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Patientenlifter zur Belastungs­minderung des Pflegepersonals

Patientenlifter – keine neue Erfindung

Wie ➥ Abbildung 1 zeigt, ist die Verwendung von Patientenliftern keineswegs eine Entwicklung der letzten Jahrzehnte (Landau 2020).

Empirische Untersuchungen zeigen, dass besonders beim Transfer von Schwerstpflegebedürftigen, zum Beispiel auf Wachkomastationen, Lifter eher dann eingesetzt werden, wenn das Patientengewicht hoch ist (➥ Abb. 2).

Ebenso weisen Befunde darauf hin, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Einsatz eines Lifters und dem Patientenzustand gibt. Misst man die Selbständigkeit beziehungsweise die Pflegebedürftigkeit der Erkrankten, so steigt mit deren Selbstständigkeit auch die Neigung des Pflegepersonals, Transfers ohne Lifter durchzuführen. Häufig zeigen empirische Untersuchungen, dass ältere Pflegekräfte Transfers eher alleine ausführen. Jüngere Beschäftigte neigen dazu, Transfers zu zweit auszuführen.

Abb. 2:  Liftereinsatz bei schwerer Patientin (eigene Darstellung)

Abb. 2: Liftereinsatz bei schwerer Patientin (eigene Darstellung)

Liftereinsatz – Ergonomie und Zeitbedarf

Transfers dauern üblicherweise im Durchschnitt zwischen drei und acht Minuten. Je nach Zustand der Pflegebedürftigen, der gewählten Transfermethode und den Fertigkeiten der Beschäftigten kann jedoch die Zeitspanne für Transfers zwischen weniger als einer Minute und bis zu 16 Minuten liegen. Der Zeitbedarf für den Liftereinsatz beim Transfer kann durchaus höher sein als bei Transferprozessen ohne Lifter. Ursachen hierfür liegen in der mangelnden Erfahrung und Routine des Liftereinsatzes (z.B. Akku nicht geladen) und nicht zwangsläufig in den unterschiedlichen Transfertechniken.

Werden Transfers allein durchgeführt, so ist gegebenenfalls höherer Zeitbedarf einzuplanen als beim Transfer zu zweit. Die eigentliche Transferphase – ohne Vor- und Nachbereitung – nimmt beim Transfer zu zweit durchschnittlich etwa ein Drittel so viel Zeit in Anspruch wie beim Transfer allein.

Wenn Transfers dagegen manuell und in ergonomisch inkorrekter Weise vorgenommen werden, so können sich dramatisch hohe Wirbelsäulenbelastungen bei den Beschäftigten ergeben. Bei der Durchführung biomechanischer Modellrechnungen im Sinne eines Worst-case-Ansatzes für zum Beispiel schwerstpflegebedürftige Patientinnen und Patienten mit hohem Körpergewicht können sich Druckkräfte auf L5/S1 von bis zu 8000 Newton einstellen (zu den empfohlenen Grenzwerten siehe „Weitere Infos“, Jäger et al.). Dies trifft insbesondere dann zu, wenn Patientinnen und Patienten ohne Eigeninitiative, ohne körperliche Anspannung – oder aber im Gegensatz dazu mit sehr viel Körperspannung – transferiert werden müssen. Druckkräfte bei beispielsweise starker Rumpfbeuge der Pflegekraft sollten aber bei täglicher Wiederholung über viele Jahre nicht über 1700 Newton liegen.

Lifterarten

Es gibt eine Vielzahl von Patientenliftern am Markt (siehe „Weitere Infos“).Folgende Beurteilungskriterien werden verwendet:

  • Antriebsarten:
  • elektrisch/Akkusysteme,
  • hydraulisch/pneumatisch,
  • mechanisch (manuell).
  • Zwecksetzungen: Aufnehmen, Transfer (im kleinen Radius), Heben und Senken des zu Betreuenden vom Boden bis etwa Betthöhe und auch in die Badewanne,
  • Transfer im Sitzen, Liegen oder halbliegend im größeren Radius (mehrere Meter) einschließlich Aufnehmen, Heben und Senken,
  • ausschließlich Heben und Senken in der Badewanne,
  • Aufrichten vom Liegen beziehungsweise Sitzen in Stand.
  • Es werden nach dem Einsatzzweck unterschieden:

  • Badewannenlifter (mobil oder fixiert) und
  • Patientenlifter (mobil oder stationär)
  • Nach den Eigenschaften werden unterschieden:

  • Decken- und Wandlifter (fixiert an Decke oder Wand),
  • Aufnahmeflächen: Sitzfläche mit Rückenlehne (i.d.R. verstellbar), ebene Liegefläche, Tuch, breite Haltegurte,
  • Hublast: Maximalgewichte der zu Betreuenden (manche Anbieter haben auch Lifter für Schwergewichtige bis zu 320 kg).
  • Deckenlifter bewähren sich insbesondere in Badezimmern oder in der physikalischen Therapie, aber auch in Patientenzimmern und auf Intensivstationen. Sie können mit Gurten, einem Sitz oder mit Liftertüchern ausgestattet sein. Im Gegensatz zu mobilen Liftern benötigen Deckenlifter keinen Stellplatz (➥ Abb. 3). Sie sind stets vorhanden und müssen nicht auf der Station gesucht werden. Allerdings müssen sie bereits in Neu- und Umbauphasen eingeplant sein. Deckentraglasten und auch weitere Sicherheitskriterien müssen berücksichtigt werden (siehe „Weitere Infos“).

