. B. bei Eignungsuntersuchungen von Atemschutzgerätträgern und Tauchern üblich ist), so liegt auch hier ein Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit vor, den eine Person vom Grundsatz her zu dulden nicht verpflichtet ist (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) ( Abb. 5).
Natürlich gelten die Grundrechte nicht schrankenlos. Auch der Feuerwehrträger hat Interessen (auch aus Fürsorgegründen), die Beachtung finden und gegen die Grundrechte der Feuerwehrangehörigen abgewogen werden müssen. Die Schranken des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ergeben sich aus der sog. „Schrankentrias“. Demnach ist ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht statthaft, wenn dies nach Abwägung der Interessenlagen durch die verfassungsmäßige Ordnung, das Sittengesetz oder die Rechte anderer gerechtfertigt ist. Angesichts des Umstandes, dass auch der Bereich der ärztlichen Untersuchungen in rechtlich reglementierte Bereiche fällt (z. B. Datenschutzrecht), hat diesbezüglich nur noch die „verfassungsmäßige Ordnung“ Bestand. Zu fragen ist also nach bereichsspezifischen Grundlagen für die routinemäßigen Eignungsuntersuchungen.
Auch aus datenschutzrechtlichen Aspekten bedarf es für ärztliche Eignungsuntersuchungen einer bereichsspezifischen Rechtsgrundlage. Beim Datenschutzrecht handelt es sich um ein so genanntes „Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“. Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten ist nur dann zulässig, wenn das Datenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder der Betroffene eingewilligt hat (vgl. § 4 Abs. 1 BDSG bzw. die Datenschutzgesetze der Länder, z. B. Art. 15 Abs. 1 BayDSG).
Unter Eignungsvorbehalten versteht man im rechtlichen Sinne Rechtsvorschriften, die eine bestimmte Eignung einfordern. Ein klassischer Fall ist hier z. B. § 7 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG), der verlangt, dass bei der Übertragung von Aufgaben auf Beschäftigte der Arbeitgeber je nach Art der Tätigkeit zu berücksichtigen hat, ob die Beschäftigten befähigt sind, die für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Aufgabenerfüllung zu beachtenden Bestimmungen und Maßnahmen einzuhal-ten. Auch die Betriebssicherheitsverordnung enthält eine Regelung, nach der der Arbeit-geber Vorkehrungen zu treffen hat, damit das Führen von selbstfahrenden Arbeitsmaschinen nur dazu geeigneten Personen vorbehalten bleibt (Anhang 2 Nr. 3.1 Betr-SichV). Zweifellos kann eine derartige „Eignung“ bzw. „Befähigung“ neben anderen Aspekten (z. B. durch Ausbildung erlangte Fertigkeiten) auch in gesundheitlichen Belangen bestehen (z. B. die Befähigung im Sinne von § 7 ArbSchG, frei von relevanten Atemwegserkrankungen zu sein und somit auch „schweren Atemschutz“ tragen zu können oder zu tauchen). Problematisch ist jedoch der Umstand, dass diese Vorschriften das Instrument der ärztlichen Unter-suchung an sich nicht benennen. Die rechtlichen Eignungsvorbehalte erfüllen in Bezug auf ärztliche Eignungsuntersuchungen nicht das verfassungsrechtliche diesbezügliche Gebot der Normklarheit (BVerfGE 65, 1–71) und können somit nicht als Rechtsgrundlage für Eignungsuntersuchungen herangezogen werden (vgl. auch DGUV Information 250-010, Seite 7).
Unfallverhütungsvorschrift als Rechtsgrundlage?
