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Leitfadenvorstellung

Leitfaden Berufskunde und Tätigkeitsanalyse

Guideline for Assessment of Occupation and Job Analysis

Hintergrund

Die Berufskunde und Tätigkeitsanalyse ist ein Sachgebiet, in dem gerade in rechtlichen Klärungen, aber auch in anderen Bereichen wie der Beratung interdisziplinäres Wissen gefordert ist. Die Aufklärung von Anforderungen in bestimmten Berufen oder Tätigkeiten muss dabei gutachterlich wissenschaftlichen Standards genügen. Anders als in Gebieten der Medizin, in denen Leitlinien der medizinisch-wissenschaftlichen Fach­gesellschaften existieren, gibt es für den Bereich keine referenzierbare Handlungsanweisung, wie diesbezüglich vorzugehen ist. Mit dem interdisziplinären Leitfaden suchen die Autorinnen und Autoren als Gruppe von in dafür relevanten Feldern Tätigen dazu eine Grundlage zu liefern. Der Leitfaden wurde ähnlich einer medizinischen Leitlinie in
einem gemeinschaftlichen Prozess mit Korrekturrunden erarbeitet. Die Definition des Handlungsfeldes Berufskunde und Tätigkeitsanalyse der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) aus 2016 wurde dabei berücksichtigt. Aufgrund des Umfangs des Leitfadens wird dieser zusammen mit dieser Zusammenfassung online und frei zugänglich veröffentlicht.

Gliederung

Der Leitfaden gliedert sich in fünf Abschnitte:

  • das Sachgebiet Berufskunde und Tätigkeitsanalyse,
  • berufswissenschaftliche Grundlagen,
  • berufskundliche Begutachtung,
  • die Tätigkeitsanalyse sowie
  • spezielle berufskundliche und tätigkeitsanalytische Fragestellungen.
  • Damit deckt der Leitfaden die für die Begutachtung wichtigen Themen und Grundlagen sowie praktische Anwendungen ab.

    Das Sachgebiet Berufskunde und Tätigkeitsanalyse

    In diesem ersten Abschnitt wird das Sachgebiet allgemein nach der IHK-Definition (DIHK 2016) beschrieben und Informationen werden zur Bestellung als Gutachterin/Gutachter in dem Sachgebiet nach § 36 Gewerbeordnung (GewO) vermittelt. Notwendige Kenntnisse werden beschrieben.

    Berufswissenschaftliche Grundlagen

    Im zweiten Abschnitt werden berufswissenschaftliche Grundlagen beschrieben. Dabei wird auf Teilbereiche der Berufskunde eingegangen sowie eine Begriffsgeschichte beschrieben (Sailmann 2018). Anschließend werden Definitionen zum Beruf diskutiert. Im weiteren Text werden die Systeme der Ausbildungen beschrieben. Es folgen Informationen über die 2020 überarbeitete Klassifikation der Berufe (KldB), den Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) (2011) sowie die Datenbank BERUFENET und die arbeitsmedizinische Berufskunde. Der Abschnitt liefert damit umfangreiche weiterführende Hinweise und Informationen zu den wichtigsten Datenbanken und deren
    Gebrauch.

    Die berufskundliche Begutachtung

    In diesem Abschnitt wird die berufskundliche Begutachtung thematisiert. Ein Exkurs beschreibt die aktuelle Rechtsprechung durch das Bundessozialgericht Ende 2019 und untermauert die Wichtigkeit der wissenschaftlichen Methode im Bereich der berufskundlichen Klärungen. Der Teil bietet praktische Hinweise für die Erarbeitung von Berufsbeschreibungen (Professiogramme; Pressel 1986), die Anforderungsanalytik von körperlichen Anforderungen (Megaphys, Bundesagentur für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2019) sowie von psychischen Anforderungen (Mini-ICF-APP-Work, Muschalla 2018 a,b). Dabei werden die neuen Leitmerkmalmethoden (LMM) für körperliche Belastung am praktischen Beispiel der Tätigkeit eines Bautischlers aufgezeigt. Für die ICF-basierte Analytik von psychischen Belastungen (Mini-ICF-APP-Work) werden Ankerbeispiele angeboten und die Begriffe Zumutbarkeit und Eignung erläutert.