    Die Beurteilung der Lifterangebote zeigt folgende Schwerpunkte:

  • Antriebsarten: Mechanischer Antrieb kommt bei einfachen Liftern zum Einsatz, die zum Heben und Senken eingesetzt werden. Hydraulische Antriebe haben an Bedeutung verloren. Testberichte weisen auf zwei Problemschwerpunkte hin: Wasserdruck und Wasserzufuhr. Die überwiegende Anzahl der Lifter wird deshalb elektrisch beziehungsweise mit Akku betrieben.
  • Zwecksetzungen: Für Schwerstpflegebedürftige, zum Beispiel Wachkomapatientinnen und -patienten, sind Lifter zum Aufnehmen, Transfer, Heben und Senken sinnvoll. Reine Sitzlifter und Lifter nur zum Aufrichten haben dagegen geringere Bedeutung.
  • Aufnahmefläche: Die Aufnahmefläche muss ein Liegen beziehunsgweise eine Halbliegestellung des zu Betreuenden ermöglichen. Dies ist sowohl mit Patientenliftern als auch einigen Badeliftern möglich. Ebene Aufnahmeflächen sind nur mit Sicherungsseilen oder -gurten sinnvoll. Inwieweit die reinen Gurtlifter oder die Lifter mit Bügel und Tuch einsetzbar sind, muss vor Ort im Hinblick auf die Pflegebedürftigen geklärt werden (zur Auswahl von Gurt, Bügel und Tuch nehmen z.B. Cohen et al. 2010 Stellung).
  • Hublast: Die maximale Hublast ist sehr unterschiedlich. Sie reicht von etwa 50 kg bis zu 320 kg.
  • Interessenkonflikt: Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.

    Literatur

    Ellapen TJ, Narsigan S: Work related musculoskeletal disorders among nurses: Systematic Review. J Ergonom 2014; S4: 003.

    Landau K: Pflege gestalten. Stuttgart: Ergonomia, 2020.

    Cohen MH, Nelson GG, Green DA et al.: Patient handling and movement assessments: A white paper. Dallas (USA): The Facility Guidelines Institute, 2010, Appendix T.

    Weitere Infos

    Jäger M et al.: Schlussbericht zum Forschungsvorhaben „Schwergewichtige Patienten in der Pflege“. Hamburg: BGW
    http://docplayer.org/43802901-Schlussbericht-zum-forschungsvorhaben-sch…

    Rehadat: Hilfsmittel. Mobilitätshilfen
    https://www.rehadat-hilfsmittel.de/de/produkte/mobilitaet-orientierung/

    US Department of Veteran Affairs: Safe patient handling and mobility (SPHM) technology: coverage & space recommendation
    https://www.publichealth.va.gov/employeehealth/patient-handling/index.a…

    Abb. 3:  Beispiel eines Deckenlifters (Abdruck mit freundlicher Genehmigung durch Bigla Care AG, https://www.bigla-care.ch/pflege#hebe-und-transfersysteme)

    Foto: Bigla Care AG

    Abb. 3: Beispiel eines Deckenlifters (Abdruck mit freundlicher Genehmigung durch Bigla Care AG, https://www.bigla-care.ch/pflege#hebe-und-transfersysteme)

    Info

    Prüfliste Lifter und ­Lifter-Anwendungen

    Sicherheit der Patientin/des Patienten gewährleistet (Stabilität und keine Ver­letzungsgefahr unter allen möglichen Anwendungsbedingungen?)

    Sicherheit der Pflegekraft gewährleistet ­(keine Verletzungsgefahren?)

    Keine oder möglichst wenig Zwangshaltungen der Pflegekräfte bei der Benutzung?

    Keine unergonomischen Lastenhand­habungen?

    Komfort der zu Betreuenden über die ­gesamte Lifteranwendung?

    Leichte und einfache Bedienung?

    Leichte Manövrierfähigkeit?

    Geringer Aufwand für die Instandhaltung?

    Einfach und schnell zu reinigen?

    Effektiv und effizient in der Benutzung?

    Kontakt

    Univ. Prof. Dr.-Ing. Kurt Landau
    Sachverständigenbüro ; Lechnerschaft 110 ; A-9872 Millstatt

    Foto: privat

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