Vom Grundsatz her könnte auch eine Unfallverhütungsvorschrift (UVV) eine Rechtsgrundlage darstellen. So heißt es z. B. in § 14 GUV-V C53 (Feuerwehrdienst; in der Fassung der KUVB): „Für den Feuerwehrdienst dürfen nur körperlich und fachlich geeignete Feuerwehrangehörige eingesetzt werden“. Bei einer Unfallverhütungsvorschrift handelt es sich zwar um Selbstverwaltungsrecht, da dieses autonome Satzungsrecht aber auf § 15 Sozialgesetzbuch (SGB) VII beruht, sind die Unfallverhütungsvorschrif-ten als Teil der verfassungsmäßigen Ordnung anzuerkennen. Problematisch ist, dass die diesbezüglichen Unfallverhütungsvorschriften lediglich einen Eignungsvorbehalt darstellen, ohne die ärztliche Untersuchung zu benennen. Aus oben dargelegten Gründen kann somit eine Unfallverhütungsvorschrift keine Rechtsgrundlage für eine ärztliche Untersuchung darstellen. Dass in den entsprechenden Durchführungshinweisen routinemäßige Untersuchungen nach bestimmten DGUV-Grundsätzen (z. B. „G 26“ oder „G 31“) gefordert werden, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern, da es den Durchführungshinweisen an jeglicher Normqualität fehlt. Die DGUV stellt mittler-weile klar, dass sich aus der Formulierung von Eignungsanforderungen in Unfallverhütungsvorschriften keine Rechtsgrundlage für Eignungsuntersuchungen ableiten lässt (DGUV Information 250-010, Seite 7).
Irreführend ist in diesem Zusammenhang, da widersprüchlich zur DGUV-Information 250-010, das Infoblatt Nr. 03 „Eignungsuntersuchungen in der Feuerwehr“ des Sachgebiets „Feuerwehren und Hilfeleistungsorganisationen“ im DGUV, da dort suggeriert wird, die Pflicht zur Eignungsuntersuchung ergebe sich weiterhin aus § 14 UVV „Feuerwehren“.
Insofern lässt sich als aktuellen Sachstand festhalten, dass eine Unfallverhütungsvorschrift auch für Feuerwehren keine Rechtsgrundlage für ärztliche Eignungsuntersuchungen darstellen kann.
Zu fragen ist allerdings, ob ein Unfallversicherungsträger befugt wäre, eine ärztliche Untersuchungspflicht zu statuieren, ob also z. B. in der UVV Feuerwehren (GUV-V C53) auch eine Untersuchungspflicht normiert werden könnte (im Text der Satzung und nicht im Durchführungshinweis).
Vom Wortlaut der Ermächtigungsgrundlage aus dem SGBVII wäre dies möglich. So legt § 15 Abs. 1 Nr. 3 SGBVII fest, dass Unfallverhütungsvorschriften auch in Bezug auf vom Unternehmer zu veranlassende arbeitsmedizinische Untersuchungen vor, während und nach der Verrichtung von Arbeiten, die für die Versicherten oder für Dritte mit arbeitsbedingten Gefahren für Leben und Gesundheit verbunden sind, erlassen werden können. In Bezug auf die Verhinderung und Verhütung arbeitsbedingter Er-krankungen besteht für „Beschäftigte“ im Sinne des ArbSchG (also auch für Feuerwehrbeamte) eine Sperrwirkung für Unfallverhütungsvorschriften, da der Staat hier durch die ArbMedVV bereits entsprechende Regelungen normiert hat (ArbMedVV; § 15 Abs. 1 SGBVII: „(…) und staatliche Arbeitsschutzvorschriften hierüber keine Regelung treffen (…)“).
Folglich würden im Wesentlichen Regelungen zur Verhütung von Arbeitsunfällen greifen. Rein arbeitsrechtliche Eignungs-untersuchungen können allerdings nicht auf § 15 SGBVII beruhen (Behrens, Eignungsuntersuchungen und Datenschutz, NZA 214, 401–408). Problematisch ist hier auch, dass Eignungsuntersuchungen aus Arbeitsschutzgründen (nicht etwas zur reinen Personalauswahl), die Beschäftigungsvoraussetzung sein sollen, wohl der konkreten Regelung in einer staatlichen Rechtsverordnung vorbehalten sind (§ 18 Abs. 2 Nr. 4 ArbSchG). Ohne hier eine abschließende Bewertung vorzunehmen, sollte die Möglichkeit einer Unfallverhütungsvorschrift nach § 15 Abs. 1 Nr. 3 SGBVII durch die entsprechenden Unfallversicherungsträger noch eingehend geprüft werden.