    Die Tätigkeitsanalyse

    Im vierten Teil geht es um die Methoden zur Durchführung von Tätigkeitsanalysen. Hier werden die Grundlagen beschrieben, insbesondere das arbeitswissenschaftliche Erhebungsverfahren zu Tätigkeitsanalyse (AET; Rohmert u. Landau 1979). Weiter wird auf die Problematik der Gliederung von Tätigkeiten in Teiltätigkeiten und den Aufbau einer gutachterlichen Tätigkeitsanalyse eingegangen, verbunden mit einer Erläuterung arbeitswissenschaftlicher Begrifflichkeiten. Als Beispiel wird die Realtätigkeit einer Hörgeräteakustikermeisterin betrachtet.

    Spezielle Fragestellungen

    Der letzte Teil des Leitfadens enthält Informationen zu speziellen berufskundlichen und tätigkeitsanalytischen Fragestellungen im Sozialrecht (Arbeitsunfähigkeit, Rente wegen Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit, Mehrstufenschema, besonderes berufliches Betroffensein und Rehabilitation) sowie im Zivilrecht (private Berufsunfähigkeitsversicherung, Familienrecht) und schließt mit typischen Fragestellungen an die Gutachterinnen und Gutachter.

    Fazit

    Mit dem vorgelegten Leitfaden werden erstmals systematisch Grundlagen für die berufskundliche und tätigkeitsanalytische Begutachtung nach wissenschaftlichen Standards zusammengetragen. Der Leitfaden kann bei der Erarbeitung von Anforderungsanalysen und Tätigkeitsprofilen referenziert werden und zur Klärung von strittigen Fragen sowie zur Beratung beitragen.

    Literatur

    Deutscher Industrie- und Handelskammertag (2016): Berufskunde und Tätigkeitsanalyse. Juli 2016. Revisionsnummer 1. Fassung 2011. DIHK, 2016.

    Muschalla B: Assessing psychological work demands with an ICF-oriented concept of psychological capacities. Gruppe Interaktion Organisation 2018b; 49: 81–92.

    Muschalla B: A concept of psychological work capacity demands – first evaluation in rehabilitation patients with and without mental disorders. Work 2018a; 59: 375–386.

    Pressel G: Das Ergogramm als Informationsmittel der Arbeitsmedizin. Arbeitsmed Sozialmed Präventivmed 1986; 21: 11–14.

    Rohmert W, Landau K: Das arbeitswissenschaftliche Erhebungsverfahren zur Tätigkeitsanalyse (AET). Handbuch. Bern: Huber, 1979.

    Sailmann G: Der Beruf. Eine Begriffsgeschichte. Bielefeld: transcript, 2018.

    Die gesamte Literaturliste mit allen Quellen kann auf der Homepage der ASU bei der Langversion des Beitrags eingesehen werden.

    doi:10.17147/asu-1-289094

    Zur Langversion des Leitfadens

    Weitere Infos

    MEGAPHYS – Mehrstufige Gefährdungsanalyse physischer Belastungen am Arbeitsplatz. Band 1. 1. Aufl. Dortmund: BAuA, 2019. Projektnummer: F 2333
    https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/F2333.html

    Zur Langversion des Leitfadens

    Kontakt

    Prof. Dr. med. Teja Wolfgang Grömer
    Institut für Neurologisch-Psychiatrische Begutachtung Bamberg (INPB); Heinrichsdamm 6; 96047 Bamberg

    Foto: privat

    Das PDF dient ausschließlich dem persönlichen Gebrauch! - Weitergehende Rechte bitte anfragen unter: nutzungsrechte@asu-arbeitsmedizin.com.