Feuerwehrdienstvorschriften als Rechtsgrundlage für Eignungsuntersuchungen?
Als Rechtsgrundlage für ärztliche Eignungsuntersuchungen werden häufig die Feuerwehrdienstvorschriften (FwDV) genannt. So heißt es z. B. in Nr. 3 FwDV 7 „Atemschutz“ (Ausgabe 2002 mit Änderungen 2005): „… die körperliche Eignung ist nach den berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen, Grundsatz G 26 „Atemschutzgeräte“, in regelmäßigen Abständen festzustellen …“. Die FwDV 8 „Tauchen“ fordert in Ziffer 2 „… die körperliche Eignung ist gemäß den staatlichen Vorschriften für Beschäftigte bzw. den Vorschriften der Unfallversicherungsträger für Versicherte, die Arbeiten unter Überdruck ausführen, festzustellen (Ausgabe März 2014).
Bei Dienstvorschriften handelt es sich rechtlich um sog. „Verwaltungsvorschriften“. Sie beruhen auf der Befugnis zur Leitung eines Geschäftsbereiches (BVerwGE 67, 222, 229). Rechtlich handelt es sich hier um das Weisungsrecht einer entsprechenden Verwaltungsinstanz. Sie ist zwar bindend für die entsprechenden „Verwaltungsteile“, hat aber selbst keine Normqualität im Sinne eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung. Die Verwaltungsvorschrift kann folglich lediglich geltendes Recht interpretieren, im Rahmen geltenden Rechts ein Ermessen lenken oder auch unbestimmte Rechtsbe-griffe im Sinne eines antizipierten Sachverständigengutachtens konkretisieren.
Eine Verwaltungsvorschrift kann jedoch kein eigenes Recht setzen, sondern beruht immer darauf, dass die ihr innewohnende „Weisung“ sich an entsprechenden Rechts-grundlagen (dem Beamtenrecht, Arbeitsrecht etc.) orientiert. Ihr kommt also keine Normwirkung zu, wie sie – neben Gesetzen und Verordnungen – auch im Tarifvertragsrecht (§ 4 Tarifvertragsgesetz) oder im Betriebsverfassungsrecht zu finden ist (§ 77 Abs. 4 Betriebsverfassungsgesetz).
Eine Dienstvorschrift kann aus sich hier-aus somit auch keine Rechtsgrundlage für Eignungsuntersuchungen darstellen. Die oben zitierten Bestimmungen der FwDV 7 und FwDV 8 können also nur dann gültig sein, wenn sie z. B. aufgrund eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung eine ärztliche Untersuchung verbindlich vorschreiben. Vor Inkrafttreten der novellierten ArbMedVV am 31.10.2013 hätte man diese Grundlage für „Beschäftigte“ nach dem ArbSchG aus der ArbMedVV ableiten können, dies ist nun nicht mehr der Fall.
Problem Brandschutz- und Feuerwehrgesetze
Auch bei einer Anwendung untergesetzlicher Normen bleibt indessen dann ein Problem, wenn die entsprechenden Brandschutz- und Feuerwehrgesetze eine Untersuchung normieren, diese aber nur bei der Entscheidung über die Aufnahme in den Feuerwehrdienst gelten lassen (wie z. B. in Art. 6 Abs. 3 BayFwG). Hier ist fraglich, ob der Staat den Bereich der Eignungsuntersuchungen abschließend klären wollte. Hierzu führte das VG Düsseldorf aus: „Allerdings können die kraft autonomen Rechts erlassenen Unfallverhütungsvorschriften nicht die landesrechtlichen Regelungen über die Eignung zum Feuerwehrdienst verdrängen oder in ihrem Inhalt verändern“ (VG Düsseldorf v. 27.07.2010 – 26 K 2388/09). Der Antrag auf Berufung gegen dieses Urteil wurde durch das Oberverwaltungsgericht abgelehnt (OVG Nordrhein-Westfalen v. 27.09.2011 – 8 A 2020/10). Insofern bleibt es fraglich, ob eine untergesetzliche Rege-lungsnorm ein Gesetz ändern oder ergänzen kann, welches routinemäßige Eignungsuntersuchungen gar nicht vorsieht.
Verbindlichkeit der DGUV-Grundsätze
Die bisherige Praxis, Atemschutzgerätträger und Taucher nach den DGUV-Grundsätzen ähnlich einer Checkliste zu untersuchen, ist passé. Die Grundsätze der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. sind rechtlich nicht verbindlich und haben auch keine Vermutungswirkung. Die Grundsätze unterscheiden nicht zwischen arbeitsmedizinischer Vorsorge und Untersuchungen zum Nachweis der gesundheitlichen Eignung für berufliche Anforderungen. Sie enthalten regelmäßig ein breites Spektrum an Untersuchungen (Bundesrats-Drucksache Nr. 327/13 vom 25. April 2013).
Besonderheiten für das ärztliche Personal
Der Arzt darf mithin an seinen Probanden nicht mehr wie gewohnt „nur“ die jewei-ligen Grundsätze, hier G 26 und G 31, abarbeiten. Vielmehr muss er bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge im Einzelfall entscheiden, welche Untersuchungen für eine gute individuelle Aufklärung und Beratung des oder der Feuerwehrangehörigen angezeigt sind. Die Prüfung der Erforderlichkeit von körperlichen oder klinischen Untersuchungen soll grundsätzlich Untersuchungs-mechanismen verhindern und umfasst auch die diagnostische Aussagekraft und die Bewertung von Nutzen und Risiken der Unter-suchungen, die mit erheblichen Eingriffen für die Feuerwehrangehörigen verbunden sind, z. B. Röntgenuntersuchungen.
Speziell bei der Eignungsuntersuchung von Tauchern greift das Abarbeiten des G 31 „Überdruck“ zu kurz. Hier wird empfohlen, sich zusätzlich an den durch evidenzbasierte Studien gesicherten und aktuellen tauch-medizinischen Erkenntnissen der Fachgesell-schaften zu orientieren (GTÜM u. ÖGTH 2014).
Die offenbar noch immer vorherrschende Auffassung, für die Vorsorge- und Eignungsuntersuchungen von Atemschutzgerätträgern und Tauchern sei eine „Ermächtigung“ der Ärzte erforderlich, ist obsolet. Diese Ermächtigung ist nur noch dann notwendig, wenn Feuerwehrleute für Druckluftarbeiten (z. B. Tunnelbaustellen) im Sinne der Druckluftverordnung untersucht werden sollen. Erforderlich ist dagegen immer eine Facharzt-ausbildung „Arbeitsmedizin“ oder die Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“. Zudem sind Fachkenntnisse erforderlich (§ 7 Abs. 1 Satz 3 ArbMedVV).
Auch muss der Arzt oder die Ärztin aus-reichende Kenntnisse über die Arbeitsplatz-verhältnisse sowie die verwendete PSA der Feuerwehrleute haben (§ 6 Abs. 1 ArbMedVV; Ausschuss für Arbeitsmedizin (AfAMed) 2014, s. „Weitere Infos“). Die sporadische Teilnahme an entsprechenden Einsatzübun-gen ist somit bindend. Für den Bereich Tauchen wird zu diesem Zweck 2015 erstmals ein Interdisziplinärer Lehrgang für Arbeitsmediziner, Tauchmediziner und Taucher (BOS) angeboten (s. „Weitere Infos“).
Die Folgevorsorgefristen („Nachunter-suchungen“) sind nicht mehr nach den bisherigen DGUV-Grundsätzen festzulegen, sondern nach der Arbeitsmedizinischen Regel (AMR) Nr. 2.1 (Ausschuss für Arbeitsmedizin (AfAMed) 2012/2013, s. „Weitere Infos“).
Die Kosten für Vorsorge- und Eignungsuntersuchungen gehen grundsätzlich zu Lasten des Trägers der Feuerwehr. Rechnungen an diesen für Vorsorgemaßnahmen sind ohne Umsatzsteuer zu stellen (§ 4 Nr. 14a UStG). Für Eignungsuntersuchungen ist da-gegen immer die jeweils gültige Umsatzsteuer zu erheben.
Besonderheiten für Freiwillige Feuerwehren
Während für Beamte einer Berufsfeuerwehr prinzipiell die ArbMedVV anzuwenden ist, diese Feuerwehrangehörigen daher sowohl einer Pflichtvorsorge als auch zusätzlich einer Eignungsuntersuchung zu unterziehen sind, ist für Ehrenamtliche in einer Freiwilligen Feuerwehr die Rechtslage nicht so eindeutig. Der Grund: Die ArbMedVV hat für Freiwillige Feuerwehren in Bezug auf das Tragen von Atemschutz- und Tauchgeräten keine Gültigkeit. Hier den Verweis auf die UVV „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ (BGV A4) zu führen, ist – wie an anderer Stelle bereits erläutert – unbefriedigend.
Herangezogen werden könnte jedoch § 618 (1) BGB. Der Träger einer Freiwilligen Feuerwehr hat demnach die Pflicht, Schutz-maßnahmen zu ergreifen. Für Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, müssen gegen Gefahren für Leben und Gesundheit der Feuerwehrangehörigen soweit Maßnahmen ergriffen werden, als die Natur der Dienstleistung es gestattet (Prütting et al. 2013). Unter diesem Gesichtspunkt ist die Vorsorge auch Angehörigen einer Freiwilligen Feuerwehr nicht vorzuenthalten ( Abb. 6).
Zusammenfassung
Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass nach momentaner Rechtslage weder die Unfallverhütungsvorschrift Feuerwehren (GUV-V C53) noch die FwDV 7 und FwDV 8 routine-mäßige Eignungsuntersuchungen als Ver-pflichtung rechtfertigen können. Sie wären nur dann zulässig, wenn die Feuerwehrangehörigen dies selbst möchten. Die Unfall-versicherungsträger sollten die Möglichkeiten einer spezifischen Unfallverhütungsvorschrift nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGBVII nochmals prüfen, auch im Hinblick, wie diese sich dann zu den Brandschutz- und Feuerwehrgesetzen verhalten.
Die beste Lösung wäre allerdings, wenn der Arbeitskreis für Feuerwehrangelegen-heiten, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung (AFKzV) der ständigen Innenministerkonferenz eine Empfehlung aus-sprechen könnte, in den Brandschutz- und Feuerwehrgesetzen der Länder eine hinreichende Regelung zu schaffen. Diese würden dann für Angestellte (Werkfeuerwehren), Beamte (Berufsfeuerwehren) und Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren (FF) gleichsam gelten und einen unstrittigen Rechtsrahmen schaffen.
Literatur
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Weitere Infos
Interdisziplinärer Lehrgang für Arbeitsmediziner, Tauch-mediziner und Taucher (BOS)
Ausschuss für Arbeitsmedizin (AfaMed): Arbeitsmedizinische Regel (AMR) Nr. 3.1 – Erforder-liche Auskünfte/Informations-beschaffung über die Arbeitsplatzverhältnisse, Bundes-ministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). GMBl 2014; 5: 86
Ausschuss für Arbeitsmedizin (AfaMed), Arbeitsmedizinische Regel (AMR) Nr. 2.1 – Fristen für die Veranlassung/das Angebot von arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen, Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). GMBl 2012; 65/66: 1285–1291, zuletzt geändert und ergänzt im GMBl 2013; 43–45: 906–907
http://www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Ausschuesse/AfAMed/AMR/AMR-2-1.html
Für die Autoren
Patrick Aligbe
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